Mineralwolle bezeichnet einen weichen Werkstoff aus künstlich hergestellten Fasern, der vorwiegend als nichtbrennbarer Dämmstoff für die Wärmedämmung von Häusern eingesetzt wird. In der Industrie wird sie insbesondere als Schall- und Brandschutz eingesetzt, z.B. zum Einhüllen von Tanks, Behältern, Heizkesseln und Turbinen. Mineralwolle wird meist als Vliesstoff hergestellt oder in stärkerer Verdichtung als Platten. Je nach Ausgangsmaterial unterscheidet man Glaswatte oder Glaswolle und Steinwolle. Steinwolle wird darüber hinaus als erdeloses Substrat zur Hydrokultur im industriellen Gemüse- und Zierpflanzenanbau eingesetzt.
Mineralwolle[1] | |
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![]() Mineralwollematten | |
Herkunft | |
Rohstoffe | siehe Auflistung links |
Primärenergieverbrauch (Herstellung) | Steinwolle: 150–400 kWh/m³
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Materialeigenschaften | |
Spezifische Wärmekapazität c | 840–1000 J/(kgK) |
Rohdichte ρ | Steinwolle: 22–200 kg/m³
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Dampfdiffusionswiderstand μ | 1–2 |
Baustoffklasse | A1 |
Einsatz | |
Einsatzbereiche | vor allem Dachdämmung und Kerndämmung |
Materialkosten | 45–150 €/m³ |


Geschichte der Glaswatte oder Glaswolle
Jules de Brunfaut entwickelte ab 1849 Glasfasern, die von erhitzten Glasstäben ausgezogen und auf eine Rolle gewickelt wurden.[2] Beim Ablösen von der Rolle zogen sie sich zu spiralförmigen Fasern zusammen. Diese als Glaswolle bezeichneten Fasern wurden ursprünglich zur Textilienherstellung entwickelt und unter anderem für Textilien und in der Chemie als Filtermaterial verwendet.[2]
Die industrielle Herstellung von Glaswatte/Glaswolle wurde ab 1931 durch das sogenannte Hager-Verfahren[3] von Friedrich Rosengarth möglich. Es ähnelt der Herstellung von Zuckerwatte, indem flüssige Glasschmelze über eine rotierende Scheibe zu dünnen Fäden geschleudert und dadurch ein Vlies erzeugt wird. Das Produkt dieses Verfahrens nannte Rosengarth Glaswatte – auch bekannt als Glaswolle[4][5] Diese Erfindung machte er in den Jahren 1928/30.[6] Ihm fehlte aber das Kapital, um dafür ein Patent anzumelden. So kam es, dass er seine Rechte am 15. Oktober 1931 für ein Verfahren zum Herstellen von Fasern oder Gespinsten aus Glas, Schlacke und ähnlichen in der Hitze plastischen Stoffen an die holländische Firma Naamlooze Vennootschap Maatschappij tot Beheer en Exploitatie van Octoien N.V. in den Haag abtrat. An dieser Patentverwertungsgesellschaft war die Firma Saint Gobain beteiligt. Die Erfindung wurde am 30. November 1930 in Deutschland unter der Nummer 539738 patentiert.[7] Erste Glaswolleprodukte wurden um 1936 in zwei Werken in Deutschland produziert. Das langfaserige Gespinst wurde anfänglich auch Glaswatte genannt.[8] Der Tag der Bekanntmachung über die Erteilung des Patents für tot Beheer war der 26. November 1931. Der Erfinder wurde dabei allerdings nicht erwähnt.[7] Ein ähnliches Verfahren wurde 1933 von Games Slayter bei Owens-Illinois entwickelt.[9]
Geschichte der Steinwolle
Die 1880 von Carl Grünzweig erfundene Korkdämmplatte führte bereits 1890 zur Beschäftigung von 100 Mitarbeitern in Ludwigshafen. 1909 entdeckte sein Sohn Max Grünzweig, dass Korkgranulat bei Erwärmung ohne Luftzufuhr sein Volumen um ein Mehrfaches vergrößert. Damit konnte das Gewicht der Kork-Dämmmaterialien erheblich reduziert werden. Die Erfindung der Glaswatte in Bergisch Gladbach wurde allerdings zu einem ernsthaften Konkurrenten der Grünzweig Et Hartmann. Man begann daher, intensiv einen Faserstoff aus Materialien zu entwickeln, die dauerhaft zur Verfügung standen. Außerdem sollte das Produkt der Glaswatte überlegen sein. Nach vielen Schmelzversuchen gelang es in vierjähriger Forschungsarbeit 1939, aus den Grundbestandteilen Mergel und Kalk die Mineralfaser der Steinwolle zu entwickeln. Der neue Dämmstoff wurde als ungeharzte Wolle in loser Form, als Bahn auf Papierunterlage, als Zöpfe und als Wellmatte gefertigt.[4]
Rohstoffe
- Glaswollefasern
- bis zu 70 % Altglas
- Sand
- Kalkstein
- Soda
- 0,5–7 % Bindemittel (etwa Phenolharze)
- 0,5 % Mineralöl zur Staubbindung
- Steinwollefasern
- Spat, Dolomit, Basalt, Diabas, Anorthosit sowie Recyclingmaterial
- Koks, als Energielieferant
- 0,5–7 % Bindemittel (Phenolharze)
- 0,5 % Mineralöl zur Staubbindung und Luftreinigung.
