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Paul Herbert Morgen (* 25. Juli 1901 in Wiesbaden; † 1996) war ein deutscher Agrarsoziologe. Als enger Mitarbeiter Konrad Meyers gehörte er während des Zweiten Weltkriegs zu den Autoren des Generalplans Ost. Nach 1945 lehrte er an der Pädagogischen Hochschule in Wilhelmshaven. Er überführte zentrale Theoreme der NS-Agrarforschung in die frühe bundedeutsche Bauern- und Vertriebenensoziologie und engagierte sich in der Hochschulreform.
Leben und Wirken
Vor 1945
Morgen studierte Landwirtschaft, Volkswirtschaft und Pädagogik an den Universitäten Gießen, Göttingen und Berlin. Als Student in Göttingen gehörte er der Studentenverbindung Agronomia Gottingensis an. Er schloß sein Studium als Diplom-Landwirt ab und wurde im Juni 1932 in Gießen mit der Arbeit Die Obsterzeugung und der Obstabsatz im Rheingaukreise und in der Stadt Wiesbaden. Ein Beitrag zur landwirtschaftlichen Marktlehre promoviert. Nach einer Tätigkeit als Assistent an der Universität Giesen und als Direktoratsassistent und Fachlehrer an der Lehr- und Forschungsanstalt für Gartenbau in Weihenstephan ging er nach Berlin an das Institut für Agrarwesen und Agrarpolitik der Universität Berlin, wo er sich bei Konrad Meyer in Agrarpolitik habilitierte und ab 1941 als Dozent lehrte.
Morgen leitete am Institut geschäftsführend den „Forschungsdienst“ der Reichsarbeitsgemeinschaft der Landbauwissenschaft, der sieben Reichsarbeitsgemeinschaften der Landwirtschaftswissenschaften koordinierte. In dieser Funktion erstellte er Sozialanalysen für die Bereinigung der Sozialstrukturen im sogenannten Altreich. Als Leiter der Abteilung „Bodenordnung und ländliche Soziologie“ des Instituts arbeitete von 1942 bis 1945 an einer Studie „Grundlagenerstellung zur Schaffung einer neuen Volksordnung nach dem Grundsatz der Festigung deutschen Volkstums i. d. Siedlungsgebieten des Reiches“. Morgen war damit zwar nicht unmittelbar beim SS-Planungsstab des Reichskommissariats für die Festigung deutschen Volkstums tätig, den Meyer in Berlin leitete. Er arbeitete aber als freier Mitarbeiter des Reichskommissariats mit dem „Forschungsdienst“ an den gleichen Themengebieten und an der Vorbereitung der Generalpläne, ohne das Reichskommissariat als Dienststelle angeben zu wollen. Morgen gilt damit neben Walter Christaller und Angelika Sievers als einer der Mitarbeiter des Instituts, die den Generalplan Ost erarbeiteten.[1]
Morgen unternahm 1939 außerdem Reisen in das besetzte Polen, wo er Bestandsaufnahmen in den ehemals russischen Kreisen durchführte. In seinen „Reiseskizzen“ äußerte er sich antipolnisch und antisemitisch. So bezeichnete er die jüdische Bevölkerung als „vollkommen degenerierten, minderwertigen Teil der menschlichen Gesellschaft“.[2]
Der Soziologe Carsten Klingemann beschreibt Morgens Forschungsansatz als „dezidiert soziologisch“. Jeder Blut-und-Boden-Romantik fernstehend, habe Morgen praktische planerische Vorschläge für die zukünftige Agrar- und Sozialstruktur gemacht und sei einer der Autoren des Generalplanes Ost gewesen.[3] Hansjörg Gutberger zufolge sind Morgens Arbeiten zum Altreich zudem nicht von den Planungen für den Osten zu trennen.[4] Indem Morgen eine „angewandte Soziologie“ propagierte, welche die Kategorie des sozialen Raumes in seiner Verflechtung mit Gesellschaft, Raum und Wirtschaft in den Mittelpunkt stellte, entwickelte er die land- und agrarsoziologische empirische Forschung theoretisch-konzeptuell und auch methodisch weiter.[5]
Nach 1945
Nach 1945 zog Morgen zunächst nach Oker im Harz. 1947 wurde er Mitglied der Akademie für Raumforschung und Landesplanung. Im Prozess Rasse- und Siedlungshauptamt der SS sagte er als Zeuge der Verteidigung des dort angeklagten Konrad Meyer aus.
Morgen gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Bonner Forschungsgesellschaft für Agrarpolitik und Agrarsoziologie und trat der Göttinger Agrarsozialen Gesellschaft bei. Inhaltlich orientierte er sich nun an den Positionen der Meyer-Gegner Constantin von Dietze und Heinrich Niehaus. 1948 wurde er Professor für Agrarwirtschaftslehre an der Pädagogischen Hochschule für landwirtschaftliche Lehrer in Wilhelmshaven und später auch deren Direktor. 1951 trat er in das Präsidium der Deutschen Akademie fur Städtebau ein. Von 1966 bis 1970 amtierte er als Präsident der Akademie für Raumforschung und Landesplanung in Hannover.
