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Allgemeines
Nordostbayern gehörte im Mittelalter zu einem slawisch-deutschen Kontaktgebiet, in dem mehrere hundert Siedlungsnamen slawischer Herkunft ins Deutsche integriert wurden. Neben genuin slawische Namen ('rein slawische Namen') gibt es auch sogenannte 'slawisch-deutsche Mischnamen', bei denen ein slawischer Personenname mit einem deutschen Namenelement verbunden wurde. Darüber hinaus gibt es noch deutsche Siedlungsnamen mit der Bezeichnung Winden bzw. Windisch-, die auf ehemalige slawische Bevölkerung hinweisen[1].
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Slawische Siedlungen in Nordostbayern (8. - 12. Jahrhundert).
Forschungsgeschichte
Als eine der ersten ernstzunehmenden Ortsnamenforscher gelten Adam Ziegelhöfer und Gustav Hey. Ihre Werke Die Ortsnamen des ehemaligen Hochstifts Bamberg (1911) und Die Ortsnamen des ehemaligen Fürstentums Bayreuth (1920), in denen auch slawische Siedlungsnamen behandelt wurde, bieten eine erste Zusammenschau oberfränkischer Siedlungsnamen. Die historischen Belege in diesen Werken stammen aber zum großen Teil aus mangelhaften Quelleneditionen und die Erklärungen der slawischen Siedlungsnamen sind teils nicht haltbar, weil sie die Regeln der Ersatzlautlehre nicht berücksichtigen. Einige Ihre Deutungen haben aber bis heute bestand. Eine wesentliche Verbesserung der Forschungslage brachte das Werk Sprache und Siedlung in Nordostbayern (1960) von Ernst Schwarz. Die slawischen Siedlungsnamen werden hier mit der Methodik der slawisch-deutschen Ersatzlautlehre erklärt. Viele von Schwarz Erklärungen sind bis heute gültig; allerdings griff er zum Teil auf wenige Belege zurück. In der Untersuchung Zur Etymologie und Struktur der slawischen Orts- und Flußnamen in Nordostbayern (1962) von Ernst Eichler werden die bei Schwarz behandelten Siedlungsnamen verschiedenen Strukturtypen zugeteilt. 1994 erschien das Buch Frankens mainwendische Namen von Joseph Schütz. Er behandelt hier einzelne Namen slawischer Herkunft ohne jedoch neue Deutungsvorschläge zu bringen, die eine sprachwissenschaftliche Prüfung standhalten würde. In der Buchreihe Beiträge zur slavisch-deutschen Sprachkontaktforsch (2001, 2006) wurde von den Autoren Ernst Eichler, Albrecht Greule, Wolfgang Janka und Robert Schuh lange Belegreihen zusammengestellt und dementsprechend sichere Namenerklärungen erbracht.
Siedlungsnamen aus Personennamen
Hier unterscheidet man possessivische Siedlungsnamen (die den Besitz einer Person anzeigen), patronymische Siedlungsnamen (bezeichnen die Leute oder Nachkommen einer Person) und slawisch-deutsche Mischnamen [2]
Possessivische Siedlungsnamen
Diese Namen wurden mit den Suffixen -j-, -ov- und -in- gebildet (das Suffix -yn- ist in Nordostbayern nicht nachzuweisen).
