Pitcairn ist die Hauptinsel der Pitcairninseln (engl.: Pitcairn Islands Group) und liegt im Pazifik auf ca. 25°S, 130°W, jeweils etwa 5.500 km von Neuseeland und Südamerika entfernt. Sie ist die einzige bewohnte Insel des Archipels. Weitere Inseln der Gruppe sind Oeno und das dazugehörige winzige Sandy Island, Henderson und Ducie.
Pitcairn | |
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Fläche | 5 km² |
Größte Erhebung | 347 m |
Einwohnerzahl | 46 (Stand Juli 2004) |
Bevölkerungsdichte | 10 Einwohner/km² |
Hauptort | Adamstown |
Telefonvorwahl | + 693 |
Pitcairn wurde am 2. Juli 1767 vom Seekadetten Robert Pitcairn entdeckt und ist seit 1838 britische Kronkolonie. Die Pitcairninseln sind die letzte verbliebene Kronkolonie im Pazifik.
Bekannt ist die Hauptinsel wegen ihrer Einwohner, großteils Nachfahren der Meuterer von der Bounty und ihrer tahitianischen Frauen.
Geografie
Die 4,5 km² große Insel liegt isoliert im Südpazifik, bei 25° 03′ Süd und 130° 05′ West. Die nächstgelegenen bewohnten Inseln sind im Osten die Osterinsel in 2.000 km Entfernung und im Westen die Gambierinseln in 500 km Entfernung.
Pitcairn ist ein Monolith vulkanischen Ursprunges, dessen steile Klippen sich unmittelbar aus dem Meer erheben. Im Gegensatz zu vielen andern Inseln des Südpazifiks fehlt der umgebende Korallensaum, sodass eine starke Brandung die ungeschützte Küste erreicht.
Das Profil ist sehr ausgeprägt, es gibt auf der Insel keine größeren zusammenhängenden Ebenen. Die höchste Erhebung liegt 347 Meter über dem Meeresspiegel.
Vulkanische Schlacke verursacht die auffallend rote Färbung des Bodens. Die Erde ist fruchtbar und das tropische Klima mit ergiebigen Regenfällen begünstigt ein üppiges Wachstum. Im Sommer (d.h. im mitteleuropäischen Winter) gibt es aber auch gelegentliche Trockenperioden. Die Jahresniederschlagsmenge beträgt 1.800 mm (zum Vergleich: Köln 700 mm). Die Durchschnittstemperatur liegt zwischen 19 und 24 °C.
Ganzjährig fließende Bäche, Flüsse und Seen fehlen, sodass die Einwohner zur Wasserversorgung auf Zisternen angewiesen sind.
Die einzige Ansiedlung ist das oberhalb der Bounty-Bay gelegene Adamstown, in dem sämtliche derzeit 46 Einwohner der Insel wohnen.
Flora und Fauna
Flora
Weite Bereiche von Pitcairn sind mittlerweile verbuscht und mit nichtheimischer Flora bedeckt. Über größere Flächen hat sich der Rosenapfel (Syzygium jambos) ausgebreitet, ein ursprünglich aus Asien stammender, immergrüner Myrtenstrauch, der bis zu 15 Meter hoch werden kann. Weitere Gebiete von bedeutendem Umfang sind als landwirtschaftliche Kulturflächen angelegt.
Heimischer Pflanzenwuchs bedeckt mittlerweile nicht einmal mehr 30 Prozent der Oberfläche, überwiegend Steillagen und abgelegene Täler. Die heimische Flora Pitcairns stammt ursprünglich aus Südost-Polynesien, durch die isolierte Lage und das relativ junge geologische Alter der Insel ist sie allerdings gegenüber den anderen polynesischen Inseln eher unterentwickelt.
Die Reste des heimischen Waldes werden von dem endemischen Baum Homalium Taypau dominiert, von den Insulanern Sharkwood-Tree genannt, weil sich aus dem Holz Schnitzereien (Haie und Delfine) herstellen lassen. In abgelegenen, schattigen Taleinschnitten findet sich ein ausgedehnter Bewuchs mit Farnen. Endemisch und mittlerweile sehr bedroht ist der zu den Wurmfarngewächsen (Dryopteridaceae) gehörige Ctenitis Cumingii.
