Die Anstalt ist eine politische Kabarett-Sendung, die vom deutschen Fernsehsender ZDF seit dem 4. Februar 2014 ausgestrahlt wird. Sie gilt als Nachfolger von Neues aus der Anstalt, welche am 1. Oktober 2013 zum letzten Mal gezeigt wurde. Durch die Sendung führen die Kabarettisten Max Uthoff und Claus von Wagner. Zu ihnen gesellen sich bekannte Gäste aus dem Bereich der Kleinkunst. Regisseur der Sendung ist Frank Hof.
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Sendeplatz, Set und Autoren
Die Anstalt wird bis zu achtmal im Jahr an einem Dienstagabend nach dem heute-journal im ZDF ausgestrahlt und live aus den ARRI-Studios in München gesendet. Wiederholt wird die Sendung im D-A-CH-Gemeinschaftssender 3sat.
Das Studio stellt das Foyer einer psychiatrischen Klinik dar. Die auftretenden Kabarettisten können über Gänge, Treppen und einen Aufzug die Bühne betreten. Uthoff und von Wagner stellen die Besetzer der von Urban Priol und Frank-Markus Barwasser (alias Erwin Pelzig) verlassenen Klinik dar. Jede Sendung steht unter einem Thema, welches meistens auch in den Solo-Auftritten der Gäste thematisiert wird. Passend zum Thema wird auch das Titellied abgeändert, zum Beispiel Samba de Janeiro in der Sendung zur Fußball-Weltmeisterschaft.
Dem dreiköpfigen Autorenteam der Anstalt gehört neben Uthoff und von Wagner der Journalist und Kabarettredakteur Dietrich Krauß an, der auch zum Autorenteam der heute-show zählt.[1]
Wiederkehrende Elemente
Als eine Art Running Gag gibt sich am Anfang die Besetzergruppe gern einen neuen Eigennamen, setzt zur Verkündigung der Abkürzung an, unterlässt aber immer die Aussprache, weil die Abkürzung immer in Verbindung mit etwas aus ihrer Sicht Negativem steht (z. B. AfD oder Napalm). Ebenfalls wiederholt wird Max Uthoff gerne in seinem Solo unterbrochen, worüber er sich dann beschwert.
Weiterhin taucht in fast jeder Ausgabe der Anstalt ein rollbares Whiteboard auf, auf dem ein Schaubild über personelle oder politische Verquickungen entwickelt wird. Das erste Schaubild dieser Art wurde von Erwin Pelzig in der Ausgabe vom 13. November 2012 der Vorgängersendung Neues aus der Anstalt dargeboten. In diesem Schaubild ging es um die personellen Verbindungen zwischen der Bank Goldman Sachs und hohen staatlichen Finanzposten weltweit. Ein zweites Schaubild wurde von Pelzig in der Ausgabe am 25. Juni 2013 zum Thema Gustl Mollath gezeigt; regelmäßig wird es aber erst seit dem Debüt von Die Anstalt von Uthoff und von Wagner betrieben. Auch gibt es in vielen Ausgaben eine Art Rollenspiel, bei dem politische, wirtschaftliche oder gesellschaftliche Vorgänge veranschaulicht werden. Diese Rollenspiele werden häufig mit den Schaubildern auf dem Whiteboard kombiniert.
Episodenliste
2014
2015
Episode | Erstausstrahlung | Leitmotiv | Themen | Gäste | Dauer in Minuten |
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9 | 3. Februar 2015 | Religion | Anschlag auf Charlie Hebdo, Islamfeindlicher Journalismus, Aufforderung zur Gewalt in religiösen Schriften, PEGIDA, Meinungs-Mathematik, Drohnen | René Sydow, Abdelkarim Zemhoute, Simone Solga | 51 |
10 | 31. März 2015 (Aufgrund des Absturzes des Germanwings-Fluges 9525 am 24. März 2015 wurde die Sendung an diesem Tag aufgezeichnet und später ausgestrahlt, jedoch zuvor in die Mediathek gestellt.)[2][3] |
Griechenland | Griechische Staatsschuldenkrise, Troika, Medienpolitik gegen Griechenland, Reparationszahlungen wegen NS-Vergangenheit, Automatisierungstechnik | Klaus Eckel, Arnulf Rating, Serdar Somuncu, Argyris Sfountouris | 50 |
11 | 28. April 2015 | Lisa Politt, Christoph Sieber, Carolin Kebekus |
Rezeption
Quoten