Suffix -j-
(urslawisch *-jь m., *-ja f., *-je n.). Siedlungsnamen die mit diesem Suffix gebildet sind zählen zu den älteren slawischen Namentypen. Das Suffix -j- konnte an Voll-, Kurz- bzw. Zunamen angefügt werden. Beispielnamen:
- Laibarös (Lkr. Bamberg), [zu ca. 1304] Leuberoz[3]
slawische Grundform *Ľuboroźь zum Personennamen *Ľuborodъ, mit der Bedeutung 'Siedlung des Ľuborodъ'
- Premeischl (Lkr. Cham), 1261 Premaevssel und Premeusel (Lkr. Kulmbach), um 1520 Premeusel
slaw. *Premyšlь zum Personennamen *Premyslъ
- Schorgast, Markt- (Lkr. Kulmbach), 1109 (Kopie des 12. Jh.) Scoregast und Schorgast, Ludwig- (Lkr. Kulmbach), 1326-1328 Ludwigschorgast, dazu der Gewässername Schorgast (r. z. Weißen Main), 1348 fluvius Schorgast
slaw. *Skorogoščь zum Personennamen *Skorogostъ
- Thelitz (Lkr. Lichtenfels), 1180 Thechluz, 1319 Techlautze
slaw. *Těch(o)ľucь zum Personennamen *Těch(o)ľutъ[4]
- Woja (Lkr. Hof), 1363 Woyen, 1390 Woyen Das dorff
slaw. *Voj-ńь zum Personennamen *Vojan-, *Vojen-[5]
Suffix -ov-
(urslawisch *-ovъ m., *-ova f., *-ovo n.). Dieses Suffix wurde häufig an Kurz- und Zunamen angefügt. Im Gegensatz zu -j-Ableitungen werden Bildungen mit -ov- und -in- als jünger eingestuft. Beispielnamen:
- Guttenthau (Lkr. Bayreuth), 1280 Gotentaw, 1396/99 Gotentaw
slawische Grundform *Godętov- zum Personennamen *Godęta, mit der Bedeutung 'Siedlung des Godęta'
- Leichau (Lkr. Tirschenreuth), 1245 Luchow und Leuchau (Lkr. Kulmbach), 1332 Leuchauwe
slaw. *Ľuchov- zum Personennamen *Ľuchъ
- Seuchau (Lkr. Cham), 1086 Sichowa, [1301-1307] Seichawe daz Dorf
slaw. *Žichov- zum Personennamen *Žichъ[6]
- Trebsau (Lkr. Neustadt a. d. Waldnaab), 1394 Trebsaw
slaw. *Trebošov- zum Personennamen *Trebošь
- Weischau (Lkr. Coburg), 1334 Weischave, 1340 Wizawe
slaw. *Vyškov- zum Personennamen *Vyš-kъ[7]
Suffix -in-
(urslawisch *-inъ m., *-ina f., *-ino n.). Das Suffix -in- kommt in Nordostbayern, wie auch in anderen slawischen Siedlungsgebieten, seltener vor als -ov-. Beispielnamen:
- Döberein (Lkr. Tirschenreuth), 1119 Toberin, 1326 Doebrein
slawische Grundform *Dobrin- zum Personennamen *Dobrъ, mit der Bedeutung 'Siedlung des Dobrъ'
- Tettau (Lkr. Kronach), 1269 Theten, dazu der Gewässername Tettau (l. z. Haßlach), 1194 flumen Taetin
slaw. *Tetin- zum Personennamen *Teta[8]
- Wüstung Wurbotin (vermutlich Lkr. Wunsiedel), [1332-1340] zu Wu/e/rbotin [über u ist e übergeschrieben][9]
slaw. *Vъrbotin- zum Personennamen *Vъrbota.
Bei den Siedlungsnamen Schorgast (Markt-, Ludwig-) und Tettau handelt es sich wahrscheinlich um ursprüngliche Gewässernamen (hier Bachnamen). Gewässer, die den Besitz einer Person benennen sind im slawischen Siedlungsraum recht selten: vgl. den tschechischen Bachnamen Dobrohošť, 1255 sub Dobrohoste fluvio, zum alttschechischen Personennamen Dobrohost[10].
