Gymnasium Carolinum (Osnabrück)

Gymnasium in Osnabrück (Niedersachsen)
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Gymnasium Carolinum (Osnabrück)


Work in progress!

Geschichte des Gymnasium Carolinum (Osnabrück)

 
Karolingische Reiterei

Gründung der Domschule (ok)

Karl der Große wollte die heidnischen Sachsen bekehren und begann die Sachsenkriege. Nach seinem erfolgreichen Feldzug in Sachsen 772 begann er mit der Missionierung. Er gründete mehrere Bistümer, darunter 800 das Missionsbistum Osnabrück.

804 soll er für den geistlichen Nachwuchs des jungen Bistums einer zeitgenössischen Gründungsurkunde zufolge eine Griechisch- und eine Lateinschule an der Domkirche in Osnabrück eingerichtet haben. Die Echtheit der Urkunde ist seit langem umstritten. Sie ist vermutlich eine aus echten und hinzugefügten Urkundenteilen bestehende spätere Fälschung durch den Osnabrücker Bischof Benno II. (1068 bis 1088). Gleichwohl geht die Gründung nach heutiger Kenntnis auf eine Initiative Karls zuurück und heisst zurecht „Carolinum“.

Die Domschule im Mittelalter (ok)

Die Nachrichten über die Domschule im Mittelalter sind spärlich. Die Geschichte der Domschule wird eng mit der Osnabrücker Kirchengeschichte verbunden gewesen sein. So wird mit der Berufung des Scholasters der Hildesheimer Domschule zum Bischof von Osnabrück, dem bereits genannten Benno II. (1085-1088), auch die Osnabrücker Domschule zu neuer Blüte gekommen sein. Erst die Erwähnung des Magisters Brunigus im Jahre 1142 ist jedoch der erste urkundlich zuverlässige Beleg für die Osnabrücker Domschule. Ihr prominentester Lehrer im Mittelalter war „Jordan von Osnabrück“, von 1251 bis 1283 Kanoniker des Osnabrücker Domkapitels und dort 1254/55 als Scholaster belegt.

Die Domschule im Humanismus (ok)

Die mittelalterliche Scholastik wurde mit Beginn der Neuzeit durch das humanistische Bildungsideal abgelöst. In dessen Mittelpunkt stand die Beschäftigung mit den antiken Philosophen und Literaten. Deswegen wurde im Humanismus Griechisch nach Latein zur zweiten Gelehrtensprache. In der Domschule wurde Griechisch seit dem hohen Mittelalter jedoch nicht mehr unterrichtet. Der Osnabrücker Bürgermeister Ertwin Ertman versuchte anfangs des 16. Jahrhunderts unter Berufung auf die (vermeintlich echte) Gründungsurkunde Karls des Großen erfolglos, dem Humanismus an der Domschule Eingang zu verschaffen. Zwar war die Domschule in Osnabrück für den aus der Umgebung stammenden einfachen Klerus die einzige Bildungsanstalt, doch stand die Osnabrücker Domschule ganz im Schatten der benachbarten Münsteraner Domschule, dem heutigen Gymnasium Paulinum. Die Vermittlung humanistischer Bildung an der Osnabrücker Domschule begann erst, nachdem sie von jenen ehemaligen Münsterschen Schülern angestoßen wurde, die in den 1520er Jahren als Lehrer an der Domschule tätig wurden, zu einer Zeit, als in anderen deutschen Städten die Reformation bereits Einzug hielt. Unter den ersten Osnabrücker Humanisten waren jene, die später wie der Domkaplan Johannes Pollius zugleich Wegbereiter der Reformation wurden.

Die Domschule in der Reformation

In Osnabrück begann Bischof Franz von Waldeck seit 1541 mit einer entschiedenen protestantischen Konfessionspolitik. Nach Vorschrift der Osnabrücker Kirchenordnung von 1543 richtete der weitgehend protestantische Stadtrat in dem zuvor von den Franziskanern verlassenen Barfüßerkloster an der Katharinenkirche, Ostern 1544 eine evangelische Schule ein. Ihr kurzer Erfolg war zunächst durch die Beibehaltung der engen Bindung von Kirche und Schule garantiert, wobei nach der Kirchenordnung bürgerliche und kirchliche Gemeinden als Pfarrgemeinde identisch waren. Ein Rektor, zwei Lehrer und ein Kantor übernahmen den Unterricht. Aus säkularisierten Kirchengütern wurde das gesamte Unternehmen finanziert, so dass der Stadtrat nicht auf das Schulgeld der Zöglinge angewiesen war und die Schüler aus allen Schichten kamen.

Das Domkapitel beobachtete mit Argwohn und Ratlosigkeit die Entwicklung der höheren Schule im Barfüßerkloster. Es vermochte nicht, rechtliche Schritte gegen die Errichtung der Schule zu unternehmen. Seine eigene Lehranstalt war zusehends heruntergekommen und führte seit der Einführung der Reformation nur noch ein Schattendasein. Der evangelische Stadtrat verbot den Osnabrücker Bürgern den Besuch der katholischen Domschule, infolge dessen deren Schülerzahlen und somit auch Einnahmen sanken.

Diese erste Osnabrücker „Ratsschule“ im Barfüßerkloster bestand nur vier Jahre. Bestärkt durch die große Niederlage der Protestanten im Schmalkaldischen Krieg ging das Osnabrücker Domkapitel in Opposition zum evangelischen Bischof und forderte die weitgehende Rücknahme seiner Neuerungen in Stadt und Bistum. Nach dem Augsburger Interim (Mai 1548) war auch die Kirchenordnung des Stadtrates nicht mehr aufrecht zu halten. Bischof Franz von Waldeck widerrief am 12. Mai 1548 förmlich die Einführung der Reformation. Protestantische Prediger wurden entlassen, der katholische Gottesdienst wieder hergestellt, die Ratsschule im Barfüßerkloster geschlossen.