Die erste Sendung vom 4. Februar 2014 erreichte 3,11 Millionen Zuschauer; die Einschaltquote wurde mit 14 Prozent beziffert. Die Quote blieb hinter der zuletzt vom Vorgängerformat erreichten zurück.[4]
Rezensionen
Irene Helmes attestierte Uthoff und von Wagner zur Auftaktsendung in der Süddeutschen Zeitung zwar, dass sie „mit sichtlicher Freude“ austeilen würden. Den „selbst formulierten Anspruch“ könnten sie „aber noch nicht erfüllen“, „viele Späße [...] waren allzu bekannt“ und insbesondere das Tempo zu hoch.[5]
Auf Spiegel Online hob Stefan Kuzmany die „inhaltliche Schärfe“ der zweite Episode hervor, nannte den Bezug auf die Revolution in der Ukraine „schmerzhaft überzeugend“ und bezeichnete das neue Format „mit der richtigen Mischung aus guten Gags und fiesen Fakten“ als „glänzend gelungen“.[6]
Stefan Winterbauer lobte auf Meedia die fünfte Folge als „echte Werkschau klassischen Kabaretts“ und „intellektuell, scharfzüngig, mutig“, kritisierte jedoch Uthoffs Beitrag zum Ukraine-Konflikt als „reichlich einseitig[e]“ Medienschelte, die jedoch die Publikumserwartung „vortrefflich bedient“.[7]
Richard Weber monierte im Tagesspiegel, dass die sechste Episode „klares Schwarz-Weiß“ biete, denn „die Welt sei unübersichtlich genug, das muss eine Satire-Sendung nicht auch noch imitieren“.[8]
Bei der nächsten Folge sah Weber dann „Luft nach oben“. [9] Für den Stern hingegen zeigte diese Folge mit ihrer eindringlichen Darstellung des Flüchtlingsdramas „aber auch, dass Satire nicht immer nur lustig sein muss, um zu wirken“.[10]
Die achte Episode bezeichnete Katja Thorwarth in der Frankfurter Rundschau (FR) als „Aneinanderreihung von Allgemeinplätzen auf Grundschulniveau garniert mit reduziertem Gut-Böse-Schema á la Querfront“, bei der „einfachste Sachverhalte auf vulgäre Kinderreime heruntergebrochen werden“. Uthoff sei als Putin-Fan, „ganz versessen auf das Märchen von der ferngesteuerten Ukraine“. [11]
Richard Weber wertete die neunte Folge im Tagesspiegel als „kabarettistisches Schlachtfest der Halbwahrheiten und Behauptungen“. Je nach Bedarf würde z.B. Barack Obama mal hinsichtlich des Drohnenkrieges als „blutrünstiger und barbarischer Mörder“ dargestellt, um dann „beim Thema Griechenland [als] strahlender und moralischer Zeuge dafür [aufzutreten], dass endlich Schluss sein muss mit dem finanziellen Ausquetsch-Terror.“ Dass ZDF-Kollege Markus Lanz geschont wurde, zeige, dass man nicht ins eigene Nest pisse, vielmehr müssten als Urinale Focus und Spiegel herhalten.[12]
David Segler sah in der FR anlässlich der zehnten Folge die Stärke der Anstalt darin, dass sie es schaffe, „die großen und komplexen Themen und vor allem die Flut, in der sie auf einen einprasseln [...] aufzugreifen, zu abstrahieren und schließlich in verständlichen Bildern auf die Bühne zu bringen“.[13]
Kontroverse um Medienschelte
In der dritten Episode stellte von Wagner auf dem Whiteboard Mitgliedschaften einer Reihe prominenter deutscher Journalisten in NATO-freundlichen Elitenetzwerken wie z. B. der Atlantik-Brücke dar, wodurch insbesondere hinsichtlich der Ukraine-Krise ein Interessenkonflikt in der Berichterstattung bestünde.[14] Zur Vorbereitung dieses Beitrages war Uwe Krüger konsultiert worden, der mit seiner Studie "Meinungsmacht. Der Einfluss von Eliten auf Leitmedien und Alpha-Journalisten - eine kritische Netzwerkanalyse" das Thema wissenschaftlich analysiert hatte. [15] Die im Beitrag genannten Zeit-Mitherausgeber Josef Joffe und der Zeit-Journalist Jochen Bittner erwirkten zwar zunächst mittels einstweiliger Verfügung die Entfernung der Sendung aus der ZDFmediathek,[16] scheiterten jedoch im Hauptsacheverfahren vor dem Landgericht Hamburg. Im Hinblick auf den satirischen Charakter der Sendung waren nach Ansicht des Gerichts kleinere Unrichtigkeiten hinsichtlich der Anzahl der Mitgliedschaften unerheblich.