Chvalovice (deutsch: Kallendorf) ist eine Gemeinde im Okres Znojmo (Bezirk Znaim), Jihomoravský kraj (Region Südmähren) in der Tschechischen Republik.
Chvalovice | ||||
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Basisdaten | ||||
Staat: | ![]() | |||
Region: | Jihomoravský kraj | |||
Bezirk: | Znojmo | |||
Fläche: | 884 ha | |||
Geographische Lage: | 48° 47′ N, 16° 5′ O | |||
Höhe: | 222 m n.m. | |||
Einwohner: | 684 (1. Jan. 2023)[1] | |||
Postleitzahl: | 669 02 | |||
Struktur | ||||
Status: | Gemeinde | |||
Ortsteile: | 2 | |||
Verwaltung | ||||
Bürgermeister: | Jaroslav Stáňa (Stand: 2008) | |||
Adresse: | Chvalovice 80 669 02 Chvalovice | |||
Gemeindenummer: | 594172 | |||
Website: | www.chvalovice.cz |
Geographie
Die Gemeinde liegt etwa acht Kilometer südlich der Stadt Znojmo an der Grenze zu Österreich. In Hatě an der E59 befindet sich ein Grenzübergang nach Kleinhaugsdorf in Österreich, an dem seit dem Beitritt Tschechiens zum Schengener Abkommen am 21. Dezember 2007 keine regelmäßigen Pass- und Zollkontrollen mehr durchgeführt werden.
Geschichte
Die Anlage des Ortes und die bis 1945 gesprochene „ui“- Mundart (bairisch-österreichisch) mit ihren speziellen Bairischen Kennwörtern weisen auf eine Besiedlung durch bayrische deutsche Stämme hin, wie sie um 1050, aber vor allem im 12/13. Jahrhundert erfolgte.[2] Die erste urkundliche Nennung des Ortes liegt im Jahr 1284. In diesem Jahr wird der Olmützer Bischof des Klosters Bruck als Besitzer der Ortschaft „Qualndorff“ genannt. Im Laufe der Jahre änderte sich die Schreibweise des Ortes mehrmals. So schrieb man 1349 „Kalndorf“, 1523 „Kolindorff“, 1575 „Kalndorff“. Die heutige Schreibweise ist seit dem Jahr 1718 in Gebrauch. Unter Joseph II. wurde das Kloster Bruck aufgelöst und damit die Herrschaft über Kallendorf.[3] Im Jahr 1752 wurde die Kaiserstraße gebaut. Da diese Straße die Hauptverbindungsstraße von Österreich nach Böhmen war, kam es zu einem wirtschaftlichen Aufschwung des Ortes.
1799 und 1805 belastete der Aufenthalt russischen Militärs den Ort, 1809 die Franzosen. Im Jahr 1859 bricht ein Großbrand im Ort aus und vernichtete 26 Häuser. Während des Deutsch-Österreichischen Krieges besetzten preußische Soldaten den Ort. 1874 richtet eine Überschwemmung schwere Schäden an. Infolge eines schweren Schädlingsbefall im Jahr 1897 ging die Weinbaufläche von 94 ha auf 37 ha zurück. Um die Jahrhundertwende lebten die meisten Einwohner des Ortes von der Landwirtschaft. Lediglich fünf Handwerker und einige Angestellte bzw. Beamten besaßen kein Ackerland.
Einer der Nachfolgestaaten Österreich-Ungarns nach dem Ersten Weltkrieg, 1914–1918, war die Tschechoslowakei, die jene deutschsprachigen Gebiete Böhmens, Mährens und Österreichisch-Schlesiens für sich beanspruchte, die seit Ende 1918 als Deutschösterreich galten. Der Vertrag von St. Germain[4] sprach diese strittigen Territorien gegen den Willen der dortigen deutschen Bevölkerung der Tschechoslowakei zu. Der Erste Weltkrieg forderte 31 Opfer von den Kallendorfern. Der Ort, dessen Bewohner 1910 ausschließlich Deutschmährer waren, fiel an den neuen Staat. Maßnahmen folgten wie die Bodenreform, das Sprachengesetz (1920) und die Sprachenverordnung (1926), wodurch es durch Siedler und neu besetzte Beamtenposten zu einem vermehrten Zuzug von Personen tschechischer Nationalität kam.[5] Am 27. Oktober 1935 kommt es zu einer Kundgebung durch ortsfremde Tschechen und zu Ausschreitungen. In den Jahren von 1936 bis 1938 werden auf dem Gemeindegrund 9 Bunker des Tschechoslowakischen Walls errichtet. Die entstehenden wachsenden Autonomiebestrebungen der Deutschen führten zu Spannungen innerhalb des Landes und im weiteren zum Münchner Abkommen, das die Abtretung der sudetendeutschen Gebiete an Deutschland regelte. Zwischen 1938 und 1945 gehörte der Ort Kallendorf zum Reichsgau Niederdonau. Bis 1945 war Kallendorf mit den Ortschaften Gerstenfeld und Klein-Tajax zur Gemeinde Schatzberg zusammengeschlossen.