Aus Sicht des Domkapitels war es höchste Zeit, den inzwischen erworbenen schlechten Ruf der Domschule wettzumachen. Angesichts leerer Kassen war es jedoch unmöglich, prominente und qualifizierte Schulleiter zu berufen. So konnte es noch 1550 zu jener zweifelhaften Karriere des Rektors Hermann Steinhaus kommen, der seinen Nachnamen gräzisierte und sich Lithodius nannte: Ein von ihm verfasstes lateinisches Gedicht enthielt derartig viele Grammatikfehler, dass er freiwillig den Schuldienst quittierte und Arzt wurde.

Friedliche Koexistenz der Konfessionen in der Simultanschule

Das bereits erwähnte Augsburger Interim, auf dessen Grundlage das Domkapitel die Rücknahme der Reformation erlangte, wurde schon im Passauer Vertrag 1552 und schließlich durch den Augsburger Religionsfrieden 1555 zu Gunsten der Protestanten außer Kraft gesetzt. Damit waren auch in Osnabrück wieder reformatorische Bemühungen zu erwarten. Um einem erneuten Desaster wirksam zu begegnen, wieder eine Schule ohne die genügende Anzahl von Schülern finanziell unterhalten zu müssen, schloss das Domkapitel mit dem Stadtrat einen Vertrag, dem zufolge die Domschule als bikonfessionelle, sog. Simultanschule geführt werden sollte. D.h., es wurden evangelische Lehrer zugelassen; dafür hob der Rat das Verbot eines Besuches der Domschule für evangelische Schüler auf. Dem Rat kam diese Regelung schon deswegen entgegen, weil er im Zuge des Augsburger Interims auch die bereits säkularisierten kirchlichen Besitzungen an den Bischof abtreten musste. Somit war er nicht mehr in der Lage, eine eigene Schule zu finanzieren. Das Domkapitel ernannte den ehemaligen Leiter der evangelischen Ratsschule im Barfüßerkloster, Christian Schleibing, zum Rektor der Domschule. Schleibing wurde von der Verpflichtung zur Teilnahme an den katholischen Gottesdiensten im Dom befreit. Er konnte die Schulbücher frei auswählen, musste aber im Unterricht auf die Behandlung kontroverstheologischer Fragen wie Altarsakrament, Auflösbarkeit der Ehe, Rechtfertigungslehre und Zölibatsfragen verzichten. Entsprechend war der Einsatz der Schriften Luthers und anderer Reformatoren im Unterricht verboten. Schleibing blieb der einzige streng evangelische Rektor an der Osnabrücker Simultanschule. Nach seiner Berufung als Prediger an St. Katharinen 1562 wurden altkirchliche Rektoren bestellt, während dafür aber der Konrektor und Teile des Lehrerkollegiums protestantisch waren. Somit erhielt die Simultanschule nach außen hin eine gewisse altkirchliche Tendenz, deren innere Reform freilich mit dem Abschluss des Trienter Konzils 1563 zusehends neue Gestalt annahm. Im 16. Jahrhundert wurde an der Domschule insgesamt 22 mal, also im Durchschnitt etwa alle viereinhalb Jahre, das Rektorat neu besetzt. Unter dem häufigen Wechsel der Schulleitung litt der Schulalltag erheblich. Erst unter dem 1582 berufenen Rektor Hermann von Kerssenbrock erlangte die Schule wieder größeres Ansehen. Er hatte sich in Münster (1566-1573/4) nicht nur als Historiker des Wiedertäuferreichs (1534-1535) hervorgetan, sondern führte am Paulinum auch den Katechismus des Jesuiten Petrus Canisius ein, einer der meistverlegten Katechismen in Deutschland. Trotz seiner klaren katholischen Ausrichtung zählte Kerssenbrock nicht zu den religiösen Eiferern, sondern hielt sich an die Vereinbarungen zwischen Stadtrat und Domkapitel. Klagen über ihn wurden nicht aktenkundig. Im Gegenteil: Als er nach dreijähriger Tätigkeit verstarb, widmeten ihm seine Schüler ein in feinen lateinischen Versen abgefasstes Gedicht. Kerssenbrock zählte zu den Ersten, die der Osnabrücker Domschule aus ihrer Bedeutungslosigkeit heraushalfen und ihr großes Ansehen verschafften.

