Ramstein Air Base
Die Ramstein Air Base (kurz: Ramstein AB / RAB) ist ein Militärflugplatz der United States Air Force und das Hauptquartier der United States Air Forces in Europe, der United States Air Forces Africa sowie das Hauptquartier des Allied Air Command Ramstein, einer NATO-Kommandobehörde zur Führung von Luftstreitkräften. Der Stützpunkt ist der größte US-Militärflugplatz außerhalb Amerikas. Dort steht das Air and Space Operations Center, kurz AOC, das im Krieg mit den Kampfdrohnen eine zentrale Rolle spielt.[1] Im US-Drohnenkrieg dient Ramstein als Schnittstelle zur Planung und Steuerung der Kampfdrohnen-Einsätze gegen mutmaßliche Terroristen in Afrika und im Nahen Osten.[2]
Ramstein Air Base | |
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Kenndaten | |
ICAO-Code | ETAR |
Koordinaten | |
Höhe über MSL | 237 m (778 ft) |
Verkehrsanbindung | |
Entfernung vom Stadtzentrum | 1 km östlich von Ramstein-Miesenbach |
Basisdaten | |
Eröffnung | April 1951 |
Betreiber | United States Air Force |
Fläche | 1400 ha |
Terminals | 1 |
Start- und Landebahnen | |
08/26 | 3200 m × 45 m Asphalt |
09/27 | 2828 m × 45 m Asphalt |
Der Militärflugplatz liegt unmittelbar südöstlich von Ramstein-Miesenbach, rund zehn Kilometer westlich von Kaiserslautern, Rheinland-Pfalz. Mit rund 35.000 Militärangehörigen und 6.000 Zivilisten, die auf der Basis arbeiteten (2004) ist die Ramstein AB die personalmäßig größte Einrichtung der US Air Force außerhalb der Vereinigten Staaten. In der gesamten Kaiserslautern Military Community leben rund 50.000 US-Amerikaner (Stand September 2011[3]).
Die Air Base verfügt über zwei Start- und Landebahnen: 08/26 mit 3.200 und 09/27 mit 2.830 m Länge. Die United States Air Force nutzt den Stützpunkt hauptsächlich als europäische Drehscheibe für Fracht- und Truppentransporte sowie als Ziel von Evakuierungsflügen, da sich im nahen Landstuhl das größte US-amerikanische Lazarett außerhalb der Vereinigten Staaten, das Landstuhl Regional Medical Center, befindet.
In Ramstein waren bis 2005 US-amerikanische Kernwaffen gelagert.[4]
Geschichte
Während des Zweiten Weltkrieges benutzte die Deutsche Luftwaffe einen Abschnitt der Reichs-Autobahn nahe der Ortslage von Ramstein als Autobahn-Behelfsflugplatz. Gegen Ende des Krieges eroberten die vorrückenden US-Streitkräfte die Anlage. Im April 1951 begannen die US-Amerikaner gemeinsam mit den Franzosen, zu deren Besatzungszone das Gebiet gehörte, mit der Erweiterung der Basis. Deren südlicher Teil beherbergte ab 1952 mit der Landstuhl Air Base den eigentlichen Flugplatz, während im nördlichen Teil Mitte 1953 die Ramstein Air Force Installation mit Hauptquartieren und Verwaltung ihren Betrieb aufnahm. Beide Teile wurden schließlich zum 1. Dezember 1957 unter dem Namen Ramstein-Landstuhl Air Base zusammengelegt und der Name später zu Ramstein Air Base vereinfacht. Zunächst waren dort Kampfflugzeuge der Typen F-84 und F-4 stationiert.
Seit 1971 sind Transportflugzeuge des Military Airlift Command (MAC) (heute Air Mobility Command (AMC)) in der Pfalz stationiert. Das Hauptquartier der United States Air Forces in Europe (USAFE) wurde im März 1973 von Wiesbaden-Erbenheim nach Ramstein verlegt. Am 28. Juni 1974 wurde das Headquarter Allied Air Forces Central Europe (AAFCE) als Vorläufer des heutigen Headquarters Allied Air Command auf der Ramstein Air Base aufgestellt.[5]
1994 verließen die letzten dauerhaft hier stationierten Kampfflugzeuge vom Typ F-16 den Stützpunkt.
