Die britische Stadt Bradford liegt im nordenglischen Metropolitan County West Yorkshire in der Planungsregion Yorkshire and Humberside. Der Metropolitan Borough Bradford, zu dem auch die Städte Keighley und Shipley sowie ländliche Ortschaften gehören, hatte 2001 ca. 485.000 Einwohner. Die nächsten größeren Städte sind Leeds und Manchester.

Geschichte
Allgemeine und Wirtschaftsgeschichte
Bradford war bis etwa 1840 eine eher unbedeutende Stadt. Dann entwickelte es sich mit den Nachbarstädten Halifax und Huddersfield zum Zentrum der industriellen Wollverarbeitung. Mit der dort gekämmten und zu Garn gesponnenen Wolle wurde dieTextilindustrie im benachbarten Lancashire beliefert. Im späten 19. Jahrhundert wurde nicht mehr nur die heimische Wolle verarbeitet, sondern auch aus Australien (Merino) und Südamerika (Alpaka) importierte Ware. Wie die Nachbarstädte war Bradford eine Hochburg des Nonkonformismus. In Bradford kandidierten 1893 nach einem Streik in der Manningham Mill erstmals in Großbritannien eigenständige Labour-Kandidaten ohne ein Wahlbündnis mit den Liberalen.
1919 wurde Bradford anglikanischer Bischofssitz.
Den 2. Weltkrieg überstand Bradford weitgehend unbeschädigt.
1966 wurde mehreren Colleges der Status einer Universität verliehen.
Immigration
Wie kaum eine andere Stadt in Großbritannien wurde das Gesicht der Stadt von mehreren Einwanderungswellen geprägt. Mitte des 19. Jahrhunderts wanderten zunächst Iren ein, nachdem in Irland die Große Hungersnot eingesetzt hatte. Während der Blütezeit der Textilindustrie Ende des 19. Jahrhunderts siedelten sich deutsche Kaufleute in der Stadt an. Sie hinterließen ihre Spuren im Gewerbeviertel Little Germany. Etwas später folgten Juden aus Osteuropa. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts ließen sich zahlreiche Polen und Ruthenen in der Stadt nieder. Ihnen folgten nach dem 2. Weltkrieg Landsleute, die auf britischer Seite gekämpft hatten, aber nicht in ihre kommunistisch gewordene osteuropäische Heimat zurückkehren wollten.
Kurz vor dem 2. Weltkrieg kamen die ersten Kaschmiris aus Mirpur im heute pakistanischen Azad Kashmir nach Bradford. Der pakistanisch stämmige Bevölkerungsanteil Bradfords ist heute der höchste in ganz Großbritannien. Hinzu kommen Einwanderer aus Bangladesch, Muslime aus dem indischen Bundesstaat Gujarat und Sikhs aus dem Punjab. Mit 16,1 % ist Bradford die britische Stadt mit dem zweithöchsten Anteil von Muslimen (nach Blackburn). Einerseits wurde Bradford dadurch zur "Curry-capital". Der aus Bangladesch stammende Mohammed Ajeeb wurde 1985 zum ersten asiatischstämmigen Bürgermeister in Großbritannien gewählt. Andererseits brachte die Zuwanderung von Muslimen aus Südasien Probleme mit sich. In die Schlagzeilen geriet die Stadt durch die öffentliche Verbrennung der Satanischen Verse von Salman Rushdie durch den Bradford Council of Mosques im Jahr 1989. 2001 kam es anlässlich einer Veranstaltung der British National Party zu Ausschreitungen.
Politik
Die Labour Party stellt alle fünf Abgeordneten für das britische Unterhaus. Im Stadtrat hat keine Partei die Mehrheit: Konservative 38, Labour 29, Liberaldemokraten 15, Grüne 4, British National Party 4 (Wahlen vom 10. Mai 2004).
Städtepartnerschaften
- Mönchengladbach (Nordrhein-Westfalen), seit 1971
- Hamm (Nordrhein-Westfalen), erste Kontakte in den 1950er Jahren, offiziell seit 1976
- Warna (Bulgarien)
Sehenswürdigkeiten
Bauwerke
Die Pfarrkirche St. Peter, seit 1919 Kathedrale, stammt im wesentlichen aus dem 15. Jahrhundert und ist gotisch geprägt. Einzelne Teile stammen jedoch aus normannischer Zeit, Teile der Inneneinrichtung aus späteren Jahrhunderten.
In Bradford befinden sich zwei der bedeutendsten Industriedenkmäler von Großbritannien. Die Textilfabrik und die Arbeitersiedlung im Vorort Saltaire wurden 2001 zum Weltkulturerbe erklärt. Sie sind Ankerpunkt der Europäischen Route der Industriekultur (ERIH). Die Manningham Mill mit ihrem über 100 m hohen Schornstein im Stile eines toskanischen Rathausturmes war einst die größte Textilfabrik Europas. In der Innenstadt befinden sich viktorianische Prachtbauten wie das neugotische Rathaus und die ehemalige Wollbörse im gleichen Stil. Methodistische und baptistische chapels in den Arbeitervierteln, kongregationalistische Kirchen in den bürgerlichen Stadtteilen weisen Bradford als (ehemalige) Hochburg des Nonkonformismus aus.
Deobandis und Barelwis wollen in der Stadt jeweils eine monumentale Moschee errichten, wegen Finanzierungsschwierigkeiten konnten diese Projekte bis jetzt jedoch noch nicht vollendet werden.
Museen
- In der Innenstadt befindet sich das National Museum of Photography, Film & Television.
- In einer Industriellenvilla wurde 1904 die Cartwright Art Gallery eingerichtet.
- Das Industrial Museum stellt das Leben im Zeitalter der Industrialisierung nach.
Trivia
Bradford ist Schauplatz der Krimis um Tony Hill und Carol Jordan von Val McDermid. Den deutschen TV-Zuschauern sind die Krimis als "Hautnah - Die Methode Hill" bekannt
Bedeutende Persönlichkeiten
- Im zum Bezirk Bradford gehörenden Dorf Haworth lebten die bedeutenden romantischen Schriftstellerinnen Charlotte Brontë, Emily Brontë und Anne Brontë (siehe auch Geschwister Brontë).
- Der Komponist Frederick Delius wurde 1862 in Bradford geboren; er stammt aus einer der in der Stadt ansässigen deutschen Kaufmannsfamilien.
- Der Physik-Nobelpreisträger Sir Edward Victor Appleton wurde 1892 in Bradford geboren.
- Der Leiter der NSDAP Auslands-Organisation (AO) Ernst Wilhelm Bohle wurde am 28. Juli 1903 in Bradford geboren.
- Der Maler David Hockney, ein Vertreter der Pop-Art, wurde am 9. Juli 1937 in Bradford geboren.
- Der Bergsteiger Ian Clough wurde 1939 in Baildon geboren.
- Aus Bradford stammen außerdem die Rockbands New Model Army, The Cult und Smokie.
- Der Schriftsteller und Dramatiker J B Priestley wurde 1894 in Bradford geboren.