Die Sächsische Franziskanerprovinz war eine Ordensprovinz der Franziskaner. Sie entstand 1230 durch Teilung der Provinz Teutonia in eine rheinische und eine sächsische Provinz und bestand als Sächsische Provinz vom heiligen Kreuz bis 2010, als sie sich mit den anderen deutschen Ordensprovinzen zur Deutschen Franziskanerprovinz von der hl. Elisabeth zusammenschloss.
Geschichte
Die ersten Franziskaner kamen im Jahr 1223 nach Köln, das daraufhin zum Zentrum der ursprünglich einzigen deutschen Provinz Teutonia wurde. Weil sich die franziskanische Bewegung auch in Deutschland mit erstaunlicher Schnelligkeit entfaltete, entstanden bereits 1230 aus der Teutonia eine rheinische und eine sächsische Provinz. Eine weitere Neuumschreibung der deutschen Provinzen erbrachte 1239 die Teilung der rheinischen in die Provincia Argentina (Straßburg) und die Provincia Colonia, im selben Jahr wurden von der Saxonia die Dacia (Dänemark) und die Bohemia (Böhmen) abgetrennt. Die Saxonia erhielt dadurch den Wirkungskreis, in dem sie bis zu Reformation tätig war.[1]
Die Westgrenze dieser „alten“ Saxonia bildete die Weser. Im Norden schloss die Provinz Schleswig und Holstein ein, im Süden Schlesien, und östlich erstreckte sie sich – unter Aussparung von Litauen – bis nach Livland. Im Laufe des 13. Jahrhunderts umfasste die Provinz bereits etwa 90 Klöster, die sich auf 12 Verwaltungsbereiche, „Kustodien“ genannt, verteilten, nämlich Brandenburg, Bremen, Breslau, Goldberg, Halberstatdt, Leipzig, Lübeck, Magdeburg, Meißen, Preußen, Stettin und Thüringen.[2]
Am Vorabend der Reformation war die Provinz auf 116 Klöster angewachsen. Als der Franziskanerorden sich 1517 teilte in die Konventualen (heute Minoriten genannt) und Observanten, schlossen sich alle diese Niederlassungen dem strengeren Reformzweig der Observanten an. Schon 1518 allerdings wurde die Saxonia geteilt in die Sächsische Provinz vom hl. Kreuz und die Sächsische Provinz vom hl. Johannes dem Täufer, und zwar nicht nach geographischen Aspekten, sondern entsprechend einer mehr oder minder strengen Beobachtung der Ordensregel. Die beiden Provinzern überlagerten sich teilweise räumlich. Zur Provinz vom hl. Kreuz gehörten damals 43 Klöster.
Aus der Provinz vom heiligen Johannes dem Täufer wurde 1523 die Thüringische Franziskanerprovinz (Thuringia) abgetrennt. Beide Provinzen gingen infolge der Reformation bereits in der Mitte des 16. Jahrhunderts unter. Die beiden letzten Konvente schlossen sich der Provinz vom hl. Kreuz an: 1541 Halberstadt und 1550 Greifswald. Aber auch von der Sächsischen Provinz vom hl. Kreuz bestanden am Ende des 16. Jahrhunderts nur noch Konvente in Eger und Halberstadt.
Als Eger 1603 in die Straßburger Provinz inkorporiert worden war, wandte sich der Konvent in Halberstadt 1616 mit der Bitte um Hilfe an das Kloster in Bielefeld, das zur Kölnischen Provinz gehörte. Sieben Franziskaner aus Bielefeld zogen nach Halberstadt, so dass die Traditoion der alten Saxonia nicht unterbrochen wurde, obwohl 1626 das letzte Mitglied der Provinz starb.
Das Territorium der Provinz verschob sich im Laufe ihrer Geschichte mehrfach. 2010 bestanden Klöster schwerpunktmäßig in Westfalen, einzelne Klöster in den nördlichen und östlichen Bundesländern und in Berlin.
Niederlassungen der Provinz 2010
- Berlin-Pankow (seit 1921)
- Berlin-Wilmersdorf (dort seit 1986)
- Dortmund (seit 1895)
- Dorsten (seit 1488 mit Unterbrechungen)
- Halberstadt (1223-1814, seit 1920)
- Halle (Saale) (seit 1923)
- Hamburg (seit 1958)
- Hannover (1928-2010, von 1998 bis 2010 Provinzialat)
- Hülfensberg (seit 1860)
- Mühlen (seit 1908)
- Ohrbeck (Georgsmarienhütte, seit 1918)
- Paderborn (1232 bis zur Reformation, seit 1658 mit Unterbrechung im Kulturkampf)
- Waren (Müritz) (seit 2004)
- Werl (seit 1848, bis 1998 Provinzialat)
- Wiedenbrück (seit 1677, mit Unterbrechung im Kulturkampf)
Bekannte Provinzialmininster
- Simon von England (ernannt vom Generalkapitel am 26. Mai 1230, der vor Amtsantritt am 14. Juni 1230 starb[3])
- Johannes von England (1231-1232, ernannt 1230)
- Johannes Piano del Carpini (1232-1239)
...
- Constantin Pohlmann (1967-1973)
- Hermann Schalück (1973-1983
- Heribert Arens (1983-1989, ab 1995)
- Theo Maschke (1989-1995)
Bekannte Mitglieder
Literatur
- Dieter Berg (Hrsg.): Spuren franziskanischer Geschichte: chronologischer Abriß der Geschichte der Sächsischen Franziskanerprovinzen von ihren Anfängen bis zur Gegenwart. Dietrich-Coelde-Verlag, Werl 1999, ISBN 3-87163-240-6.
- Herbert Schneider: Die Franziskaner im deutschen Sprachgebiet. Leben u. Ziele. Dietrich-Coelde-Verlag, Werl/Westfalen 1985.
- Willibald Kullmann: Die Sächsische Franziskanerprovinz, ein tabellarischer Leitfaden ihrer Geschichte. Düsseldorf 1927.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Willibald Kullmann: Die Sächsische Franziskanerprovinz, ein tabellarischer Leitfaden ihrer Geschichte. Düsseldorf 1927, 9.14-20.
- ↑ Lothar Hardick: Ostwestfalen im Plangefüge der Sächsischen Franziskanerprovinz. In: Westfälische Zeitschrift. 110 (1960), S. 305–328.
Lothar Hardick: Raumplanung der Saxonia vor der Säkularisation. In: Vita Seraphica. 40/41 (1959/60), S. 85–92. - ↑ Dieter Berg (Hrsg.): Spuren franziskanischer Geschichte: chronologischer Abriß der Geschichte der Sächsischen Franziskanerprovinzen von ihren Anfängen bis zur Gegenwart. Dietrich-Coelde-Verlag, Werl 1999, ISBN 3-87163-240-6, S. 29ff, auch zu den folgenden.