Ende des kirchlichen Bildungsmonopols in Osnabrück 1595

Trotz der verheißungsvollen Entwicklung der Simultanschule verfolgte der protestantische Stadtrat seit Kerssenbrocks Amtszeit erneut Pläne für eine eigene höhere Schule (1583). Trotz des Erstarkens der römisch-katholischen Kirche fehlte es dem Domkapitel an dem nötigen Mut, sich gegen die Macht der protestantischen Minorität im eigenen Gremium durchzusetzen. Immerhin hatte es nicht gezögert, dezidiert katholische Rektoren zur Leitung der Simultanschule zu bestellen. Ostern 1595 berief das Kapitel Matthäus Timpe zum Rektor (bis 1608). Timpe kam aus dem katholisch gebliebenen Köln, und setzte sich sofort dem Verdacht aus, Jesuit zu sein. Im Einvernehmen mit dem Domkapitel ließ er alle evangelischen Lehrer durch Katholiken ersetzen. Das friedliche Nebeneinander der Konfessionen war empfindlich gestört. Nun zögerte seinerseits der protestantische Stadtrat nicht, die bisherige Pfarrschule an St. Marien am 16. Oktober 1595 als „Gymnasium Senatorium“, als „Ratsgymnasium“, förmlich zu eröffnen. Es konnte unmöglich in der Absicht des Osnabrücker Domkapitels liegen, der Errichtung einer Konkurrenz zur eigenen Schule tatenlos zuzusehen. Getrieben von Existenzsorgen, klagte das Domkapitel vor dem bischöflichen Gericht. Es berief sich auf die Gründung einer „schola Osnabrugensis“ durch Karl den Großen im Jahre 804 und leitete davon ab, einzig berechtigt zu sein, eine höhere Schule in Osnabrück unterhalten zu dürfen. 1603 hatte sich erwartungsgemäß der protestantische Osnabrücker Bischof Philipp Sigismund von Braunschweig-Lüneburg für den Fortbestand des Ratsgymnasiums ausgesprochen. Daraufhin appellierte das Domkapitel an das Reichskammergericht. Dort verlief der Schulprozess während der Wirren des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) im Sande; durch die Friedensverhandlungen in Münster wurde der Prozessgegenstand obsolet. Mit der Gründung des Ratsgymnasiums 1595 aber war das Bildungsmonopol des Domkapitels in Osnabrück endgültig gebrochen. Die Berufung auf den Schulgründer brachte der Domschule in diesen Jahren den Namen „Schola Carolina“, „Gymnasium Carolinum“ bzw. „Karolingisches Gymnasium“ ein, der sich in den nächsten Jahren etablierte.

Vom humanistischen Gymnasium zur Jesuitenuniversität

Das Ende der bikonfessionellen Schule bzw. Simultanschule in Osnabrück wurde zugleich zur Nagelprobe des Domkapitels für das Erstarken eines neuen konfessionellen Selbstbewusstseins und Selbstverständnisses. Erste Absolventen der von Jesuiten geleiteten deutschen Priesterausbildungsstätte in Rom, dem Collegium Germanicum, hatten in Osnabrück eine allmähliche Besinnung auf altkirchliche Traditionen hervorgerufen und die katholischen Domherren ermutigt, entschiedener für ihren Glauben und ihre Konfession einzutreten. So wurde 1623 mit Kardinal Eitel Friedrich von Hohenzollern erstmals seit Jahrzehnten wieder ein Katholik zum Bischof von Osnabrück gewählt. Er gehörte der recht jungen, aber bedeutsamen päpstlichen Missionskongregation, „de Propaganda Fide“ an. Umgehend unterbreitete Eitel Friedrich dem Domkapitel den Vorschlag, auch das Carolinum den Jesuiten zu übergeben. Eitel Friedrich versprach, für die finanzielle Ausstattung der Jesuitenniederlassung und der Schule wesentlich beizutragen. Am 23. Dezember 1624 stimmte das Domkapitel dem bischöflichen Vorschlag zu. Am 9. April 1625 kamen die ersten Jesuiten nach Osanbrück. Ihnen wurde die Paulskirche am Osnabrücker Dom (heute als „Gymnasialkirche“ bekannt) und zwei angrenzende Häuser überlassen. Am 21. April 1625 nahmen die Jesuiten mit den ersten 40 Schülern den Unterricht auf. Doch im gleichen Jahr starb Bischof Eitel Friedrich von Hohenzollern unerwartet (19. September 1625). Für das Carolinum war die Wahl des Wittelsbachers Franz Wilhelm von Wartenberg zu seinem Nachfolger am 27. Oktober 1625 ein großes Glück. So wie einerseits sein Name mit der rigorosen und zum Teil mit aller Härte durchgeführten „Gegenreformation“ in Osnabrück in Verbindung gebracht wird, so hat Wartenberg umgekehrt das Carolinum in einer Weise persönlich gefördert, wie kaum ein Bischof zuvor. Nachdem die zwischenzeitlich im Zuge des Dreißigjährigen Krieges vom protestantischen Stadtrat herbeigerufenen dänischen Truppen 1626 wieder aus Osnabrück abgezogen waren, verfolgte der neue Bischof zielstrebig den Ausbau der Jesuitenniederlassung. Bei der förmlichen Besitznahme seines Bistums 1628 hatte Wartenberg den Jesuiten das verlassene Augustinerkloster am Neumarkt übergeben und zugleich durch Stiftungen die finanziellen Voraussetzungen für die Errichtung eines Kollegs geschaffen. Gleichzeitig ließ Wartenberg das Ratsgymnasium schließen und enthob dessen Lehrer und ebenso die protestantischen Pfarrer ihrer Ämter. Das Carolinum aber gedachte Wartenberg zur Universität auszubauen. Es war seinen hervorragenden Kontakten zu und seiner großen Wertschätzung an der römischen Kurie zu verdanken, dass der Papst – ungeachtet der strengen römischen Auflagen – zügig die Universitätsprivilegien für Osnabrück ausstellte (22. August 1629). In kurzem Zeitabstand folgte auch die kaiserliche Stiftungsurkunde (20. Februar 1630). Im November 1629 konzentrierten sich die Jesuiten auf den Ausbau und die Eröffnung ihres Kollegs und der „Academia Carolina Osnabrugensis“. Am Festtag der Osnabrücker Bistumspatrone Crispin und Cripinian, am 25. Oktober 1632, wurde die Universitätseröffnung „inszeniert“. Schon ein Jahr nach ihrer Eröffnung wurde die Universität im September 1633 geschlossen, weil im Zuge des 30-jährigen Krieges schwedische Truppen Osnabrück besetzten. Die wertvollsten Stücke des Kirchensilbers wurden vergraben; Wartenberg, sein Weihbischof und die Jesuiten flohen aus Osnabrück; die Schweden beschlagnahmten das Jesuitenkolleg. Das Domkapitel stellte einen Schulmeister an, der während der schwedischen Besatzung katholischen Unterricht erteilte. Unter dem Schutz der Schweden, die bis 1650 in Osnabrück blieben, konnte schon 1634 das Ratsgymnasium wieder eröffnet werden, das seitdem ununterbrochen in Osnabrück als evangelische Schule besteht.

