Eugenik
Eugenik (gr. eugenes wohlgeboren) ist die historische Bezeichnung für die Anwendung der Erkenntnisse der Humangenetik auf Bevölkerungen. Der Begriff wurde 1883 vom britischen Anthropologen Francis Galton (1822-1911), ein Vetter ersten Grades von Charles Darwin, geprägt. Galton verstand unter Eugenik eine Wissenschaft, deren Ziel es ist, durch "gute Zucht" erbschädigende Einflüsse auszuschalten.
Durch Begünstigen der Fortpflanzung "Gesunder" durch frühen Eheschluss und der Unterstützung hoher Kinderzahlen einerseits sowie das Verhindern der Fortpflanzung "Kranker" durch Empfängnisverhütung andererseits sollten die Erbanlagen in der Bevölkerung langfristig "verbessert" und erblich bedingte Krankheiten vermindert werden.
Das eugenische Konzept beruht einseitig auf frühen humangenetischen Entdeckungen und sozialdarwinistischen Überlegungen, soziale Faktoren wurden vernachlässigt.
Im Jahre 1903 beschloss die American Breeders Association (Vereinigung deramerikanischen Rinderzüchter), einen Ausschuss einzurichten, das sogenannte Eugenik-Komitee. Dieses Komitee kam zu dem Schluss, dass mindestens 10 Millionen Menschen, rund 10 % der damaligen Bevölkerung, an der Fortpflanzung gehindert werden sollten.
1907 wurde das erste Gesetz, das die Zwangssterilisation aus eugenischen Gründen erlaubte, in Indiana erlassen - weitere 32 Bundesstaaten folgten mit ähnlichen Gesetzen. Insgesamt wurden rund 60.000 Menschen Opfer des Hygienewahns der Eugeniker in den USA.
Aus Gründen der Eugenik wurden die Einreisebestimmungen in die USA dermassen verschärft, dass dieser Immigration Act verhinderte, dass vor den Nazis flüchtende Juden in den USA Zuflucht finden konnten.
Die Eugenik war unter dem Begriff "Rassenhygiene" ein wichtiger Teil der nationalsozialistischen Ideologie und führte in Deutschland zu Zwangsmaßnahmen gegen Bevölkerungsgruppen, denen erbliche Minderwertigkeit zugeschrieben wurde. Im Namen der Eugenik wurden Zwangssterilisationen vorgenommen, Behinderte wurden (ungeachtet des rezessiven Erbgangs vieler erblich bedingter Erkrankungen) getötet. Dieses Vorgehen mündete schließlich in die eugenisch "gerechtfertigte" systematische Vernichtung "lebensunwerten" Lebens.
Die Eugenik hat zudem eine lange sozialdemokratische Tradition, die nicht mit der nationalsozialistischen gleichgesetzt werden darf. Schon vor dem 1. Weltkrieg setzten sich sozialdemokratische Ärzte für die Vermeidung belastenden oder gesundheitlich beschädigten Nachwuchses ein. Sie propagierten Empfängnisverhütung (auch durch Sterilisation) und Abtreibungen. Beides war strafbar. Bis in die sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts wurden geistig Behinderte ohne ihre Zustimmung sterilisiert (z. B. in Schweden).
Gilbert Keith Chesterton merkte zur Eugenik an: Wären die "gezüchteten" Menschen geistig wirklich "Gesunde", so würden sie als allererstes ein solches menschenfeindliches Zuchtprogramm abschaffen.