Patronymische Siedlungsnamen
Suffixe -ici und -ovici
(urslawisch *-īti̯o, *-ovīti̯o). Diese Suffixe bezeichneten ursprünglich die Leute (bzw. die Nachkommen oder die Untertanen) und später auch das Dorf nach einer Person. Beispielnamen:
- Gößmitz (Lkr. Lichtenfels), [Spätes 14. Jh.] in Gottmetz, 1413 Go/e/stmecz, [1419-1420] Gostmecz
slawische Grundform *Gostimici zum Personennamen *Gostimъ, mit der Bedeutung 'Siedlung der Leute des Gostimъ'[11]
- Köditz (Lkr. Hof), 1359 Ko/e/titz, 1401 Kötitz
slaw. *Chotici zum Personennamen *Chotъ
- Prebitz (Lkr. Bayreuth), ca. 1285 Predwitz, 1326 Pretwitz
slaw. *Predovici zum Personennamen *Predъ bzw. *Preda
- Redwitz, Markt- (Lkr. Wunsiedel), ca. 1135 Radewize, 1279 (Kopie des 14. Jh.) Redwitz
slaw. *Radovici zum Personennamen *Rad
- Treunitz (Lkr. Bamberg), 1185 (Kop. A. 13. Jh.) uillam Drogunze, [zu 1185] de Drogenze
slaw. *Drogunici o. ä. zum Personennamen *Drogunъ[12]
Bei den genannten Beispielnamen handelt es sich ausschließlich um sekundäre Bildungen. Primäre Bildungen wie pluralische Siedlungsnamen sind in Nordostbayern bisher nicht sicher nachgewiesen. Als eventuelles Beispiel kann aber der Siedlungsname Weides (Lkr. Kronach), 1108 Witose gelten, wenn man von slaw. *Vitoši 'Leute des Vitošь' ausgeht.
'Slawisch-deutsche Mischnamen'
Unter diesem Siedlungsnamen-Typ hat man die Verbindung eines slawischen Personennamens mit einem deutschen Namenbestandteil zu verstehen. Während bei den 'rein slawischen Siedlungsnamen' von einer selbstständigen Siedlungstätigkeit der Slawen ausgegangen wird, sind die Mischnamen erst im Rahmen des hochmittelalterlichen Landesausbaus entstanden. Ob neben der gemischten Bildung auch eine rein slawische Vor- oder Nebenform bestand, kann für die Mischnamen Nordostbayerns nicht belegt werden.
Slawischer Personenname + deutsches Grundwort
Dieser Typus slavisch-deutscher Mischnamen ist am weitesten verbreitet. Das häufigste deutsche Grundwort ist -dorf; andere Grundwörter wie -reuth, -berg usw. sind seltener. Einige Mischnamen kommen auch außerhalb des geschlossenen Verbreitungsgebiets slawischer Siedlungsnamen vor. Beispielnamen:
- Dreuschendorf (Lkr. Bamberg), [zu 1102-1139] Druskendorf
zum slaw. Personennamen *Družьkъ
- Gottmannsdorf (Lkr. Ansbach), [12. Jh.] Godemůzelstorf, 1268 Godmuzelsdorf
zum slaw. Personenname *Godomyslъ
- Mödlenreuth (Lkr. Hof), 1363 Mödleingereuth[13]
zum slaw. Personennamen *Modl(a)
- Prölsdorf (Lkr. Haßberge), 1116 Preliubestorf, 1123-39 Prelubesdorf
zum slaw. Personennamen *Preľubъ
- Schlottenhof (Lkr. Wunsiedel), 1298 in Slawatenhouen, 1298 Slabatenhofen
zum slaw. Personennamen *Slavata
- Zießelsberg (Lkr. Regen), [um 1105/1106-1112] de Cistanesberch
zum slaw. Personennamen *Čьstanъ o. ä.[14]
Slawischer Personenname + frühdeutsches Suffix -ing-
Bei diesem Typ handelt es sich um eine ältere Form slawisch-deutscher Mischnamen. Er kommt fast ausschließlich im Chamer Becken vor. Beispielnamen:
- Dalking (Lkr. Cham), 1177 Talkingen, 1280 Taelking
