Benutzer:Demidow/Werkstatt

Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 23. März 2015 um 17:54 Uhr durch Demidow (Diskussion | Beiträge) (Baumarten im Arboretum). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Koordinaten: 49° 38′ 6″ N, 8° 38′ 34″ O Das Arboretum Heppenheim an der Bergstraße ist ein rund 5,1 Hektar großer Park am südlichen Stadtrand von Heppenheim im Bundesland Hessen. Er umschließt die Bauten der ehemaligen Vitos-Klinik Heppenheim, die seit 2015 zur Wohnanlage The Bergstraße Sports & Country Club umgebaut werden. Park und Gebäude wurden 1861 bis 1865 angelegt und bilden eine unter Denkmalschutz stehende Gesamtanlage.[1] Das öffentlich zugängliche Arboretum umfasst über 200 Bäume, darunter zahlreiche Vertreter exotischer Arten. Wegen des milden Klimas und der nährstoffreichen Böden an der Bergstraße weisen die Bäume Höhen von 20 Metern und Kronendurchmessern von bis zu 30 Metern auf.

Geschichte

Das Arboretum entstand 1861 bis 1865 als Garten der Landesirrenanstalt Heppenheim, der späteren Vitos-Klinik. Die Planer und Gartenbauer sind bislang unbekannt. Vermutlich fertigten die leitenden Entwerfer der Klinikgebäude, der Psychiater Georg Ludwig und Architekt Christian Friedrich Stockhausen einen Generalplan, den Gärtner aus Heppenheim und Umgebung umsetzten.

Das Arboretum als Therapieraum

Das Arboretum und seine Gestaltung waren Bestandteil des Behandlungskonzepts, das Georg Ludwig für die Anstalt ausgearbeitet hatte. Es basierte auf Ferdinand von Ritgens Theorie, dass seelische Erkrankungen durch Ruhe und Entspannung für das Gehirn gelindert werden können.[2] Dementsprechend sollte das Arboretum den Patientinnen und Patienten Erholung in der Natur gewähren, ohne dass diese die Mauern der Anstalt verlassen mussten.

Im Westen des Klinikgrundstücks wurde ein Gemeinschaftsgarten angelegt. Der von hohen Mauern eingefasste Bereich am öffentlichen Zufahrtsweg teilte diesen Gartenteil in zwei Teile – den Nordteil für die männlichen, den Südteil für die weiblichen Insassen. Hier konnten sich die Patientinnen und Patienten der Gartenarbeit widmen. Sie war allerdings nicht Teil einer Arbeitstherapie; sie sollte lediglich dazu dienen, den Insassen Bewegung an der frischen Luft zu ermöglichen.[3] Den Patienten standen außerdem eine überdachte Kegelbahn mit beheizbarer Kegelstube und ein Boule-Platz zur Verfügung.

Im Osten der Klinikgebäude ließ Ludwig eine Reihe kleiner „Erholungsgärten“ anlegen. In der Art eines Giardino segreto waren sie durch Mauern eingefasst und von symmetrisch angelegten Wegen durchzogen. In ihnen konnten Patientinnen und Patienten mit akuten Beschwerden Zeit im Freien verbringen. Die Mauern und die überschaubare Größe der Gärten boten den Insassen Ruhe und Abgeschiedenheit und gewährleisteten, dass das Klinikpersonal die Patienten während des Aufenthalts im Freien im Auge behalten konnte.[4]

Weitere Entwicklungen

Nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden im Ostteil des Klinikgrundstücks mehrere Neubauten. Die nicht mehr genutzten Erholungsgärten wurden dabei beseitigt. In den 1980er Jahren wurde die … der Patientinnen und Patienten aufgegeben. Seither ist das Gelände des Arboretums auch für Besucher zugänglich.

Öffentlicher Park

2014 verkaufte die Vitos GmbH das Gelände der Klinik an das Immobilienunternehmen Terraplan aus Nürnberg, das auf die Sanierung und Umnutzung von Denkmalen spezialisiert ist. Der neue Eigentümer plant, die unter Denkmalschutz stehenden Bauten der Klinik zu sanieren und ab 2015 in Eigentumswohnungen unter dem Namen The Bergstraße Sports & Country Club umzuwandeln.[5] Das Arboretum wird nach Entwurf des Büros für Gartenplanung Oehm & Herlan aus Nürnberg ebenfalls denkmalgerecht instandgesetzt. Wegenetz und Bepflanzung des teilweise verwilderten Gartens soll wieder dem ursprünglichen Zustand angenähert werden. Einige spätere Pflanzungen, die inzwischen abgestorben sind, werden durch neue Baumarten ersetzt und so die Idee des Arboretums als Sammlung exotischer Bäume weitergeführt. Das Arboretum soll auch künftig der Allgemeinheit offenstehen. Ein Informationssystem mit Beschilderung einzelner Bäume befindet sich in Planung.

