Palast der Republik

Repräsentationsbau der DDR in Berlin
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Der Palast der Republik ist ein Gebäude auf der Spreeinsel am Schlossplatz im Zentrum Berlins, das auf dem Gelände des Berliner Stadtschlosses errichtet wurde und zu DDR-Zeiten als prestigeträchtiges Kulturhaus genutzt wurde. Die stadtplanerische Entwicklung des Berliner Schlossplatzes ist aufgrund der zentralen Lage des Platzes und der geschichtlichen Bedeutung von Schloss und Palast seit der Wiedervereinigung Gegenstand intensiver Diskussionen. Seit dem 6. Februar 2006 wird der Palast derzeit schrittweise abgetragen. Bis Ostern 2007 sollen die Arbeiten beendet sein.

Panoramabild des Palastes vom August 2005
Marx-Engels-Denkmal neben dem PdR auf dem Marx-Engels-Forum
Gesamtbild des Palastes 2003
Palast der Republik vom Fernsehturm
Palast der Republik 2003
Palast der Republik 2004
Gesamtbild des Palastes ZWEIFEL
ZWEIFEL

Entstehung

Der Palast der Republik wurde am 26. April 1976 nach 32-monatiger Bauzeit eröffnet. Chefarchitekt war Heinz Graffunder, der zusammen mit Karl-Ernst Swora, Wolf R. Eisentraut, Günter Kunert, Manfred Prasser und Heinz Aust arbeitete.

Der Palast wurde teilweise auf dem Gelände des im Zweiten Weltkrieg teilzerstörten und ausgebrannten Berliner Stadtschlosses gebaut, das im Jahr 1950 wegen Ablehnung der Rekonstruktion und Subventionierung eines Symbols des preußischen Militarismus und Adels und wegen Finanz- und Baumittelknappheit in den Jahren nach Kriegsende gesprengt wurde. Nach dem Abriss wurde das Areal 23 Jahre als Fest- und Aufmarschplatz, Politikertribüne und Parkplatz genutzt.

Lage und Größe

Der Palast der Republik liegt an der Straße Unter den Linden, etwa gegenüber dem Lustgarten und dem Berliner Dom in der Nähe des Alexanderplatzes, direkt am Ufer des Spreekanals. Ganz in der Nähe befindet sich das ehemalige Staatsratsgebäude der DDR, in dem im Januar 2006 die European School of Management and Technology sowie die Hertie School of Governance ihre Arbeit aufgenommen haben. Hinter dem Palast der Republik befindet sich das Marx-Engels-Forum und der Berliner Fernsehturm. In der Nähe befindet sich auch der Sitz des Berliner Senats, das „Rote Rathaus“.

Das Gebäude hat die Form eines Quaders mit einer Länge von 180 m, einer Breite von 85 m und einer Höhe von 32 m. Die Höhe orientiert sich an der des benachbarten Marstalls und des Staatsratsgebäudes.

Nutzung

Dem Bau des Palastes der Republik liegt das Konzept eines Volkshauses zugrunde, das im 19. Jahrhundert vor allem von der sozialistischen Arbeiterbewegung verfochten und etwa in Belgien, Frankreich (Centre Georges Pompidou), den Niederlanden oder Schweden (Kulturhuset in Stockholm) zu umfangreichen Bauten führte. Vor allem in der frühen Sowjetunion wurden Kulturhäuser zu Symbolen der neuen Staatsmacht. In Deutschland bauten vor allem die Gewerkschaften solche Anlagen. In der DDR wurde die Aufgabe des Kulturhauses oder Kulturpalastes zu einer eigenständigen Richtung der Architekturtheorie. Die oft zu lesende Behauptung, der klassizistische Architekt Karl Friedrich Schinkel habe bereits solche Bauten geplant, ist hingegen nicht korrekt.

