Eine Notenrolle ist ein Medium, um ein mechanisches Musikinstrument mit Steuerinformationen zu versorgen. Eingesetzt wurden und werden Notenrollen beim “elektrischen Klavier”, zum Beispiel dem “Pianola”, bei Orchestrien, Kalliopen, Leierkästen (auch Drehorgel genannt) ebenso wie bei speziell gebauten, stationären Pfeifenorgeln.
Notenrollen wurden seit ca. 1897 in Mengen produziert. Insbesondere für Drehorgeln werden sie heute noch produziert. Neu- und Nachstanzungen für historische Musikinstrumente sind üblich. Seit etwa Anfang der 1980er Jahre werden mechanische Musikinstrumente auch durch elektronische Bauteile gesteuert. Diese verarbeiten MIDI-Dateien, die alle Befehle für das Auslösen der Spielfunktionen beinhalten. MIDI-Dateien speichern elektronisch dasselbe, was Notenrollen in der Regel pneumatisch-mechanisch erledigen. Computer-Software, die MIDI-Files zu bearbeiten erlaubt - sogenannte Sequenzer-Software, hat häufig eine Betrachtungsfunktion für die Musikdaten, die dem Stanzbild von Notenrollen ähnelt.
Nachdem zunächst hunderte von Unternehmen in diesem bis nach dem ersten Weltkrieg boomenden Geschäft Notenrollen unterschiedlichster Formate und Lochungen produziert hatten, einigten sich 1909 die amerikanischen Produzenten auf einen Standard, die sogenannte Buffalo Convention.
Reproduktions-Klaviere
Rollen für sogenannte Reproduktions-Klaviere wurden von den Notenrollen-Verlagen derart hergestellt, dass das Spiel berühmter Pianisten praktisch aufgezeichnet wurde. Hierzu nutzte der Pianist ein Aufzeichnungs-Klavier, das seine Tastenanschläge und die Nutzung der Pedale für das dynamische Spiel und die Aufhebung des Dämpfers auf einem Band mitschrieb. Zunächst konnte die Anschlagstärke der Tasten nicht aufgezeichnet werden; diese Informationen wurden von erfahrenen Musikern (Editoren) nachträglich eingefügt. Erst die Firma Welte entwickelte ein Verfahren, das auch diese Spieldynamik in den Aufzeichnungen berücksichtigen konnte (siehe weiter unten!).
Reproduktionsklaviere können somit bis heute die Dynamik des echten Pianospiels nachbilden anhand der speziell codierten Informationen auf der Notenrolle. Die verschiedenen Unternehmen hatten auch verschiedene Verfahren, diese Dynamik-Informationen aufzuzeichnen, einige waren technisch fortgeschritten, jedoch nicht notwendigerweise effizienter, einige waren geheim, und einige hingen vollständig von den Handnotizen der Aufnahme ab.
Notenrollen spielen in einer bestimmten, auf dem Rollenanfang gekennzeichneten Geschwindigkeit, bei der zum Beispiel ein Eintrag “70“ bedeutet, dass sieben Fuß Papier (ca. 2 Meter) binnen einer Minute abzuspielen seien. Auf allen pneumatischen Klavieren wird das Papier auf einer Aufwickelspule aufgewickelt, und je mehr Papier aufgespult ist, umso schneller wird das Papier gezogen. Die Techniker der automatischen Klaviere berücksichtigten dieses, wie man aus vielen Patenten jener Zeit erkennen kann, aber weil die Aufzeichnungseinrichtungen für Reproduktionsklaviere generell mit einer ähnlichen Spule arbeiteten, wird das Tempo gleichsinnig und weitenteils treu reproduziert, trotz der allmählich sich steigernden Papierbandgeschwindigkeit.
Das Spiel vieler Pianisten und Komponisten jener Zeit ist auf Notenrollen festgehalten: Gustav Mahler, Edvard Grieg, Claude Debussy, Sergei Rachmaninoff, Alexander Nikolajewitsch Skrjabin und George Gershwin sind unter den Komponisten, die ihr Spiel in dieser Technik haben aufzeichnen lassen.