Schriften
- Die Obsterzeugung und der Obstabsatz im Rheingaukreise und in der Stadt Wiesbaden. Ein Beitrag zur landwirtschaftlichen Marktlehre. Göttingen 1932.
- und Martin Kühner (Hrsg.): Pflügende Hand, forschender Geist. Lebensbilder denkwürdiger Bahnbrecher und Führer des Nährstandes. Parey, Berlin 1934.
- Die natürlichen Ertragsfaktoren - Boden, Klima und Geländegestaltung - in ihrer Beziehung zur Verteilung der Betriebsgrößenklassen in 26 Landkreisen Pommerns. Eine raumpolitische Studie. Reichsnährstand-Verl.-Ges., [Berlin] 1940.
- Schaumburg-Lippe im Spiegel agrarpolitischer Gesetzgebung. Ein Beitrag zur Frage der Entstehung des landwirtschaftlichen Klein- und Kleinstbesitzes. In: Forschungsdienst.10 (1940) 1940, S. 223–232.
- Die neuen deutschen Ostgebiete. Aus Reiseskizzen. In: Zeitschrift für Geopolitik : Monatshefte für dt. Auslandswissen.18 (1941) 1941, S. 137–145.
- Soziologische Erwägungen bei der Erstellung dörflicher Gemeinden. In: Der Forschungsdienst : Organ d. dt. Landwirtschaftswissenschaft. 12 (1941) 1941, S. 390–403.
- und Wilhelm Schäfer: Der Hektarsatz des Einheitswertes - ein Beurteilungsmasstab für die Bodengüte. In: Raumforschung und Raumordnung : RuR.5 (1941), S. 331–336.
- und Angelika Sievers: Die natürlichen Grundlagen der ländlichen Besitzverfassung. Ein metodischer Beitrag. In: Raumforschung und Raumordnung : RuR.5 (1941), S. 368–377.
- Ländliche Sozialprobleme in Bulgarien. In: Der Forschungsdienst : Organ d. dt. Landwirtschaftswissenschaft.13 (1942) 1942, S. 414–428.
- Zur Frage der Übervölkerung ländlicher Räume. Ein Beitrag zur Raum- und Sozialanalyse des Landvolkes ; dargestellt an 11 Kreisen Niedersachsens. Reichsnährstand-Verl.-Ges., Prag 1942.
- Zur Problematik der ländlichen Sozial- und Bodenordnung. Vortrag. In: Raumforschung und Raumordnung : RuR.6 (1942), S. 394–403.
- Bausteine zur ländlichen Volks- und Bodenordnung. Deutsche Landbuchhandlung, Berlin 1943.
- Probleme der ländlichen Sozial- und Bodenordnung. In: Agrarpolitik-Betriebslehre : aktuelle Probleme. 1943, S. 73–87.
- Der Stand des ländlichen Ausbildungswesens in Deutschland, Dänemark, den Niederlanden und den Vereinigten Staaten. In: Europa-Archiv : Zeitgeschichte, Zeitkritik, Verwaltung, Wirtschaftsaufbau ; Halbmonatsschr. d. Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik.32 (1948), S. 1415–1419.
- (Hrsg.): Landbau, Ernährung und ländliches Bildungswesen. Beiträge auf dem Gebiete der landwirtschaftlichen Betriebslehre, der Agrarpolitik und des ländlichen Bildungs- und Erziehungswesen. Schaper, Hannover 1948.
- Das Strukturgefüge der Agrarlandschaft. Jade-Dr., Wilhelmshaven 1950.
- und Erich Warnking: Untersuchung der Lebensverhältnisse in kleinbäuerlichen Dörfern. Dorfuntersuchung Bockholte. Pädag. Hochsch. für landwirtschaftliche Lehrer, Wilhelmshaven 1953.
- Die Bodenklimazahlen und ihre Bedeutung für Raumforschung und Landesplanung. In: Informationen / Institut für Raumforschung, Bad Godesberg. Nr. 15 1956, S. 377–387.
- Die ländliche Großgemeinde in geschichtlicher, rechtlicher, verwaltungsmäßiger und soziologischer Sicht gesehen. Eine gutachtliche Stellungnahme für die Akademie für Landesplanung und Raumforschung., Wilhelmshaven 1958.
- Strukturen und Prozesse im Agrarbereiche. In: Raum und Landwirtschaft. 1 (1958), S. 75–101.
- Zur geistigen und formalen Ordnung der Hochschule. Jade-Druck, Wilhelmshaven 1958.
- Das Dorf im Wandel seiner Sozialstruktur und seiner soziologischen Bindungen. In: Raumforschung : 25 Jahre Raumforschung in Deutschland. 1960, S. 383–396.
