Als Mikrofon bezeichnet man einen Sensor (Messfühler) im Schallfeld, der mit seiner Membran akustische Schwingungen als Schalldruck (Schallwechseldruck) oder Schalldruckdifferenz (Schallschnelle) aufnimmt und je nach der Schalleinfallrichtung in Abhängigkeit von der Mikrofonrichtcharakteristik in elektrische Spannungs-Signale umwandelt.
Umgangssprachlich wird das Gerät auch Mikro oder Mik/Mic genannt.

Geschichte des Mikrofons
Es scheint keine genaue Klarheit darüber zu bestehen, wann genau und von wem das Mikrofon erfunden wurde. Je nach Quelle werden verschiedene Daten und Personen genannt.
Das Kohlekörner-Mikrofon, wahrscheinlich 1849 von Wilkins entwickelt, gilt als erstes Mikrofon. Danach gab es weitere Systeme zu diesem Prinzip, die sogar das später erfundene elektromagnetische Prinzip wieder ablösten.
Die Entwicklung des Mikrofons ging Hand in Hand mit der Entwicklung des Telefons. Emile Berliner erfand eines der ersten Mikrofone am 4. März 1877, doch das erste brauchbare Gerät wurde 1876 von Alexander Graham Bell als "Telefon" entwickelt.
Anderen Quellen ist zu entnehmen, dass Philipp Reis vor der "Physikalischen Gesellschaft" bereits im Jahre 1861 ein funktionstüchtiges Telefon vorgestellt hat, welches zur Schallwandlung eine Membran aus Schweinsdünndarm benutzte, die über einen Platinkontakt ein einfaches Ein/ Aus- Signal generierte (Kontaktwandler, Prinzip Wackelkontakt).
Weitere Namen, die in der Entwicklung des Mikrofons auftauchen, sind: Thomas Alva Edison, David Edward Hughes und Georg Neumann.
Die Erkenntnis, dass Kohlekörner die Schwingung der Membran besser als ein einfacher Kontakt in elektrische Impulse umsetzen können, führte zur Entwicklung des Kohlemikrofons. Das Prinzip des Kohlemikrofons ist ein druckabhängiger Übergangswiderstand, der mit Hilfe von Kohlepulver erreicht wird. Die damit verbundene Steigerung der Übertragungsqualität, ermöglichte am 1. April 1881 die Eröffnung des ersten öffentlichen Fernsprechamtes in Berlin.
Georg Neumann entwickelte im Jahr 1923 das Kohlemikrofon bedeutend weiter. Dadurch wurde die Klangqualität besonders bei tiefen Frequenzen stark verbessert. Der Durchbruch gelang ihm jedoch mit der Erfindung des Kondensatormikrofons (erstes funktionstüchtiges Serienmodell: die "Neumannflasche"). 1928 gründete Neumann eine Firma, die auch noch heute zu den führenden Mikrofonherstellern gehört.
1962 erfanden Gerhard Sessler und James E. West das Elektret-Mikrofon, das heute mit 90% Marktanteil den häufigsten Mikrofontyp darstellt. G. Sessler erfand in 1980iger Jahren an der TH Darmstadt auch das Silizium-Mikrofon.
Mikrofonrichtcharakteristik (Richtcharakteristik)
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Kugel
(engl. Omnidirectional) |
Breite Niere
(engl. Subcardioid) |
Niere
(engl. Cardioid) |
Hyperniere
(engl. Hypercardioid) |
Acht
(engl. Figure Eight, Bidirectional) |
Keule
(engl. Directional) |
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Die Richtwirkung, also die richtungsabhängige Empfindlichkeit eines Mikrofons, ist vor allem von der Bauform der Kapsel, weniger von dem zugrundeliegenden Wandlerprinzip abhängig. Ein reiner Druckempfänger besitzt keine Richtwirkung, also eine kugelförmige Richtcharakteristik (omnidirektional). Ein Druckgradientenempfänger in seiner reinen Form (z.B. Bändchenmikrofon) liefert als Richtcharakteristik die Form einer Acht. Die beiden Richtcharakteristiken Kugel und Acht können in beliebigen Verhältnissen gemischt werden und liefern die Zwischenformen "breite Niere", "Niere", "Superniere" und "Hyperniere". Die Richtcharakteristik "Keule" wird nicht aus der Überlagerung von Kugel und Acht gewonnen, sondern durch das Prinzip des Interferenzrohres (Schallrichtungsabhängige Auslöschungen durch akustisch wirksame Laufzeitelemente).