Pianolas
Das Pianola wurde ursprünglich für Rollen entwickelt, die nicht auf einem Klavier aufgezeichnet worden waren. Statt dessen hatten sogenannte Noteure Markierungen auf ein Papierband (Masterrolle) aufgebracht als exakte Übertragung der in Noten geschriebenen Musik. Anschließend wurden die Markierungen mittels Stanzwerkzeugen in ein Lochbild umgewandelt, um eine Originalrolle zu schaffen. Dieses Original konnte nun beliebig oft mechanisch kopiert werden. Wenn man ein Pianola spielt, und die Musik nicht wie ein Automat klingen soll, so muss man das Pianola „musikalisch“ spielen:
Die Pneumatik eines Pianolas wird über Pedale angetrieben, die einen Unterdruck über Bälge erzeugen. Somit kann der „Pianolist“ Einfluss nehmen auf die Dynamik der Wiedergabe und mit ihrer Hilfe Akzente setzen, Crescendos und andere Effekte hervorrufen. Da die Geschwindigkeit der Wiedergabe im wesentlichen festliegt, gibt es zusätzlich Regler und Schalter für die Beeinflussung des Tempos, gewöhnlich mit der rechten Hand einzustellen.
Neben diesen zwei klar unterscheidbaren Notenrollen-Typen gab es andere, die eine Brücke schlugen zwischen diesen beiden Instrumententypen. „Hand-gespielte Rollen“ geben die Noten eines Live-Pianisten wieder, jedoch ohne eine Dynamik-Beeinflussung, was den Eignern eines Pianolas gestattet, eigene Vorstellungen eines Experten-Spiels umzusetzen, ohne jedoch selbst real spielen zu müssen.
right| Ein typisches Notenrollen-Etikett
Notenrollen bieten zusätzlich die Möglichkeit, Musik zu erzeugen, die auch von noch so begabten Pianisten aufgrund ihrer Komplexität niemals realisiert werden kann. Über einhundert Komponisten schrieben Musik speziell nur für automatische Klaviere bereits in den Anfangstagen des 20. Jahrhunderts. Hervorzuheben sind hier Conlon Nancarrow, Igor Stravinsky und Paul Hindemith.
“Arrangierte” Rollen werden hergestellt, indem Löcher zur Auslösung der Steuerfunktionen (Töne, Dämpfer, Dynamik, Registerschaltung) mit einer Stanze in das Trägermaterial (Papier, Folie, Blech, Karton)gestochen werden. Dabei dienen entweder Musiknoten, Tonträger oder andere Speichermedien als Vorlage. Hieraus entsteht bei geschickter Vorgehensweise nicht unbedingt ein "mechanischer" Klang, sondern es kann durchaus ein humanisiertes", also dem Handspiel ähnliches Klangbild erzeugt werden.
“Handeingespielte Rollen” werden auf einer Aufzeichnungseinrichtung erstellt, die das Papier markiert, während der Pianist spielt. Das markierte Papier wird anschließend an den Marken gelocht. Man kann zusätzliche Noten einfügen, oder Fehler des Spiels korrigieren. Diese Methode war in Gebrauch, seit 1904 die Firma Welte mit dem Reproduktionsklavier Welte-Mignon herauskam, das so berühmte Pianisten wie Camille Saint-Saëns, Richard Strauss und George Gershwin aufzeichnete.
Welte erstellte unschätzbare Aufzeichnungen des Spiels berühmter Pianisten, die keine Tonaufnahmen hinterließen. Etwa um 1911 begannen die Herstellungen von Handaufnahme-Rollen in den USA, und auf verschiedenen Typen von Klavieren konnte auch die Dynamik so wiedergegeben werden, wie sie der Pianist einspielte.
Es gab hunderte vom Unternehmen weltweit, die während der populären Zeit zwischen 1900 und 1927 Notenrollen produzierten. Einige der größeren Unternehmen sind nachfolgend angegeben, samt ihrer bekanntesten Künstler:
- QRS Company — Max Kortlander, Pete Wendling, J. Lawrence Cook, und Victor Arden
- Imperial — Charley Straight, Roy Bargey
- Vocalstyle — Jelly Roll Morton, Mary Allison, Walter Davison
Die Marken Duo-Art, Ampico und Welte-Mignon waren bekannt für ihre Reproduktions-Rollen; mit ihren Systemen war eine exakte Wiedergabe des Anschlags und der Dynamik des Künstlers möglich, soweit das entsprechend ausgerüstete Reproduktionsklavier genutzt wird.
Duo-Art brachte Künstler heraus wie Ignacy Paderewski, Shura Cherkassky, Alfred Cortot, Frank Milne und Dagmar Nordstrom. Die Firma Ampico unterstützte Künstler wie Sergei Rachmaninoff, Leo Ornstein und Marguerite Volavy. Für Welte-Mignon spielten Künstler wie Gustav Mahler, Claude Debussy und George Gershwin.