Der Palast der Republik zeigte sich vor allem mit seinen umfangreichen Foyers, den Restaurants, der Kegelbahn, aber auch mit dem Großen Saal für Veranstaltungen als Kulturpalast. Auf Grund des weitgehenden Fehlens ähnlicher Anlagen im Zentrum Ost-Berlins war ihm die Publikumsgunst sicher. Auftritte nationaler und internationaler Künstler wie beispielsweise Udo Lindenberg oder Harry Belafonte, ein eigenes kleines Theater im Palast (TiP), Ausstellungen, Restaurants mit bevorzugter Belieferung, ein Eiscafé, eine Milchbar, eine Diskothek, ein jeden Tag geöffnetes Postamt, Bowlingbahnen, großformatige Gemälde von 16 prominenten DDR-Künstlern im Foyer (Willi Sitte, Walter Womacka, Wolfgang Mattheuer und andere unter dem Motto „Wenn Kommunisten träumen“), zahlreiche weitere Kunstwerke und aus Schweden importierter weißer Marmor machten aus diesem Bau etwas für DDR-Verhältnisse Einzigartiges.

Der kleine Saal des Palastes diente als Sitz der Volkskammer, des Parlaments der DDR. Der große Saal, der variabel einzurichten war, diente als beliebte Stätte der Kultur und Begegnung. Wichtige repräsentative Nutzungen waren die alle fünf Jahre stattfindenden SED-Parteitage, auf deren Delegiertenzahl die Größe des Saals abgestimmt war.

Für den Palast der Republik gab es zahlreiche satirische Bezeichnungen wie Palazzo (prozzo), Ballast der Republik oder Erichs Lampenladen. Letzterer spielte auf die zahllosen Leuchten der Foyerdeckenbeleuchtung und den Staats- und Parteichef Erich Honecker an. Diese niemals offiziell gebrauchten Bezeichnungen waren unter den Berlinern bekannt, gehörten aber nicht zum häufigen Sprachgebrauch.

Entwicklung ab 1990

1990 wurde der Palast wegen Asbestverseuchung geschlossen. Bereits zu seiner Bauzeit war davor gewarnt worden, die Stahlkonstruktion mit Asbestzement gegen Feuer zu isolieren. Als nach der Wende absehbar war, dass europäische und bundesrepublikanische Arbeitsschutz- und Gesundheitsnormen auch für die DDR Geltung haben würden, wurde der Palast am 19. September 1990 auf Anweisung der einzig frei gewählten Volkskammer geschlossen. Eine Sanierung wurde aus verschiedenen Gründen und offensichtlich auch politischem Einfluss nicht geplant.

Nach aufwändiger Asbestbeseitigung in den Jahren 1998 bis 2001 und mehreren Architektenwettbewerben zum Umgang mit dem historischen Schloss-Gelände beschloss der Bundestag 2003 den Abriss des Palastes sowie die zwischenzeitliche Anlage einer Grünfläche, bis einmal das so genannte Humboldt-Forum für die Museen außereuropäischer Kulturen (derzeit in Berlin-Dahlem), die Berliner Zentral- und Landesbibliothek und die wissenschaftshistorischen Sammlungen der Humboldt-Universität errichtet wird. Deren nicht der Spree zugewandten Fassaden sollen nach dem Vorbild der barocken Fassaden des 1950 gesprengten Berliner Schlosses rekonstruiert werden. Allerdings hat der Bundestag weder die Finanzierung des Humboldt-Forums, dessen Baukosten auf 590 Millionen Euro geschätzt werden, noch die eines Architekturwettbewerbs oder der Zwischennutzung abgesichert. Lediglich der Abriss des Palastes ist finanziert, er wird nach umstrittenen Planungen der Berliner Senatsbauverwaltung auf 20 Millionen Euro geschätzt, andere Zahlen gehen von bis zu 60 Millionen Euro aus. Im Frühjahr 2004 begann die so genannte Zwischennutzung des Palastes der Republik unter der Bezeichnung Volkspalast.