- Landwirtschaftsschule, Mensch und Betrieb in ihren gegenseitigen Abhängigkeiten., Hannover 1963.
- mit Hermann Lübbing und Karl Steinhoff: Die ländliche Kleingemeinde in Nordwestdeutschland. In geschichtlicher, verwaltungsmäßiger und soziologischer Sicht. Jänecke, Hannover 1963.
- mit Martin Schmiel und Günther Gärtner: Die Landwirtschaftsschule in Gegenwart und Zukunft. Eine soziographische, sozialpädagogische und sozialpolitische Studie. Schaper, Hannover 1965.
- Verkehrsprobleme im ländlichen Raum unter sozialwissenschaftlichen Aspekten. Referat. In: Verkehr und Raumordnung : Referate und Diskussionsbemerkungen anläßlich der wissenschaftlichen Plenarsitzung 1965 in Hannover. 1966, S. 27–50.
- Landentwicklung. Aufgaben, Probleme, Möglichkeiten. In: Entwicklungsprobleme des ländlichen Raumes. 1967, S. 9–15.
- und Hans K. Schneider: Entwicklungsprobleme des ländlichen Raumes. R. Müller, Köln-Braunsfeld 1967.
- Der ländliche Raum unter soziologischen Aspekten gesehen. Eine Gedankenskizze. In: Die Zukunft des ländlichen Raumes. 1 (1971), S. 67–80.
Literatur
- Hansjörg Gutberger: Konrad Meyer und Herbert Morgen. Zwei Wissenschaftlerkarrieren in Diktatur und Demokratie. In: Karl-Siegbert Rehberg, Deutsche Gesellschaft für Soziologie (Hg.): Die Natur der Gesellschaft. Verhandlungen des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kassel 2006. Teilbd. 1 u. 2. Campus, Frankfurt am Main 2008, S. 3325–3341, ISBN 978-3-593-38440-5 (PDF).
- Carsten Klingemann: Soziologie und Politik. Sozialwissenschaftliches Expertenwissen im Dritten Reich und in der frühen westdeutschen Nachkriegszeit. VS, Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2009, ISBN 3-531-15064-2.
Einzelnachweise
- ↑ Hansjörg Gutberger: Konrad Meyer und Herbert Morgen. Zwei Wissenschaftlerkarrieren in Diktatur und Demokratie. In: Karl-Siegbert Rehberg, Deutsche Gesellschaft für Soziologie (Hg.): Die Natur der Gesellschaft. Verhandlungen des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kassel 2006. Teilbd. 1 u. 2. Campus, Frankfurt am Main 2008, S. 3335; Mechtild Rössler: „Wissenschaft und Lebensraum“. Geographische Ostforschung im Nationalsozialismus. Ein Beitrag zur Disziplingeschichte der Geographie. Reimer, Berlin 1990, S. 165, 220.
- ↑ Hansjörg Gutberger: Konrad Meyer und Herbert Morgen. Zwei Wissenschaftlerkarrieren in Diktatur und Demokratie. In: Karl-Siegbert Rehberg, Deutsche Gesellschaft für Soziologie (Hg.): Die Natur der Gesellschaft. Verhandlungen des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kassel 2006. Teilbd. 1 u. 2. Campus, Frankfurt am Main 2008, S. 3335; Carsten Klingemann: Soziologie und Politik. Sozialwissenschaftliches Expertenwissen im Dritten Reich und in der frühen westdeutschen Nachkriegszeit. VS, Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2009, ISBN 3-531-15064-2, S. 103 f..
- ↑ Carsten Klingemann: Soziologie und Politik. Sozialwissenschaftliches Expertenwissen im Dritten Reich und in der frühen westdeutschen Nachkriegszeit. VS, Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2009, ISBN 3-531-15064-2, S. 103 f. zit. 104.
- ↑ Hansjörg Gutberger: Konrad Meyer und Herbert Morgen. Zwei Wissenschaftlerkarrieren in Diktatur und Demokratie. In: Karl-Siegbert Rehberg, Deutsche Gesellschaft für Soziologie (Hg.): Die Natur der Gesellschaft. Verhandlungen des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kassel 2006. Teilbd. 1 u. 2. Campus, Frankfurt am Main 2008, S. 3334.
- ↑ Heide Inhetveen: Emerita vel bene merita? Zum Stand der Land- und Agrarsoziologie. In: Barbara Orth et al. (Hg.): Soziologische Forschung. Stand und Perspektiven. Ein Handbuch. Leske + Budrich, Opladen 2003, S. 231.
Personendaten | |
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NAME | Morgen, Herbert |
ALTERNATIVNAMEN | Morgen, Paul Herbert |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Agrarsoziologe |
GEBURTSDATUM | 25. Juli 1901 |
GEBURTSORT | Wiesbaden |
STERBEDATUM | 1996 |