Die Gesteine werden zumeist im Tagebau gewonnen.
Herstellung
Die Herstellung beginnt mit dem Bemessen und Zuführen des erforderlichen Rohmaterials in einen Schmelzofen, diese werden dann bei Temperaturen von rund 1300 °C, bei Gestein bis 1500 °C, eingeschmolzen. Die Schmelze aus Glas oder Stein wird zu Fasern versponnen, indem sie tröpfchenweise auf eine sich schnell drehende Schwungscheibe treffen und durch die Drehbewegung zu Fasern geschleudert werden. Dabei werden den Fasern Binde- und Imprägniermittel zugesetzt. Es entsteht ein Faservlies, das auf einem Kettenband durch einen Härteofen bei ungefähr 230 °C transportiert wird. In einem anderen Verfahren wird die Schmelze über schnell rotierende Walzen geführt oder die Schmelze wird mit Hochdruckbrennern zerfasert.
Die entstandene Fasermatte ist beständig gegen Schimmel, Fäulnis und Ungeziefer. Die Verdichtung, der Bindemittelgehalt sowie die Orientierung der Fasern in der Wolle sind ausschlaggebend dafür, welche spezifischen Eigenschaften das fertige Produkt hat. Die Mineralwolle wird entsprechend der gewünschten Größe und Form zurechtgeschnitten, zum Beispiel in Rollen, Matten oder Platten. Abschnitte und andere Reste aus Mineralwolle können in der Regel dem Produktionsprozess wieder zugeführt werden.
Die Herstellung von Mineralwolle benötigt viel Energie. Die Gütegemeinschaft Mineralwolle e. V. nennt für
- Steinwolle einen Primärenergiegehalt von 150–400 kWh/m³
- Glaswolle einen Primärenergiegehalt von 250–500 kWh/m³
- (zum Vergleich: Polystyrolpartikelschaum (EPS) hat 200–760 kWh/m³; Polystyrolextruderschaum (XPS) hat 450–1000 kWh/m³)[10]
Eigenschaften
Während Steinwolle eine hohe Temperaturbeständigkeit von in der Regel 1000°C hat, liegt diese bei konventioneller Glaswolle üblicherweise bei ca. 700°C. Diese Eigenschaft hat Auswirkungen auf die Eignung des Dämmstoffes bei Abschottungen bzw. bei der Dämmung von Tragwerken. Aus brandschutztechnischen Gesichtspunkten kann daher bei Abschottungen (z. B. bei Leitungsdurchführungen) bzw. bei der Dämmung von nicht feuerwiderstandsfähigen Tragwerken (i. d. R. Stahl- oder Holztragwerke) der Einsatz der höher temperaturbeständigen Steinwolle notwendig werden.
Steinwolle hat ein höheres akustisches Dämmvermögen und unter oxidierenden Bedingungen auch eine hohe thermische Stabilität.[11] Steinwolle ist biolöslich in der menschlichen Lunge[12] und stellt somit keine Gesundheitsgefahr dar.
Glaswolle ist komprimierbar; Steinwolle dagegen nicht oder kaum. Steinwolle hat eine höhere Rohdichte als Glaswolle; sie wiegt bis zu 200 kg/m³. Folgen sind:
- Höheres Eigengewicht der mit ihr errichteten Konstruktionen (Dächer, Wände),
- Veränderter sommerlicher Wärmeschutz: Eine Steinwollschicht in einem Steildach oder auf der obersten Geschossdecke wird von der Hitze im Laufe des Tages aufgewärmt. Je dicker die Platte, desto zeitverzögerter wird diese Wärme an die darunterliegende Decke abgegeben.