Eine weitere endemische Pflanze ist der zu den Korbblütlern zählende Bodendecker Bidens Mathewsii, der überwiegend in den Kliffs der Süd- und Westküste wächst.
Im Norden und Osten der Insel sind die verbuschten Flächen von Pandanusbäumen durchsetzt.
Fauna
Die ursprüngliche Fauna an Land beschränkt sich auf Insekten und Eidechsen. Alle anderen Tiere sind von den Europäern eingeführt. Eine große Plage sind inzwischen die Ratten geworden. Für den Menschen gefährliche Tiere gibt es nicht.
Auf Pitcairn, insbesondere auf den vorgelagerten steilen Klippen, nisten alle Arten von Seevögeln. Eine vollständige Bestandsaufnahme steht noch aus.
Durch das Fehlen eines Korallenriffes überwiegen in der Umgebung Pitcairns die Hochseefische. Die unregelmäßig erscheinende Inselzeitung "The Pitcairn Miscellany" listet akribisch auf, welche und wie viele Fische die Bewohner gefangen haben. Darunter sind hauptsächlich Haie, Doraden, Barracudas, Thunfische und gelegentlich ein Marlin. Einmal im Jahr kommen Buckelwale auf ihrem Zug durch den Pazifik vorbei, jedes Mal eine große Attraktion für die Schulkinder.
Geschichte
Hauptartikel: Geschichte der Pitcairninseln
Vorgeschichte
Die Vorgeschichte Pitcairns liegt weitgehend im Dunkeln. Man nimmt heute an, dass Pitcairn von der nordwestlich gelegenen Insel Mangareva aus besiedelt wurde. Im kleinen Museum neben der Schule in Adamstown sind sorgfältig gearbeitete Steinwerkzeuge ausgestellt, die eine Besiedlung vor Ankunft der Bounty-Meuterer belegen. Es wird erzählt, dass die ersten europäischen Ankömmlinge steinerne Standbilder - vergleichbar mit denen der Osterinsel - aufgefunden hätten.
Der belgische Archäologe Henri Lavachery befragte 1936 die Einwohner, die ihm berichteten, dass die Bounty-Meuterer im Osten der Insel oberhalb der Bounty-Bay eine viereckige Kultplattform aus sorgfältig gesetzten Steinen aufgefunden hätten. Alle vier Ecken seien mit steinernen Standbildern, aufgestellt mit dem Rücken zum Meer, versehen gewesen. Die Plattform sei jedoch zerstört und die Idole über die Klippen ins Meer gerollt worden. An einem der Häuser konnte Lavachery eine Steinfigur auffinden, die als tragende Säule zweckentfremdet worden war. Insoweit gibt es Parallelen zu den Moais der Osterinsel. Der Kopf der Steinfigur war nicht mehr erhalten.
Bei Down-Rope, einem nur schwer zugänglichen Küstenabschnitt im Süden, fand Lavachery Felsritzungen mit Darstellungen von Tieren, Menschen und grafischen Symbolen. Sie sind heute noch dort sichtbar. Bei Ankunft der Europäer war die Insel bereits unbewohnt.
Neuere archäologische Untersuchungen belegen, dass die polynesischen Bewohner von Pitcairn früher sehr viel mit Mangareva und Henderson handelten und davon teilweise auch abhängig waren. Basalt, der einzige wichtige Rohstoff, der auf Mangareva fehlte, konnte Pitcairn liefern. Dieser Handel lässt sich auf ungefähr 1000 bis 1500 n. Chr. datieren. Danach scheint er größtenteils zusammengebrochen zu sein. Dies gibt Aufschluss über das mögliche Ende der polynesischen Besiedlung: Als der Handel mit der Hauptinsel Mangareva wegen massiver Probleme dort zusammenbrach, war die vermutlich sehr kleine Bevölkerung von Pitcairn auf sich allein gestellt. Das genaue Ende der polynesischen Bevölkerung auf Pitcairn ist heute allerdings nicht mehr zu rekonstruieren.
