Die Briefmarkenprüfung dient dem Philatelisten der Beurteilung um Echheit und Erhaltungsgrad seines Sammelgutes (Briefmarke, Ganzsache, Ganzstück, Briefstück, u.s.w.) durch unabhängige Experten. Je wertvoller eine Sammelobjekt ist, desto größer ist die Gefahr, dass dieses ge- oder verfälscht wird, oder dass wertmindernde Reparaturen verschleiert werden. Der Befund der Prüfung kann auf dem Sammelobjekt vermerkt (signiert) oder in einem Attest festgehalten werden.
Geschichte
Einer der ersten deutschen Prüfer war Alfred Moschkau ab 1871, er prüfte damals schon hunderte Stücke pro Jahr, anhand der Referenzstücke seiner eigenen Sammlung. Er verlangte dafür noch kein Honorar und er prüfte Briefmarken aus aller Welt. Bis ins 20. Jahrhundert hinein gab es noch Allgemeinprüfer ohne Spezialisierung.
Prüfer
Briefmarkenprüfer sind Experten, die auf bestimmte Sach- bzw. Prüfgebiete (zeilich und/oder regional) spezialisiert sind. Es gibt keine staatlich anerkannte Ausbildung. Das Ansehen eines Briefmarkenprüfers beruht daher primär auf seinen Ruf, den er durch seine, meist in Jahrzehnten erworbene Fachkompetenz, erworben hat. Die Mitgliedschaft in einem Prüfer-Verband setzt die Ablegung von verbandsinternen Prüfungen mit Nachweis der Kompetenz (technische Prüfmethoden) und Nachweis einer Vergleichsammlung voraus.[1] Das Mitglied unterwirft sich damit den Prüfregeln und dem Ehrenkodex des jeweiligen Verbandes.[2] Die Effektivität dieser Selbstkontrolle wird immer wieder in Frage gestellt und die Nähe von Prüfern zu Briefmarkenhändlern und Auktionatoren oftmals kritisiert.
Prüfung
Briefmarkenprüfer prüfen philatelistische Sammelobjekte auf Echtheit und Qualität, meist Erhaltung. Die Prüfstücke werden zunehmend immer seltener signiert (rückseitig mit Prüfer-Namen gestempelt), sondern es wird ein mit einer Fotografie des Prüfstückes versehener Kurzbefund, bei steigendem Wert ein Befund oder ein Attest. ausgestellt. Befunde und Atteste sind mit Sicherheitsmerkmalen im Papier oder mittels Hologramm versehen. Gefälschte Briefmarken jedoch werden vom Briefmarkenprüfer zwingend als solche gekennzeichnet. Sie erhalten auf der Rückseite den Stempel "Falsch". Teilfälschungen werden ebenfalls als solche erkenntlich gemacht. Die Stempel lauten in diesen Fällen etwa „Stempel falsch“ oder „Gummi falsch“.
Die Prüferverbände legen für ihre Mitglieder möglichst einheitliche Standards zu Prufumfang und Prüfverfahren fest.[3]
„[...] Die Feststellungen eines Prüfers zu einem philatelistischen Prüfgegenstand können in der Regel nicht mit absoluter Sicherheit, sondern nur mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgen. Ein generell anwendbares Verfahren zur Prüfung philatelistischer Gegenstände existiert nicht.
Gegebenenfalls hat der Prüfer verschiedene Verfahren anzuwenden, um zu einem zutreffenden Prüfurteil zu gelangen. Die Prüfung erfolgt auf der Grundlage des zum Zeitpunkt der Prüfung vorhandenen Wissens und der vorhandenen Vergleichssammlung. [...].
Weiterhin sind Datensammlungen (z. B. Register der besseren und fälschungsgefährdeten Stücke des Prüfgebietes, Kopien der vom Prüfer selbst erstellten Atteste, Auktionskataloge, Stempelabbildungen, Literatur) zur Prüfung notwendig.
