Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages
Das Amt des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages wurde 1956 gemäß Art. 45b Grundgesetz als Hilfsorgan des Bundestags bei der Ausübung der parlamentarischen Kontrolle im Bereich der Bundeswehr geschaffen. Die näheren Bestimmungen regelt das Gesetz über den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages (WBeauftrG).
Grundsätze
Im Wehrbeauftragtengesetz ist festgelegt, dass der Wehrbeauftragte auf Eingabe von Soldaten der Bundeswehr oder auf eigene Initiative immer dann tätig wird, wenn ihm Umstände bekannt werden, die auf eine Verletzung der Grundrechte der Soldaten oder der Grundsätze der Inneren Führung schließen lassen. Jeder Soldat der Bundeswehr hat nach § 7 WBeauftrG das Recht, „sich einzeln ohne Einhaltung des Dienstweges unmittelbar an den Wehrbeauftragten zu wenden. Wegen der Tatsache der Anrufung des Wehrbeauftragten darf er nicht dienstlich gemaßregelt oder benachteiligt werden“. Er hat jährlich dem Deutschen Bundestag in einem schriftlichen Bericht über seine Arbeit zu berichten. Zu seinen Rechten gehört, dass er jede Bundeswehrdienststelle ohne Anmeldung besuchen darf, Auskunft und Akteneinsicht fordern kann und dass er – außer gegenüber dem Deutschen Bundestag und dem Verteidigungsausschuss – nicht weisungsgebunden ist.
Zu seiner Wahl bedarf es der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages. Er wird auf fünf Jahre gewählt und vom Bundestagspräsidenten ernannt. Vorschlagsberechtigt sind der Verteidigungsausschuss und die Bundestagsfraktionen. Der Wehrbeauftragte ist kein Beamter, sondern steht in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis und darf zur gleichen Zeit kein anderes besoldetes Amt bekleiden und keinen anderen Beruf ausüben. Sein Gehalt ergibt sich aus § 18 Abs. 1 WBeauftrG in Verbindung mit § 11 Abs. 1 Bundesministergesetz und entspricht der Besoldungsgruppe B 11.
Der Wehrbeauftragte war bis 1999 in dem einstigen Gebäude des Hotels Godesberger Hof im Bonner Stadtbezirk Bad Godesberg ansässig.
- Rechtsgrundlage
„Zum Schutze der Grundrechte und als Hilfsorgan des Bundestages bei der Ausübung der parlamentarischen Kontrolle wird ein Wehrbeauftragter des Bundestages berufen. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.“
Der Wehrbeauftragte in der Aufbau- und Konsolidierungsphase der Bundeswehr
Die Jahresberichte der Wehrbeauftragten enthielten in der Aufbauphase der Bundeswehr oft ein wenig erfreuliches Bild der Menschenführung. Die Bundeswehr wurde unter Einbeziehung von Angehörigen des Bundesgrenzschutzes und der früheren Wehrmacht aufgebaut. Das Konzept der Inneren Führung, nach dem jeder Soldat – auch der Wehrpflichtige – „Staatsbürger in Uniform“ blieb, war diesen nicht nur neu, sondern wurde auch teilweise abgelehnt. Auch später finden sich in den Berichten Beschwerden von meist wehrpflichtigen Soldaten über Grundrechtsverletzungen und Schikanen durch Vorgesetzte, der Schwerpunkt ändert sich jedoch durch Eingaben von Zeit- und Berufssoldaten zu Personal-, Fürsorge-, Laufbahn- und Statusfragen. Die Zahl der Beschwerden wuchs auf einen Jahresdurchschnitt von 6.000.[2] Die Behörde des Wehrbeauftragten wuchs entsprechend und legte den Schwerpunkt ihrer Arbeit stärker auf die Prävention.
Entwicklung der Eingaben beim Wehrbeauftragten
Die Grafik zeigt die Anzahl der durch die Wehrbeauftragen bearbeiteten Vorgänge von 1959 bis 2022, bezogen auf 1000 Soldaten.