Entdeckungsgeschichte
Das erste europäische Schiff, das Pitcairn erreichte, aber wegen des starken Seegangs nicht landen konnte, war 1767 HMS Swallow, unter Kapitän Philip Carteret. Er benannte die vom 14-jährigen Seekadetten Robert Pitcairn entdeckte Insel Pitcairn’s Insel. Carteret konnte jedoch wegen des damaligen Längenproblems die Position nur sehr ungenau bestimmen (der Längenfehler betrug 340 km), daher war die Insel in den Seekarten falsch verzeichnet und nur schwer wiederzufinden.
James Cook kannte Carterets Bericht, stand auf seiner zweiten Südsee-Expedition 1773 nahe dieser Position, unterließ jedoch eine zeitraubende Suche durch „Absegeln der Breite“ da auf dem ihn begleitenden Schiff Adventure schwere Fälle von Skorbut auftraten und lief direkt Tahiti an.
Besiedelung durch die Bounty-Meuterer
Der Anführer der Meuterer, Fletcher Christian, kannte ebenfalls Carterets Bericht und hielt die schwer auffindbare Insel für den idealen Zufluchtsort. Zusammen mit acht weiteren Besatzungsmitgliedern, sechs Polynesiern und zwölf Frauen aus Tahiti erreichte er mit der Bounty die unzugängliche, felsige Insel am 15. Januar 1790, konnte sie aber der starken Brandung wegen erst drei Tage später betreten.
Christian landete mit zwei Gefährten und erkundete die Insel zwei Tage lang. Zum Schiff zurückgekehrt, konnte er Pitcairn als unbewohnt, aber bewohnbar bezeichnen. Reste einer verlassenen polynesischen Siedlung hatte er gefunden. Es gab Kokospalmen und Brotfruchtbäume. Schweine, Ziegen, Hühner, Yamswurzeln und Süßkartoffeln führte die Bounty mit.
Es wurde beschlossen, das Schiff auf Grund zu setzen, um das Anlanden der mitgebrachten Versorgungsgüter zu erleichtern. Christian fand für diese absichtliche Strandung den besten Platz, die heutige Bounty-Bay. Das Baby „Sally“, das mit an Bord war, wurde in ein Fass gesetzt und so sicher an Land gebracht. Soweit in zwei Tagen möglich, wurde das Schiff ausgeschlachtet.
Aus der Siedlung, die die Meuterer am ersten Tag einrichteten, entstand das heutige Adamstown.
Nach Debatten unterband Quintal jede Gefahr der Entdeckung, indem er das Wrack am 23. Januar kurzerhand in Brand steckte. Bis zu dem Zeitpunkt, als die Gefährtin Williams’, des Schmieds der Kolonie, starb, sind keine besonderen Konflikte bekannt. Jeder Europäer hatte eine Gefährtin, die sechs Polynesier mussten sich aber die übrigen drei Frauen teilen und wurden auch ansonsten eher als Sklaven behandelt.
Als die Europäer dem verwitweten Schmied eine der drei zu den Polynesiern gehörigen Frauen zuteilten, eskalierte der schon lange schwelende Konflikt: Am 20. September 1793 wurden Williams und drei weitere Meuterer von den Polynesiern getötet, am 3. Oktober Fletcher Christian. Bald darauf waren auch alle polynesischen Männer und eine Frau ermordet. 1794 lebten nur noch Young, der die Führung übernommen hatte, Adams, Quintal und McCoy sowie zehn Frauen und deren Kinder.
Der Schotte McCoy begann aus der zuckerhaltigen Wurzel der Keulenlilie (Cordyline terminalis) Schnaps zu brennen, verfiel dem Alkohol und stürzte betrunken von den Klippen zu Tode. Nachdem der ebenfalls dem Alkohol verfallene, gewalttätige Quintal gedroht hatte, alle Kinder umzubringen, einigten sich Young und Adams 1799 darauf, ihn gemeinsam zu beseitigen.
