Schwebfliegen

Familie der Ordnung Zweiflügler (Diptera)
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Schwebfliegen
Schwebfliege

Schwebfliege

Systematik
Stamm: Gliederfüßer (Arthropoda)
Klasse: Insekten (Insecta)
Unterklasse: Fluginsekten (Pterygota)
Ordnung: Zweiflügler (Diptera)
Unterordnung: Fliegen (Brachycera)
Infraordnung: Deckelschlüpfer (Cyclorrhapha)
Familie: Schwebfliegen (Syrphidae)
Arten

Schwebfliegen (Syrphidae), auch Schwirrfliegen genannt, stellen eine Familie der Zweiflügler (Diptera) dar. Innerhalb dieser werden sie den Fliegen (Brachyptera) zugeordnet. Sie kommen in etwa 4.500 Arten vor, davon etwa 500 in Europa und 300 in Deutschland.

Lebensweise der Schwebfliegen

Ausgewachsene Schwebfliegen fliegen mit hoher Flügelschlagfrequenz bis zu 300 Hertz (schwirren) und können damit längere Zeit an Ort und Stelle "schweben". Ihre Nahrung besteht aus Honig und Pollen. Daher spielen die Schwebfliegen auch als Bestäuber eine wesentliche Rolle. Durch verschiedene Tests konnte nachgewiesen werden, dass die Schwebfliegen sich optisch orientieren und dabei eine Vorliebe für gelbe Blüten haben. Bei einigen Arten ist die Pollenaufnahme für die Entwicklung der Gonaden notwendig, etwa bei Lasiophthictus pyrastri und der weit verbreiteten Epistrophe balteata.

Aussehen der Schwebfliegen

Innerhalb der Schwebfliegen gibt es eine ganze Reihe verschiedener Arten, entsprechend abwechslungsreich ist auch ihr Aussehen. Wie alle Zweiflügler besitzen sie jedoch nur zwei Flügel, die Hinterflügel sind zu stummeligen Schwingkölbchen (Halteren) umgewandelt. Kennzeichnend für die Schwebfliege ist eine so genannte Scheinader auf den Vorderflügeln. Der Körper kann sowohl gedrungen als auch lang und dünn sein, außerdem gibt es behaarte und unbehaarte Arten. Etliche Schwebfliegenarten haben hummel-, wespen- oder bienenähnliche Zeichnungen. Diese Mimikry täuscht den Fressfeinden der Schwebfliegen eine nicht vorhandene Gefährlichkeit vor. Im Gegensatz zu ihren Vorbildern besitzen sie jedoch keinen Stachel.

Die Mundwerkzeuge der Schwebfliegen sind wie bei den meisten Fliegengruppen zu Leckwerkzeugen umgestaltet. Dabei kann der vordere Kopfbereich bei einigen Arten schnauzenartig verlängert sein, etwa bei der Art Rhingia rostrata. So ausgestattet sind Schwebfliegen sowohl in der Lage, flüssige Nahrung wie Nektar aufzunehmen als auch Pollen zu zerbeißen.

Die Larven der Schwebfliegen zeichnen sich ebenfalls dadurch aus, dass ihr Aussehen stark variiert. So gibt es Arten mit oder ohne Bedornung, mit Stummelbeinen oder einem Atemrohr (Rattenschwanzlarve bei Eristalis tenax), dieses besonders bei Arten, die in sehr feuchter Erde, in Baumsäften oder im Wasser leben.

Fortpflanzung und Entwicklung

Die Partnerfindung verläuft bei den Schwebfliegen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit optisch. Zu diesem Zweck besitzen die Männchen der Tiere vergrößerte Facettenaugen. Diese stürzen sich in einer Art Rüttelflug auf ein ausgemachtes Weibchen und begatten es im Flug. Bei der Kleinen Mistbiene etwa dauert diese Begattung maximal fünf Sekunden. Die Männchen anderer Arten fliegen das Weibchen von einem Sitzplatz aus an, zuweilen gibt es auch regelrechte Luftkämpfe der Männchen um ein Weibchen. Die Männchen der Narzissenfliege (Lampetia armipes) und einiger andere Arten besitzen speziell als Klammerbeine ausgebildete Hinterbeine, mit denen sie das Weibchen greifen und festhalten können.