Der bislang höchste Wert wurde im Berichtsjahr 2013 mit 27,7 Vorgängen erreicht, der niedrigste mit 9,6 Vorgängen pro 1000 Soldaten im Berichtsjahr 1966.[3]
Arbeitsweise des Wehrbeauftragten
Der Wehrbeauftragte verfügt über verschiedene Erkenntnisquellen. Zum einen stehen ihm persönliche Eindrücke aus Truppenbesuchen und sonstigen Gesprächen mit Soldaten zur Verfügung. Daneben wenden sich jedes Jahr zahlreiche Soldaten schriftlich mit Eingaben an ihn. Zur Erfüllung seiner Aufgaben kann sich der Wehrbeauftragte bei der Bearbeitung der Eingaben auf seine rund 50 Mitarbeiter stützen. Um die Eingaben bewerten zu können, müssen von der Bundeswehr Stellungnahmen erbeten werden. Nach § 9 WBeauftrG soll allerdings dem Einsender Vertraulichkeit über seine Eingabe und seinen Namen gewährt werden, wenn dieser es wünscht. Die Stellungnahmen werden dann – gegebenenfalls nach umfangreichen Ermittlungen seitens der zuständigen militärischen Vorgesetzten – beim Wehrbeauftragten ausgewertet und das Ergebnis dem Einsender der Eingabe mitgeteilt. Da der Wehrbeauftragte selbst über keine exekutiven Möglichkeiten verfügt, müssen notwendige Abhilfemaßnahmen durch die militärischen Vorgesetzten ergriffen werden.
Wehrbeauftragte seit 1959

Seit der Einführung des Amtes 1959 haben insgesamt elf Personen das Amt des Wehrbeauftragten des deutschen Bundestages bekleidet. Fünf Wehrbeauftragte wurden aus dem Lager der Unionsfraktionen (CDU, CSU) gewählt, drei aus dem der SPD und zwei stellte die FDP. Der erste Wehrbeauftragte, Helmuth von Grolman, war parteilos.[4]
- 1959–1961: Helmuth von Grolman
- 1961–1964: Hellmuth Heye (CDU)
- 1964–1970: Matthias Hoogen (CDU)
- 1970–1975: Fritz-Rudolf Schultz (FDP)
- 1975–1985: Karl-Wilhelm Berkhan (SPD)
- 1985–1990: Willi Weiskirch (CDU)
- 1990–1995: Alfred Biehle (CSU)
- 1995–2000: Claire Marienfeld (CDU)
- 2000–2005: Willfried Penner (SPD)
- 2005–2010: Reinhold Robbe (SPD)
- 2010–2015: Hellmut Königshaus (FDP)
Eigener Wehrdienst der Wehrbeauftragten
Von den elf Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages leisteten acht Wehrdienst (bzw. Kriegsdienst) ab. Sechs bekleideten einen Offizierdienstgrad (bzw. Reserveoffizierdienstgrad). Hellmuth Heye und Helmuth von Grolman waren hochrangige und dekorierte Admirale bzw. Generale der Wehrmacht. Der einzige Zivildienstleistende war Reinhold Robbe. Seinen Dienst in der Bundeswehr tat bisher nur der aktuelle Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus.
Literatur
- Rudolf J. Schlaffer: Der Wehrbeauftragte 1951 bis 1985: Aus Sorge um den Soldaten. Oldenbourg, München 2006, ISBN 978-3-486-58025-9.
- Friedhelm Dreyling (Red.): Zum Schutz der Grundrechte …: Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages. Hrsg.: Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages. NDV Neue Darmstädter Verlagsanstalt, Rheinbreitbach 2006, ISBN 3-87576-574-5.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Art. 45b Grundgesetz
- ↑ Jahresbericht 2010 des Wehrbeauftragten; PDF; 853 kB
- ↑ a b Unterrichtung durch den Wehrbeauftragten – Jahresbericht 2019 (61. Bericht). (PDF; 3,8 MB) Wehrbeauftragte/r des Deutschen Bundestages, 28. Januar 2020, S. 96/97, abgerufen am 5. Mai 2020.
- ↑ Die Wehrbeauftragten seit 1959. Deutscher Bundestag, abgerufen am 6. Februar 2013.