Anlage und Baumarten

Teil der Naturlandschaft

Bei ihrer Eröffnung im Januar 1866 lagen Park und Klinik über einen Kilometer südlich der damaligen Bebauung Heppenheims. Die abgeschiedene Lage sollte dafür sorgen, dass die Patientinnen und Patienten die Ruhe fanden, die sie für ihre Genesung brauchten. Nach dem Vorbild der Anstalt Illenau betteten die Planer den Park in die umgebende Naturlandschaft ein:[6] Im Norden bildete der aus dem Odenwald herabfließende Erbach die natürliche Grenze; im Osten schützte der bewaldete Essigkamm die Anlage vor Wind und Wetter; im Süden und Westen schlossen sich die Weingärten und Streuobstwiesen der Oberrheinischen Tiefebene an. Da das Klinikgelände im Osten und Süden bis heute weitgehend freisteht, lässt sich der Eindruck von einst hier noch gut nachvollziehen.

Landschaftsgarten

Im ursprünglichen Entwurf des Garten mischten sich Merkmale des formalen und des Landschaftsgartens. Die Erholungsgärten im Osten waren in Kompartimente geteilt und mit einem symmetrischen Wegenetz versehen. Die Gemeinschaftsgärten im Westen dagegen waren von geschlängelten Wegen durchzogen, die Bäume, Büsche, Blumenbeete, Spiel- und Nutzflächen darin frei angeordnet.

Im Rahmen der Sanierung der Gesamtanlage soll…

Baumarten im Arboretum

Das Arboretum Heppenheim an der Bergstraße umfasst rund 200 Einzelbäume (Stand 2014). Die meisten von ihnen sind Laubbäume. Dies hängt mit der um 1860 in Psychiatrie und Gartenkunst gültigen Lehrmeinung zusammen, dass Nadelhölzer wegen ihrer meist dunklen Färbung bei den Patienten Melancholie oder gar Depressionen auslösen könnten.[7]

Neben einheimischen Arten wie Eiche, Ahorn und Linde sind im Park 20 exotische Zierbaum-Arten vertreten, die seit dem 18. Jahrhundert nach Europa eingeführt wurden. Eine Untersuchung des Baumbestandes konnte 2014 nachweisen, dass ein großer Teil der Bäume aus den 1860er Jahren stammt.[8] Als der Park angelegt wurde, waren exotische Pflanzen in den Villen- und Stadtgärten Europas gerade in Mode gekommen. Im Garten der Heppenheimer Klinik bereicherten sie den Bestand heimischer Baumarten. Die exotischen Bäume pflanzte man einst vorwiegend in der Nähe der Patientenhäuser, so dass auch die bettlägrigen und isolierten Insassen sie beim Blick durch die Fenster sehen konnten.

Später wurde der Garten um Neupflanzungen bereichert. Eine Gruppe von bis zu 20 Meter hohen Lebensbäumen auf dem Rondell vor dem zentralen Verwaltungsebäude der ehemaligen Klinik ist eigens als Naturdenkmal geschützt.[9] Von besonderem Interesse sind außerdem:

Art Herkunft Kronendurchmesser (2014)
Amberbaum Nord- und Mittelamerika m
Atlas-Zeder Maghreb 20 m
Blauglockenbaum m
Esskastanie Südeuropa, Nordafrika und Vorderasien m
Ginkgo Ostasien m
Spitz-Ahorn heimisch 30 m

Anmerkungen

  1. http://denkxweb.denkmalpflege-hessen.de/
  2. Eller 1993a.
  3. Winfried Gehewe: Reisebericht durch Irrenanstalten Deutschlands und der Schweiz in den Jahren 1869 und 1870. In: Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie. Band 28, 1872, S. 57.
  4. Gulden: Garten für die Seele, S. 11-12.
  5. http://www.echo-online.de/region/bergstrasse/heppenheim/In-der-alten-Vitos-Klinik-entstehen-130-Wohnungen;art1245,5052076
  6. Vorbild Illenau
  7. Gulden: Garten für die Seele, S. 13.
  8. Gulden, Garten für die Seele, S. 10.
  9. Herrgen, Baumportraits, S. 47.

Literatur

  • Adolf Heinrich Dannemann: Die Entwicklung der Fürsorge für Geistekranke im Großherzogtum Hessen. In: Johannes Bresler (Hrsg.): Deutsche Heil- und Pflegeanstalten für Psychischkranke in Wort und Bild. 1. Auflage. Carl Marhold, Halle/Saale 1910, S. 142–143.
  • Sebastian Gulden: Garten für die Seele. In: Erik Roßnagel/Stefanie Egenberger/Gerhard Trubel (Hrsg.): Garten für die Seele. Arboretum Heppenheim an der Bergstraße. 1. Auflage. L&H, Berlin 2015, ISBN 978-3-939629-33-7, S. 8–15.
  • Thomas Herrgen: Baumportraits. In: Erik Roßnagel/Stefanie Egenberger/Gerhard Trubel (Hrsg.): Garten für die Seele. Arboretum Heppenheim an der Bergstraße. 1. Auflage. L&H, Berlin 2015, ISBN 978-3-939629-33-7, S. 16–67.
  • Georg Ludwig: Bericht über den Bau der Irrenheil- und Pflegeanstalt Heppenheim. In: Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie. Band 19, 1862, S. 530.