Im Zweiten Weltkrieg hatte der Ort 37 Opfer zu beklagen. Nach Kriegsende (8. Mai 1945) wurden die im Münchener Abkommen (1939) an Deutschland übertragenen Territorien, also auch der Ort Kallendorf im Rückgriff auf den Vertrag von Saint-Germain (1919) wieder der Tschechoslowakei zugeordnet. Elf Einwohner wurden Opfer der Nachkriegsgewalt. Bis auf fünf Menschen flohen alle Deutschsüdmährer vor den einsetzenden Nachkriegsexzessen oder wurden über die Grenze nach Österreich vertrieben. Im August 1945 bestimmten die Siegermächte im Potsdamer Kommuniqués (Konferenz) [6] die Nachkriegsordnung. Die laufende, kollektive Vertreibung der deutschen Bevölkerung wurde darin nicht erwähnt, jedoch explizit ein „geordneter und humaner Transfer“ der „deutschen Bevölkerungsteile“, die „in der Tschechoslowakei zurückgeblieben sind“, verlangt. Die restlichen fünf Deutschsüdmährer von Kallendorf wurden zwischen September und Oktober 1946 offiziell über Znaim nach Deutschland zwangsausgesiedelt. Der Bericht von Francis E. Walter an das US-Repräsentantenhaus attestiert, dass diese Transporte zu keiner Zeit in „ordnungsgemäßer und humaner“ Weise erfolgten.[7] Alles private und öffentliche Vermögen der deutschen Ortsbewohner wurde durch das Beneš-Dekret 108 konfisziert und die katholische Kirche in der kommunistischen Ära enteignet. Eine Restitution ist seitens der Tschechischen Republik nicht erfolgt. 17 Personen verblieben im Ort.
Die in Österreich befindlichen Kallendorfer wurden bis auf 16 Familien in Übereinstimmung mit den ursprünglichen Überführungs-Zielen[8] des Potsdamer Kommuniqués nach Deutschland weiter transferiert.[9]
Die Matriken werden seit 1710 geführt. Onlinesuche über das Landesarchiv Brünn.[10]
Wappen und Siegel
Der Ort führte um das Jahr 1745 ein Siegel. Es zeigte ein Pflugeisen mit einer Umschrift. Nach dem Ende des Herrschaftsverhältnisses führte Kallendorf einen bildlosen Schriftstempel, der ab 1919 zweisprachig war.[11]
Bevölkerungsentwicklung
Volkszählung | Einwohner gesamt | Volkszugehörigkeit der Einwohner | ||
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Jahr | Deutsche | Tschechen | Andere | |
1880 | 723 | 723 | 0 | 0 |
1890 | 759 | 735 | 22 | 2 |
1900 | 723 | 723 | 0 | 0 |
1910 | 711 | 711 | 0 | 0 |
1921 | 690 | 623 | 46 | 21 |
1930 | 681 | 639 | 29 | 13 |
Gemeindegliederung
Chvalovice besteht aus den Ortsteilen Chvalovice (Kallendorf) und Hatě (Haid oder Kleinhaugsdorf).
Sehenswürdigkeiten
- Pfarrkirche St. Margareta (1284)
- Hauptaltar von Josef Winterhalder dem Jüngeren
- Bildsäulen (hl. Anna (1734), Johann von Nepomuk (1734), hl. Florian (1764))
- Marienkapelle
- Loretosäule (1628)
- Kriegerdenkmal (1921)
Brauchtum
Reiches Brauchtum bestimmte den Jahresablauf der 1945/46 vertriebenen, deutschen Ortsbewohner:
- Die Faschingsunterhaltung währt drei Tage, wobei ein Präsent ausgetanzt und an das meistbietende Mädchen übergeben wird. Am Aschermittwoch sammeln die Burschen Eier, Geselchtes, Wein und Geld und verzehren alles im Gasthaus. Am Aschermittwoch und an den nachfolgenden Sonntagen werden die Burschen von den Mädeln zu einem Festessen eingeladen.