Im Dezember 2005 geriet die Air Base wegen CIA-Gefangenenflügen (Extraordinary rendition) in die Schlagzeilen. Vom 7. März 2003 bis 10. April 2006 sicherten Bundeswehrsoldaten die Eingänge und kontrollierten Fahrzeuge; es wurden turnusmäßig jeweils etwa 150 Soldaten eingesetzt.
Zu einer zeitweiligen erneuten Stationierung von Kampfjets kam es ab Frühjahr 2015 im Rahmen eines sogenannten "Theater Security PackageS" (TSP) durch F-15C des 125th Fighter Wing der Florida Air National Guard aus Jacksonville.
Heutige Nutzung
Führungsfunktionen
Ramstein ist Basis von Kommandobehörden der NATO und des US-Militärs. Dazu gehört auch die Einsatzzentrale des Ballistischen Raketenabwehrsystems der NATO.
Fliegende Verbände
Nach der Schließung der Rhein-Main Air Base im Rahmen des Rhein-Main Transition Program zum 31. Dezember 2005 wurde die Ramstein Air Base zum wichtigsten europäischen Stützpunkt für den Lufttransport der US-Streitkräfte. Diese Aufgabe obliegt dem 86th Airlift Wing, dem eine Reihe fliegender Staffeln unterstellt sind.
Auch die Ein- und Ausreise vieler in Europa stationierter US-Soldaten und ihrer Angehörigen wird seitdem über Ramstein abgewickelt. Um den neuen Anforderungen gerecht zu werden, wurde unter anderem eine zweite Start- und Landebahn gebaut, ein zusätzliches Passagierterminal, ein Frachtterminal sowie Verwaltungsbauten neu errichtet. Des Weiteren wird die ältere Startbahn saniert und verlängert sowie ein Passagiergate neu gebaut. Nach dem derzeitigen Stationierungskonzept wird die Ramstein Air Base intern als Main Operating Base bezeichnet.
Verwundete US-Soldaten aus arabischen Kampfgebieten werden nach einer ersten Notversorgung nach Ramstein eingeflogen und zum nahegelegenen US-Militärkrankenhaus Landstuhl Regional Medical Center zur medizinischen Weiterbehandlung überführt.
Im Zuge der bis 2022 geplanten Schließung der britischen Basis RAF Mildenhall sollen die KC-135R Stratotanker des dortigen 100. Air Refueling Wing und ihrer Staffel, der 351. Air Refueling Squadron, in die Pfalz verlegt werden.
Atomwaffendepot
Auf dem Fliegerhorst Ramstein befindet sich eines der beiden in Deutschland verbliebenen US-Atomwaffendepots (Lagerkapazität: 216 Nuklearsprengköpfe), das allerdings seit 2005 geräumt ist. Vermutlich waren dort bis dahin 130 atomare Fliegerbomben vom Typ B-61-3 und B-61-4 gelagert. Es ist nicht bekannt, wie viele Bomben tatsächlich vor Ort vorhanden waren, da die USA zur Anzahl und Position ihrer Atomwaffen bis Mai 2010 grundsätzlich keine Auskunft erteilten.[4] Es kann aber davon ausgegangen werden, dass es sich bei Ramstein bis zur Räumung im Jahr 2005 um das größte mit Atomwaffen belegte Sonderwaffenlager in Europa handelte.