Das Carolinum im 17. und 18. Jahrhundert

Nachdem Wartenberg 1650, zwei Jahre nach Ende des Dreißigjährigen Krieges, in sein Bistum zurückgekehrt war, bat er umgehend den Rektor des Jesuitenkollegs in Münster, für die dringend zu leistende Seelsorge einige Patres nach Osnabrück zu entsenden. Schon Weihnachten (1650) waren die ersten drei Jesuiten in der Diözese Osnabrück tätig; im September 1652 gründeten sie eine eigene Jesuitenniederlassung in der Stadt Osnabrück. Vier Jahre später (1656) wurde das Carolinum den Jesuiten vom Domkapitel erneut zur Leitung feierlich übergeben. 1673 wurde von ihnen der erste Schulzweckbau des Carolinums fertiggestellt, vor dessen Eingangsbereich eine Karlsstatute aufgestellt wurde. Ein neues Wohngebäude für die Patres wurde 1681 bis 1682 gebaut und erst 1806 abgerissen. Der noch heute sog. Klosterflügel wurde 1684 errichtet und 1703 durch einen Anbau ergänzt. Auf Beschluss des Westfälischen Friedensvertrags wechselten sich nach dem Tode von Bischof Wartenberg im 17. und 18. Jahrhundert je ein katholischer und ein protestantischer Bischof ab. Erstaunlicherweise blieb das bis 1773/74 von Jesuiten geleitete Carolinum während der Herrschaft eines evangelischen Bischofs meist unbehelligt von Anfeindungen. Nur wenn ein Katholik Bischof von Osnabrück war, befürchtete der evangelische Stadtrat zu Unrecht eine Übervorteilung der Jesuiten und wandte sich mit Protesten und Eingaben an die Herzöge von Braunschweig-Lüneburg, deren Haus den protestantischen Bischof von Osnabrück stellte. Bis zur Aufhebung des Jesuitenordens durch Papst Clemens XIV. (1769-1774), wirkten die Jesuiten als Lehrer am Gymnasium Carolinum. Sie garantierten gut 130 Jahre lang modernsten Unterricht in Osnabrück. Das Carolinum blieb, auch wenn vereinzelt protestantische Schüler zu verzeichnen sind, die katholische Lehranstalt in Osnabrück, neben dem seit 1634 wiederbegründeten Ratsgymnasium. Über 600 Jesuitenpatres waren in Osnabrück als Lehrer tätig. Sie blieben im Durchschnitt kaum länger als vier Jahre in Osnabrück, bevor sie daraufhin einer anderen Tätigkeit in der Norddeutschen Jesuitenprovinz nachgingen. Während des Siebenjährigen Krieges diente das Kolleg durchziehenden französischen, englischen und hannoverschen Truppen als Quartier. Eine Gefahr für den Fortbestand des Gymnasiums aber brachte erst die Aufhebung des Jesuitenordens. Die päpstliche Aufhebungsbulle ermöglichte es den Jesuiten, immerhin bis 1781 als Weltgeistliche weiterhin als Lehrer tätig zu bleiben. Zuvor beschloss das Domkapitel 1778, den Unterricht am Carolinum dem Franziskanerorden anzuvertrauen, der den Ruf hatte, verstärkt Naturwissenschaften zu lehren. Die Beschwerde des – während der Herrschaft eines protestantischen Bischofs für Osnabrück zuständigen – katholischen Metropoliten aus Köln, Kurfürst-Erzbischof Maximilian Friedrich von Königsegg, gehörte zu jenen durchschaubaren Absichten, kurfürstlichen Einfluss in Osnabrück geltend zu machen, ohne dass tatsächlich irgendein Rechtsanspruch abzuleiten war. Die Osnabrücker Domschule war und blieb bis 1803 eine Schule des Domkapitels.