Nachdem Edward Young am 25. Dezember 1799 an Asthma gestorben war, blieb John Adams als einziger erwachsener Mann übrig, zusammen mit zehn Polynesierinnen und inzwischen 23 Kindern der Europäer. Die polynesischen Männer hatten keine Nachkommen hinterlassen. Young hatte dem ungebildeten Adams mit der Bounty-Bibel (die heute in der Kirche in Adamstown aufbewahrt wird) als Lehrbuch das Lesen beigebracht.
Adams begann nun ein frommes Leben. Er las die Bibel, verbot den Genuss von Alkohol und hielt an jedem Sabbat Gottesdienst. Am 5. März 1829 starb er, von der Gemeinde hochverehrt, eines natürlichen Todes.
Die Admiralität hatte noch im November 1790 die Fregatte HMS Pandora unter Kapitän Edward Edwards ausgesandt, um die Meuterer zu verhaften. Auf der Hinreise kam sie Pitcairn nahe, aber die Insel blieb hinter dem Horizont. 1791 nahm er auf Tahiti alle vierzehn dort noch lebenden Europäer gefangen, auf der Heimreise durchkreuzte er noch ergebnislos die weiter westlich gelegenen Inseln, bevor die Pandora am Barriereriff unterging. Im September erreichten die Überlebenden England, wo den zehn überlebenden Männern der Bounty der Prozess gemacht wurde. Drei wurden gehängt.
Wiederentdeckung
Wiederentdeckt wurde Pitcairn von Mayhew Folger, einem amerikanischen Seehundjäger, der auf seinem Schiff Topaz am 6. Februar 1808 die Insel sichtete. Er wunderte sich über den Rauch auf der von Carteret als unbewohnt beschriebenen Insel, aber mehr noch darüber, dass die drei vermeintlichen Eingeborenen, die ihm entgegenpaddelten, sich als Engländer und von der Insel gebürtig bezeichneten. Er besuchte die Kolonie, war Adams’ Gast und bekam zum Abschied den Kompass und den time keeper, die Navigationsuhr der Bounty. Folgers Bericht, der Admiralität am 14. März 1809 zugestellt, hatte aber keine nachweisbaren Auswirkungen.
Eingliederung in das britische Königreich
Am 17. September 1814 kamen die beiden britischen Kriegsschiffe HMS Briton und HMS Tagus vor Pitcairn an. Die Kapitäne Staines und Pipon waren beeindruckt von der friedvollen und gottesfürchtigen Gemeinschaft. Sie schrieben an die Admiralität, dass es ein Akt von großer Grausamkeit gewesen wäre, Adams gefangen zu nehmen.
In den Folgejahren gab es weitere Besuche. Walfänger nutzten die Möglichkeit, sich mit frischem Gemüse zu versorgen. Die isolierte Gemeinschaft wurde romantisch verklärt und von frommen Spendern mit Bibeln, Gesang- und Gebetbüchern, aber auch mit Nützlichem wie Hausrat und Werkzeug versorgt.
1823 blieb als erster Siedler nach den Meuterern der Schiffszimmermann Warren Buffet auf der Insel, 1828 George Nobbs, der angeblich uneheliche Sohn eines Marquis.
1831 wurden alle Bewohner nach Tahiti evakuiert. Nachdem dort etliche Pitcairner, als erster Fletcher Christians Sohn Thursday October, an Infektionskrankheiten gestorben waren, kehrten 65 Überlebende bereits im September 1831 auf ihre isolierte Insel zurück.
Nach Übergriffen vorbeifahrender Walfänger strebten die Bewohner den Schutz durch die britische Krone an: Mit Unterstützung des Kapitäns Elliot vom britischen Walfänger Fly formulierten sie eine Insel-Verfassung, die u.a. den damals scheinbar konfliktträchtigen Umgang mit Hunden, Katzen und Ziegen regelte und die am 30. November 1838 an Bord der Fly unterzeichnet wurde. Dieser Schritt hatte letztlich den Status einer britischen Kolonie zur Folge.
Emigration nach Norfolk
1856 hatte Pitcairn bereits 194 Einwohner, mit zunehmender Tendenz. Da man nach einigen Naturkatastrophen befürchten musste, die inzwischen beträchtlich angewachsene Inselgemeinde könne sich nicht mehr selbst ernähren, wurden die Bewohner 1856 erneut evakuiert, dieses Mal auf die 6.000 Kilometer westlich gelegene, zu Australien gehörende Norfolkinsel.