Zentraler Baustein der Kampfdrohnen-Einsätze
Seit dem Jahr 2011 ist die Flugleitzentrale auf dem US-Militärbasis Ramstein Dreh- und Angelpunkt für die völkerrechtlich umstrittene Drohnenaktivitäten der USA in Afrika, so berichteten erstmals Mai 2013 der NDR, der WDR und die Süddeutsche Zeitung und stießen damit eine Debatte über die deutsche Verwicklung in den Drohnen-Krieg an. Die genaue Rolle von Ramstein wird aufgrund der Geheimhaltung nicht in jedem Detail klar. Allerdings versicherte das US-Militär, dass die Verantwortung für alle militärischen Operationen in Afrika beim 2008 neu eingerichtete Oberkommando des US-Militärs für Afrika „United States Africa Command“ liegt. Dieses sitzt seit 2008 in Stuttgart-Möhringen, wo ca. 1.500 Soldaten und zivile Angestellte arbeiten. Der Süddeutschen Zeitung und Panorama lagen Stellenausschreibungen für Geheimdienstanalysten in Stuttgart vor, deren Arbeitsbeschreibung sein soll, „Ziele“ - auch Menschen - für die Ziellisten der Amerikaner zu „nominieren“. Damit würden offenbar in Stuttgart gezielte Tötungen in Afrika geplant. Satellitendaten der Drohnen werden in Ramstein empfangen und an die steuernden Drohnenpiloten in den USA übertragen, etwa auf der Holloman Air Force Base in New Mexico. Meistens von den USA aus werden dann Verdächtige per Drohnenangriff getötet.[6]
Bei seinem Deutschlandbesuch hatte US-Präsident Barack Obama am 19. Juni 2013 in Berlin in einem überspezifischen Dementi erklärt, Deutschland sei kein „Ausgangspunkt“ („launching point“) für Drohnenangriffe.[7]
Nach einem Bericht des deutschen Politmagazins Panorama vom 3. April 2014 legen Dokumente des US-Militärs und die Aussage eines ehemaligen Drohnenpiloten nahe, dass auch die Drohneneinsätze in Pakistan und in Jemen über Ramstein abgewickelt werden. In Ramstein betreiben US-Militärs und US-Geheimdienste seit Februar 2003 das Auswertungszentrum „Distributed Common Ground System 4“ (DGS-4) für die weltweiten US-Drohneneinsätze. Das DGS-4 in Ramstein ist eine von fünf weltweit operierenden Einheiten, die Drohnenbilder auswerten, die anderen sind DGS-1 im CIA-Hauptquartier in Langley, DGS-2 auf der Beale Air Force Base in Kalifornien, die DGS 3 in der US-Militärbasis in Südkorea Osan Air Base und die DGS-5 auf der Hickam Air Force Base in Hawaii. In der Einheit DGS-4 werden die Livebilder der Drohnen analysiert und mit nachrichtendienstlichen Erkenntnissen abgeglichen. Der US-Geheimdienstkoordinator James Clapper bezeichnete 2010 das DGS als das „zentrale Nervensysteme“ amerikanischer Drohneneinsätze.[8] Über ein verschlüsseltes Chat-Programm namens mIRC erhalten die Drohnenpiloten, die meist in den USA sitzen, aus dem DGS-4 in Ramstein dann Analysen und Anweisungen. Dabei werde Ramstein zudem als Relaisstation genutzt, um Steuerungsbefehle an die weltweit operierende Drohnenflotte zu übermitteln.[9][10]
Wenn die Handynummer eines Verdächtigen bekannt ist nutzt das US-Militär das „Gilgamesh-System“. Es ist eine Art fliegender IMSI-Catcher, der an Drohnen montiert wird und alle Mobiltelefone in der Umgebung bis auf einen Meter genau orten kann. Das Gerät funktioniert dabei ähnlich einem mobilen Handymast. Der BND gibt Handynummern an US-Geheimdienste weiter, wobei die Bundesregierung die Auffassung vertritt, dass damit keine gezielten Tötungen möglich sind.[11]
US-Präsident Barack Obama hatte Drohnenangriffe zum wichtigsten Mittel im sogenannten „globalen Krieg gegen den Terror“ erklärt (siehe auch Drohnenangriffe in Pakistan). Bislang wurden mindestens drei Deutsche durch US-Drohnen getötet, der Generalbundesanwalt ermittelte in allen Fällen. Die Tötung eines Verdächtigen mithilfe einer Drohne außerhalb eines bewaffneten Konflikts kann, wenn die Bundesregierung davon weiß und nicht dagegen protestiert, Beteiligung an einem völkerrechtlichen Delikt sein.[12] [13]
Angehörige von US-Drohnenopfern aus dem Jemen verklagten am 15. Oktober 2014 die Bundesrepublik Deutschland, sie wollen erreichen, dass die Bundesregierung künftig bei US-Drohnenangriffen im Jemen einen Datentransfer über deutsches Staatsgebiet unterbindet. Die Kläger sehen sich selbst fortwährend einer Gefahr für Leib und Leben ausgesetzt. Sie fordern ein, dass das im Grundgesetz in Art. 2 2 Satz 1 1. Alt. verankerte Recht auf Leben auch für sie gilt. Die Menschenrechtsorganisation European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR), die die Kläger unterstützt, erklärte: "Die Bundesregierung muss sich klar positionieren, dass Drohnenangriffe völkerrechtswidrig sind. Sie muss gegen die USA durchsetzen, dass die Nutzung der US-Air Base Ramstein beendet wird."[14]
Besondere Vorkommnisse
RAF-Bombenanschlag
Auf das Hauptquartier der USAFE verübte das Kommando „Sigurd Debus“ der Roten Armee Fraktion (RAF) am 31. August 1981 einen Sprengstoffanschlag, bei dem zwanzig Personen zum Teil schwer verletzt wurden.