[17]. Joffes Anwalt kündigte Berufung gegen das Urteil an.[18] Die Hessische/Niedersächsische Allgemeine, die Max Uthoff zugleich als Deutschlands wichtigsten Kabarettisten bezeichnete, fühlte sich in einem Interview an „die Kritik der Pegida-Demonstranten an der angeblich gleichgeschalteten Mainstream-Presse“ erinnert. Uthoff verteidigte sich, dass es „die Arbeit der Journalisten“ sei, „fein zu differenzieren“, sein Job als Kabarettist hingegen, „Missstände anzuprangern und sie satirisch zu überhöhen, manchmal bis zur Schmerzgrenze“. Der Vorwurf durch Journalisten an Die Anstalt sei deshalb nicht gerechtfertigt. Vielmehr fehle „die Differenzierung in der Ukraine-Krise [...] etwa in der ‚Süddeutschen Zeitung‘ und der ‚Zeit‘“. Man habe in der Anstalt „nie gesagt, dass Putin ein Engel wäre. Es geht darum, dass ein Bürgerkrieg angezettelt wird [...] an dem NATO und Amerikaner ganz bestimmte Interessen haben.“[19]
Auszeichnung
Im März 2015 ging ein Grimme-Preis an Krauß, Uthoff und von Wagner für den kalkulierten Bruch mit den Konventionen des Kabaretts in der siebten Folge, in der klar Stellung zum aktuellen Flüchtlingsdrama bezogen und mit dem Auftritt des syrischen Flüchtlingschors ein emotionaler Moment geschaffen wurde.[20]
Weblinks
- Vorlage:IMDb Titel
- Internetpräsenz bei ZDF.de
- Kanalübersicht Die Anstalt in der ZDFmediathek
Einzelnachweise
- ↑ Hans Hoff: "Die Anstalt" im ZDF - Die sind doch irre. In: Süddeutsche.de. 19. Januar 2015, archiviert vom am 9. Februar 2015; abgerufen am 9. Februar 2015.
- ↑ ZDF-Programmänderung ab Woche 13/2015. In: news aktuell. ZDF, 26. März 2015, abgerufen am 29. März 2015.
- ↑ Manuel Nunez Sanchez: Kein Platz für Humor: «Anstalt» und «TV total» entfallen. Quotenmeter.de, 24. März 2015, abgerufen am 24. März 2015.
- ↑ Jens Schröder: TV-Quoten: Unspektakuläre Premiere der neuen “Anstalt”. Meedia, 5. Februar 2014, abgerufen am 6. Februar 2014.
- ↑ Irene Helmes: Jetzt mal ganz langsam. Süddeutsche Zeitung, 5. Februar 2014, abgerufen am 6. Februar 2014.
- ↑ Stefan Kuzmany: Der kleine Sozialist in uns allen. In: Spiegel Online. 12. März 2014.
- ↑ Stefan Winterbauer: “Die Anstalt” – das gute, linke, einseitige Gewissen des ZDF, Meedia vom 24. Dezember 2009
- ↑ Richard Weber:"Die Anstalt" - eine Fernsehkritik So geht Satire - nicht, Der Tagesspiegel vom 29. Oktober 2014
- ↑ Richard Weber:Eine Achterbahnfahrt über Gag-Berge und in Gaudi-Täler, Der Tagesspiegel vom 19. November 2014
- ↑ Bewegende Satire ohne Pointe Stern vom 19. November 2014
- ↑ Katja Thorwarth:Ken-Jebsen-Stammtisch im ZDF, Frankfurter Rundschau vom 11. Dezember 2014
- ↑ Kabarett light taugt nicht als Frischzellenkur fürs Zweite, Der Tagesspiegel vom 4. Februar 2015
- ↑ Bilder, die den Wahnsinn zeigen, Frankfurter Rundschau vom 31. März 2015
- ↑ Die Anstalt: Unabhängiger Journalismus (Video). ZDFmediathek, 29. April 2014, archiviert vom am 29. Mai 2014; abgerufen am 30. Mai 2014.
- ↑ Uwe Krüger: Journalisten als politische Lobbyisten? heise.de, , abgerufen am 31. Dezember 2014.
- ↑ Alexander Krei: "Zeit"-Journalisten erwirken EV gegen ZDF-"Anstalt". DWDL.de, 29. Juli 2014, abgerufen am 29. Juli 2014.
- ↑ "Zeit"-Herausgeber Josef Joffe scheitert mit Klage gegen ZDF. Hamburger Abendblatt, 21. November 2014, abgerufen am 10. Dezember 2014.
- ↑ Zugabe, Zugabe! Zeit-Herausgeber Josef Joffe geht gegen Die Anstalt in Berufung, RT vom 8. Oktober 2014
- ↑ Kabarettist Max Uthoff: "Meine Wut ist größer geworden", Hessische/Niedersächsische Allgemeine, 16. Dezember 2014
- ↑ Grimme-Institut Preisträger des 51. Grimme-Preises bekannt gegeben.Pressemeldung vom 4.März 2015