zum slaw. Personennamen *Dalъkъ, mit der Bedeutung 'Siedlung der Leute eines Dalъkъ'
- Kothmaißling (Lkr. Cham), [um 1135] Kozmuzelingen, [um 1170] Chozemvzlinge
zum slaw. Personennamen *Chocěmyslъ[15]
- Zenching (Lkr. Cham), 1178-1185 Cemtichinge
zum slaw. Personennamen *Sěmitěchъ[16]
- Traitsching (Lkr. Cham), 1376 Draichsing, 1398 Draysching
zum slaw. Personennamen *Drag-šьkъ[17]
Slawischer Personenname im deutschen Genetiv
Genetivische Siedlungsnamen die einen slawischen Personenname beinhalten kommen in Nordostbayern nur vereinzelt vor. Das Verbreitungsgebiet dieses Mischnamen-Typs sind mittelalterliche Rodunggebiete. Beispielnamen:
- Godas (Lkr. Tirschenreuth), 1356 zu/e/ dem Jodeys, [1396-99] Godeis
zum slaw. Personennamen *Godějь[18]
- Mehlmeisel (Lkr. Bayreuth), 1283 siluam Welmvzels dimidiam, 1435 czum Welmewssels
zum slaw. Personennamen *Veľemyslъ
- Wüstung Prestans (Lkr. Kronach), 1276 Pressaus; außen an der Urkunde: Prestans, 1361 Prestans
zum slaw. Personennamen *Prestanъ[19]
Die hier erschlossenen Personennamen enthalten Namenglieder, wie *Chot-, *Drag-/*Drog-, *God-, *Gost-, *Ľub-, *Mysl-, *Pre-, *Slav-, *Těch-, die zum geimeinslawischen Erbe zählen. An Kurz- und Zunamen wurden oft die allseits bekannten Suffixe -k-, -n-, -š- oder -ta (-ęta, -ota) angefügt. Während sich aus den Siedlungsnamen eine Vielzahl von slawische Personennamen erschließen lassen, sind reine Personennamen in Nordbayern eher selten nachzuweisen: z. B. ist im Bamberger Land 1420 der Personenname Wolgast bezeugt (zu Reckendorff ... Item das gut da der alt Wolgast auf sitzet); < slawisch *Voligost(ъ)[20].
Siedlungsnamen aus Appellativen (Gattungswörtern)
Bei der Benennung der Siedlung bestand nicht der Bezug zu einer Person im Vordergrund, sondern vielmehr zur natürlichen Umwelt. Oftmals wurde ein ursprünglicher Flurname (in einigen Fällen auch ein Gewässername) zum Siedlungsnamen erhoben.
Primäre Bildungen
Der Siedlungsname ist ohne ein toponymisches Suffix gebildet. Beispielnamen
- Osseck und Osseck am Wald (beide Lkr. Hof), 1376 Ozzek bei der stat; 1376 Ozzek bei Dreisendorff
slawische Grundform *Osěkъ zu *osěkъ 'durch einen Verhau geschützter Platz'
- Roßdach (Lkr. Bamberg), 1306 Rostok
slaw. *Roztok- zu *roztokъ o. ä. 'Auseinanderfluss, daher Flussgabelung'
- Schirnaidel (Lkr. Forchheim), 1348 Schirneidling, 1361, 1400 Schirneitel
slaw. *Čьrnidlo zu *čьrnidlo 'Schwärze' (das Benennungsmotiv ist evtl. dunkler Boden)
Einigen Siedlungsnamen liegt zwar eine Bildung mit Suffix zugrunde, doch war hier die Suffigierung bereits im appellativischen Bereich vorhanden:
- Graitz, Markt- (Lkr. Lichtenfels), [1071] Grodez ... Grodihz und Wüstung Grotze (Lkr. Bamberg), 1298 Gvte ze Grotze bi wazzerlose
slaw. *Grodьcь zu *grodьcь 'Burgsiedlung'[21]
- Zettlitz bei Gefrees (Lkr. Bayreuth), 1366 villarum ... in Zedlitz und 6 weitere Siedlungsnamen Zettlitz
slaw. *Sedlьce/*Sedlьcь zu *sedlo 'Sitz, Siedlung'[22]
Sekundäre Bildungen
Ein Gattungswort wurde mit Hilfe eines toponymischen Suffixes gebildet.
