Das Islandpferd, auch Isländer genannt, ist eine aus Island stammende Kleinpferderasse. Als einzige Pferderasse der Welt verfügen Islandpferde über fünf genetisch fixierte Gangarten. Als "Islandpferd" anerkannt werden nur reingezogene Tiere, deren sämtliche Vorfahren lückenlos auf in Island geborene Vorfahren zurückverfolgt werden können.
Islandpferd | |
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Ursprung: | Island |
Population: | ca. 200.000 |
Stockmass: | 135-145 cm |
Einsatzbereich: | Reiten und Fahren |
Besonderheit: | Gangpferd |
Verbreitung
Lt. Statistik der FEIF von 2003 gibt es über 195.000 Islandpferde. Die meissten Pferde stehen mit etwa 75.000 im Mutterland Island. Deutschland ist nach Island das grösste Zuchtland für Isländer mit rund 60.000 Pferden.
Islandpferdevereine, die der internationalen Organisation FEIF angeschlossen sind, gibt es inzwischen in Island, Österreich, Belgien, Kanada, Dänemark, Färoer Inseln, Finnland, Frankreich, Deutschland, England, Italien, Luxembourg, Niederlade, Norwegen, Slovenien, Schweden, Schweiz und den USA.
Zuchtverbände
Offiziell ist der IPZV e.V. Zuchtverband für Islandpferde. Der Verband führt Zuchtprüfungen nach FEIF-Reglement für Islandpferde durch, deren Ergebnisse von den Landeszuchtverbänden und dem Zuchtverband für Deutsche Pferde anerkannt werden. Der IPZV e.V. ist jedoch nicht berechtigt, Eigentumsurkunden auszustellen. In Deutschland geborene Isländer tragen daher die jeweiligen Brände ihrer Landeszuchtverbände bzw. des Zuchtverbandes für Deutsche Pferde.
Islandpferde schwanken noch stark im Typ. Während viele, gerade ältere Pferde im Ponytyp stehen entspricht ein elegantes, flexibles, gut bemuskeltes im Reitpferdetyp stehendes Islandpferd mit schön getragenem, ausdrucksvollen Kopf und vollem Schweif- und Mähnenhaar dem Zuchtziel der FEIF.
Isländer sind rassetypisch robust und wetterhart denn sie entwickeln ein besonders dichtes Winterfell das es ihnen ermöglicht, in ihrer isländischen Heimat draussen zu überwintern, sofern sie nicht geritten werden.
Die Fellfarben von Islandpferden sind so variationsreich wie sonst bei keiner anderen Pferderasse. Neben Schimmeln, Braunen, Rappen, Füchsen gibt es die Farben Isabell, Erdfarben, Erdbraun, Fahlrappe, Leuchtrappe, Cremello, Weissisabell, Perlino, Fuchsfalben, Rotfalben, Braunfalben, Beigefalben und Mausfalben. Die Farbvariation Windfarben kommt in Verbindung mit Fuchs-, Braunem- und Dunkelwindfarben vor. Farbwechsler sind besonders selten, werden aber schon aufgrund ihrer seltenen Farbvererbung geschätzt. Plattenschecken, Klecksschecken und Stichelhaar gibt es in allen hier genannten Grundfarben.
Gewünscht wird ein vielseitig begabtes Reitpferd für die Einsatzbereiche Freizeit und Sport das von Erwachsenen und Kindern geritten werden kann. Ein Islandpferd sollte "tough", unabhängig, sozial und leicht zu handhaben, dabei genügsam sein und einen guten Gehwillen haben.
Ein Islandpferd ist erst mit ca. sieben Jahren ausgewachsen. Mit Rücksicht auf die späte körperliche Reife der Pferde werden sie erst zwischen dem vierten und fünften Lebensjahr angeritten. Islandpferde werden normalerweise recht alt, 25 bis 30 Jahre und mehr sind keine Seltenheit. Häufig können die Pferde noch weit über ihr 20. Lebensjahr hinaus geritten werden.
