Die mendelschen Gesetze oder mendelschen Regeln beschreiben, wie die Vererbung von Merkmalen abläuft.
Die mendelschen Gesetze wurden in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts von dem naturwissenschaftlich interessierten Augustinermönch Gregor Mendel durch Kreuzungsversuche an Erbsenpflanzen ermittelt und in einer zunächst wenig beachteten Publikation formuliert. Erst um 1900 wurden diese bahnbrechenden Erkenntnisse bestätigt, mit der Chromosomentheorie der Vererbung in Verbindung gebracht und zum Gemeingut der klassisch-genetischen Wissenschaft.
Die mendelschen Gesetze oder Regeln
Die Entdeckungen Mendels beruhen auf statistischen Werten. Demzufolge werden sie häufig auch als Regeln bezeichnet, mit der Begründung, dass Gesetze – anders als Regeln – uneingeschränkt gelten würden. Trotzdem sind sie im Volksmund auch als "Mendelsche Erbsengleichung" bekannt.
1. mendelsches Gesetz (Uniformitätsgesetz bzw. Reziprozität)
Wenn zwei Individuen einer Art ("Eltern" oder Parentalgeneration P genannt) miteinander gekreuzt werden, die sich in einem Merkmal, für das sie reinerbig (homozygot) sind, unterscheiden, so sind die Nachkommen der ersten Generation ("Kinder" oder erste Filialgeneration F1 genannt) uniform, d.h. sowohl genotypisch als auch bezogen auf den Phänotyp gleich. Dabei ist es irrelevant, welches der beiden Individuen Mutter oder Vater darstellt. (Ausnahme: Das Merkmal befindet sich auf einem Geschlechtschromosom (Gonosom). Dann kann es sein, dass die F1 nicht wirklich uniform ist!)
2. mendelsches Gesetz (Spaltungsgesetz)
Wenn die erste Nachkommengeneration untereinander gekreuzt wird, so sind die Individuen der zweiten Generation ("Enkel" oder zweite Filialgeneration, F2) nicht mehr uniform, sondern weisen wieder die Merkmale der Elterngeneration in bestimmten Zahlenverhältnissen auf.Da die Uniformität verloren geht
- Handelt es sich dabei um dominant-rezessive Vererbung, so bilden drei Viertel die dominante und ein Viertel die rezessive Variante aus (Verhältnis von 3:1).
(1) Elterngeneration.
(2) F1 Generation.
(3) F2 Generation.
Dominante (rot) und rezessive (weiße) Phänotypen sehen in der F1 (ersten) Generation gleich aus und zeigen ein Verhältnis von 3:1 in der F2 (zweiten) Generation
- Bei intermediärer Vererbung haben je ein Viertel der Nachkommen eine der beiden reinerbigen Varianten und die Hälfte der Individuen weist die Mischform der 1. Generation auf (Verhältnis von 1:2:1).
(1) Elterngeneration.
(2) F1 Generation.
(3) F2 Generation.
Die "roten" und “weißen” Allele zusammen ergeben einen "rosa" Phänotyp, mit einem 1:2:1 Verhältnis für rot:rosa:weiß in der F2 Generation.
3. mendelsches Gesetz (Unabhängigkeitsgesetz / Neukombinationsgesetz)
Zwei Merkmale werden getrennt voneinander vererbt, wobei ab der 2. Generation ("Enkel") neue, reinerbige Kombinationen auftreten können. Dieses Gesetz gilt allerdings nur dann, wenn die für die Merkmale verantwortlichen Gene auf verschiedenen Chromosomen sitzen (polyhybride Erbgänge). Liegen die Gene auf den gleichen Chromosomen, werden sie in Kopplungsgruppen vererbt.
(1) Eltern Generation.
(2) F1 Generation.
(3) F2 Generation.
Ergebnis : 9x kurzes, schwarzes Haar, 3x langes, schwarzes Haar, 3x kurzes, weißes Haar, 1x langes, weißes Haar.
Hintergrund
Mendel kannte weder den Begriff der Gene noch den der Chromosomen. Die eigentliche Natur der Erbanlagen war ihm somit nicht bekannt. Erst 1904 wurde durch Sutton und Boveri die Chromosomentheorie der Vererbung begründet. Mit Hilfe dieser Theorie können die Mendelregeln widerspruchsfrei erklärt werden.