Katholisches Gymnasium unter staatlicher Aufsicht im 19. Jahrhundert

1781 kamen die Franziskaner nach Osnabrück, übernahmen aus der Hand des Domkapitels die Leitung des Carolinums und vermittelten auch für Außenstehende den Eindruck, moderne Unterrichtsmethoden anzuwenden und auch neue Fächer anzubieten. Dennoch standen schwere Zeiten bevor. Zwischen Aufhebung des Jesuitenordens (1773/74) und der Säkularisation (1801/03) drohte dem Carolinum ein jähes Ende. 1795 wurden noch 81 Schüler gezählt, 1801 gingen 47 Schüler zum Carolinum und 1801 nur noch 37 Schüler. Die Franziskaner konnten kaum für diese Misere verantwortlich gemacht werden. Ein vergleichbarer Rückgang war auch am Ratsgymnasium zu verzeichnen. Weil beide Schulen nicht mehr überlebensfähig waren, entwarf die Königliche Organisationskommission, 1801 von der hannoverschen Regierung mit der Schulaufsicht betraut, den Plan, Ratsgymnasium und Carolinum zu einem „gymnasio mixto“ zu vereinigen. Die Durchführung des Planes, der 1812 noch einmal ernsthaft erwogen wurde, scheiterte an der Besetzung Osnabrücks 1803-1806 und erneut 1811-1813 durch französische Truppen im Zuge der Napoleonischen Kriege. Die Gebäude der Schule und des Franziskanerklosters dienten als Magazine für Getreide, Heu und Stroh. Ein Teil des Kollegiums wurde derart in Mitleidenschaft gezogen, dass sein Abriss 1806 unvermeidlich wurde. Nach dem Wiener Kongress (1815) war es u.a. das Verdienst des in Osnabrück residierenden Weihbischofs Carl Clemens von Gruben, dass das Carolinum als katholische Schule bestehen bleiben konnte. Gruben übernahm den Vorsitz einer eigens eingerichteten Schulkommission, die sich zwar nicht vollständig eines Einflusses der Hannoverschen Schulaufsichtsbehörden entziehen konnte, aber in ideologischer Nähe zu kirchlichen Verwaltungsstrukturen und somit auch im neu errichteten Bistum Osnabrück blieb. Das 1802 aufgelöste Osnabrücker Domkapitel – bis dahin Schulträger – kam auch nach seiner Neueinrichtung im Jahre 1858 als Schulträger für das Carolinum nicht mehr in Frage. Der Übergang des von Franziskanern geführten Gymnasiums unter der Aufsicht des Domkapitels zum katholisch-kirchlichen Gymnasium unter Aufsicht einer bischöflichen Schulkommission (seit 1818) war fließend. Er kulminierte in der Person der Rektors Marcellinus Georgi (1773-1843), der von 1820 bis 1843 die Schulleitung inne hatte. In seine Ägide fiel die Einführung der Maturitätsprüfung, des später sogenannten Abiturs, im Jahre 1830. Das Carolinum blickt noch heute mit Stolz auf einen der ersten vier Abiturienten des Jahres 1830 zurück: Ludwig Windthorst (1812-1891; seit 1867 Reichstagsabgeordneter), einer der Gründer und langjährige Vorsitzende der katholischen Zentrumspartei. Er wurde schon während des Kulturkampfes wegen seiner kleinen gedrungenen Erscheinung und wegen seines ungebrochenen Widerstandes gegen die antikatholische Politik der preußisch geprägten Reichsregierung als der „kleine große Gegner“ von Reichskanzler Otto Fürst von Bismarck gefeiert. Direktor Georgi belebte auch die von den Jesuiten begründete Karlstradition. Er bezeichnete das „Carolinische Gymnasium zu Osnabrück“ – wie selbstverständlich – als die wohl „älteste Schulanstalt in Westfalen“ und zitierte kommentarlos in der Schulordnung von 1822 den Auszug aus der Urkunde von 804 über die Schulgründung durch Karl den Großen. Seit Georgis Nachfolger, Balthasar Nordheider (1843-1855), ist die am 28. Januar jährlich stattfinde Karlsfeier belegbar. Auf Nordheider geht die bis heute gültige und nur im Einzelnen modifizierte Grundform der Karlsfeier zurück: Schulgottesdienst und anschließender Schulakt. Die Schulkommission, deren Vorsitzende zunächst die Weihbischöfe in Osnabrück und seit Neuerrichtung des Bistums Osnabrück von 1858 bis 1885 die Bischöfe von Osnabrück selbst waren, bestellte bis 1884 nur katholische Priester zu Schulleitern, von denen Bernhard Höting (1859-1867 Schulleiter) von 1882 bis 1898 selbst Bischof von Osnabrück war. Das Carolinum war und blieb ein – freilich kirchlich beaufsichtigtes und geführtes – Gymnasium für das katholische Bürgertum der Stadt Osnabrück sowie die katholische Landbevölkerung aus dem unmittelbaren Umland und dem protestantischen Norden. Das Carolinum war keine Eliteschule, sondern zentrale und konkurrenzlose Bildungsstätte für eine weit über die Stadtgrenzen hinausreichende Wertegemeinschaft. Bis 1885 bestand die Schulkommission in Osnabrück; sie wurde durch eine Verfügung des Königlichen Unterrichtsministeriums und Provinzial-Schulkollegs in Hannover aufgehoben. Diese einschneidende Verfügung veränderte den katholischen Charakter des Carolinums nicht. Allenfalls wurde das Carolinum weitestgehend im Einvernehmen zwischen Kirche und Staat entklerikalisiert. Mit welcher Rücksichtnahme die Aufhebung der Schulkommission erfolgte, demonstriert die Tatsache, dass die Schulkommission erst nach der Beendigung des Kulturkampfes und noch vor der Einführung der Staatlichen Schulaufsicht in Preußen aufgehoben wurde. Zu den ungeschriebenen Kapiteln der Geschichte des Carolinums gehört die Geschichte der Schüler. Diese waren, wenn sie in die drei oberen Klassen kamen, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Schülerverbindungen organisiert. Sie praktizierten und pflegten mit allem Brimborium die Traditionen der im 19. Jahrhundert an den Universitäten verbreiteten Studentenverbindung. Die „organisierten“ Schüler wählten ihre Chargierten (offizielle Vertreter bzw. Vorsitzende), die die Kommerse, insbesondere den jährlichen Karlskommers leiten durften. Die Kommersteilnehmer zogen, egal ob Nichtraucher oder Raucher, mit einer Pfeife ausgerüstet, nach den offiziellen Kommersen in der Schule in einer Wagenkolonne vom Carolinum durch die Stadt am Johannestor hinaus zum sog. „Oeseder Weghaus“, wo ein inoffizieller Kommers „geschlagen“ wurde. In bierseliger Laune wurden Lieder gesungen und Reden gehalten, und selbst gedichtete Verse vorgetragen.