1858 kehrten 16 Emigranten unter der Führung von Moses und Mayhew Young zurück, 1864 folgten vier weitere Familien.
Die sehr frommen Einwohner hatten die Schriften, die ihnen von den Siebenten-Tags-Adventisten zugesandt wurden, eifrig gelesen. Daher war ein im Jahre 1890 ankommendes amerikanisches Missionsschiff sehr willkommen und die wirtschaftliche Unterstützung, die mit der Adventistenmission einherging, gewiss nicht weniger: Sämtliche Einwohner ließen sich taufen.
Zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts gab es auf der Insel eine Zeitung, eine Schule und einen Kindergarten.
20. Jahrhundert
Mit der Öffnung des Panama-Kanales 1914 endete die Isolation, denn Pitcairn lag auf der Schiffsroute nach Neuseeland. Nahezu jede Woche besuchte ein Schiff die Insel.
Im Zweiten Weltkrieg stationierte die britische Marine Funkbeobachter auf Pitcairn.
Nach dem Zweiten Weltkrieg lagen die Interessen Großbritanniens in anderen Bereichen der Welt, sodass, in Ermangelung eines Hafens und eines Flugplatzes, eine erneute relative Isolierung einsetzte. Heute wird Pitcairn durchschnittlich vier- bis sechsmal im Jahr von einem Containerschiff angefahren, das die lebensnotwendigen Güter und Post überbringt. Gelegentlich kommt auch ein Kreuzfahrtschiff zu Besuch.
Pitcairn heute
Politik
Die Pitcairninseln sind die letzte britische Kolonie im Südpazifik. Die Bewohner wehren sich seit Jahren erfolgreich, diesen Status zu ändern, denn nur so ist ihr Verbleib auf der Insel gesichert. Nach außen werden die Pitcairninseln vom britischen Gouverneur in Neuseeland vertreten, die Verwaltung erfolgt durch einen High-Commissioner in Auckland.
Intern werden die Pitcairninseln von einem Magistrat und einem Bürgermeister bzw. einer Bürgermeisterin verwaltet. Ein Inselrat aus fünf gewählten Personen bestimmt die Grundsätze des Zusammenlebens und koordiniert insbesondere die Gemeinschaftsarbeiten. Im November 2004 wurde erstmals eine Frau Bürgermeisterin von Pitcairn: Brenda Christian, eine direkte Nachfahrin von Fletcher Christian, dem Anführer der Bounty-Meuterer, wurde nach der Amtsenthebung ihres Vorgängers und Bruders Steve Christian zur Interimsbürgermeisterin ernannt. Seit dem 15. Dezember 2004 ist Jay Warren gewählter Bürgermeister.
Wirtschaft
Die Bewohner sind überwiegend Selbstversorger. Hauptnahrungsmittel sind Fische. In den Haushalten werden auch Ziegen und Hühner gezüchtet. Der fruchtbare Boden ermöglicht den Anbau von Ananas, Kokospalmen, Zuckerrohr, Yams, Taro, Brotfrucht, Bananen und Zitrusfrüchten. Die Orangen von Pitcairn, so behaupten die Einwohner, seien die besten der Welt. In jedem Fall sind sie die exklusivsten.
Haupteinnahmequelle ist der Vertrieb der schön gestalteten und bei Sammlern begehrten Briefmarken, die in Neuseeland gedruckt werden. Kürzlich sind auch Telefonkarten hinzu gekommen. Der Pitcairn-Dollar wird als Sammlermünze in Gold und Silber (in Deutschland) geprägt.
Honig, Trockenfrüchte, Schnitzereien und in Asien hergestellte T-Shirts werden an die Kreuzfahrttouristen verkauft und in geringem Umfang auch exportiert. Der Vertrieb erfolgt über die "Pitcairn Island Producers Cooperative" (kurz: PipCo).