Am 26. Januar 2005 installierte der norwegische Künstler Lars Ramberg auf dem Dach des Palastes mehr als 6 Meter hohe Neon-beleuchtete Buchstaben, die das Wort ZWEIFEL bilden. Der Schriftzug dient als Logo für das Projekt Palast des Zweifels. Ramberg wollte mit diesem Projekt die Diskussionen um den Palast fördern und mit dem Diskurs um verloren gegangene Utopien, dem Suchen nach neuen Perspektiven und Identitäten verbinden. Die Aktion lief bis zum 10. Mai 2005. Auf Betreiben des Künstlers wurde eine Abbildung des Palastes mit dem Schriftzug ZWEIFEL aus urheberrechtlichen Gründen aus der Ausstellung ZeitSchichten – Erkennen und Erhalten – Denkmalpflege in Deutschland in Dresden genommen, die sich unter anderem mit den denkmalpflegerischen Aspekten der Diskussion um den Abriss des Palastes auseinandersetzt.

Mit der Ausstellung „Fraktale“ entstand genau in der Mitte des Palastes ein großer weißer Raum, der zum Leitbild der neuen künstlerischen Nutzung des Palastes werden könnte. Die Ausstellung „White Cube Berlin“ versucht, anhand dieses Raumes mit international renommierten Künstlern diese neue Nutzung den Abrissplänen entgegenzustellen. Im Dezember 2005 wurde in Berlin eine Stiftung für den Erhalt des Palastes der Republik gegründet.

Der Abriss des Palastes der Republik verschob sich immer wieder. Am 19. Januar 2006 beschloss der Deutsche Bundestag, Anträgen der Grünen und der Linkspartei zur Verschiebung des Abrisses bzw. zur Erhaltung des Bauwerks nicht stattzugeben.

Nach Terminen im Frühjahr 2005 und im Oktober 2005 wird das Gebäude seit Februar 2006 langsam zurückgebaut. Von einer Sprengung des Gebäudes wurde abgesehen, weil Beschädigungen umliegender Gebäude durch den Auftrieb der Bodenwanne und das dadurch bedingte Absinken des Grundwasserspiegels befürchtet wurden. Stattdessen wird das abgetragene Material gemessen und im gleichen Maß dann mit Wasser versetzter Sand in die Bodenwanne geleitet. Dieser Prozess soll bis Mitte 2007 abgeschlossen sein, wodurch vorerst an dieser Stelle eine Grünfläche über der verbleibenden Bodenwanne als neues Spreeufer verbleibt.

Der Architekt und Städteforscher Philipp Oswalt hat im Februar 2006 ein Konzept vorgestellt, nach dem die Kellergeschosse des Palastes weitergenutzt werden könnten. Es ist im Rahmen des Abrisses geplant, den Keller ab Mitte März 2006 sukzessive mit insgesamt 205000 Tonnen Sand vollständig zu verfüllen. Nach Berechnungen zweier Ingenieursbüros müssten die Kellergeschosse nicht vollständig aufgefüllt werden, sondern es würden bereits 21600 Tonnen ausreichen, um die Stabilität des Baus und der umliegenden Gebäude zu sichern und gleichzeitig den Keller weiter nutzen zu können. Damit wäre es einerseits möglich, dem Bundestagsbeschluss zum Abriss zu genügen und eine Terrasse etwa auf Spreehöhe entstehen zu lassen. Andererseits könnte mit dem eingesparten Mitteln zur Sandverfüllung ein moderner Flachbau von etwa 12000 Quadratmetern Nutzfläche - und damit deutlich mehr als das geplante Humboldtforum zu gleichen Baukosten - für Ausstellungen, Veranstaltungen und zur Nutzung durch Bibliotheken entstehen. Die Berliner Zentral- und Landesbibliothek, zu der auch noch ein Tunnel existiert, hat bereits ihr dahingehendes Interesse bekundet. Eine Umsetzung des Planes ist jedoch fraglich.

Commons: Palast der Republik – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

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