Gesicherte Forschungsergebnisse philatelistischer Autoren und Arbeitsgemeinschaften sowie postgeschichtliche und zeitgeschichtliche Hintergründe zum Prüfgebiet sind zu berücksichtigen.“
Die Prüfung kann nach Arbeitsaufwand und -belastung des einzelnen Prüfers unterschiedlich lange dauern. Es gilt auch das Gebot der Wirtschaftlichkeit: Prüfmethoden die üblicherweise dem Prüfer nicht zur Verfügung stehen oder die mit einem Kostenaufwand verbunden sind, der weit über das übliche Maß hinausgehen (z.B. Isotopenverfahren, C-14-Altersbestimmung, Röntgen-Fluoreszenz) sind ausgeschlossen.[4]
Die Kosten einer Prüfung richten sich nach den Angaben der Prüfordnung des jeweiligen Prüfers oder Prüfer-Verbandes, in der Regel betragen sie zwischen 2 und 4% des Katalogwertes eines Prüfstückes, wobei in den Prüfordnungen oft Mindestgebühren pro Prüfsendung und Prüfobjekt sowie Gebühren für die Signierung bzw. Attestart (Kurzbefund, Befund, Attest) ausgewiesen sind.
Prüfzeichen-Stellungen
Auf Wunsch des Besitzers kann der Prüfer, nach (zumindest in Deutschland) einheitlichen Vorschriften, rückseitig ein Prüfzeichen setzen. Die Stellung macht Aussagen zum Prüfobjekt. Prüfer-Signaturen bestehen in der Regel aus dem Namen des Prüfers und (seit einigen Jahren) dem Kürzel des Prüfverbandes. Das Signum wird mit einem Stempel auf die Rückseite der Briefmarke angebracht. Es ist im Vergleich zur Briefmarke verhältnismäßig klein. Es gibt verschiedene Stellungen für die Signaturen. Ungebrauchte Briefmarken werden anders signiert als gestempelte, Briefmarken ohne Aufdruck als Briefmarken mit solch einem sowie gezähnte Stücke anders als Geschnittene. Das Signum gibt außerdem durch den Abstand von einer gedachten Grundlinie Auskunft über den Erhaltungszustand der Briefmarke.
1. Briefmarken ohne Aufdruck ((links: mit Zähnung - mittig: mit Durchstich - rechts: ohne Zähnung):
2. Briefmarken mit Aufdruck (links: mit Zähnung - mittig: mit Durchstich - rechts: ohne Zähnung):
3. Probedrucke, Specimen, Essays:
4. Briefmarken mit Mängeln (links: kleinere Mängel - rechts: größere Mängel):
In den Abbildungen bedeutet: ** = Original-Gummierung, * = ohne Gummi (ggfs. entfernt oder beschädigt, z.B. durch Falz, o = gestempelt
Prüfer-Verbände und Prüfstellen
Deutschsprachiger Raum
Im deutschsprachigen Raum gibt es mehrere Prüfverbände. In Deutschland sind dies der 1958 gegründete „Bund Philatelistischer Prüfer e.V. (BPP)“[5][6] mit 104 Prüfern,[7] sowie der „Verband Philatelistischer Prüfer e.V.“. In Österreich gibt es den „Verband Österreichischer Briefmarkenprüfer“[8] mit 24 Prüfern[9] und den „Verband Philatelistischer Experten“[10] mit 11 Prüfern.[11] In der Schweiz den „Schweizerischen Briefmarken-Prüfer-Verband“[12] mit 10 Prüfern.[13]
Vereinigtes Königreich
Im Vereinigten Königreich erfolgt die Briefmarkenprüfung u.a. durch ein Expertenkomitee der „Royal Philatelic Society London“. Die damalige "Philatelic Society London" gründete 1894, nach mehreren Fälscherskandalen, ein "Expert Committee".[14] Seitdem wurden 217000 Atteste ausgestellt, pro Jahr kommen 2500 bis 3000 hinzu.[15]
Vereinigte Staaten
Wie im Vereinigten Königreich erfolgt die Prüfung in den Vereinigten Staaten meist durch Expertenkomitees, u.a bei der „Philatelic Foundation“[16] und der „American Philatelic Society“ (American Philatelic Expertizing Service).[17]
International Association of Philatelic Experts (AIEP)
Internationaler Verband unabhängiger Prüfer, die z.T. auch Mitglieder in nationalen Prüferverbänden sind.[18] Ziel des Vereins ist die weltweite Zusammenführung, Kooperation und Meinungsautausch der führenden Briwefmarkenprüfer. Im Kampf gegen Fälschung arbeitet der AIEP mit anderen internationalen und nationalen Oganisationen zusammen.[19]
Der Verband wurde auf dem „1st Philatelic Experts‘ Congress“ 1954 in Meran gegründet. Als Präsident fungierten Ferdinand Wallner, Ladislaus Varga, Hans Hunziker, Enzo Diena, Emil Rellstab, Wolfgang Hellrigl, Carl Aage Møller und Klaus M. Schöpfer.[18] Aktuell gehören ihm 105 Prüfer an.[20]
Auszeichnungen
Seit 1996 wird für „ausserordentliche Verdienste um das Prüfwesen“ vom Auktionshaus Köhler, der sogenannte Köhler-Preis vergeben. Der Gründer des Auktionshauses Heinrich Köhler (1881–1945) war selbst Prüfer.
