Rautenstrauch-Joest-Museum

ethnologisches Museum in Köln
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Das Rautenstrauch-Joest-Museum – Kulturen der Welt in Köln ist das einzige städtische ethnologische Museum in Nordrhein-Westfalen und liegt in der Cäcilienstraße 29-33, Altstadt-Süd.

Das Kulturquartier an der Cäcilienstraße (Eingangsseite)
Eingangshalle

Am 22. Oktober 2010 fand die Neueröffnung des Museums im Kulturquartier am Neumarkt statt. Museumsdirektor ist derzeit (2013) Klaus Schneider, zugleich Professor am Institut für Ethnologie der Universität zu Köln.

Geschichte der Sammlungen

 
Rautenstrauch-Joest-Museum - Ubierring 45 (um 1910)

Das Museum besitzt eine der zehn größten und bedeutendsten ethnografischen Sammlungen Deutschlands. Die Sammlungen umfassen mehr als 65.000 Objekte aus Ozeanien, Afrika, Asien und Amerika.

Den Grundstock der Sammlung bildet der Nachlass des Kölner Geografen und Völkerkundlers Wilhelm Joest (1852-1897). Zwei Jahre nach Joests frühem Tod auf einer Forschungsreise schenkte seine Schwester Adele von Rautenstrauch gemeinsam mit ihrem Mann, dem Kaufmann Eugen von Rautenstrauch, die 3.400 Objekte umfassende Sammlung ihres Bruders der Stadt Köln. Sie förderte außerdem nach dem Tode ihres Mannes mit einer Spende von 250.000 Mark die Errichtung des Museums am Ubierring 45, das nach Plänen von Erwin Crones[1] am 12. November 1906 eröffnet wurde. Das Museumsgebäude wurde nach einem Bombenvolltreffer am 28. Februar 1945 zerstört und erst am 7. Juli 1967 wiedereröffnet; es befindet sich seit dem 23. Oktober 2010 in der Cäcilienstraße.

Eine wichtige Erweiterung der Sammlung seit dem Zweiten Weltkrieg war der Erwerb der Sammlung ozeanischer und afrikanischer Kunst des Düsseldorfer Künstlers Klaus Clausmeyer 1966 durch die Stadt Köln.[2] Ebenfalls zur Sammlung beigetragen haben der Kölner Bankierssohn Max von Oppenheim und in neuerer Zeit Irene und Peter Ludwig sowie Hans Wilhelm Siegel.

Mit der Neueröffnung 2010 wurde das Ausstellungskonzept von der klassischen Einteilung in geographische Großräume auf eine thematische Anordnung umgestellt. Unter dem Motto „Der Mensch in seinen Welten“ zeigt die Ausstellung in verschiedenen Abteilungen folgende Themen: „Begegnung und Aneignung: Grenzüberschreitungen“, „Der verstellte Blick: Vorurteile“, „Die Welt in der Vitrine: Museum“, „Ansichtssachen?!: Kunst“, „Türen im Übergang“, „Lebensräume – Lebensformen: Wohnen“, „Der Körper als Bühne: Kleidung und Schmuck“, „Der inszenierte Abschied: Tod und Jenseits“, „Vielfalt des Glaubens: Religionen“, „ZwischenWelten: Rituale“.

Durch diesen Kulturen vergleichenden Ansatz – unter Einbeziehung der europäischen Kultur – soll das gleichberechtigte Dasein und die Ebenbürtigkeit aller Kulturen betont werden. Die Auseinandersetzung mit fernen Kulturen soll dabei zur Reflexion und Relativierung der eigenen kulturellen Perspektive anregen.

An junge Besucher richtet sich das JuniorMuseum, das über das Erwachsenwerden in Japan, Kanada, Sierra Leone, in der Türkei und Deutschland erzählt. Sonderausstellungen in diesem „Haus im Haus“ werden von Kindern und Jugendlichen kuratiert.

 
Videoguide

Seit November 2011 können gehörlose Besucher einen Videoguide erhalten, der sie durch die Dauerausstellung führt. Bereits an der Information werden sie auf einem Bildschirm mit einem Video in Gebärdensprache begrüßt und auf die Videoguides hingewiesen, die das Rautenstrauch-Joest-Museum als erstes Kölner Museum eingeführt hat.