Die Chromosomen sind die Einheiten auf denen die Erbanlagen (Gene) weitergegeben werden.(Dies erklärt die Kopplungsgruppen .) In den Körperzellen treten die Chromosomen paarweise auf. So besitzt der Mensch 23 Chromosomenpaare also 46 Chromosomen. Man spricht von einem doppelten Chromosomensatz. Die Chromosomen sind in der Körperzelle paarweise vorhanden, weil ein Chromosom vom Vater und eines von der Mutter stammt. Diese beiden Chromosomen werden auch als homologe Chromosomen bezeichnet. In einer Körperzelle sind die Erbanlagen pro Merkmal somit immer doppelt vorhanden.
Bei der Bildung der Geschlechtszellen werden die homolgen Chromosomenpaare getrennt. In einem Ei bzw.einem Spermium befindet sich also nur der einfache Chromosomensatz. In einer Geschlechtszelle sind die Erbanlagen pro Merkmal somit immer einmal vorhanden.(Die Spaltungsregel wird so verständlich.) Bei der Befruchtung also der Verschmelzung von Ei und Spermium bringen beide Geschlechtszellen jeweils eine Erbanlage pro Merkmal mit. Die durch diese Verschmelzung entstehende Körperzelle hat also wieder den doppelten Chromosomensatz. Die Erbanlagen können so neu kombiniert werden.(Unabhängigkeitsregel, freie Kombination der Gene)
Schematische Darstellung:
Bei großer Homogenität der Gene der jeweiligen Eltern:
Wenn A dominant ist, hat jede Kombination, die mindestens ein A enthält, die entsprechende Eigenschaft des Elternteils AA. Wenn AA beispielsweise für rote Blüten steht, und BB für blaue Blüten, und das Gen für rote Blüten dominant ist, haben alle "Kinder" von AA und BB rote Blüten, aber ein Viertel der "Enkel" wieder blaue Blüten. Falls keines der Gene dominiert, entstehen auch Mischungen - in diesem Fall möglicherweise lila Blüten bei der Kombination AB.
Wenn mehrere Gene auf verschiedenen Chromosomen zusammen eine Eigenschaft ergeben, können auch ganz neue Ergebnisse entstehen - z. B. gelbe Blüten. Dasselbe gilt für Mutationen.
Der Nutzen dieser Rekombination - also der sexuellen Vermehrung - liegt darin, dass mehr verschiedene Genkombinationen zur Evolution beitragen. Ohne sexuelle Vermehrung gäbe es von jedem Lebewesen nur weitgehend identische Kopien. Mit sexueller Vermehrung gibt es eine hohe Bandbreite an Nachkommen, und damit an Überlebensstrategien und -möglichkeiten. Dazu kommt, dass Fehler oder Schwächen im Erbgut bei sexueller Vermehrung sehr ungleichmäßig auf die Nachkommen verteilt sind - sodass einige Nachkommen deutlich weniger Probleme haben als ihre Eltern, und damit ein Ausgleich für Fehler beim Kopieren der Erbinformationen geschaffen wird. Schlussendlich ermöglicht die sexuelle Vermehrung die Übernahme der besten Eigenschaften zweier zeitweise getrennter Populationen in eine gemeinsame Population und damit auch eine schnellere Aneignung von Fähigkeiten, die woanders vorher schon entstanden sind.
Anwendung
Die mendelschen Gesetze werden insbesondere in der Tier- und Pflanzenzucht angewendet, z.B. bei der Zucht von Hybriden. Sie können auch für Abstammungsgutachten verwendet werden, z.B. um nachzuweisen, dass bestimmte Menschen nicht als Elternteil eines bestimmten Kindes in Frage kommen. DNA.
Hinweis
Was durch Mendels Theorie nicht erklärt werden konnte, wurde erst durch die Chromosomentheorie der Vererbung verständlich. Die Gene für zum Beispiel die Wuchshöhe und Fruchtform der Tomaten (A/a bzw. B/b) liegen auf dem gleichen Chromosom und werden deshalb gekoppelt an die Keimzellen weitergegeben. Die Keimzellen können dann nur die Kombination AB oder ab enthalten, nicht aber Ab oder aB. Die 3. mendelsche Regel muss deshalb eingeschränkt werden: Allele sind frei kombinierbar, wenn die Gene auf verschiedenen Chromosomen liegen.
Literatur
- H. Frederik Nijhout: Der Kontext macht's! Spektrum der Wissenschaft, April 2005, S. 70 - 77 (2005), ISSN 1702971
- Biologie Buch Realschule Baden-Württemberg Klasse 9-10.