Suffix -ica
(urslawisch *-ikā). Das substantivierende Suffix -ica tritt am häufigsten auf. Oftmals wurde -ica noch mit dem Suffix -ьn- (-ьnica) erweitert. Beispielnamen:
- Döllnitz (Lkr. Kulmbach), 1250 Dol(n)ce, 1286 Tolenz, 1307 Dolenz und 3 weitere Siedlungsnamen Döllnitz
slawische Grundform *Dolьnica zu *dolъ 'Tal'[23], mit der Bedeutung 'im Tal gelegene Siedlung'
- Flanitz (Lkr. Regen), 1356 Fla/e/dnicz, 1473 in der Flednitz, dazu der Gewässername Flanitz (l. z. Kleinen Regen), zu 1009 (Fälschung A. 12. Jh.) aqua Fladniza
slaw. *Blatьnica zu *blato 'Sumpf, Morast' (ursprünglicher Gewässername)[24]
- Lohnsitz (Lkr. Tirschenreuth), 1224 Lonsicz
slaw. *Lǫžica zu *lǫgъ 'Grassumpf, Aue'
- Oelschnitz (Lkr. Hof), 1332 ze Grossen vnd ze Wenigem Oltsnitz, dazu der Gewässername Ölschnitz (r. z. Weißen Main), 1398 Olssnitz
slaw. *Olьšьnica zu *olьša 'Erle' (ursprünglicher Gewässername 'Erlenbach')
- Wirbenz (Lkr. Bayreuth), 1218 Wirbivntz, 1390 Wyrwencz
slaw. *Vьŕbьnica zu *vьŕba 'Weide (Salix)'
Suffix -ьn-
(urslawisch *-ьnъ, m., *-ьna f., *-ьno n.). Das adjektivierende Suffix -ьn- kommt in Nordbayern auch recht häufig vor. Bei ursprünglichen Gewässernamen ist am ehesten mit dem femininen -ьna zu rechnen. Beispielnamen:
- Fuhrn (Lkr. Schwandorf), 1031 (Kop. 12. Jh. 1. H.) Furdona, [um 1225] Furdin
slawische Grundform *Bъrdьn- (< *Bьrdьn-) zu *bьrdo 'Berg, Anhöhe', mit der Bedeutung 'hügelige Gegend'[25]
- Lam (Lkr. Cham), 1332 ... cum villa dicta Lumbnaw, dazu der Gewässername Lambach (r. z. Weißen Regen), 1279 Lomn
slaw. *Lomьna zu *lomъ 'Bruch, Sumpfgebüsch, Windbruch' (ursprünglicher Gewässername)
- Trevesen (Lkr. Tirschenreuth), 1279 Trevezn, 1347 Trevesen
slaw. *Trebežьn- zu *trebežь 'Rodung'
- Zeyern (Lkr. Kronach), 1260 (Kop. von 1293) Ceyerin, 1288 Zirn, dazu der Gewässername Zeyern (l. z. Rodach)
am ehesten slaw. *Čirьna zu *čirъ 'Krickente' (ursprünglicher Gewässername)[26]
Im Gegensatz zu -ьn- kommt das substantivierende Suffix -ina nur vereinzelt vor: z. B. im Siedlungsname Kössain (Lkr. Tirschenreuth), [1280-1285] Chozin, der auf dem Gewässername Kössein (r. z. Röslau), 1345 Köslin, 1393 Kozzeyn beruht und auf die slawische Grundform *Kozina (zu *koza 'Ziege') zurück geht.[27]. Das i im Suffix -ina wurde hier als langes ī übernommen und zu ei diphthongiert. Es lässt sich somit von -ьn-Ableitungen unterscheiden, da diese im Deutschen als "unscharfes" -(e)n erscheinen.