Das Carolinum im Wilhelminischen Reich

Das Gymnasium Carolinum entwickelte sich im Kaiserreich trotz des Kulturkampfes zu einer ansehnlichen Schule, die hinsichtlich des Bildungsniveaus durchaus mit dem Ratsgymnasium Schritt halten konnte. Verschiedentlich haben Lehrer des Carolinums die gedruckten jährlichen „Schulprogrammen“, die die üblichen Schulnachrichten über die Zusammensetzung der Schulklassen und die Lehrinhalte enthalten, durch ihre wissenschaftlichen Beiträge bereichert. Anders als erwartet werden könnte, waren hier nicht nur die Altphilologen mit der Interpretatio-nen griechischer oder römischer Autoren zu Worte gekommen, sondern wiederholt Naturwissenschaftler. Das zeugt von einem sehr ausdifferenzierten hohen Bildungsniveau, das aufgeschlossen war für die modernen Fächer. Das Karlsgedächtnis wurde im Rahmen der 1100-Jahr-Feier im Jahre 1904 besonders lebendig. Auf einer Schulfahne, die von Schülern dem Carolinum geschenkt worden war, ist Karl neben Kaiser Wilhelm II. auf der Vorderseite abgebildet worden. Ein vergleichbares „Bildprogramm“ gab es bereits bei den Jesuiten, die 1632 Bischof Wartenberg und Karl den Großen verglichen und zuletzt 1822, als Rektor Marcellinus Georgi in seinem „Segenswunsch“ Karls des Großen und des englisch-hannoverschen König Georg IV. als den „Wiederhersteller des Carolinums“ gedachte.

Zwischen den Weltkriegen und während des Zweiten Weltkriegs

Der Erste Weltkrieg (1914-1918) ging auch am Carolinum nicht spurlos vorüber. Schulklassen wurden vorzeitig ins Abitur geschickt und meldeten sich freiwillig zum Kriegsdienst. Von der Euphorie, mit der ganz Deutschland in den Krieg zog, blieb das Carolinum nicht verschont. Der Schock über den verlorenen Krieg führte auch am Carolinum zur Besinnung. Die Schule und auch die ehemaligen Schüler erinnerten sich der weit zurückreichenden Tradition des Carolinums und schlossen sich schon 1920 zu einem Verein zusammen, dem sogenannten „Carolingerbund“. Dieser Zusammenschluss entsprach durchaus dem Zeitgeist, denn nach dem Ersten Weltkrieg war in ganz Deutschland die Bündische Jugend entstanden, darunter etwa der dem Alkoholgenuss abschwörende „Quickborn“ oder der von Jesuiten geführte Bund „Neudeutschland“. Die Gründung des Carolingerbundes war die Antwort einiger führender Carolinger, wie Gründungsmitglied Ludwig Schirmeyer, auf die Herausforderungen der Zeit. Der Carolingerbund, der für seine geselligen Veranstaltungen Elemente der Studentenverbindungen des vorhergegangenen 19. Jahrhunderts adaptierte und sich immer wieder in den Dienst der Traditionspflege des Carolinums stellte, wurde und blieb bis heute das Bindeglied der ehemaligen Schüler zu ihrer Schule. Bei aller Verdrossenheit und Unzufriedenheit über die gesamtpolitische Lage angesichts des verlorenen Ersten Weltkrieges, der hohen Reparationsforderungen der Alliierten oder gar der ungeliebten Weimarer Verfassung von 1919 bot der Carolingerbund Lehrern und ehemaligen Schülern des Carolinums Zugehörigkeitsgefühl und geistige Heimat. Immerhin aber verpflichtete sich die Schule schon, die Schüler zur Demokratie zu erziehen. Dieses erschien angesichts der starken nationalen Töne im Nachhinein als ein halbherziges Unterfangen, denn auch am Carolinum konnten viele Lehrer, die ihre Sozialisierung in der Kaiserzeit erfahren hatten, nur wenig mit parlamentarischer Demokratie anfangen. Der Verfassungstag (11. August 1919) wurde immerhin noch 1932 als jenes Tages gedacht, der den Deutschen Freiheit und Gerechtigkeit gebracht habe. Einzig die Mitglieder der Schülerverbindung hielten in diesen Jahren die Erinnerung an Karl den Großen wach und feierten jährlich ihren Karlskommers. Auch wenn das Carolinum längst eine staatliche Schule war, so hatte es in der Weimarer Republik weiterhin die ideologische Nähe zum benachbarten Bischof gesucht. Immerhin war das Carolinum ja weiterhin die katholische und das Ratsgymnasium die evangelische Schule vor