Erich Stolleis

deutscher Jurist und Oberbürgermeister
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Erich Stolleis (* 1906 in Mußbach, jetzt Neustadt an der Weinstraße; † 1986 ebenda) war ein deutscher Jurist und wurde bekannt als Kommunalpolitiker in der Zeit des Dritten Reiches.

Leben

Familie und Ausbildung

Stolleis wurde auf dem 1709 erbauten Carl-Theodor-Hof, dem letzten Anwesen auf Mußbacher Gemarkung an der Grenze zu Gimmeldingen, als Sohn des Weingutsbesitzers Heinrich Stolleis und seiner Frau Lisa geb. Hoos geboren. Nach dem Abitur am Humanistischen Gymnasium (heute Kurfürst-Ruprecht-Gymnasium) in Neustadt studierte er Rechtswissenschaft in München. Während des Studiums war er Corpsstudent (Isaria München). 1929 absolvierte er das Assessorexamen, 1931 folgte in Erlangen die Promotion zum Doktor der Rechte.

Drittes Reich

Stolleis wurde am 1. Mai 1931 Mitglied Nr. 519.227 der NSDAP und wird im "Jahrbuch des Deutschen Rechtsstandes" von 1936 als "Gauführer" vom "Gau Saarpfalz" des "Bundes Nat.-Soz. Deutscher Juristen" (BNSDJ) sowie als "Gaurechtsamtsleiter" aufgeführt.

Nach kurzer Anwaltstätigkeit in Neustadt (zugelassen von September 1932 bis Februar 1939) wechselte Stolleis in den Staatsdienst und machte im Dritten Reich schon in jungen Jahren rasch Karriere:

Bereits in Landau und insbesondere dann in Ludwigshafen unterstützte er die judenfeindlichen staatlichen Maßnahmen (Judenboykott, Anwendung der Nürnberger Gesetze, Deportation der verbliebenen Juden am 22. Oktober 1940).

Allerdings galt sein besonderer Einsatz Stadtplanung und Eingemeindungen. Nach der Eingliederung von Maudach, Oggersheim, Oppau und Rheingönheim wurde Stolleis am 1. April 1938 in einer feierlichen Stadtratssitzung im Pfalzbau Ludwigshafen eine neue Amtskette mit Runen und den Wappen der eingemeindeten Kommunen verliehen. In seiner Festansprache kündigte er weitere Großvorhaben an, die er indessen nicht mehr verwirklichen konnte.

Weil er die Stadtverwaltung Ludwigshafen mit Leuten seines Vertrauens besetzen wollte und obendrein bei den Novemberpogromen 1938, um größere Brände zu verhindern, Stadtpolizei gegen die SA-Banden einsetzte, kam es zum offenen Zerwürfnis mit Gauleiter Josef Bürckel, der Stolleis zum "Parteifeind Nr. 1" erklärt haben soll und dafür sorgte, dass Stolleis als Oberbürgermeister ausschied.

Zweiter Weltkrieg

Nach Ende seiner Amtszeit als Oberbürgermeister ging Stolleis als einfacher Soldat an die Front und geriet alsbald (1941) in Nordafrika in Kriegsgefangenschaft. Diese verbrachte er in Australien, von wo er 1947 zurückkehrte. Danach baute er das Weingut der Familie wieder auf und war auch einige Zeit erneut als Anwalt tätig. Klagen auf Versorgung als ehemaliger städtischer Beamter wurden rechtskräftig abgewiesen (Akten beim Stadtarchiv Ludwigshafen zugänglich).


Der Carl-Theodor-Hof wird mittlerweile von seinem Sohn Peter Stolleis betrieben. Sein Sohn Michael Stolleis widmete ihm den 1988 erschienenen ersten Band seiner "Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland".

Werke

  • Erich Stolleis: Das internationale Arbeiterschutzrecht (Dissertation), Kallmünz 1931
  • Erich Stolleis: Der Carl-Theodor-Hof, Weingut und Weinkellerei Peter Stolleis, Gimmeldingen-Mußbach an der deutschen Weinstraße, Industrie- und Werbedruck, Lampertheim 1963

Zitate

  • Stolleis im Jahre 1936 zur Begründung, weshalb er das Reiterstandbild des Prinzregenten Luitpold von Bayern von der Mitte des Max-Joseph-Platzes (so der Name 1824-1945, seither Rathausplatz), wo es 1892 aufgestellt worden war, an dessen Rand versetzen ließ: "Der alte Herr hat lange genug nach Palästina [Anm.: gemeint waren die jüdischen Geschäftshäuser an der Ostseite des Platzes] geschaut!"
  • Stolleis gab dem Polizeipräsidenten Ludwigshafen am 3. Oktober 1939 die schriftliche Anweisung, der an eine Gruppe neu zugezogener Juden ergangenen Aufforderung zum Verlassen der Stadt "den eventuell notwendigen Nachdruck zu verleihen und für die Entfernung der Juden aus Ludwigshafen zu sorgen" (Ulrike Minor/Peter Ruf: Juden in Ludwigshafen, Veröffentlichungen des Stadtarchivs Ludwigshafen am Rhein Band 15, 1992, S. 160).