Combined Charging System

internationaler Standard für das Laden von Elektro-Fahrzeugen
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 2. Februar 2015 um 21:54 Uhr durch Hadhuey (Diskussion | Beiträge) (Geschichte: Ladesäulenverordnung). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Combined Charging System, genau Combined AC/DC Charging System für Europa (CCS), ist ein Ladestandard für Elektrofahrzeuge. Combined deshalb, weil der in Europa für Elektrotankstellen normierte "Mennekes Typ 2-Stecker" mit zwei zusätzlichen Gleichstrom-Steckerpolen erweitert worden ist. Die Steckervarianten und Ladeverfahren sind in IEC 62196 (DIN EN 62196) genormt.

CCS-Anschluss an einem VW e-Golf (2014)

Geschichte

Mit dem Entwicklungsschub, den Elektrofahrzeuge zu Beginn des 21. Jahrhunderts erhielten, begann man ein Netz öffentlicher Ladepunkte zu errichten, die einen erweiterten Nutzungsradius erlauben. Vermittels elektrifizierter Überlandstrecken (electric highway) wird auch überregionaler Verkehr ermöglicht, der den bisherigen Straßenverkehr in eine Ära der allgemeinen Elektromobilität überführen kann.

Anfänglich wurden dabei auf das verbreitete Wechselstromnetz zurückgegriffen. Es resultierte jedoch in einer Vielfalt an Steckerformen, neben verschiedenen Haushaltsteckern mit 2kW Abgabe, über CEE Campingstecker mit 16 A 230 V, zu speziellen Auto-Ladesteckern nach IEC 62196 mit 32 A oder selten 63 A 400 V (43 kW). Weltweit setzte sich dabei für die IEC Typen auch nicht eine Form durch, sodass die Autoindustrie darauf drang, dass bei der noch anstehenden Standardisierung für die Gleichstromladung eine einheitliche Norm errichtet wird.

Während IEC Typ 1 (alias SAE J1772/2009) und IEC Typ 2 (alias VDE-AR-E 2623-2-2) noch getrennt entwickelt wurden, haben die entsprechenden Kommissionen die technische Entwicklung für die Gleichstromladung gemeinsam vorangetrieben - 2010 wurde bekannt, dass man die schon gemeinsamen Signalisierungspins der vorhandenen IEC Typen übernimmt und mit zwei Gleichstromleitungen ergänzt.[1][2] Im Januar 2011 wurde der erste Stand, im Juni der zweite des Systems zur internationalen Normung nach IEC 62196-3 eingereicht. Der Öffentlichkeit wurden die funktionierenden Prototypen im Rahmen des 15. Internationalen VDI-Kongress „Elektronik im Kraftfahrzeug“ am 12./13. Oktober 2011 in Baden-Baden vorgestellt.

Die europäische Autoindustrie hat sich in ihrer zweiten Stellungnahme im März 2011 an die europäische Kommision für die Übernahme des Combo Typ 2 Steckers (kurz Combo2) als einheitlichem Standard ausgesprochen.[3] Zusätzlich haben sich schon zu diesem Zeitpunkt kontinentübergreifend mehrere Autohersteller (BMW, Daimler, Ford, General Motors und Volkswagen Konzern) darauf verständigt, das nun „Combined Charging System“ genannte Ladestecksystem ab Mitte 2012 ausschließlich in ihren Elektrofahrzeugen einzusetzen.[4]

Das Combined Charging System soll in Europa die Grundlage für ein einheitliches Ladesteckersystem an den Elektrofahrzeugen schaffen. Es können damit Stromquellen verschiedener Leistungsstufen, sowohl im Wechselspannungs-, als auch im Gleichstrombereich (Gleichtstromschnellladen) genutzt werden. Die Steckervielfalt an Ladepunkten und Elektrotankstellen kann reduziert werden. Adapter im Fahrzeug sind jedoch weiterhin notwendig, wenn beispielsweise Industriesteckdosen genutzt werden sollen. Auch kommen die derzeit eingführten 50-kW-CCS-Stationen bei steigenden Akkukapazitäten keine Reserven um langfristig kurze Ladezeiten zu garantieren.