Ort. In den Schulverhältnissen kristallisierte sich das Nebeneinander der Konfessionen in Osnabrück. Wöchentliche Schulgottesdienste, katholischer Religionsunterricht, Exerzitien für die Abiturklassen u. a. gehörten wie selbstverständlich zum Schulalltag, ohne dass darum großes Aufsehen gemacht worden wäre. Das reichte kaum aus, um das Carolinum deswegen schon zu einem Hort des katholischen Widerstands gegen den 1933 in ganz Deutschland aufkommenden Nationalsozialismus machen. Immerhin aber können Momente der Resistenz ausgemacht werden. Im Übrigen wurden am Carolinum die üblichen Schulversammlungen und Fahnenappelle wie an jeder anderen Schule auch durchgeführt. In den Klassenzimmern wurde neben das Kreuz ein Foto von Adolf Hitler aufgehängt. Die „Hitler-Jugend“ (HJ) war nicht ganz so stark vertreten, wie an anderen Schulen, auch gab es aus Sicht der Nationalsozialisten „politisch unzuverlässige“ Lehrer, also Lehrer, die bekanntermaßen in Gegnerschaft zum Nationalsozialismus standen. Das Carolinum teilte weitgehend das Schicksal mit anderen Schulen. Der Entkonfessionalisierung folgte die Entchristlichung, was sich an der Entfernung des religiösen Bilderschmucks oder der versuchten Abschaffung des Religionsunterrichts ausdrückte. Der gesamte Lehrstoff wurde den nationalsozialistischen Erziehungszielen untergeordnet. Alle Beteiligten verhielten sich im wesentlichen Systemimmanent: Schulleiter und Lehrer wollten ihre Stellung behalten und Schüler wollten das Klassenziel erreichen und irgendwann Abitur machen. Dennoch wurde dem „katholischen“ Carolinum unter den Nazis sein von 1927 bis 1932 geführter Titel einer „Lehranstalt von besonderer Bedeutung“ nicht mehr zugebilligt. Andere Osnabrücker Schulen wurden statt dessen in diesen Stand versetzt, womit immerhin auch besondere finanzielle Zuwendungen verbunden waren, die die Nazis dem Carolinum nicht mehr gönnten. Der Schulunterricht während des Zweiten Weltkriegs bedeutete neue Opfer für die Schule. Lehrer wurden zur Wehrmacht eingezogen und die Abiturienten wurden klassenweise an die Front geschickt und konnten mit einem Notabitur bereits vorzeitig die Schule verlassen, bevor auch sie im Krieg verheizt wurden. Als die Kriegsschauplätze weit in das innere Deutschlands hineinreichten, die Frontlinien durch Deutschland führten und im Luftkrieg die deutschen Städte Ziel von Bombenangriffen wurden, gab es in Deutschland mit Erlass vom 1. November 1940 für die zum Luftnotstands-gebiet erklärten Regionen die Vorschrift der „Kinderlandverschickung“. Osnabrück galt seit 1943/44 als gefährdet. Um die Osnabrücker Schüler dennoch möglichst nahe am Heimatort zu lassen, wurde im Dezember 1943 vom Oberbürgermeister verfügt, Melle, Wittlage und Bersenbrück als Aufenthaltsorte der Kinder vorzusehen. Der NSDAP-Gauleiter durchschaute die Absicht des Oberbürgermeisters, die Schüler nicht allzuweit vom Elternhaus zu entfernen. Er verschärfte deswegen die Vorschriften für die Osnabrücker Schulen und drängte auf die Kinderlandverschickung der Schüler des Carolinums nach Holland. Nur so sah der Gauleiter garantiert, die Ausbildung der schulpflichtigen Kinder ganz in die Erziehungsmethoden der NS-Lager zu stellen. Diese bestanden u. a. darin, den Religionsunterricht und Gottesdienstbesuch zu verweigern sowie die Kinder politisch zu indoktrinieren. Nicht ohne erhebliche Spannungen in Kauf zu nehmen, lehnte die Elternversammlung die Anordnung des Gauleiters zur Kinderlandverschickung ab. Als Begründung wurde u.a. auch die in den Lagern fehlende christliche Erziehung angegeben. Von 382 Eltern entschieden sich nur 12 für die Kinderlandverschickung. So gaben die staatlichen Stellen nach und die Kinder wurden – wie ursprünglich vorgesehen – in Melle, Bersenbrück und Kloster Oesede zur Schule geschickt. Schlagwortartig kann festgehalten werden: Am Carolinum gab es während des „Dritten Reiches“ Anpassung, Zurückhaltung, innere Emigration und Widerstand.