Suffix -jane
Dieses altertümliche Suffix bezeichnete eine Gruppe von Einwohnern nach dem besiedelten Gelände bzw. nach der Beschäftigung usw. Slawisch -jane geht auf indoeuropäisch -āne zurück und liegt auch den bei Tacitus erwähnten Namen der germanischen Kultverbänden, z. B. den Erminonen ("Elbgermanen"), zugrunde[28]. Auch im Namen der Slawen selbst (slaw. *Slověne/*Slovane) ist dieses Suffix enthalten. Beispielnamen
- Wüstung Kulmane (Lkr. Coburg), 1149 Kulmane, 1156-1171 Culmana
slawische Grundform *Chъlḿane 'Hügelbewohner' zu *chъlmъ 'Hügel, Berg'
- Lesau, Klein- (Lkr. Bayreuth), [ca. 1123] Lesan
slaw. *Lěšane 'Leute, die am/im Wald wohnen' zu *lěsъ 'Wald'
- Losau (Lkr. Schwandorf), um 1250 Lasan
slaw. *Lažane 'Bewohner der Rodung' zu *lazъ 'Rodung'
Suffix -ov-
(urslawisch *-ovъ m., *-ova f., *-ovo n.). Das Suffix konnte nicht nur an Personennamen herantreten, sondern konnte auch in toponymischer Funktion an Gattungswörter angefügt werden. Siedlungsnamen mit -ov- bildeten oft Stellenbezeichnungen, die auf Wald, Bäume und Tiere hinweisen. Beispielnamen:
- Klennau, Groß-, Klein- (Lkr. Tirschenreuth): 1224 Chlenau, in minori Chlenau, 1363 Chlenov
slawische Grundform *Klenov- zu *klenъ 'Ahorn', mit der Bedeutung 'Ort, an dem es Ahorn gibt'[29]
- Rehau (Lkr. Hof), 1246 Resawe, 1390 Resau, Resa
slaw. *Rězov- zu *rězъ 'Schnitt'[30] (Der Name bezieht sich auf Rodung oder auf Einschnitt im Gelände).
- Theisau (Lkr. Lichtenfels), 1251 Dizou, 1348 Teyzzauwe
slaw. *Tisov- zu *tisъ 'Eibe'
Vereinzelte Suffixe
Andere Suffixe lassen sich in Nordostbayern nur vereinzelt nachweisen:
-išče
- Zinst (Lkr. Tirschenreuth), 1263 Zeniste
slawische Grundform *Sěnišče zu *sěno 'Heu', mit der Bedeutung 'Heuplatz'
-ovľe
- Theisseil (Lkr. Neustadt a. d. Waldnaab), 1361 Teyseul, 1396-99 Teussel
slaw. *Tisovľe zu *tisъ 'Eibe', mit der Bedeutung 'Eibenwald'
-ьje
- Wüstung Prelles (Lkr. Bayreuth), 1421-24 vor dem Preles
slaw. *Predlěsьje (> *Predlěśe) o. ä. zu *lěsъ 'Wald', mit der Bedeutung 'Ort vor dem Wald'
Siedlungsnamen mit Windisch und Winden
Hierbei handelt es sich um Siedlungsnamen deutscher Herkunft, die auf ehemalige slawische Siedler hinweisen. Viele dieser Siedlungen befinden sich weiter westlich des Gebiets, in den 'rein slawische Namen' vorkommen. Beispielnamen:
- Bischwind (Lkr. Schweinfurt), 791 (Kop. d. 9. Jh.) ... in Vvinido marcu, 1151 Biscofheswineden
mit der Bedeutung 'Bei den Winden (Slawen) des Bischofs'
- Egloffswinden (Kreisfreie Stadt Ansbach), 1168 Egelolueswineden, 1221 Egelolfeswinden
zum deutschen Personennamen Egilolf, mit der Bedeutung 'Bei den Winden (Slawen) des Egilolf'
- Ottowind (Lkr. Coburg), 1116 Atenwinden, 1317 Othenwinden
zum deutschen Personennamen Ato, mit der Bedeutung 'Bei den Winden (Slawen) des Ato'
- Windischhausen (Lkr. Weißenburg-Gunzenhausen), 1057-1075 Slauuanishusen, 1251 Windischen Hvsen
anfangs zum slaw. Personennamen *Slavanъ (also ursprünglich ein Mischname), später durch das Adjektiv mittelhochdeutsch windisch ersetzt
- Wünschendorf (Lkr. Bayreuth), 1255 Windischendorf, 1348 Windischendorf
mit der Bedeutung 'beim windischen Dorf'[31]
Methodik der Ortsnamenforschung
Quellen
- Schwarz, Ernst: Sprache und Siedlung in Nordostbayern. (= Erlanger Beiträge zur Sprach- und Kunstwissenschaft IV). Nürnberg 1960.
