Frédéric Mistral

französischer Dichter und Linguist, Nobelpreisträger für Literatur
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Frédéric Mistral (* 8. September 1830 in Maillane bei Bouches-du-Rhône Arles; † 25. März 1914 in Maillane) war ein neuprovenzalischer Dichter und Linguist.

Frédéric Mistral

Leben und Werk

Mistral wurde als Bauernsohn geboren und besuchte in Avignon die höhere Schule. Eine Begegnung mit dem 12 Jahre älteren Dichter Joseph Roumanille führte ihn zur provençalischen Literatur. In Aix-en-Provence studierte Mistral bis ins Jahr 1851 Jura; anschließend ließ er sich in Maillane nieder und gründete 1854 zusammen mit Roumanille, Fèlix Gras, Théodore Aubanel u.a. die Félibrige-Bewegung, die sich für den die Wiederbelegung und den Erhalt der provenzalischen Sprache in der Literatur einsetzte. Seit 1859 stand er an der Spitze der Felibre und wurde ihr kreativster Vertreter; im gleichen Jahr veröffentlichte er sein wichtigstes Werk Mirèo, ein Versepos in zwölf Gesängen. Es erzählt von einer reichen Bauerntochter, die für ihre Liebe zu einem armen Korbflechter kämpft und auf der Suche nach göttlicher Unterstützung auf Wanderschaft geht. Dieses Werk, das Motive des Jeanne-d'Arc-Mythos, aber auch zahlreiche Bezüge zu provenzalischen dörflichen Themenkreisen aus vergangenen Jahrhunderten in sich trägt, wurde von Alphonse de Lamartine hochgelobt, von der Académie Française preisgekrönt und begründete auch international Mistrals Ruf. Charles Gounod vertonte es im Jahr 1863.

Zusammen mit dem 1867 erschienenen, an die Aeneis anklingenden Heldenepos Calendau gilt Mireio als erster Höhepunkt in Mistrals Werk, wenn auch Calendau aufgrund starker politischer Anspielungen und Polemiken literarisch hinter dem Debüt eher zurücksteht.

Mistral setzte sich - parallel zu der vielfach einsetzenden Nationalitätenbewegung des 19. Jahrhunderts - für eine geistige und kulturelle Unabhängigkeit der Provençe gegenüber dem auch kulturpolitisch zentralistischen Frankreich ein; anfangs auch noch für eine politische Autonomie. Dabei kämpfte er gegen das vorherrschende Klischee der Rückständigkeit und suchte Anknüpfungspunkte der okzitanischen, mediterranen Kultur und Überlieferung an die Antike. Seine Epen, Gedichte und Erzählungen übersetzte er meist selbst in die französische Sprache, was seine Rezeption innerhalb des Pariser Literaturszene erleichterte. Dies zeigt aber auch das kontinuierliche Spannungsfeld zwischen Mistrals Streben nach regionaler Emanzipation und gleichzeitiger Abhängigkeit vom zentralistischen Kulturbetrieb.

Neben seinem epischen und lyrischen Werk gründete Mistral die ethnographische Sammlung Museon Arlaten und erarbeitete 1879 bis 1886 ein Wörterbuch der provenzalischen Sprache.

In seinem Spätwerk Lou Pouèmo dóu Rose von 1897 kommen sehr pessimistische Töne zum Ausdruck, die der allgemein apokalyptischen Stimmung zum Ende des 19. Jahrhunderts geschuldet sein mögen, aber auch Mistrals gescheiterten Versuchen, die Félibrige-Bewegung nachhaltig zum Erfolg zu führen. Stilisisch ist Lou Pouèmo dóu Rose - das „Rhonelied“ - dem Symbolismus und der Dekadenzdichtung zuzuordnen.

1904 erhielt Mistral zusammen mit José Echegaray den Nobelpreis für Literatur. In der Begründung hieß es:

"mit Bezug auf die frische Ursprünglichkeit, das Geistreiche und Künstlerische in seiner Dichtung, die Natur und Volksleben seiner Heimat getreu widerspiegelt, sowie auf seine bedeutungsvolle Wirksamkeit als provençalischer Philologe".


Werke

  • Mireio (Versepos, 1859, deutsch Mireia, 1880)
  • Calendau (Epos, 1867, deutsch 1909)
  • Lis isclo d’or (Gedichte und Erzählungen, 1875, deutsch Lieder und Erzählungen, 1910)
  • La Raço Latino (Gedichte, 1879)
  • Lou tresor dóu Félibrige (1879-1886)
  • Nerto (Epos, 1884, deutsch 1891)
  • La rèino Jano (Drama, 1890)
  • Lou Pouèmo dou Rose (Gedichte, 1897)
  • Moun espelido, remori e raconte („Erinnerungen und Erzählungen“, 1906, deutsch 1908)
  • Discours e dicho (Prosa, 1906)
  • La genesi, traducho en prouvençau (1910)
  • Lis Oulivados (Gedichte, 1912)
  • Prose d’almanach, (postum, 1926, 1927-1930)
  • Wörterbuch der neuprovenzalischen Sprache (1879-1886)

Literatur

  • Mario Chini: Federico Mistral, Genua (Formiggini) 1915.
  • Richard Aldington: Introduction to Mistral, London (Heinemann) 1956.
  • Ralf Nestmeyer: Französische Dichter und ihre Häuser. Insel Verlag, Frankfurt 2005, ISBN 3-458-34793-3 **?????***