Das Carolinum nach dem Zweiten Weltkrieg

Am 13. September 1944 und 25. März 1945 wurden jeweils verschiedene Gebäudeteile des Carolinums durch Bomben getroffen. Mit der Zerstörung des Carolinums ging nach der zwölf Jahre andauernden NS-Herrschaft das moralische Ende Deutschlands einher. Der bedingungslosen Kapitulation am 8. Mai 1945 folgten die Besatzungsherrschaft der alliierten Siegermächte und die deutsche Teilung. Wie überall im Lande galt es nun zum Wiederaufbau zu schreiten. Angesichts des Mangels an Arbeitskräften wurden selbst die Schüler der oberen Klassen stundenweise zur Beseitigung des Bauschutts herangezogen. Bis Herbst 1946 konnten sieben Klassenräume fertiggestellt werden. Im gleichen Winter wurde das Dach behelfsmäßig abgedeckt. Bis November 1947 wurden 26.800 Zentner Schutt beseitigt und rund 110.000 Steine für ihre Wiederverwendung bearbeitet. Erst am 9. November 1950 konnte die Gymnasialkirche eingeweiht werden. Der moralische Wiederaufbau gelang mit einem Rückgriff auf die Tradition, an die zu erinnern im „Dritten Reich“ verpönt und auch untunlich war. Karls des Großen Ansehen wurde von den Nazis propagandistisch geschickt auf den „Sachsenschlächter“ reduziert und gegen den Germanen Widukind ausgespielt. Die konfessionellen Wurzeln des Carolinums im „Dritten Reich“ überzubetonen wollte man auch nicht. Mit der Wiederentdeckung und Nutzbarmachung beider Traditionselemente vermochte die Schule erfolgreich zu werben. Sie verhalfen dem Carolinum in der Nachkriegszeit schnell zu einem neuen Ansehen. Ein erstes, bescheidenes, aber dennoch den Teilnehmern lange in Erinnerung gebliebenes Karlsfest feierte Schulleiter Josef Schwetje (1945-1953) am 28. Januar 1947. Schon am 12. März 1947 erhielt das Carolinum seinen Titel einer besonderen Lehranstalt zurück, der am 17. Februar 1950 durch Erlass des niedersächsischen Kultusministers mit Wirkung vom 1. April 1950 bestätigt wurde. Das war für das im Wiederaufbau befindliche Gymnasium von großer Tragweite, weil neben dem Ansehen freilich auch die zusätzlichen finanziellen Zuwendungen interessant waren. Den Karlstag am 28. Januar 1948 schließlich nahm sogar die örtliche Presse wahr. Die Betonung von Tradition und Werten sowie der Wiederaufbau schufen ein singuläres „Wir-Gefühl“ unter den Schülern und Identifikationsmöglichkeiten mit der Schule, die auch dem Carolingerbund zu Gute kam. Damit wurde zugleich der schon 1949 herausgestellte „Carolingergeist“ beschworen, der der „Einheit von Kirche und Schule“ entstamme und „ein Programm [sei], das den inneren Geist dieser Schule dokumentiert“. Getragen von diesem „Geist“ konzentrierte sich die Schulleitung auf die Vorbereitung der 1150-Jahr-Feier des Carolinums, die im Jahre 1954 großartig begangen wurde. Erfolgreich knüpfte man an die Karlstradition an und verband – in Anlehnung an Schwetjes 1949 entwickelter Vorstellung einer „christlichen humanitas“ – die Vermittlung von christlichen Werten mit dem humanistischen Bildungsideal. Der Verweis auf die Traditionen des Carolinums war zugleich mit der bildungspolitischen Forderung verbunden, über den Bildungswert der alten Sprachen Latein und Griechisch neu nachzudenken, zumal beide Sprachen in der so genannten Gründungsurkunde von 804 erwähnt worden waren. Das Carolinum entwickelte sich in den folgenden Jahrzehnten zu einem stetig modernisierten Gymnasium mit naturwissenschaftlich-mathematischen, neusprachlichen und altsprachlichen Zweigen. Neben den Nachrichten des Carolingerbundes berichteten seit 1960 Schulleitung und Lehrerkollegium in einem Jahresbericht über die Entwicklung der Schule. Zu den erwähnenswerten Ereignissen gehörten Meldungen über besondere Abiturleistungen, die Erfolge der Sport-Arbeitsgemeinschaften (z.B. Ruderriege), das musikalische Engagement der Carolingerkapelle, spektakuläre Theateraufführungen oder die Feier des Karlstages und auch immer wieder Nachrichten von berühmten Carolingern. Selbstverständlich blickte das Carolinum mit Stolz auf seine ehemaligen Abiturienten, die Bischöfe in Osnabrück (1957 Helmut Hermann Wittler) oder Stockholm (1977 Hubertus Brandenburg) wurden. Die Beiträge der Lehrer in den Jahresberichten zeugten von jener großen Ernsthaftigkeit, mit der sich das Kollegium Fragen der Wissenschaften wie auch der Wissensvermittlung zuwandte. So fehlten in den Jahresberichten weder die Auseinandersetzung mit Tradition und Zeitgeist, noch begegnete man am Carolinum kritiklos jenen Schulreformversuchen, wie der Ausgliederung der Klassen 5 und 6 durch die Orientierungsstufe im Jahre 1974 oder der Einführung der reformierten Oberstufe (Sekundarstufe II) im Jahre 1976. Noch einschneidender war die Entscheidung, an dem über 1150 Jahre als typischem Jungengymnasium bestehenden Carolinum im Jahre 1971 die Koedukation einzuführen. Die Veränderungen in den 1970er Jahren sind ohne die vorausgegangenen Studentenunruhen (1968) nicht denkbar. Sie haben 1971 sogar zum Wegfall der Karlsfeier geführt (1977 wieder eingeführt) und wiederholt zum Nachdenken über den besonderen Status des 1950 städtisch gewordenen Carolinums angeregt. Gleichzeitig mit den geschilderten Reformen stand die Frage einer Kooperation mit den benachbarten Schulen Ursulaschule und Domschulzentrum an oder aber die Übernahme des Carolinums in eine bischöfliche Trägerschaft, die im Herbst 1973 von Schulleitung, Kollegium und Elternschaft abgelehnt wurde und in den Kooperationsvertrag zwischen Stadt und Bistum Osnabrück von 1975 (1983 erneuert) mündete. Darin wurde die traditionelle Nähe des Carolinums zu Kirche und Bistum betont sowie der Geist und das Lehrangebot beschworen, die diesen Vertrag zwischen Kirche und Kommune in einer zusehends laizistischen Gesellschaft überhaupt erst ermöglichten. Das das Carolinum sich in der Öffentlichkeit heute so klar positioniert hat, ist insbesondere das Verdienst von Hermann Sommer, der seit 1971 in der Schulleitung mitwirkte, sowie 1976-1978 als kommissarischer Schulleiter und 1978-2003 als Schulleiter dem Carolinum vorstand. 2003 wurde Helmut Brandebusemeyer als neuer Schulleiter berufen, der angesichts des demographischen Wandels und naturgemäß als stark empfundenen gesellschaftlichen Umbrüchen neue Aufgaben und Herausforderungen zu bestehen haben wird.

Literatur (in Auswahl):

  • Julius Jaeger, Die Schola Carolina Osnabrugensis. Festschrift zur Elfhundertjahrfeier des Königlichen Gymnasiums Carolinum zu Osnabrück, Osnabrück 1904, S. 4.
  • Klemens-August Recker, „… meinem Volke und meinem Herrgott dienen …“. Das Gymnasium Carolinum zwischen partieller Kontinuität und Resistenz in der NS-Zeit. Ein Beitrag zur Bildungsgeschichte der Stadt und des Bistums Osnabrück zwischen 1848 und 1945 (= Osnabrücker Geschichtsquellen und Forschungen, Bd. 29), Osnabrück 1989.
  • Michael F. Feldkamp, Karl der Große und das Gymnasium Carolinum in Osnabrück. Begründung, Pflege und Wandel einer 1200jährigen Erinnerungskultur, in: Geschichte im Bistum Aachen 5 (1999/2000), S. 71-116.
  • Rolf Unnerstall /Holger Mannigel (Hrsg.), Gymnasium Carolinum 804–2004, Osnabrück 2004.