Auszeichnungen und Ehrungen

Das Museum hat seit der Neueröffnung zahlreiche Preise erhalten wie den Kölner Kulturpreis Kulturereignis des Jahres 2010 und den red dot design award 2011. 2012 wurde das Rautenstrauch-Joest-Museum mit dem Museumspreis des Europarates ausgezeichnet. 2013 wurde das Museum in Dubrovnik in den Excellence Club von Best in Heritage aufgenommen, einer internationalen Plattform der bedeutendsten Museen und Projekte zum kulturellen Erbe. [3]

Geschichte der Museumsgebäude

 
In diesem Gründerzeitbau am Ubierring war das Museum bis 2010 untergebracht

Das Museum befand sich am Ubierring in einem Gründerzeitgebäude, das den Zweiten Weltkrieg fast unversehrt überstanden hat. Mehrfach hat Hochwasser die Depots des Museums überschwemmt.

2002 wurden die Bauarbeiten für ein neues Museumsgebäude nach Plänen des Braunschweiger Architekturbüros Schneider + Sendelbach mit dem Abriss der Josef-Haubrich-Kunsthalle begonnen. Verschiedene Baustopps und Planänderungen infolge der Finanzlage der Stadt Köln verzögerten mehrfach die Fertigstellung.

Am 22. Oktober 2010 wurde das Museum im neu erbauten Kulturquartier am Neumarkt wieder eröffnet.

Im Kulturquartier befindet sich auch der neue Eingang zum benachbarten Museum Schnütgen. Beide Gebäude sind mit einem ebenfalls neu erbauten Durchgang verbunden, der gleichzeitig der Präsentation mittelalterlicher Glasfenster dient. Ein Veranstaltungssaal im Erdgeschoss des Kulturquartiers wird von beiden Museen sowie der VHS Köln genutzt. Der Museumsshop, die Information, die Kasse und die Garderobe werden ebenfalls gemeinsam genutzt.

Ausstellungsobjekte (Auswahl)

 
Der Reisspeicher (ca. 1935) aus Sulawesi, Indonesien im Foyer des Kulturquartieres
 
Das Gamelan Instrumentenensemble
 
Thema des Raumes: „Ansichtssachen?! Kunst“
 
Thema des Raumes: „Die Welt in der Vitrine: Museum“
 
Ein Durga-Altar
 
Thema des Raumes: „ZwischenWelten: Rituale – Maskenvielfalt“

Foyer

  • Das Wahrzeichen und größte Exponat des Museums ist ein über 7,50 m hoher, prächtig verzierter Reisspeicher (ca. 1935) aus Sulawesi, Indonesien, der im Foyer des Gebäudes originalgetreu wieder aufgebaut wurde.[4]

Einstimmung: Musik

Ansichtssachen?!: Kunst

  • Figur einer Gottheit dinonga eidu, Nukuoro, Karolinen, 19. Jahrhundert
  • Skulpturen minsereh, Mende, Sierra Leone, 19. Jahrhundert
  • Aufsatzmaske magbo, Yoruba, Nigeria, 19. Jahrhundert
  • Stelenfragment, Piedras Negras, Guatemala, Maya-Spätklassik, 662 n. Chr.
  • Skulptur, Dogon, Tintam-Region, Mali, 15.-17. Jahrhundert
  • Statue einer Gottheit, Emroin, Babar, Babar-Archipel, Indonesien, 19. Jahrhundert
  • Figur eines Gefesselten, vermutlich Jaina, Campeche, Mexiko, Maya-Spätklassik, 500-800 n. Chr.
  • Opfergestell mit weiblicher Ahnenfigur luli, Luhuleli, Leti, Indonesien, 19. Jahrhundert

Lebensräume – Lebensformen: Wohnen

  • Tuareg-Zelt, Niger, 2. Hälfte 20. Jahrhundert
  • Männerhaus, Atsj, Zentral-Asmat, Westneuguinea, 2. Hälfte 20. Jahrhundert

Der Körper als Bühne: Kleidung und Schmuck

  • Hochzeitsschmuck für eine Braut, Kabylen, Maghreb, Algerien, 19. Jahrhundert
  • Federmantel ahu ‘ula, Hawaii, Polynesien, vor 1824

Der inszenierte Abschied: Tod und Jenseits

  • Porträtgefäß, Moche IV, Peru, ca. 4. Jahrhundert n. Chr.
  • Lendentuch, Chimú, Peru, ca. 1300-1370 n. Chr.
  • Totenboot der Māori, Bay of Plenty, Nordinsel Neuseelands, vor 1840
  • Zwillingsfiguren ibeji, Yoruba, Nigeria, Anfang 20. Jahrhundert

Vielfalt des Glaubens: Religionen

  • Votivtafel mit stehendem Buddha, Mon, Pegu-Reich, Myanmar, 7.-9. Jahrhundert
  • Elfköpfiger Bodhisattva Avalokiteshvara, Tibet, Südtibet, China, 15./16. Jahrhundert
  • Stehender Gott Shiva, Kambodscha, Angkor-Periode, 2. Hälfte 9. Jahrhundert

Zwischenwelten: Rituale

  • Maske tapuanu, Mortlock-Inseln, Zentrale Karolinen, um 1900
  • Maske der achtzehn Krankheitsdämonen Daha Ata Sanni Yaku, Südwestküste, Sri Lanka, Ende 19. Jahrhundert
  • Quetzalcoatl-Ehecatl, Zentralmexiko, Azteken, ca. 1480-1519 n. Chr.