Verschiedene Mikrofonkategorien
Mikrofone können in unterschiedliche Kategorien eingeteilt werden:
- Nach dem Wandlerprinzip (Signalqualität: Impulstreue, Klirrfaktor):
- Dynamische Mikrofone: Tauchspulenmikrofon, Bändchenmikrofon
- Kondensatormikrofon (48 Volt gespeist), Elektretmikrofon (ca. 5 Volt für Impedanzwandler)
- Kohlemikrofon: veraltetes, in Telefonen genutzes Prinzip
- Kontaktmikrofon: veraltetes Prinzip aus den Anfängen der elektrischen Schallwandlung)
- Piezomikrofon: in der Telekommunikation genutztes, kostengünstiges Wandlerprinzip
- Nach der Bauform der Mikrofonkapsel (Richtwirkung):
- Druckgradientenmikrofon (gerichtet)
- Druckmikrofon (vorwiegend ungerichtet)
- Grenzflächenmikrofon (halbgerichtet)
- Nach der Größe der Membran (Kleinmembran - Großmembran, Grenze 1 Zoll)
- Nach der äußeren Bauform:
- Handmikrofon
- Schwanenhalsmikrofon
- Klemmmikrofon
- Lavaliermikrofon
Es gibt Mikrofone in unterschiedlichen Kombinationen von Wandlerprinzip, Bauform und Membrangrösse; die äussere Bauform spielt eine für die Funktion untergeordnete Rolle und lässt nur vom Anwendungsbereich her auf die akustischen Eigenschaften schliessen.
Zwei Mikrofone zusammen bilden ein Mikrofonsystem für Stereoaufnahmen, die damit einen ganz bestimmten Aufnahmebereich für die Hörereignisrichtung auf der vollen Stereo-Lautsprecherbasis einfangen. Mikrofone sollten innerhalb des Hallradius aufgestellt werden. Siehe hierzu: Laufzeitstereofonie, Intensitätsstereofonie, Äquivalenzstereofonie, ORTF-Stereosystem, NOS-Stereosystem und Decca Tree.
Ist der Klang der Mikrofonaufnahme zu trocken, so muss mit hinzugemischten Raummikrofonen oder mit digitalem Nachhall nachgeholfen werden.
Anmerkung
Im Gegensatz zu Lautsprechern spielt die Membrangröße bei Mikrofonen bezüglich deren Tiefenwiedergabe wirklich keine Rolle, da Mikrofone wie die menschlichen Ohren lediglich als Sensoren wirken, und nicht wie Lautsprecher Luft im tieffrequenten Bereich zu verdichten haben.
Unter den Ton-Amateuren ist die Redewendung gebräuchlich, dass man mit einem Mikrofon den Schall abnimmt. Ein Mikrofon ist jedoch ein Schallaufnehmer, denn es steht im Schallfeld und nimmt dort den einwirkenden Schall als empfindlicher Sensor auf. Darum sollte man den falschen Begriff der Schallabnahme in Zusammenhang mit akustischen Instrumenten oder mit Gesangsstimmen vermeiden, weil dies zu unklaren Vorstellungen bei der akustischen Tonaufnahme im Raum führt.
Siehe dagegen: Tonabnehmer für nicht akustische Musikinstrumente. Das "Abnehmen" von Körperschall gehört zum Jargon bei der PA-Beschallung. Die schwierige Aufgabe ist dabei nicht die Tonaufnahme akustischer Instrumente und Gesangsstimmen in natürlicher akustischer Umgebung.
Kunstkopf
Zu Messzwecken und manchmal auch bei Audioaufnahmen werden Mikrofone in einem Kunstkopf benutzt. Der Kunstkopf bildet die menschliche Anatomie nach und zeichnet ein binaurales Klangbild auf, das über Kopfhörer abzuhören ist. Dabei fällt besonders dem Ohrabstand eine hohe Bedeutung zu.
Siehe auch
Empfindlichkeit (Technik) | Übertragungsfaktor | Stereofonie | Mikrofonrichtcharakteristik | Phantomspeisung | Phasenverschiebung | Aufnahmebereich | Dynamisches Mikrofon | Nahbesprechungseffekt |
Literatur
- Norbert Pawera: Mikrofonpraxis. Tipps und Tricks für Bühne und Studio. PPVMEDIEN, Bergkirchen, ISBN 3-932275-54-3
- Anselm Rößler: Neumann – The Microphone Company. PPVMEDIEN, Bergkirchen, ISBN 3-932275-68-3
- Thomas Görne: Mikrofone in Theorie und Praxis. Elektor- Verlag, Aachen, ISBN 3-928051-76-8
Weblinks
- Forum für Mikrofonaufnahme und Tonstudiotechnik
- Alle Mikrofonrichtcharakteristika und weitere Mikrofonparameter - pdf
- Unterschied zwischen Hyperniere und Superniere - pdf
- Mikrofon-Lautstärke: Umrechnung von Empfindlichkeit in dB re 1 V/Pa in Übertragungsfaktor in mV/Pa
- Historische Mikrofone, mit Klangbeispielen
- Mikrofonhersteller (alphabetische Liste bei musikerwiki)