Gesundheitliche Aspekte
Sicherheitshinweise | ||||
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GHS- Kennzeichnung [13] |
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H- und P-Sätze | 351 | |||
keine EUH-Sätze | ||||
? | ||||
Gefahrstoffkennzeichnung aus RL 67/548/EWG, Anh. I[13] | ||||
Gefahrensymbole |
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R-Sätze | 38‐40 | |||
S-Sätze | (2)‐36/37 |
- Die groben Fasern der Mineralwolle (dicker als 3 µm) führen bei Hautkontakt zu Hautreizungen und bei den meisten Menschen zu Juckreiz. Empfindliche Haut kann stärker reagieren, mit Rötung, Schwellung und Ähnlichem.
- Faserstaub der Mineralwolle wird als „möglicherweise krebserregend“ eingestuft. In empirischen Untersuchungen an Arbeitern konnte dies allerdings bisher nicht nachgewiesen werden, wohl aber in einem speziellen Tierversuch.
Die gesundheitliche und arbeitsschutzrechtliche Bewertung von künstlichen Mineralfasern (KMF), zu denen auch Glas- und Steinwollefasern gehören, ist in der Technischen Regel für Gefahrstoffe (TRGS 521) oder in der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) geregelt.
Mineralwolle darf nur noch verkauft oder weitergegeben werden, wenn sie frei von Krebsverdacht ist, das heißt, wenn sie mindestens eine der folgenden Eigenschaften besitzt (Freizeichnungskriterium):
- der Kanzerogenitätsindex muss bei Ki ≥ 40 liegen
- der Filamentdurchmesser muss größer als 3 µm, also nicht lungengängig sein
- seit 1998: Der (im Allgemeinen durch Tierversuch erbrachte) Nachweis einer ausreichend hohen Biolöslichkeit (Eigenschaft von feinen Fasern, im Körper durch körpereigene Substanzen aufgelöst und abgebaut zu werden) muss vorliegen; ein Fasertyp wird dabei nur dann freigezeichnet, wenn die Halbwertzeit seiner Biolöslichkeit 40 Tage oder weniger beträgt. Es gilt: Je höher die Biolöslichkeit, desto niedriger die Halbwertzeit
Den Nachweis, dass eine Mineralwolle diesen Kriterien genügt, erkennt man am einfachsten am RAL-Gütezeichen "Erzeugnisse aus Mineralwolle", mit Bezug auf die Richtlinie 97/69/EG der Kommission.
„Biopersistente Fasern“ (mit geringer Biolöslichkeit) – darunter fallen Glas- oder Steinwollen, die vor etwa 1995 hergestellt oder bis zum 1. Juni 2000 (Herstellungs-, Inverkehrbringungs- und Verwendungsverbot in Deutschland) verbaut wurden und nicht das RAL-Gütezeichen haben – dürfen nach deutscher GefStoffV nicht mehr in Verkehr gebracht, also in Deutschland nicht mehr hergestellt oder verkauft werden. Natürlich sind diese Materialien in vielen Altbauten verbaut. Vor größeren Sanierungs- oder Abbrucharbeiten (siehe TRGS 521) ist daher stets zu prüfen, wie alt das eingebaute Material ist (oder man nimmt vorsichtshalber an, dass es sich um altes Material handelt). Wurde es vor 1995 eingebaut, handelt es sich höchstwahrscheinlich um Material geringerer Biolöslichkeit. Es gelten dann die entsprechenden Arbeitsschutzmaßnahmen gemäß TRGS 521. Handelt es sich dagegen um später eingebautes Material, kann man (zumindest bei Produkten großer Hersteller) davon ausgehen, dass es sich um die neue Generation biolöslicher Mineralwolle handelt. Im Zweifel sollte man den Hersteller fragen, denn der Kanzerogenitätsindex ist nicht das einzige der obengenannten Freizeichnungskriterien.
Aufgrund der hautreizenden Wirkung von Fasern und Staub sollte man beim Zuschneiden und Verbauen von Glas- oder Steinwolle stets Handschuhe und langärmlige Kleidung oder Schutzkleidung (etwa einen Einwegschutzanzug) tragen. Kontaminierte Haut sollte mit kaltem (statt warmem) Wasser gereinigt werden, weil sich die Fasern sonst in den Poren der Haut festsetzen können.