Aufgrund von Baumaßnahmen ist die Abteilung „Rituale“ bis auf weiteres geschlossen.[6]

Bibliothek

Das Museum verfügt über eine Präsenzbibliothek, die der Öffentlichkeit zugänglich ist. Diese umfasst 40.000 Monografien und Fachzeitschriften, unter denen sich die wissenschaftliche Literatursammlung der 2004 verstorbenen Gründerin des Malaiologischen Apparats der Universität zu Köln, Irene Hilgers-Hesse, befindet. Die Deutsch-Indonesische Gesellschaft übergab diese der Museumsbibliothek 2008 als Schenkung. Der Bestand zählt rund 1500 Bände vorwiegend indonesischer und malaiischer kulturwissenschaftlicher und belletristischer Werke (in lateinischer und Jawi-Schrift) der 1960er bis 80er Jahre, die sonst in Deutschland größtenteils nicht erhältlich sind.

Historisches Fotoarchiv

Das historische Fotoarchiv umfasst ungefähr 100.000 Fotografien, unter anderem von Rudolf Oldenburg, Marie Pauline Thorbecke, Georg Küppers-Loosen und Albert Grubauer.[7]

Sonderausstellungen

Zeitraum Titel
1981 Rausch und Realität, Drogen im Kulturvergleich (Katalog, herausgegeben von Gisela Völger und Karin von Welck, ISBN 3-499-34006-2)
26. Juli 1985-13. Oktober 1985 Die Braut – geliebt, verkauft, getauscht, geraubt. Zur Rolle der Frau im Kulturvergleich
11. April 1987-12. Juli 1987 Gold und Macht – Spanien in der Neuen Welt
25. Juni 1987-31. Dezember 1989 Ainu – Jäger, Fischer und Sammler in Japans Norden
3. Oktober 1987-4. April 1988 Pracht und Geheimnis – Kleidung und Schmuck aus Palästina und Jordanien
21. Oktober 1988-26. Februar 1989 Der Flug des Bumerang – 40.000 Jahre Australier
17. März 1989-24. September 1989 Tiger-Teppiche aus Tibet
23. März 1990-17. Juni 1990 Männerbünde – Männerbande: Zur Rolle des Mannes im Kulturvergleich
21. Juni 1990-4. November 1990 Der geraubte Schatten – Zur Geschichte der ethnographischen Photographie im deutschsprachigen Raum
30. November 1990-26. Mai 1991 Niombo – Der Tote in der Puppe – Begräbnisrituale in Zentralafrika
5. Juli 1991-12. Januar 1992 Batak – mit den Ahnen leben – Menschen in Indonesien
15. Januar 1993-25. Juli 1993 Leben im russischen Schtetl – Auf den Spuren von An-Ski.
10. September 1993-24. Juli 1994 Die anderen Götter – Volks- und Stammesbronzen aus Indien
18. Februar 1994-23. Mai 1994 Die Welt der Maya – Archäologische Schätze aus drei Jahrtausenden
6. Mai 1994-20. Juni 1994 Kammerspiel für Völkerkunde – Objekte schlagen zurück: Eine Kunstinstallation von Peter Pick
30. September 1994-5. Juni 1995 Federarbeiten der Indianer Südamerikas – Aus der Studiensammlung Horst Antes
19. Januar 1995-7. Mai 1995 Bilder aus dem Paradies – Koloniale Fotografie aus Samoa 1875 – 1925
15. September 1995-21. Oktober 1995 Walter Spies – Maler und Musiker auf Bali
25. April 1996-31. August 1997 Wer hat die Kokosnuß ...? Die Kokospalme – Baum der tausend Möglichkeiten
21. März 1997-10. August 1997 Afrikanische Kunst – Die Sammlung Arman
25. November 1997-8. März 1998 Sie und Er – Frauenmacht und Männerherrschaft im Kulturvergleich
01. Juni 1999-26. September 1999 Soly Cissé – Neue Kunst aus dem Senegal.
13. August 1999-31. Januar 2001 Kunst der Welt
22. Oktober 1999-30. Januar 2000 Tatau – Tätowierungen aus Polynesien
22. Juni 2000-8. Oktober 2000 Von Fürstenhöfen und Sultanspalästen, Sammlung Galerie Smend
22. Oktober 2000-14. Januar 2001 Amouzou Glikpa – Neue Kunst aus Togo
9. März 2001-29. Juli 2001 Söhne und Töchter der Wolken – Vertreibung und Exil in der Westsahara
12. August 2001-28. Oktober 2001 Zwischen Tradition und Moderne – Junge Künstler aus Indonesien
17. Dezember 2001-9. November 2003 Faszination Orient – Max von Oppenheim – Forscher, Sammler, Diplomat
11. Oktober 2002-26. Februar 2003 Faszination Afrika – Schätze aus dem Rautenstrauch-Joest-Museum.
21. Februar 2003-18. Mai 2003 Leben in Westafrika
19. Oktober 2003-25. Januar 2004 Sexualität und Tod: AIDS in der zeitgenössischen afrikanischen Kunst
7. März 2004-3. Oktober 2004 Namibia – Deutschland: Eine geteilte Geschichte
13. Februar 2005-2. Oktober 2005 Buddhisten – Jainas – Hindus: Auf der Suche nach dem Gottesbild
25. September 2005-26. März 2006 „Urformen der Kunst“: Fotografien Karl Blossfeldts und außereuropäische Kunst – Eine Ausstellung von 1926 in neuem Licht
7. August 2005-13. Januar 2008 Eine Frage des Glaubens: Religiöse Vielfalt in Köln
2. Juli 2006-16. Januar 2007 Trance und Heilung – Unbekannte Rituale in Indien
22. April 2007-13. Januar 2008 Im Schatten der Akazie – Forschung in den Wüsten Afrikas
5. November 2010-13. März 2011 Afropolis. Stadt, Medien, Kunst.
30. April 2011-11. September 2011 Lawrence von Arabien − Genese eines Mythos
28. April 2013-28. Juli 2013 Albert Watson: − 14 days in Benin
12. Oktober 2013-27. April 2014 Made in Oceania: Tapa − Kunst und Lebenswelten