Den wesentlichen Beitrag zum Staatshaushalt leisten jedoch die Subventionen von Großbritannien und der EU. Den auf der Insel jährlich erwirtschafteten 253.000 USD steht ein Aufwand von 1,1 Millionen USD gegenüber. [1]
Infrastruktur
Mangels fließender Gewässer hat Pitcairn keine Süßwasserversorgung, Vorräte sind in Zisternen gespeichert, die Häuser verfügen über Wassertanks. Eine Bohrung hat unlängst ein Süßwasservorkommen in 30 m Tiefe nachgewiesen (13. März 2005, Mike Warren). Als großen Fortschritt empfanden die Einwohner die Installation von Toiletten mit Wasserspülung im Jahr 2003 (besonders öffentliche für den Bedarf der gelegentlichen Kreuzfahrttouristen).
Die Stromversorgung erfolgt durch zwei Dieselgeneratoren, die jedoch nur zeitweilig in Betrieb sind. Eine 24-Stunden-Versorgung ist nicht vorgesehen. Ein wesentlicher Kostenfaktor für die kleine Gemeinde ist der Treibstoff für die Generatoren, sodass ein gelegentlich von einem Kreuzfahrtschiff als Gastgeschenk überreichtes Fass Diesel hoch willkommen ist.
Die Häuser sind mit Inseltelefon über UKW verbunden. Seit eine 2001 (?) installierte Erdbebenwarte kontinuierliche Datenübertragung notwendig machte, ist auch E-Mail- und Telefonverkehr über Inmarsat möglich. Die Funkstation der Insel betreibt amtlichen Funkverkehr, es gibt aber auch private Kurzwellenverbindungen mit Pitcairn auf 21348 und 14181 KHz (Rufname z.B. VP6TC, Tom Christian) oder auf 21325 und 21348 KHz (VP6YL), und etliche mehr.
Auf der Insel gibt es derzeit noch keine befestigten Straßen. Hauptverkehrsmittel sind Quads und Motordreiräder, die schon von Kindern virtuos gehandhabt werden. Pläne, den Weg von der Mole bis Adamstown am Hill of Difficulty gegen Erdrutsche zu befestigen und zu betonieren, werden gerade verwirklicht. (s. „Geplanter Ausbau“).
Pitcairn hat weder Hafen noch Flugplatz. Der einst diskutierte Airstrip scheint aus Platzmangel und ökologischen Gründen unrealisierbar. Die gesamte Versorgung erfolgt über Frachter, normalerweise Containerschiffe im Verkehr zwischen Neuseeland und dem Panamakanal: Das Schiff stoppt für einige Stunden und die Güter werden in oft riskanten Manövern mit den rund 12 Meter langen Aluminium-Arbeitsbooten der Pitcairner überstellt.
Die Insel hat eine recht fortschrittlich mit Computer, Video und DVD-Player ausgestattete Schule. Die Lehrerin wird für zwei Jahre verpflichtet und kommt meist aus Neuseeland. Kinder, die auf weiterbildende Schulen gehen möchten, besuchen Internate in Neuseeland.
Vor einigen Jahren wurde die Krankenstation modernisiert. In dem neu errichteten Gebäude unterhalb des Dorfes sind ein Behandlungszimmer mit Röntgeneinrichtung, ein Zahnbehandlungsraum, Labor und Medikamentendepot sowie ein Krankenzimmer untergebracht. Die Insel hat keinen Arzt. Krankenschwester ist normalerweise die Ehefrau des Pfarrers. Inzwischen hat sich aber auch die Pitcairnerin Meralda Warren zur Krankenschwester ausbilden lassen.
In einem Coop-Laden können die Inselbewohner Güter kaufen, die sie nicht selbst herstellen können, allerdings ist das Angebot sehr beschränkt, insbesondere, wenn das Versorgungsschiff Verspätung hat.
Am 13. Oktober 2005 wurde die Straße auf den "Hill of Difficulties" offiziell eröffnet. Für diese Verbesserung der Infrastruktur waren der Insel 6,6 Millionen USD zur Verfügung gestellt worden. Davon wurden 3,6 Millionen von Großbritannien und 3,0 Millionen aus EU-Mitteln aufgebracht.