Die ersten Fahrzeuge mit CCS-Anschluss kamen Ende 2013 auf den Markt. Die deutschen und US-amerikanischen Automobilkonzerne VW, BMW, Daimler, Chrysler, Ford und General Motors haben angekündigt, ab 2017 nur noch diesen in ihre Modelle einzubauen.[5]

Die erste öffentliche CCS-Ladestation mit 50 kW Gleichstrom wurde im Juni 2013 in Wolfsburg errichtet und unterstützte damit die Tests des VW E-Up, der optional mit einem CCS Combo 2 Anschluss ausgestattet wurde.[6] Zwei Wochen später hat auch BMW die erste CCS Ladestation in München eingeweiht, womit die Tests des BMW i3 unterstützt werden.[7] Auch der BMW i3 unterstützt nur gegen Aufpreis das schnellere Laden per Gleichstrom.

CCS steht wegen seiner späten Einführung in Konkurrenz zu bereits nach Europa importierten und ebenfalls genormten (ISO/IEC 61851-23 und ISO/IEC 61851-24) Gleichstromladeverfahren CHAdeMO, das vor allem von asiatischen Herstellern genutzt wird und einer proprietären (d. h. auf herstellerspezifischen, nicht veröffentlichtem Standard basierenden) Mennekes Typ 2-Stecker-Betriebsart bei den europäischen Tesla-Supercharger-Schnellladestationen US-amerikanischen Elektroautoherstellers Tesla Motors welcher für die DC-Ladung auf zusätzliche Kontakte verzichtet, aber für bis zu 120 kW geeignet sein soll.

Anlässlich des zweiten EV World Summit im Juni 2013 haben sowohl ein Sprecher der Chademo-Gruppe und der Volkswagen-BMW-Gruppe darauf hingewiesen, dass eine Konkurrenz beider Standards für Gleichstromladung nicht zwingend wird, da die Zusatzkosten für ein weiteres Ladeprotokoll bei gerade 5 % liegen – daher empfehlen Chademo, Volkswagen und Nissan gemeinschaftlich die Errichtung von „multi-standard fast chargers“, die sowohl von Fahrzeugen mit Chademo- wie auch jenen mit Combo-2-Anschluss angesteuert werden können.[8] Entsprechende Ladesäulen werde nauch bereits angeboten.[9]

Am 9. Januar 2015 stellte das deutsche Bundesministerium für Wirtschaft und Energie einen Entwurf für eine Ladesäulenverordnung vor. Der CCS-Standard wird dort verpflichtend für alle neu zu errichtenden Gleichstrom-Ladepunkte festgelegt. Andere Standards können zusätzlich installiert werden. Die vorgestellten Regelungen für die Errichtung und den Betrieb von Ladesäulen werden kontrovers diskutiert.[10][11]

Gleichstromladen - Wechselstromladen

Akkumulatorenzellen werden grundsätzlich mit Gleichstrom geladen. Der Begriff des Gleichstrom- und Wechselstromladens beschreibt, in welcher Form der Strom in das Fahrzeug eingespeist wird.

Beim Wechselstromladen wird das Fahrzeug mit dem Stromnetz, also einer 2phasigen oder 3phasigen CEE-System-Steckdose verbunden. An Bord des Fahrzeugs befindet sich ein Ladegerät, das den Strom gleichrichtet, und die Regelungsfunktionen (Ladeverfahren) übernimmt. Das Ladegerät muss, wenn auch unterwegs geladen werden soll, im Fahrzeug mitgeführt werden und verursacht damit Investionskosten, die bei höheren Leistungen erheblich ausfallen können. Wechselstromladeanschlüsse an Elektroautos sind daher oft in ihrer Leistung begrenzt, erlauben jedoch überall das Aufladen an haushalts- und industrieüblichen Steckdosen mit entsprechend langen Ladezeiten.

Beim Gleichstromladen wird Gleichstrom direkt in das Fahrzeug eingespeist. Dieser kann durch einen leistungsstarken Gleichrichter in der Ladesäule oder durch entsprechende Pufferakkus an Solartankstellen bereitgestellt werden. Im Fahrzeug selbst befindet sich nur eine Überwachungselektronik, die mit der Ladesäule kommuniziert, damit diese beispielsweise die Stromstärke begrenzt und bei vollem Akku abschaltet. Die teure Leistungselektronik befindet sich in der Ladesäule und ist daher nicht Bestandteil des Fahrzeugs. Da die Gleichstromanschlüsse der Ladesäule direkt mit den Anschlüssen des Fahrzeugakkus verbunden werden, können verlustarm sehr hohe Ladeleistungen realisiert werden, was kurze Ladezeiten möglich macht. Voraussetzung dafür ist jedoch eine entsprechende Leistungsfähigkeit der Ladesäule im zwei- bis dreistelligen Kilowatt-Bereich und eine entsprechend hohe Aufnahmekapaziät fahrzeugseitig.