Zucht, Aufzucht und Haltung
Die Deckzeit beginnt in Deutschland üblicherweise am 1. Juni, damit die Fohlen nach elfmonatiger Tragzeit im Mai und damit auf der Weide geboren werden können. Ein- bis zwei Tage vor Beginn der Deckzeit wird die Stutenherde zusammengestellt um Rangordnungskämpfe während der Deckperiode zu vermeiden. In dieser Zeit steht der Islandhengst mit den Stuten im Herdenverband (Natursprung). In die Deckperiode von sechs Wochen fallen mit drei Wochen Abstand jeweils zwei Rosseperioden der Stuten, die mit 90%iger Sicherheit bedeckt werden, ein Wert der von anderen Bedeckungsmethoden unerreicht ist. Hengste decken normalerweise über zwei Perioden (zweimal sechs Wochen) bis zu 30 Stuten.
Elf Monate später wird das Islandfohlen in seiner Mutterstutenherde ohne menschliche Unterstützung geboren und bleibt bis Anfang Dezember in dieser Herde, anschliessend wird es von der Mutterstute getrennt (abgesetzt) und mit gleichaltrigen Fohlen aufgezogen. Am Ende des ersten Winters erfolgt die Trennung der Jährlinge nach Geschlechtern. Junghengste werden zwischen dem ersten und dritten Lebensjahr kastriert.
Islandpferde leben traditionell robust in Herdenauslaufhaltung, d.h. sie werden nach Möglichkeit ganzjährig im Freien gehalten. In grossen Reitpferdebeständen werden Wallache und Stuten getrennt um Verletzungen zu vermeiden.
Im Winter hält man Reitpferde für gewöhnlich in der Nähe des Stalles in befestigten Ausläufen mit Witterungsschutz. Ein Dach oder Stallplatz sollte für gerittene Pferde zur Verfügung stehen, eindecken eines nassgeschwitzen Reitpferdes im Winter ist üblich und notwendig.
Gesundheit
Islandpferde sind grundsätzlich physisch und psychisch stark und gesund. Dennoch gibt es Probleme mit dem sog. Sommerekzem und Spat.
Als Sommerekzem wird eine Allergie gegen den Speichel einer Kriebelmückenart bezeichnet, der bei den betroffenen Pferden zu starkem Juckreiz führt. Pferde die aus Island importiert wurden leiden durch die Umstellung ihres Immunsystems zu einem sehr hohen Prozentsatz darunter. Inzwischen werden deshalb kaum noch Islandpferde importiert.
Spat ist eine Enzündung kleiner Knochen im Sprunggelenk, die günstigenfalls zur Verknöcherung derselben führt und bei Ponyrassen vermehrt auftritt. Während des entzündlichen Prozesses gehen erkrankte Pferde mehr oder weniger lahm. Nach dem Abschluss des Verknöcherungsprozesses wird meisst eine gewisse Steifigkeit der Hinterhand beobachtet. Isländische Wissenschaftler erkannten die Erblichkeit von Spat und empfehlen, sich züchterisch hieran zu orientieren.
Ganglagen und Reiten
Neben den bekannten Grundgangarten Schritt, Trab und Galopp beherrschen heute nahezu alle Isländer die Gangart Tölt und viele die Gangart Pass (gem.: Rennpass). Das Gangspektrum von Islandpferden bewegt sich in vielen Variationen vom Viergänger über den Naturtölter zum Fünfgänger, wobei das heute häufig erreichte Zuchtziel ein in allen Gängen leicht zu reitendes Islandpferd mit ausdrucksvollen Bewegungen ist.
Das Gangreiten ist anspruchsvoll und erfordert auch vom Reiter sehr gute reiterliche Kenntnisse und Fähigkeiten, die nur durch gezielte Ausbildung auf Gangpferden erreicht werden können. Nur ein gut ausgebildeter Reiter ist in der Lage, ein Islandpferd entsprechend seiner Ganglage optimal zu reiten.