Geplanter Ausbau
- Das nicht von der britischen Regierung finanzierte, aber nötige neue Bootshaus, das mit 12.000 USD veranschlagt wurde, wird durch private Spender und Sponsoren finanziert. [2]
Tourismus
Pitcairn ist schwierig zu erreichen, da die Insel über keinen Flugplatz und keinen Hafen verfügt. Versorgungsschiffe fahren unregelmäßig ab Neuseeland und sind daher für Touristen kaum geeignet. Kreuzfahrtschiffe, die mehrmals jährlich vorbeikommen, und Segelkreuzfahrten sind faktisch die einzige Möglichkeit, dorthin zu gelangen. Allerdings ist das Anlanden wegen der rauen See häufig zu gefährlich für Touristen, so dass viele Kreuzfahrtschiffe keine Passagiere absetzen, sondern nur die Insel umfahren. Pitcairner kommen dann an Bord, bieten Souvenirs an und „nehmen Erfrischungen zu sich“, wie man sich angesichts des Alkoholverbots auf der Insel pietätvoll ausdrückt. Für das Betreten der Insel ist eine kostenpflichtige Erlaubnis erforderlich. Diese wird für Kreuzfahrttouristen erteilt, Besuchern die länger bleiben wollen wird die Erlaubnis jedoch meist vom Inselrat verweigert. In Adamstown gibt es ein Regierungs-Gästehaus, das offiziellen Besuchern vorbehalten ist, andere Gäste müssen privat unterkommen.
Hauptattraktion ist wohl die Insel selbst mit ihren Bewohnern, und das Wissen zu den Wenigen zu gehören, die Pitcairn überhaupt jemals betreten haben.
- In einem Raum neben der Schule ist ein kleines Museum eingerichtet. Es zeigt fein gearbeitete Steinwerkzeuge aus der Zeit der polynesischen Besiedelung, einige Relikte der Bounty und persönliche Besitztümer der Bounty-Meuterer.
- Oberhalb von Adamstown liegt in einem steilen Felsen Christians Cave, eine flache Höhle mit überwältigendem Blick über die Insel und das Meer. Hier soll sich Fletcher Christian zurückgezogen haben, um nach britischen Schiffen Ausschau zu halten oder seinen Gedanken nachzuhängen.
- Am nördlichen Dorfrand liegt der kleine Friedhof, romantisch verwittert und mit blühenden Schlingpflanzen überwuchert. Außerhalb des Friedhofes, im Westen des Dorfes, liegt das Grab von John Adams, der neben seinen Frauen bestattet ist. Es ist das einzige noch erhaltene Grab eines Meuterers der Bounty.
- Der Hauptplatz, ein befestigter Platz in der Dorfmitte, wird umrahmt von der Kirche, der Post, dem Gemeindehaus und dem Gemeindesaal.
- In der Kirche wird in einer Vitrine die Bibel der Bounty aufbewahrt, die noch einige handschriftliche Anmerkungen William Blighs enthält. Vor dem Gemeindehaus sind ein Anker und einer der Vierpfünder („Kanone“) der Bounty ausgestellt (der andere Anker wurde bei Christians heimlicher Abreise aus Tahiti abgeschnitten).
Der Vergewaltigungs-Prozess 2004
Nach Anschuldigungen wegen Kindesmissbrauchs und Vergewaltigung gegen mehrere Pitcairner Männer wurden fünf Jahre lang Untersuchungen in Pitcairn, Norfolk, Australien und anderswo geführt. Es wurde auch geklärt, dass der Prozess, wie von der Anklage gefordert, auf Pitcairn stattzufinden hätte.
Daher wurde eigens für den Prozess ein Gerichtsgebäude errichtet und die Satellitenkommunikationsanlagen wurden so ausgebaut, dass die Zeuginnen während des Prozesses per Videokonferenz vernommen werden konnten, da sie durch Aufenthalt unter den engen Verhältnissen der Insel unzumutbarem psychischem Druck ausgesetzt gewesen wären. Richter, Staatsanwälte und Verteidiger hatten aus Neuseeland anzureisen.