- Zu St. Markus gab es eine Bittprozession, bei der eine Grenzbegehung des Gemeinde-Ausschusses mit dem Bürgermeister, den Gemeinderäten und dem Gemeindediener abgehalten wurde.
- Traditionsgemäß erfolgte zu Pfingsten die Wallfahrt nach Maria Dreieichen und weitere kleinere Wallfahrten nach Taßwitz und Lechwitz.
- Das von den Winzern veranstaltete Weinlesefest wurde von der Freiwilligen Feuerwehr Chvalovice organisiert. Dabei wird der Gemeindesaal bis zur Decke mit Weinranken, Weintrauben, Birnen, Äpfeln und Nüssen geschmückt. Ein Saalbürgermeister und eine Schar Feldhüter hatten die Aufgabe, die Weintrauben und das Obst zu bewachen. Erwischten sie einen Dieb, musste dieser Strafe bezahlen. Tat er dies während des Tanzes, verdoppelte sich seine Strafe. Um Mitternacht wird die „Amtsstube“ geschlossen, das noch vorhandene Obst freigegeben und das eingenommene Geld der Feuerwehr übergeben.
Quellen
- Felix Bornemann: Kunst und Kunsthandwerk (1992), Kallendorf S. 14
- Bruno Kaukal: Wappen und Siegel (1992), Kallendorf S. 105f
- Alfred Schickel, Gerald Frodl: Geschichte Südmährens. Band 3: Die Geschichte der deutschen Südmährer von 1945 bis zur Gegenwart. Südmährischer Landschaftsrat, Geislingen an der Steige 2001, ISBN 3-927498-27-0, S. 301 (Kallendorf).
Literatur
- Georg Dehio, Karl Ginhart: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler in der Ostmark, 1941, Kallendorf S.270
- Josef Hampel: Geschichte der Gemeinde Kallendorf, 1972/73,
- Wenzel Max: Thayaland, Volkslieder und Tänze aus Südmähren, 1984, Geislingen/Steige
- Detlef Brandes: Der Weg zur Vertreibung 1938-1945. Pläne und Entscheidungen zum „Transfer“ der Deutschen aus Polen und der Tschechoslowakei, München 2001, ISBN 3-486-56520-6
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Český statistický úřad – Die Einwohnerzahlen der tschechischen Gemeinden vom 1. Januar 2023 (PDF; 602 kB)
- ↑ Leopold Kleindienst:Die Siedlungsformen, bäuerliche Bau- und Sachkultur Südmährens, 1989, S. 9
- ↑ J. Hampel: Geschichte der Gemeinde Kallendorf (1973)
- ↑ Felix Ermacora: Der unbewältigte Friede: St. Germain und die Folgen; 1919 -1989 , Amalthea Verlag, Wien, München, 1989, ISBN 3-85002-279-X
- ↑ Johann Wolfgang Brügel: Tschechen und Deutsche 1918 – 1938, München 1967
- ↑ Charles L. Mee: Die Potsdamer Konferenz 1945. Die Teilung der Beute. Wilhelm Heyne Verlag, München 1979. ISBN 3-453-48060-0.
- ↑ Walter, Francis E. (1950): Expellees and Refugees of German ethnic Origin. Report of a Special Subcommittee of the Committee on the Judiciary, House of Representatives, HR 2nd Session, Report No. 1841, Washington, March 24, 1950.
- ↑ Cornelia Znoy:Die Vertreibung der Sudetendeutschen nach Österreich 1945/46, Diplomarbeit zur Erlangung des Magistergrades der Philosophie, Geisteswissenschaftliche Fakultät der Universität Wien, 1995
- ↑ Alfred Schickel, Gerald Frodl: Geschichte Südmährens. Band 3: Die Geschichte der deutschen Südmährer von 1945 bis zur Gegenwart. Südmährischer Landschaftsrat, Geislingen an der Steige 2001, ISBN 3-927498-27-0, S. 301 (Kallendorf).
- ↑ Acta Publica Registrierungspflichtige Online-Recherche in den historischen Matriken des Mährischen Landesarchivs Brünn (cz,dt). Abgerufen am 31. März 2011.
- ↑ Codex diplomaticus et epistolaris Moraviae Bl. IV S. 218
- ↑ Historický místopis Moravy a Slezska v letech 1848–1960, sv.9. 1984
- ↑ Johann Zabel: Kirchlicher Handweiser für Südmähren, 1941, Generalvikariat Nikolsburg, Kallendorf S.76
- ↑ Walfried Blaschka, Gerald Frodl:Der Kreis Znaim von A bis Z, 2009