Kodifikation

verfasste Texte zu einem Gesetzeswerk
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Eine Kodifikation ist die systematische Zusammenfassung des für einen bestimmten Lebensbereich geltenden Rechts in einem zusammenhängenden Gesetzeswerk (Gesetzbuch). Sie hat den Anspruch, ihre Materie abschließend zu regeln. Ist die Zusammenstellung nicht systematisch geordnet, so spricht man von einer „Kompilation“.

Der Begriff „Kodifikation“ wurde vom englischen Juristen und Sozialreformer Jeremy Bentham geprägt.[1] Seit der Antike wurden Rechtssammlungen bzw. Gesetzbücher in Anlehnung an den Codex Iustinianus als codices bezeichnet. Im heutigen Sprachgebrauch ist mit Kodifikation sowohl der Vorgang der Systematisierung (auch: Kodifizierung) als auch deren Ergebnis, der Kodex, gemeint.

Zweck einer Kodifikation ist es, die für den betreffenden Lebensbereich geltenden Regeln dadurch besser verfügbar und verständlich zu machen, dass sie kompakt zusammengefasst und aufeinander bezogen sind.

Die heute bedeutenden Kodifikationen lassen sich in zwei Gruppen einteilen:

Im deutschen Recht war der bekannteste Kodifikationsvorgang die Zusammenfassung des Zivilrechts im Bürgerlichen Gesetzbuch zu Ende des 19. Jahrhunderts. Aktuell ist derzeit die – noch nicht abgeschlossene – Zusammenfassung weiter Teile des Sozialrechts im Sozialgesetzbuch. Schon länger wird die Kodifikation des verstreuten Umweltrechts in einem Umweltgesetzbuch gefordert.

Der Begriff Kodifikation tritt auch im Zusammenhang mit der Zwölftafelgesetzgebung um 450 v. Chr. auf. In dieser Zeit erkämpften sich die Plebejer durch die Ständekämpfe (450–287 v. Chr.) politische Mitbestimmung, zivilrechtliche Gleichstellung und die Beteiligung am wirtschaftlichen Gewinn der Expansion. Zudem schufen sie sich eigene Organisationen, wie die Volkstribune und eine eigene Volksversammlung.

In der islamischen Welt wurde das geltende Recht zwar schon sehr früh im Rahmen des Fiqh von Gelehrten in Rechtsbüchern zusammengestellt, eine Kodifizierung des Rechts in Form staatlicher Gesetzbücher fand aber erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts statt, wobei die zwischen 1869 und 1876 entstandene Mecelle, die das Zivilrecht regelte, den Anfang bildete. In Saudi-Arabien ist das islamische Recht bis heute noch nicht kodifiziert, weil eine solche Kodifizierung als unzulässige staatliche Beschneidung der Entscheidungsfreiheit des Richters betrachtet wird, der sich in seinem Urteil allein an dem Koran und der Sunna ausrichten soll.[2]

Siehe auch

Wiktionary: Kodifikation – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Bernd Mertens, Gesetzgebungskunst im Zeitalter der Kodifikationen. Theorie und Praxis der Gesetzgebungstechnik aus historisch-vergleichender Sicht, Tübingen 2004, S. 497 ff.; Georg Kramer-McInnis, Der «Gesetzgeber der Welt», Jeremy Benthams Grundlegung des klassischen Utilitarismus, Zürich/St. Gallen 2008, S. 168 ff.
  2. Vgl. zu der dort geführten Debatte Frank E. Vogel: Islamic Law and Legal System. Studies of Saudi-Arabia.. Leiden u.a.: Brill 2000. S. 309-361.