Spezialgangarten
Die Fussfolge des Tölts entspricht der des Schrittes und ist ein klarer Viertakt. Anders als im Schritt, wo sich Zwei- und Dreibeinstützen abwechseln hat ein töltendes Pferd abwechselnd nur ein oder zwei Hufe am Boden. Durch die fehlende Sprungphase sitzt der Reiter auf einem Tölter nahezu erschütterungsfrei oder schwingt, bei Pferden mit hoher Bewegung, angenehm auf und ab. Das Pferd geht unter dem Reiter aufgerichtet und "tanzt" aus der Schulter. Tölt kann - je nach Ganglage und Ausbildungsstand des Pferdes - fast von Schrittgeschwindigkeit bis hin zur Galoppgeschwindigkeit geritten werden (Renntölt).
Die Gangart Tölt ist für Reiter sehr angenehm und hat wesentlich zur Beliebtheit und Verbreitung des Islandpferdes beigetragen.
Beim Rennpass springt das Islandpferd in gestreckter Haltung von einer Lateralen auf die andere. Rennpass unterscheidet sich von der bei Islandpferden unerwünschten Gangart Pass durch seine Flugphase zwischen dem auffussen der Lateralen.
Rennpass gilt als "Königsgangart" des Islandpferdes, Passreiter geniessen daher innerhalb der Islandpferdeszene bis heute ein besonderes Ansehen.
Islandpferde-Sportturniere unterscheiden sich von "normalen" Reitturnieren dadurch, dass besonders die vier oder fünf Gänge des Islandpferdes auf einer Oval- oder Passbahn, gezeigt werden. Es gibt auch spezielle Gangprüfungen nur jeweils für die Gangarten Tölt oder Rennpass sowie Passrennen.
Durch den Althing, eine gesetzgebende Versammlung, wurde aus Angst vor Tierseuchen im Jahr 930 ein Importverbot für lebende Tiere beschlossen das für Pferde bis heute gilt. Die Rasse Islandpferd entwickelte sich aus der damals vorhandenen, gemischten Population nordischer Pony- und mitteleuropäischer Pferderassen.
Isländische Bauern züchten bis heute hauptsächlich Pferde und Schafe. Auch die Pferde dienten von je her der Fleischgewinnung und haben in Island einen ähnlichen Stellenwert wie bei uns Rindfleisch. Nur etwa 40% der gezüchteten Pferde werden in der Zucht oder als Reitpferde eingesetzt. Während es im grasreichen Südland von Island von je her regelrechte Fleischpferdezuchten gab und gibt haben sich die Bauern in anderen Regionen auf die Zucht von Reitpferden spezialisiert, wobei hart selektiert wird.
Bis etwa 1926 wurden Islandpferde in Island als Reit- und Lasttiere benötigt weil es das heute bekannte Strassennetz noch nicht gab. Dieser Leistung gedachten die Isländer, als sie in Reykjavik ihrem Lastpferd ein Denkmal setzten. Die isländische Pferdezucht erlebte anschliessend einen Niedergang, der durch die Wiederentdeckung des Islandpferdes in den 60-er Jahren in Deutschland ein Ende fand. Erst dann entwickelte sich die Priorität der Zucht und Reiterei hin zu dem Gangpferd, das wir heute kennen. 1967 wurde der Bundesverband IPZV e.V. gegründet. Bekannte deutsche Reiter wie Walter Feldmann und Hans Georg Gundlach entwickelten aus den Grundlagen der Dressurreiterei das Gangreiten und trugen das Wissen darum auch nach Island zurück.
Heute ist Deutschland nach Island das grösste Zucht und Exportland für Islandpferde.
Siehe auch
Islandpferde Reitlehre - Autoren A.-K. Rostock/W.Feldmann im Selbstverlag (Standardwerk)