Die Eiablage erfolgt in der Nähe einer Nahrungsquelle der späteren Larven, die sehr unterschiedlich sein können (s.o.). Die Weibchen der Art Eristalis tenax werden beispielsweise vom Geruch von Jauche angezogen, da ihre Larven in stark verschmutzten Pfützen leben. Die Larvenzeit dauert etwa 8 bis 14 Tage, danach verpuppen sich die Larven. Bei Arten mit nur einer Jahresgeneration folgt eine Sommer- oder Winterruhe, die bei Arten mit mehreren Generationen (bis fünf) fehlt.

Larvalentwicklung

Im Gegensatz zu den erwachsenen Tieren (Imagines) ist die Lebensweise der Larven vielfältiger. Sie unterscheiden sich vor allem in der Wahl der Nahrung und sind entsprechend unterschiedlich gestaltet. So lebt etwa die Larve von Eristalis tenax in stark verschmutzten Wasserpfützen und stellt einen Zeigerorganismus für diese Gewässer dar. Viele andere Arten sind als Larven Blattlausfresser, wobei die Spezifität relativ wenig ausgeprägt ist. Zwar bevorzugen die Pipiza- und die Cnemodon-Arten wachsabscheidende Läuse während etwa die Syrphus-Arten diese meiden, eine weitere Auswahl gibt es jedoch nicht.

Insgesamt lassen sich die Schwebfliegenlarven in drei ökologische Kategorien einteilen, an die sie jeweils optimal angepasst sind:

1. Die erste Gruppe besteht aus Arten, die sich von Pflanzenresten, Faulschlamm, Detritus und Pflanzensäften ernährt. In dese Gruppe gehören etwa die Larven der

  • Chrysogaster-Arten in feuchte Erde,
  • Rhingia-Arten und die Kleine Mistbiene (Syritta pipiens) im Kot verschiedener Säugetiere (Koprophagie)
  • Microdon-, Chrysotoxum-, Mallota-, Cerioides-, Zelima-, Spilomyia- und Ferdinandea-Arten in feuchtem Holzmehl oder -mulm. Die nacktschneckenartigen Microdon-Arten leben auffällig häufig im Bereich von Ameisenbauten, werden dort aber nicht attackiert.
  • Temnostoma vespiforme in selbstge"frästen" Gängen morscher Birkenstämme.
  • Brachypoda bicolor und Eristalis tenax als Schlamm- und Detritusfresser in sehr feuchter Erde und in Jauchepfützen.

2. Die zweite Gruppe umfasst klassische Pflanzenfresser, also Arten, die sich von frischem pflanzlichen Material ernähren. Sie sind häufig Minierer und Pflanzensaftschlürfer. In diese Gruppe gehört etwa die Narzissenfliege ((Lampetia armipes) und die Fichtenharzfliege (Cheilosia morio).

 
räuberisch lebende Schwebfliegenlarve

3. Die dritte Gruppe umfasst räuberisch lebende Larven. Darunter die

  • Volucella-Arten, die in Nestern von Hummeln und Wespen leben und hier teilweise von pflanzlichem Abfall und teilweise von ihren "Gastgebern" leben.
  • Xanthrandus comptus und Syrphus tricinctus fressen Blattläuse und saugen auch größere Raupen von Schmetterlingen und Blattwespen aus.
  • Memesbrina - Arten jagen im Dung nach den Larven anderer Fliegen.
  • Syrphunigritarsis- Arten fressen die Eier und später auch die Larven spezifischer Blattkäfer
  • etwa 100 Arten in Mitteleuropa sind Blattlausjäger und jagen in der Dämmerung nach ihrer Beute, die sie mit den kräftigen Mundwerkzeugen attackieren und aussaugen. Dabei frisst eine Larve bis zu 100 Blattläuse pro Tag.


Literatur

  • Bastian O. (1986): Schwebfliegen; Neue Brehm-Bücherei Band 576, Wittenberg.
  • Haupt J, Haupt H (1998): Fliegen und Mücken: Beobachtung, Lebensweise, Naturbuch, Augsburg
  • Honomichl K., Bellmann H. (1994): Biologie und Ökologie der Insekten; CD-Rom, Gustav Fischer Verlag, Stuttgart.
  • Kormann K. (1988): Schwebfliegen Mitteleuropas, Landberg, München.
  • Kormann K. (2002): Schwebfliegen und Blasenkopffliegen Mitteleuropas, Fauna-Verlag, Nottuln.
  • Röder G. (1990): Biologie der Schwebfliegen Deutschlands (Diptera, Syrphidae)., Kelter-Weiler.