- Ziegelhöfer, Adam / Hey, Gustav: Die Ortsnamen des ehemaligen Hochstifts Bamberg. Bamberg 1920. und: Die Ortsnamen des ehemaligen Fürstentums Bayreuth. Bamberg 1920.
Einzelnachweise
- ↑ Schwarz, Ernst: Sprache und Siedlung in Nordostbayern, S. 176-398.
- ↑ Eichler, Ernst: Zur Etymologie und Struktur der slawischen Orts- und Flußnamen in Nordostbayern, S. 383-386.
- ↑ Fastnacht, Dorothea: Ebermannstadt. Ehemaliger Landkreis Ebermannstadt. (= HONB Oberfranken 4). München 2000, S. 152 ff.
- ↑ George, Dieter: Lichtenfels. Ehemaliger Landkreis Lichtenfels. (= HONB Oberfranken 6). München 2008, S. 154 f. ISBN 978 3 7696 6862 9
- ↑ Höllerich, Reinhard: Rehau-Selb. Ehemaliger Landkreis Rehau und ehemals kreisfreie Stadt Selb. (= HONB Oberfranken 3). München 1977, S. 91 f. (1977)
- ↑ Janka, Wolfgang: Die ältesten Ortsnamen im Raum Furth im Wald (1. Teil: Die Kaiserurkunde von 1086). In: BGLC 28 (2011), S. 16 f.
- ↑ Graßmuck, Horst: Die Ortsnamen des Landkreises Coburg. Diss. Erlangen. Coburg 1955, S. 72 f.
- ↑ Reitzenstein, Wolf-Armin Frhr. v. Reitzenstein: Lexikon Fränkischer Ortsnamen. (Herkunft und Bedeutung. Oberfranken, Mittelfranken, Unterfranken) München 2009, S. 219. ISBN 978 3 406 591310
- ↑ Mötsch, Johannes / Witter, Katharina (Bearb.): Die ältesten Lehnsbücher der Grafen von Henneberg. (= Veröffentlichungen aus Thüringischen Staatsarchiven 2). Weimar 1996.
- ↑ Schwarz, Ernst: Die Ortsnamen der Sudetenländer als Geschichtsquelle. 1931, S. 76
- ↑ Fastnacht, Dorothea: Staffelstein. Ehemaliger Landkreis Stafelstein. (= HONB Oberfranken 5). München 2007, S. 135 f.
- ↑ Eichler / Greule / Janka / Schuh: Beiträge zur slavisch-deutschen Sprachkontaktforschung. Band 1. (Siedlungsnamen im oberfränkischen Stadt- und Landkreis Bamberg). Heidelberg 2001, S. 174 f. ISBN 3-8253-1105-8
- ↑ Haberlah-Pohl: Münchberg. Der Altlandkreis. (= HAB Teil Franken I, 39). München 2001, S. 12. ISBN 978 37696 6556 7
- ↑ Hackl, Stefan: Die ältesten Ortsnamen im Altlandkreis Viechtach. In: Janka, Wolfgang / Prinz, Michael (Hrsg.): Beiträge zur bayerischen Ortsnamenforschung. Regensburg 2008, S. 149 f., ISBN 978-3-939112-02-0
- ↑ Janka. Wolfgang: Zur Problematik der "slavisch-deutschen Mischnamen" in Nordbayern. In: Anreiter, Peter / Plangg, Guntram A. (Hrsg.): Namen in Grenzregionen. [Wien] 2003, S. 37.
