Das Abbildungsverbot (auch Bilderverbot genannt) des mosaischen Kodex: „Du sollst Dir kein Bildnis machen“ ist:
- der erste bekannte Versuch, die bis dahin auf bildhafte Darstellungen (als Hiero- und Piktogramme) angewiesene Religion auf Wortüberlieferung bzw. die etwa zeitgleich erfundene, auch abstrakte Gedanken wiedergebende Buchstabenschrift festzulegen bzw. zu reduzieren, wodurch die mosaische Religion zu einer Buchreligion wurde; sowie
- der historische Versuch der Abgrenzung, der als Hirtenreligion konzipierten mosaischen Religion gegenüber der Bauernreligion im kanaanitischen Umfeld, die keine derartigen Verbote kennt. Es soll der Bilderverehrung entgegenwirken und Gott als einziger Schöpfer erhalten.
Mit Monotheismus hat das nichts tun. Der älteste monotheistische Versuch des Pharao Echnaton setzte die vorherigen bildlichen Darstellungsformen mit Stiländerungen fort.
Der Zoroastrismus und der Islam lehnen die Bilderverehrung aus den selben Motiven wie das mosaische Judentum ab. Der Islam hat eine religiöse Vorschrift, die gewisse bildliche Darstellungen verbietet. Z.B. die von Göttern und "Götzen" oder Lebewesen, allerdings ornametale Darstellungen (z.B. Alhambra) zuläßt.
Abbildungsverbote verschiedener Religionen
Zu den Zehn Geboten der Bibel gehört das Gebot: "Du sollst Dir kein Bildnis machen", das je nach Übersetzung verschieden umfangreich ausfällt. Im Judentum, Islam, großen Teilen der protestantischen Kirchen, in der Assyrischen Kirche und in früheren Zeiten auch der orthodoxen Kirche wurde das Bilderverbot eng ausgelegt. Im Islam sind lediglich kalligraphische Schriftzüge und Pflanzenornamentik verbreitet. Bis auf sehr wenige Ausnahmen finden sich in Synagogen und Moscheen weder Darstellungen Gottes, noch von Religionsstiftern, Menschen oder Tieren.
Frühes Christentum
Über die Einstellung der frühen Christen gegenüber Bildern im religiösen Brauch gibt es wenig Nachrichten, von den frühen Kirchenvätern existieren kaum Stellungnahmen für oder gegen Bilder. Nach Ausgrabungen zu schließen hatten die damaligen Kirchen weder den reichen Statuen- oder Ikonenschmuck der späteren Katholiken und Orthodoxen, noch die schmucklose Kahlheit der späteren reformierten Protestanten. Vielmehr findet sich eine reichhaltige Ornamentik mit Tier- und Pflanzendarstellungen sowie diversen symbolhaften Bildern (Pfau, Taube, Fisch, Anker, Kreuz, Hirte, etc.)
Byzanz
Die erste große Auseinandersetzung des Christentums bezüglich des Abbildungsverbots fand im byzantinischen Bilderstreit des 8./9. Jahrhunderts statt, der nach umfangreichen Zerstörungen schließlich zugunsten der Bilder beendet wurde.
Reformation
Der Umgang mit Bildern war in der Reformation heftig umstritten. Zunächst stellte sich bei der Aneignung altgläubiger Gotteshäuser durch die Protestanten die Frage, ob man nur "ärgerliche" Bilder wie Heiligenfiguren und -darstellungen entfernen oder die Kirchen völlig ausräumen solle. Während Martin Luther und seine Anhänger besonders nach ihrer Erfahrung mit den Verheerungen und Exzessen des Bildersturms solche Bilder, die mit den reformatorischen Glaubensinhalten konform gingen, religiös legitimierten, verwarfen Zwingli und Calvin sämtliche bildlichen Darstellungen. Die reformierte Kirche verzichtet auf jegliche religiöse Darstellung (Schmuck und Bilder), weil sie das 2. Gebot (2.Moses 20,4) in einem erweiterten Sinn auslegt. In einem reformierten Gottesdienst steht allein das Wort Gottes in Form der Predigt im Vordergrund.
Siehe auch
Bibliografie
Christentum
- Lexikon der christlichen Ikonographie; 8 Bände; Freiburg: Herder, 1994; ISBN 3-451-22568-9
- Lüdtke: Die Bilderverehrung in den ersten christlichen Jahrhunderten (Freiburg 1874)
- Schlosser: Geschichte der bilderstürmenden Kaiser (Frankfurt 1812)
- v. Wessenberg: Die christlichen Bilder (Konstanz 1845, 2 Bde.)
Islam
- Rudi Paret, Das islamische Bilderverbot und die Schia [The Islamic prohibition of images and the Shi'a], Erwin Gräf (ed.), Festschrift Werner Caskel, Leiden, 1968, 224-32.
- Rudi Paret, Schriften zum Islam. Volksroman, Frauenfrage, Bilderverbot, Stuttgart, 1981.
Weblinks
- Silvia Naef, Der Prophet und seine Bilder: Anmerkungen zum islamischen "Bilderverbot" ("Neue Zürcher Zeitung", 16.02.2006)
- Astrid Deuber-Mankowsky, Repräsentationskritik und Bilderverbot (Boston University, o.D.)