Literatur
- Peter Fischer: Das philatelistische Prüfwesen in der SBZ und DDR (1945 - 1990), Phil Creativ, Schwalmtal 2008, ISBN 978-3-932198-81-6
- Wolfgang Maaßen: Die Geschichte des Prüfwesens in der deutschen Philatelie : (1860 - 1945), Phil Creativ, Schwalmtal 2008, ISBN 978-3-932198-78-6
- Wolfgang Maaßen, in Zusammenarbeit mit Wilhelm van Loo: Echt oder falsch? - das ist hier die Frage! – Fälschungen und Fälscher in der Philatelie. Ratgeber für Briefmarkensammler. Band 3, Verlag Phil Creativ, Schwalmtal 2003, ISBN 3-932198-48-4.
- Hans-Karl Penning, Helmut Oechsner: 50 Jahre Bund Philatelistischer Prüfer 1958-2008. Verlag: Phil Creativ, Schwalmtal 2008, ISBN 3-932198-80-8.
- Frank Arnau: Lexikon der Philatelie; München 1958, S. 404–406
- Ullrich Häger: Großes Lexikon der Philatelie. Bertelsmann, Gütersloh 1973.
- M. Williams: Forged Stamps of Two World Wars. London.
- Fritz Billig, Otto Stiedl: Grosses Handbuch der Fälschungen. F. Billig, Wien 1934.
- Joachim Hosang: Gezähnte Kriegspropaganda. Handbuch und Katalog.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Richtlinien für die Aufnahme als Verbandsprüfer im BPP. Bund Philatelistischer Prüfer e.V., abgerufen am 12. Januar 2015 (z.B. wird verlangt dass der Prüfer vorlegt: eine Aufstellung über die zur Verfügung stehende Literatur; ein Nachweis einer Datei über wesentliche Stücke des Prüfgebietes und Fälschungen; eine Beschreibung des Umfangs und Inhaltes der eigenen Prüfsammlung (Marken, Abstempelungen usw.); die Angabe der zur Verfügung stehenden technischen Hilfsmittel unter Angabe des Herstellers (UV-Lampe, wissenschaftliches Mikroskop, Fotoausrüstung, Fotokopiergerät, Computer, Drucker, Scanner usw.); Die Prüfung selbst umfasst: Allgemeine Kenntnisse der Philatelie, Geschichte, Fachausdrücke; Aussortieren von echten, falschen bzw. reparierten Marken; Papier, Farben, Gummi, Zähnung, Wasserzeichen; Druckverfahren; Entwertungen; Ausstellung eines Attestes).