Der Mennekes Typ 2-Stecker in der CCS-Anwendung

 
Verschiedene Typ 2 Stecker Betriebsarten

CCS ist für europäische Elektrofahrzeuge standardisiert und bietet zwei Ladeverfahren (combined): die Wechselstromladung (AC) und die Gleichstromladung (DC).

Die Wechselstromladung ist an anderer Stelle beschrieben und benutzt bis zu 7 Steckerpole. Dieser Artikel vertieft die Gleichstromladung des CCS-Systems, nachfolgend CCS genannt.

CCS setzt auf der Mennekes Typ 2 Stecker-Stiftbelegung auf, von den eigentlich 7 AC + 2 DC Steckerpolen sind im CCS-Modus nur 3 AC-Kontakte und 2 DC-Kontakte belegt bzw. verwendet:

CCS DC-Ladung:

  • PE Potential Erde
  • CP (Control Pilot) zum Dialog zwischen Ladestation und Fahrzeug mittels Analogsignal
  • PP (Proximy Pilot) zur Begrenzung des Ladestromes mittels Widerstandscodierung, damit das verwendete Ladekabel nicht überlastet wird.
  • DC+ (Gleichstromladung, Pluspol)
  • DC- (Gleichstromladung, Minuspol)

Praktische Anwendung des CCS-Systems

Besonderheit: schnelle Ladung mit bis zu 800 Volt Gleichstrom, je nach Nennspannung der Fahrzeugbatterie (das Ladegerät ist in der externen Schnellladestation eingebaut) im Fahrzeug ist, je nach Hersteller, gewichtssparend nur noch ein AC-Notladegerät geringer Leistung verbaut. Typische Anwendungen: BMW i3, Volkswagen e-Golf und e-up: Es werden die Pole PE, CP, PP, DC+ und DC- verwendet.

Es ist eine spezielle CCS*-Schnellladestation erforderlich, um laden zu können.

Diese Ladestation reagiert auf Signale der Fahrzeug-Steuereinheit über CP und PP, mit welcher DC-Stromstärke sie maximal laden darf:

- Schnellladestation (bis zu 125 A (50 kW bei 400 Volt), je nach Nennleistung der Ladestation).

Das Besondere daran ist, dass sich beim Gleichstromladeverfahren das Ladegerät außerhalb des Fahrzeuges befindet und auf Signale reagiert, welche das Fahrzeug aussendet, um die jeweils maximal zulässige Ladestromstärke im Fahrzeug zu empfangen. Die jeweils maximal zulässige Ladestromstärke wird entsprechend dem CCS*-Ladeverfahren ermittelt (CCS* = Computer Charge System und CCS haben zufällig die gleiche Buchstabenkombination). Dieses Verfahren ist patentiert, stammt von der TU-Graz[12] und findet offenbar in allen CCS-Schnellladesystemen Verwendung aus folgendem Grund: Der Ladestrom wird maximiert, ohne dass die Li-ion-Batterie dabei Schaden nimmt.

Praktische Umsetzung der CCS-Schnellladetechnik

 
Buchse und Stecker

Es sind bisher zwei Typen von CCS-Schnellladestationen vorhanden:

  • ABB Terra 53 (Nennleistung 50 kW DC, das sind die ersten CCS-Stationen, welche ab 2013 in Wolfsburg und München aufgestellt worden sind [13])
  • Siemens-Efacec (Nennleistung 50 kW DC, das sind die CCS-Stationen, welche ab 2014 entlang der A9 zwischen München und Leipzig (Berlin) aufgestellt worden sind/werden[14]).

An der Ladestation BMW-Welt in München (Am Olympiapark 1) können beide Stationstypen miteinander verglichen werden.

Ladecharakteristik für ein Fahrzeug mit 18,8 kWh Nettokapazität (BMW i3 bzw. Volkswagen e-Golf, beide Fabrikate verhalten sich identisch):

Nach einer kurzen Anwärmphase von knapp einer Minute liefern die beiden Stationstypen eine konstante DC-Leistung von 43 kW (ABB) bzw. 47 kW (Siemens). Bei näherer Betrachtung des Zugewinns an Ladung stellt sich heraus, dass ABB die gelieferte DC-Strommenge netto, Siemens brutto zählt (rechnerischer Ladewirkungsgrad 43/47 kW = 91,5 %).

Letztlich sind beide Ladesysteme gleich schnell. Für beide Ladesysteme gilt: Sobald die Batterie etwa 67 % Ladung erreicht hat, regelt das CCS*-System den Ladestrom/ die Ladeleistung kontinuierlich zurück. Um z. B. von 10 % auf 67 % zu kommen, werden rd. 15 Minuten benötigt. Von 67 % auf 80 % dauert es weitere rd. 6 Minuten. Kaum ein Ladevorgang dauert länger als 20 Minuten.