Flugtagunglück
Bei dem bis einschließlich 1988 jährlich auf der Air Base abgehaltenen Flugtag ereignete sich am 28. August 1988 mit dem Flugtagunglück von Ramstein eine der größten Katastrophen, die je im Rahmen einer Flugschau vorgekommen sind. Dabei kollidierten drei Jets der italienischen Kunstflugstaffel Frecce Tricolori bei der Durchführung der Flugfigur Durchstoßenes Herz. Die verursachende Solo-Maschine stürzte in die Zuschauermenge und tötete 35 Menschen sofort, hunderte weitere wurden zum Teil schwer verletzt, wodurch sich die Zahl der Toten später auf 70 erhöhte. Seitdem gibt es in Deutschland sehr strenge Regeln für militärische Flugschauen, was z. B. den Überflug der Besucher oder besonders risikoreiche Flugmanöver angeht.
Die deutsche Rockband Rammstein stritt lange Zeit ab, sich nach diesem Unglück benannt zu haben. Die Band trat jedoch kurz nach der Gründung unter dem eindeutigen Namen Rammstein-Flugschau auf.[15] Nachdem dies bekannt wurde, erklärte die Band, nicht mehr rechtzeitig einen anderen Namen gefunden zu haben.
Weitere
Am 29. August 1990 stürzte ein Militärtransporter vom Typ Lockheed C-5A Galaxy der US Air Force unmittelbar nach dem Start ab, wobei 13 der 17 Besatzungsmitglieder ums Leben kamen.
Siehe auch
Literatur
- John Goetz, Christian Fuchs: Geheimer Krieg: Wie von Deutschland aus der Kampf gegen den Terror gesteuert wird. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2013, ISBN 978-3498021382.
Referenzen
- ↑ http://rt.com/news/us-drones-germany-ramstein-625/
- ↑ http://www.icij.org/blog/2013/12/secret-us-drone-bases-germany-revealed
- ↑ U.S. Army Garrison Kaiserslautern: Community Overview Archivversion vom 7. September 2011.
- ↑ a b USA haben Nuklear-Arsenal in Ramstein geräumt Spiegel Online, 9. Juli 2007
- ↑ Geschichte des CC-Air Ramstein ( vom 5. Mai 2009 im Internet Archive)
- ↑ „Lenkung erfolgte über Ramstein, Tödliche Missionen via Deutschland“, ORF.at, 31. Mai 2013.
- ↑ Kampfdrohneneinsatz: Obama gegen Panorama, Panorama, 26. Juli 2013
- ↑ Ramstein ist Daten-Drehscheibe der US-Drohnenwelt, SWR, 4. April 2014
- ↑ Ohne Ramstein kein US-Drohnenkrieg, tagesschau.de, 3. April 2014
- ↑ Flughafen Ramstein ist Zentrum im US-Drohnenkrieg, Süddeutsche Zeitung, 3. April 2014
- ↑ John Goetz und Frederik Obermaier: US-Drohnenkrieg: „Immer fließen die Daten über Ramstein“, Süddeutsche Zeitung, 4. April 2014
- ↑ US-Drohnenkrieg läuft über Deutschland, Panorama 30. Mai 2013, vlg. da die Aussage des Völkerrechtlers Thilo Marauhn.
- ↑ John Goetz und Hans Leyendecker: Todesschlag aus Ramstein, Süddeutsche Zeitung, 16. Oktober 2014.
- ↑ Angehörige von US-Drohnenopfern verklagen die Bundesregierung, NDR, 15. Oktober 2014.
- ↑ Gert Hof: Rammstein. Die Gestalten Verlag, 2001, ISBN 3-931126-32-3, Seite 34.