Die Staatsanwaltschaft legte sieben Beschuldigten 50 Missbrauchs- und Vergewaltigungsfälle zur Last, die teilweise bis in die 60er-Jahre zurückreichen. Im Oktober 2004 wurden vom Gericht sechs Einwohner – die Hälfte der erwachsenen Männer auf der Insel – mehrfacher sexueller Vergehen an Minderjährigen für schuldig befunden. Pitcairns damaliger Bürgermeister Steve Christian wurde wegen fünf Vergewaltigungen zu drei, sein Sohn Randy wegen derartiger Delikte zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt; weitere Täter erhielten Haftstrafen von fünf und zwei Jahren, zwei Beschuldigte wurden zum Ableisten gemeinnütziger Arbeit verurteilt, einer, derzeit Bürgermeister, wurde freigesprochen. Die Verteidigung hat Rechtsmittel gegen die Urteile eingelegt und dies damit begründet, dass britisches Recht auf Pitcairn nicht oder nicht in vollem Umfang anzuwenden sei.
Das oberste Gericht von Pitcairn in Auckland wies die Berufung am 24. Mai 2005 ab. Der Fall wurde an den Privy Council in London verwiesen. Die Verurteilten blieben aber weiter auf freiem Fuß.
Das Urteil kann das Leben aller Inselbewohner schwer beeinträchtigen, da die Insel über keinen für seegehende Schiffe befahrbaren Hafen verfügt, die Versorgung der Insel mit Waren daher nur über Longboats, Arbeitsboote, abgewickelt werden kann, zu deren Bemannung zumindest einige der Verurteilten benötigt werden. Ein Zusammenbruch der Versorgung wäre zu befürchten, wenn die Männer länger inhaftiert sind. Dass den Häftlingen für diese unumgänglichen Einsätze ohnedies Hafturlaub gewährt werden wird, gilt als gesichert, ebenso wie als sicher angenommen wird, dass den Einsprüchen der Anwälte letztlich nicht stattgegeben werden wird.
Für die Gesellschaft Pitcairns, wo jeder mit jedem verwandt ist, ist die Belastung durch die Ereignisse ohnedies ebenso unabwendbar wie gewaltig. Bereits während der jahrelangen Voruntersuchungen hatten sich „Lager“ gebildet.
Pitkern
Ein interessantes Relikt aus der Zeit der Meuterer ist die Umgangssprache Pitkern, ein Pidgin aus der Umgangssprache der britischen Seeleute des ausgehenden 18. Jahrhunderts und dem Tahitianisch dieser Zeit.
Literaturhinweise
- Dea Birkett: Schlange im Paradies, Albrecht Knaus 1997, ISBN 381350123
(beschreibt den Inselalltag aus der Sicht einer wenig beliebten Langzeitbesucherin) - Herbert Ford: Pitcairn: Port of Call, Hawser 1996; ISBN 0964964201
(englisch; Professor Ford ist Leiter des Pitcairn Islands Study Center, Pacific Union College [Adventisten]) - H. Lavachery: Contribution à l´étude de l´archéologique de l’Île de Pitcairn, veröffentlicht im Bulletin der königlich belgischen Gesellschaft für Anthropologie und Vorgeschichte, Band V 51, 1936 (in französischer Sprache)
- Charles Nordhoff und James Hall: Meer ohne Grenzen, z.B. Verlag Maritim, Hamburg 2004 (Die Geschichte Pitcairns als Roman, deutsch; ISBN 3-89225-508-3)
Weblinks
- http://www.lareau.org/pitcairn2.gif Karte der Insel
- http://www.government.pn/ Pitcairns offizielle Website (englisch)
- http://library.puc.edu/pitcairn/pitcairn/index.shtml Informationen über die Pitcairn-Inseln (Pacific Union College; englisch)
- http://www.mare.de/mare/hefte/pitcairn.php Pitcairn-Kolumne und -Archiv in der Zeitschrift mare (dt.)
- http://www.koys.de/Pitcairn/ Pitcairn - Ein Bilderbuch zum Herunterladen (Ina Koys)
- http://onlinepitcairn.com/newslinks.htm Tagebuch des Pitcairners Mike Warren