Bei 80 % bis 85 % Ladung wird die Schnellladung gewöhnlich abgebrochen (die restliche Ladung auf rd. 100 % würde noch eine Stunde dauern). Das heißt, beim Schnellladen verzichtet der Nutzer auf 15 bis 20 % der Batteriekapazität.

CCS-Ladetechnik bei Langstreckenfahrten

Auf Langstrecken kann der Normal-Nutzer effektiv nur 70 bis 75 % der Netto-Batteriekapazität ausnutzen, bei 18,8 kWh Nettokapazität sind dies also 13 bis 14 kWh.

10 % Reserve muss der Nutzer einplanen, um die nächste Schnellladestation sicher zu erreichen. Auf 15 bis 20 % Rest-Aufladung verzichtet er aus Zeitgründen.

Stromtankstellen-Verzeichnisse

Die Abstände der Schnellladestationen sind von lebenswichtiger Bedeutung. Diese sind in üblichen Straßenkarten oder Navigationssystemen bisher kaum bis gar nicht verzeichnet, eine separate Anzeige der Schnellladestationen in den Navigationsgeräten ist ebenfalls bisher nur selten möglich. Störungsmeldungen sind in der Routenplanung zu berücksichtigen, Elektroautofahrern auf Fernstrecken kann der Ausfall einer einzigen Ladestation das Reiseprogramm durchkreuzen. Wegen der derzeitig noch geringen Flächendurchdringung von Schnellladestationen stehen als Alternativen nur Normalladestationen zur Verfügung.

Gute Verzeichnisse von Stromtankstellen sind daher oft redaktionell betreut und online zugänglich. Störungen können mittels Smartphone-App kurzfristig und unbürokratisch allen Anwendern mitgeteilt werden.

Einzelnachweise

  1. „Standards Update / Global Approaches to Vehicle-Grid Connectivity“, Gery J. Kissel (GM Engineer and SAE J1772 Task Force Chair), 30. August 2010
  2. „Einheitliches Stecksystem für Elektrofahrzeuge“, ATZ / Springer Automotive, 16. September 2010
  3. ACEA position and recommendations for the standardization of the charging of electrically chargeable vehicles. (PDF; 59 kB) ACEA - European Automobile Manufacturers Association, 2. März 2011, abgerufen am 23. Mai 2012.
  4. Universal charging for electric cars. Auto123.com, 15. November 2011, abgerufen am 23. Mai 2012.
  5. Elektroautoshersteller einigen sich auf Schnellladesystem, Mein-Elektroauto, 5. Mai 2012. Abgerufen am 17. Mai 2012.
  6. Erste öffentliche 50 KW DC Schnellladesäule auf der e-Mobility-Station in Wolfsburg eingeweiht. Landesinitiative Elektromobilität Niedersachsen, 20. Juni 2013, abgerufen am 9. Juli 2013.
  7. Schnellladestation an der BMW Welt eröffnet. BMW Group, 4. Juli 2013, abgerufen am 9. Juli 2013 (press release).
  8. 2013 World EV Summint in Norway - Chademo, Nissan and Volkswagen align on promoting multi-standard fast chargs to accelerate infrastructure deployment and EV adoption. (PDF; 160 kB) Chademo Association Europe, 11. Juni 2013, abgerufen am 9. Juli 2013.
  9. ABB: Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge, PDF, aufgerufen 4. Oktober 2013
  10. http://www.heise.de/autos/artikel/Erzwungene-Einheit-Entwurf-zur-Ladesaeulenverordnung-des-BMWi-2519961.html ; abgerufen am 2. Februar 2015
  11. http://www.bsm-ev.de/emog/ladesaeulenverordnung-lsv-von-januar-2015/lsv ; abgerufen am 2. Februar 2015
  12. http://www.bticcs.com/pub/E&D-F1.pdf - Wießpeiner, G.: CCS im Vergleich mit anderen Ladeverfahren; Firma BTI-Büro für Technologie und Innovation, A-8010 Graz/ D-82194 Gröbenzell
  13. https://www02.abb.com/global/atabb/atabb104.nsf/0/74c33c5b0d0cdc26c1257b36006601ef/$file/4EVC204301-LFDE_Terra53+Ladestation.pdf
  14. http://www.autokon.de/home/-/article/33673047/39002073/Elektrisch-auf-die-lange-Strecke