- ↑ Verhaltensgrundsätze für Prüfer im BPP e. V. Bund Philatelistischer Prüfer e.V., abgerufen am 12. Januar 2015 (Die Pflichten umfassen u.a.: Der Prüfer führt seine Tätigkeit gewissenhaft aus. Informationen, die den Wert eines Prüfgegenstandes erheblich beeinflussen, dürfen nicht wissentlich verschwiegen und zum eigenen Vorteil ausgenutzt werden. Grundlage seiner Prüfung ist die Prüfordnung sowie für das jeweilige Prüfgebiet aufgestellte Sonderregelung. Von der Prüfordnung abweichende individuelle Abreden sind nur u.U. zulässig (Schriftform). Der Prüfer hat nach Grundsätzend des BPP Prüfstandards und Richtlinien zur Erstellung von Befunden und Attesten einzuhalten. Der Prüfer ist verpflichtet, die Vergütung für seine Prüfungstätigkeit mit einem festen Prozentsatz vom jeweiligen MICHEL-Katalogwert oder vom Handelswert zu bestimmen. Das Recht zur Vereinbarung einer Mindestvergütung bleibt unberührt; die Höhe der Mindestvergütung darf nicht vom Ergebnis der Prüfung abhängig gemacht werden. Der Prüfer darf nur dann gleichzeitig für mehrere Beteiligte (z. B. Käufer und Verkäufer) als Auftraggeber tätig werden, wenn dies ausdrücklich vereinbart und offen gelegt wird.).
- ↑ Prüfstandards des Bundes Philatelistischer Prüfer e. V. (BPP). Bund Philatelistischer Prüfer e.V., abgerufen am 12. Januar 2015 (Einzelaspekt einer Prüfung: Prüfung der Echtheit und Klassifizierung des Prüfgegenstandes; Prüfung der Entwertung; Prüfung des Zustandes des Prüfstückes. Dies geschieht unzer Zuhilfenhame vom Technische Hilfsmitteln (u.a. verschiedene Lichtquellen, Lupen, Mikroskope, UV-Lampen, Zähnungsschlüssel, Wasserzeichensuchgeräte, Papierstärkenmessgerät).).
- ↑ Prüfstandards des Bundes Philatelistischer Prüfer e. V. (BPP). Bund Philatelistischer Prüfer e.V., abgerufen am 12. Januar 2015.
- ↑ Marke Eigenbau. Focus Online, 22. April 2013, abgerufen am 13. Januar 2015.
- ↑ Vorsicht, Fälschung! Welt.de, 18. Februar 2006, abgerufen am 13. Januar 2015.
- ↑ Prüferliste. Bund Philatelistischer Prüfer e.V., abgerufen am 14. Januar 2015.
- ↑ Briefmarkenprüfer. Verband Österreichischer Philatelistenvereine, abgerufen am 14. Januar 2015.
- ↑ PRÜFERLISTE des VÖB. (pdf) Verband Österreichischer Philatelistenvereine, März 2013, abgerufen am 14. Januar 2015 (Prüfordnung: http://www.voeph.at/fileadmin/pdf/Allgemein/Briefmarkenpruefer).
- ↑ Die Verbandsprüfer für Briefmarken und postalische Belege. Verband Philatelistischer Experten - VPEX, abgerufen am 14. Januar 2015.
- ↑ Liste der Verbandsprüfer mit ihren Prüfgebieten. Verband Philatelistischer Experten - VPEX, abgerufen am 14. Januar 2015 (Prüfordnung: http://www.vpex.info/SidePruford.htm).
- ↑ Willkommen. Schweizerischen Briefmarken-Prüfer-Verbande SBPV, abgerufen am 14. Januar 2015 (Prüfordnung: http://www.briefmarken-pruefer.ch/?tsk=show_page&id=3).
- ↑ Verzeichnis der offiziellen, aktiven Prüfer des Verbandes Schweizerischer Philatelistenvereine. Schweizerischen Briefmarken-Prüfer-Verbande SBPV, abgerufen am 14. Januar 2015.
- ↑ Experts. Royal Philatelic Society London, abgerufen am 12. Januar 2015.
- ↑ Frank Walton FRPSL: Expert Committee’s Certificate Numbers. Royal Philatelic Society London, 17. Februar 1014, abgerufen am 14. Januar 2015.
- ↑ The Expertizing Process. The Philatelic Foundation, abgerufen am 12. Januar 2015.
- ↑ Stamp Authentication. American Philatelic Society, abgerufen am 12. Januar 2015: „APEX utilizes the services of more than 120 specialists and a variety of high-tech equipment to provide guaranteed opinions“
- ↑ a b About us. AIEP, abgerufen am 12. Januar 2015.
- ↑ Objectives. AIEP, abgerufen am 14. Januar 2015.
- ↑ Experts. AIEP, abgerufen am 14. Januar 2015.