Fritz Lenz (* 9. März 1887 in Pflugrade, Pommern, † 6. Juli 1976 in Göttingen) war ein deutscher Anthropologe, Humangenetiker und Rassenhygieniker.
Leben
Fritz Lenz studierte Medizin in Freiburg und war dort ein Schüler Eugen Fischers. Zusammen mit seinem Lehrer trat er 1909 als cand. med. Schriftführer der Ortsgruppe der Internationalen "Gesellschaft für Rassenhygiene" bei. Dort lernte er Alfred Ploetz kennen und wurde auch sein Schüler. Von Ploetz übernahm er 1913 (bis 1933) die Herausgabe der Zeitschrift "Archiv für Rassen- und Gesellschaftsbiologie" (ARGB).
1919 habilitierte er sich an der Universität München im Fach Hygiene. 1921 veröffentlichte er mit Eugen Fischer und Erwin Baur das einflussreiche, von Hitler in der Festungshaft in Landsberg in Mein Kampf eingearbeitete Standardwerk "Grundriss der menschlichen Erblichkeitslehre und Rassenhygiene". 1923 erhielt er eine außerordentliche Professur in München, den ersten Lehrstuhl für Rassenhygiene in Deutschland (ein Begriff, den Ploetz geprägt hat).
1933 übernahm Lenz an der Universität Berlin den von Alfred Grotjahn begründeten Lehrstuhl für Sozialhygiene. Er war dort Professor für Hygiene und Erbenlehre. Später wurde er auch Direktor der Abteilung Eugenik am Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie.
1937 trat er in die NSDAP ein. Im Nationalsozialismus war er beteiligt an der Zwangssterilisierung aller farbigen deutschen Kinder ("Rheinlandbastarde"). Er war Mitglied im Sachverständigenbeirats für Bevölkerungs- und Rassenpolitik, Autor zweier Denkschriften für das Rasse und Siedlungshauptamt der SS (RuSHA) zur Ostkolonisation. Außerdem war er beteiligt an der Vorbereitung eines Euthanasiegesetzes für Krebskranke und "nutzlose Esser".
1946 bis 1953 gelang es ihm trotz seiner Verstrickung in die Eugenik wieder eine Professur in Göttingen zu bekommen. Ihm wurde zu Gute gehalten, dass er sich nicht offen politisch geäußert hätte.
Lenz sagte auf Nachfragen, dass ihm das Schicksal der ermordeten Juden sehr leid täte. Die Möglichkeit einer Höherselektierung der menschlichen Rassen hielt er dessen ungeachtet auch nach 1945 für wissenschaftlich erwiesen.
Wirken
Mit Lenz erhielt die Rassenhygiene eine politische Dimension eindeutig nationalsozialistischer Prägung. So konstatierte Lenz 1932 „Die Staatsidee des Fascismus hat ohnehin eine Wesensverwandtschaft mit der rassenhygienischen Idee. Während die liberale Staatsauffassung und im Grunde auch die sozialdemokratische auf der individualistischen Weltanschauung beruhten, erkennt der Fascismus keinen Eigenwert des Individuums an."
Lenz untersuchte mit besonderem Interesse die Gebiete der Vererbung menschlicher Krankheiten (sog. Erbkrankheiten) und der Gesundhaltung menschlichen Gutes (Erbgesundheitslehre). Die Ergebnisse publizierte er 1921 und 1932 zusammen mit Erwin Baur und Eugen Fischer in seinem zweibändigen Hauptwerk: "Menschliche Erblichkeitslehre und Rassenhygiene". Das Werk erschien in 4. Auflage, 1936, unter dem Titel "Menschliche Erblehre".
Mit diesem Werk und der 1933 publizierten Schrift "Die Rasse als Wertprinzip" bot Lenz und neben ihm Kollegen wie Eugen Fischer und Ernst Rüdin den Nationalsozialisten eine naturwissenschaftlich-darwinistisch begründete Rechtfertigung für die sogenannte Ausmerze "lebensunwerten Lebens". Es war ein Prozess, der sich fast automatisch von der "Euthanasie" zu dem mit dem Begriff "Endlösung der Judenfrage" getarnten Genozid an den Juden entwickelte.
Für den Humangenetiker war in der "Rassenfrage" die Verbindung von Rasse und Seele das eigentlich Wesentliche. So rechtfertigt er in diesem Zusammenhang die Nürnberger Gesetze von 1938:
- "Wichtiger als die äußeren Merkmale ist die abstammungsmäßige Herkunft eines Menschen für seine Beurteilung. Ein blonder Jude ist auch ein Jude. Ja, es gibt Juden, die die meisten äußeren Merkmale der nordischen Rasse haben und die doch von jüdischer Wesensart sind. Die Gesetzgebung des nationalsozialistischen Staates definiert einen Juden daher mit Recht nicht nach äußeren Rassenmerkmalen, sondern nach der Abstammung" Lenz in "Über Wege und Irrwege rassenkundlicher Untersuchungen", 1941.
Literatur
- Peter Emil Becker: Zur Geschichte der Rassenhygiene. Wege ins Dritte Reich, IX, 403 S., Thieme Verlag, Stuttgart 1988 ISBN 3-13-716901-1 (Kapitel Fritz Lenz, S.137-217)
- Peter Emil Becker: Sozialdarwinismus, Rassismus, Antisemitismus und Völkischer Gedanke, Wege ins Dritte Reich´, Bd. 2, X, 644 S., Thieme Verlag, Stuttgart 1990 ISBN 3-13-736901-0
- Stefan Breuer: Ordnungen der Ungleichheit - die deutsche Rechte im Widerstreit ihrer Ideen 1871-1945, 424 S., Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2001 (Kapitel "Blut" S.47-76, insbesondere der Abschnitt "Rassenhygieniker" S.61 ff.) ISBN 3-534-15575-0
- Peter Weingart, Jürgen Kroll, Kurt Bayertz: Rasse, Blut und Gene. Geschichte der Eugenik und Rassenhygiene in Deutschland, 3. Auflage, 746 S., Frankfurt a.M. 2001 ISBN 3-518-28622-6
- Renate Rissom: Fritz Lenz und die Rassenhygiene, Husum 1983, Matthiesen Verlag, ISBN 3-7868-4047-4
Weblinks
Personendaten | |
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NAME | Lenz, Fritz |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Anthropologe und Rassenhygieniker |
GEBURTSDATUM | 9. März 1887 |
GEBURTSORT | Pflugrade, Pommern |
STERBEDATUM | 6. Juli 1976 |
STERBEORT | Göttingen |