Förderverein

Die Museumsgesellschaft RJM besteht seit 1901. Sie finanziert Ankäufe, Ausstellungs- und Restaurierungsprojekte. Außerdem unterstützt sie pädagogische Programme, publiziert die wissenschaftliche Reihe „Ethnologica“ und bietet ein vielseitiges Veranstaltungsprogramm an. Ehrenamtliche engagieren sich zudem als Mitarbeiter am Infostand, im Museumsshop und als Führungskräfte.
Ludwig Theodor von Rautenstrauch hatte vor seiner heutigen Mitgliedschaft als Ehrenvorsitzender 50 Jahre den Vorstand der Museumsgesellschaft inne. Die Gesellschaft wird vom ehemaligen RWE-Vorstand Jan Zillius geleitet.

Literatur

  • Jutta Engelhard und Klaus Schneider (Hrsg.): Der Mensch in seinen Welten. Das neue Rautenstrauch-Joest-Museum - Kulturen der Welt. Wienand Verlag, Köln 2010, ISBN 978-3-86832-035-0.
  • Martin Oehlen: Museen in Köln. DuMont, Köln 2004, ISBN 3-8321-7412-5.

Film

  • Museums-Check mit Markus Brock. Rautenstrauch-Joest-Museum - Museum der Kulturen, Köln. Dokumentarfilm, Deutschland, 2013, 29 Min., Moderation: Markus Brock, Produktion: 3sat, Reihe: Museums-Check mit Markus Brock, Erstsendung: 13. Oktober 2013 bei 3sat, Inhaltsangabe von 3sat.
Commons: Rautenstrauch-Joest-Museum – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Hiltrud Kier: Denkmälerverzeichnis. Köln Neustadt. Hrsg.: Stadt Köln. Band 12.2. J.P. Bachem Verlag, Köln 1983, ISBN 3-7616-0699-0, S. 186.
  2. Gisela Völker (Hrsg.): Kunst der Welt im Rautenstrauch-Joest-Museum in Köln. Prestel, München 1999, ISBN 3-7913-2179-X.
  3. Rodenkirchen.de Internetportal für den Stadtbezirk 2 – Köln Nachrichten Rubrik: Kultur vom 25. September 2013: Hohe Ehrung für das Rautenstrauch-Joest-Museum, abgerufen am 26. September 2013
  4. Das Wahrzeichen: ein Reisspeicher aus Indonesien.
  5. Einstimmung: Gamelan, mit ausführlichem Katalogtext (als PDF) zu Gamelan
  6. Rautenstrauch-Joest-Museum - Kulturen der Welt Aktuelle Information, abgerufen am 8. März 2014
  7. Historisches Fotoarchiv. Rautenstrauch-Joest-Museum, abgerufen am 29. März 2012.

Koordinaten: 50° 55′ 20,5″ N, 6° 57′ 52,9″ O