- ↑ Janka, Wolfgang: in: Bayern-Böhmen, 1500 Jahre Nachbarschaft, hg. Von Rainhard Riepertinger u. a., Augsburg 2007 (Veröffentlichungen zur Bayerischen Geschichte und Kultur 54/2007), S. 143 ff.
- ↑ Reitzenstein, Wolf-Armin Frhr. v.: Lexikon bayerischer Ortsnamen. Herkunft und Bedeutung. Oberbayern, Niederbayern, Oberpfalz. München 2006, S. 277.
- ↑ Janka, Wolfgang: Ortsnamenforschung im Raum Kemnath. In: Kemnath. 1000 Jahre ... und mehr. Pressath 2008, S. 101. ISBN 978-3-937117-66-9
- ↑ Winkler, Gundhild: Genetivische Ortsnamen in Ostmitteldeutschland und in angrenzenden Gebieten. Diss. Leipzig 2003, S. 90 f., ISBN 978-3-05-004250-3
- ↑ Eichler, Ernst: Studien zur frühgeschichte slawischer Mundarten zwischen Saale und Neiße. (= DS 19). Berlin 1965 , S. 173 f., zum Lemma Allmosen.
- ↑ Jakob, Hans: Slawisch-deutsch benannte Wehranlagen in Oberfranken. In: OSG 3 (1967) (= ASAW. Philologisch-historische Klasse 58, 4), S. 165-175.
- ↑ Thoma, Markus / Sagert, Ingo: Die Gefreeser Ort- und Flurnamen (= Gefreeser Geschichte 4). 2010.
- ↑ Guttenberg , Erich Frhr. v.: Land- und Stadtkreis Kulmbach. (= HONB Oberfranken 1). München 1952, S. 22 f.
- ↑ Janka, Wolfgang: Slavische Gewässernamen in Siedlungsnamen des Bayerischen Waldes.
- ↑ Janka, Wolfgang: Slawisches in Ortsnamen der ehemaligen Landkreise Oberviechtaxh und Neunburg vorm Wald. In: Oberviechtacher Heimatkundliche Beiträge, Band 8/2010 (Tagungsband). Oberviechtach 2010.
- ↑ Reitzenstein, Wolf-Armin Frhr. v.: Tiere an bayerischen Gewässern - Theriophore Hydronyme in Bayern. In: Albrecht Greule / Wolfgang Janka / Michael Prinz (Hrsg.): Gewässernamen in Bayern und Österreich. 3. Kolloquium des Arbeitskreises für bayerisch-österreichische Namenforschung (Regensburg, 27./28. Februar 2004). (Regensburger Studien zur Namenforschung 1) Regensburg 2005. S. 163. ISBN 3-939112-00-3
- ↑ Pleintinger, André: Die Gewässernamen im Bereich der oberen Eger. (Eine onomastische Untersuchung). München 2008.
- ↑ Eichler, Ernsr / Walter, Hans: Alt-Leipzig und das Leipziger Land. (Eine historisch-geographisches Namenbuch). Leipzig 2010. S. 111. ISBN 978-3-86583-462-1
- ↑ Schmitz, Antje: Die Siedlungsnamen und Gewässernamen des Kreises Lüchow-Dannenberg. (= Kieler Beiträge zur deutschen Sprachgeschichte 19). Neumünster 1999. S. 97, zum Lemma Klennow. ISBN 3-529-04369-9
- ↑ Berger, Dieter: Duden. Geographische Namen in Deutschland. (2., überarbeitete Auflage). 1999. S. 236. ISBN 3-411-06252-5
- ↑ Reitzenstein, Wolf-Armin Frhr. v.: Ortsnamen mit Windisch/Winden in Bayern. In: BONF 28/29 (1991/92), S. 3-76.