Lieferformen
- Lose in Säcken (gerupft, Verschnitt) ist die kostengünstigste Variante und wird zum Ausstopfen von Hohlräumen verwendet
- Mineralwolleflocken als Einblasdämmung zur Verfüllung von Hohlräumen und Hohlschichten
- Mineralwollfilzmatten kaschiert mit Bitumenpappe oder mit versteppter Alufolie
- Mineralwollfilzmatten kunstharzgebunden
- Mineralwollvlies zwischen bituminösen Dichtungs- und Dachbahnen
- Mineralwollematten auf verzinktem oder Edelstahl-Drahtgeflecht versteppt
- Mineralwollematten (halbsteif und steif), als Keile geschnitten für die Zwischensparrendämmung etwa bei einem Kaltdach
- Lamellmatten mit versteppter Aluminiumfolie kaschiert
- Halbschalen
- Mineralwollfilzlamellen mit mineralhaltiger Farbe beschichtet (für bessere Haftung zum Auftragen von Putz)
- Mineralwollfilzplatten mit Vliesbeschichtung
- Mineralwollballen etwa 300 kg
Im industriellen Sektor werden geschleuderte Fasern zunehmend durch gezogene Fasern mit kontrollierter Geometrie ersetzt, da diese meist neben der gesundheitlichen Unbedenklichkeit auch bessere Vibrationsbeständigkeiten aufweisen.
Marken und Hersteller
Bedeutende Hersteller von Mineralwolle sind etwa die Paroc Group/Paroc Oy AB, die Saint-Gobain-Gruppe, climowool (ehemals Schwenk Dämmtechnik), Ursa, Rockwool, die DBW Gruppe und die Knauf Insulation. Überwiegend in den ostdeutschen Bundesländern wird für Mineralwolle umgangssprachlich auch der in der DDR verwendete Markenname Kamelit verwendet.
Umweltaspekte, Entsorgung
Die Gesteine werden in Steinbrüchen zumeist im Tagebau gewonnen. Das ist mit Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden.
Glaswolle und Steinwolle sind deponierbar.[1]
Ähnliche Materialien
Wärmedämmung lässt sich auch aus folgenden Materialien machen:
Einzelnachweise
- ↑ a b Vergleichstabelle Glaswolle – Steinwolle In: mineralwolle.de, abgerufen am 20. Oktober 2013
- ↑ a b Emanuel Herrmann: Miniaturbilder aus dem Gebiete der Wirthschaft., Nebert, 1872. S. 23–29.
- ↑ So genannt nach dem ersten Arbeitgeber, bei dem Rosengarth beschäftigt war, siehe dazu Artikel Friedrich Rosengarth.
- ↑ a b Edmund Ruppert: Der Dämmstoff-Spitzenreiter ISOVER, seit 1931 in Bergisch Gladbach zu Hause, in : Rheinisch-Bergischer Kalender 2010, S. 239 ff. ISBN 978-3-87314-444-6 – ISSN 0722-7611
- ↑ Hans Möller: Saint Gobain in Deutschland, Von 1853 bis zur Gegenwart, S. 100. Abgerufen am 3. Oktober 2014.
- ↑ Hans Möller: Saint Gobain in Deutschland, Von 1853 bis zur Gegenwart, S. 100. Abgerufen am 3. Oktober 2014.
- ↑ a b Patent DE539738 (Scan, pdf)
- ↑ Werner Eicke-Hennig: Kleine Geschichte der Dämmstoffe, Erster Teil, S. 21 abgerufen am 2. Februar 2015
- ↑ Patent US 2133235 A: Method and apparatus for making glass wool.
- ↑ Polystyrolpartikelschaum (EPS)/Polystyrolextruderschaum (XPS) In: waermedaemmstoffe.com, abgerufen am 20. Oktober 2013
- ↑ Unter reduzierenden Bedingungen sintert sie bei ca. 800° C zusammen, was durch eine Wärmevorbehandlung unterbunden werden kann
- ↑ "Neuere Produkte, die als „biolöslich“ gekennzeichnet sind, besitzen eine Halbwertszeit von etwa 60 Tagen. Alte Steinwolle-Fasern besitzen bei der Biobeständikeit (Biopersistenz) eine Halbwertszeit von ca. 300 Tagen. In: waermedaemmstoffe.com, abgerufen am 20. Oktober 2013
- ↑ a b Eintrag zu Mineralwolle in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA (JavaScript erforderlich) .
Literatur
- Karl-Hans Garke, Leopold Schneiders: Geschichte der Glas-Seide-Industrie GmbH, spätere Glaswatte GmbH, Bergisch Gladbach, spätere Glasfaser GmbH, Bergisch Gladbach bzw. Aachen, heute Grünzweig + Hartmann und Glasfaser AG, Werk Bergisch Gladbach , Aachen 1978