Ein Hubschrauber (vor allem in der Schweiz auch: Helikopter, abgekürzt: Heli, zu griech. hélix "Windung; Spirale" und pterón "Flügel"; engl. helicopter) ist ein Flugzeug und Luftfahrzeug, das durch einen oder mehrere motorisch angetriebene Drehflügel Auftrieb und Vortrieb erhält.
Die Drehflügel, Rotor genannt, wirken wie drehende Tragflächen, daher gehören Hubschrauber auch zu den Drehflügelflugzeugen, im Unterschied zu den Starrflügelflugzeugen. Sie sind weiterhin Senkrechtstarter, können also vertikal starten und landen. Nicht zu Hubschraubern werden gerechnet: Tragschrauber, Hybrid- und VTOL-Flugzeuge.

Funktion
Die rotierenden Rotorblätter erzeugen gegenüber der anströmenden Luft einen dynamischen Auftrieb. Wie bei den starren Tragflächen eines Flugzeugs ist dieser abhängig von ihrem Profil und Anstellwinkel. Beim schwebenden Hubschrauber entspricht die Anströmgeschwindigkeit der Umlaufgeschwindigkeit; wenn er sich fortbewegt, erhöht sie sich winkelabhängig maximal um die Fluggeschwindigkeit.
Eine an allen Blättern gleichzeitig wirkende kollektive Blattverstellung verändert den Auftrieb und damit Steigen oder Sinken. Sie wird durch das Anheben oder Senken der Taumelscheibe im Rotorkopf gesteuert. Diese verdreht über ein mit dem Rotor mitlaufendes Gestänge die Rotorblätter an den Blattwurzeln und verändert damit deren Anstellwinkel.
Die zyklische Blattverstellung wiederum dient zur Steuerung der Lateralbewegung, d.h. von Vorwärts-, Seitwärts- oder Rückwärtsflug über den Hauptrotor. Hierbei wird die Blattanstellung während des Umlaufs um die Rotorachse (zyklisch) verändert, indem die Taumelscheibe geneigt wird. Beim Vorwärtsflug wird dadurch der Anstellwinkel der Blätter abhängig vom Drehwinkel so geändert, dass die Rotorebene sich nach vorne neigt, der Luftstrom nach hinten, und so ein Schub nach vorne entsteht.
Durch die Aerodynamik des Rotorblatts entstehen beim Vorwärtsflug asymetrische Kräfte auf die vor- und rücklaufenden Blätter, die durch Schlag- und Schwenkgelenke am Rotorkopf aufgefangen werden. Neuere Konstruktionen kommen ohne diese Gelenke aus (halbstarrer Rotorkopf), da die Rotorblätter flexibel sind und so die dynamischen Kräfte aufnehmen können. Diese Bauweise wurde erstmals beim Bo-105 durch Blätter aus glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK) realisiert und beim EC 135 weiter entwickelt.
Giermomentausgleich
Wird der Rotor durch den Antrieb in Drehung versetzt, so entsteht an der Rotorachse ein Drehmoment (Giermoment), das entgegengesetzt auf den Rumpf einwirkt. Um dieses auszugleichen, gibt es - neben dem Blattspitzenantrieb - prinzipiell zwei Möglichkeiten:
- Seitlich wirkender Schub durch Heckrotor; s.a. Fenestron und NOTAR.
- Zwei gegenläufige Hauptrotoren, deren Giermomente sich ausgleichen - als Koaxialrotor oder auch als Tandem-Konfiguration, d.h. hintereinander oder nebeneinander liegende, oder ineinander greifende Rotoren mit gekippter Drehachse (Flettner-Doppelrotor) oder auch als Schubdüsen mit impeller anstelle eines Heckrotors wie z. B. beim McDonnel Douglas Explorer NOTAR .
Mag ein System mit Doppelrotor auf den ersten Blick als effizientere Konstruktion erscheinen, so hat sich in der Praxis aber die Heckrotor-Konfiguration durchgesetzt. Ursache sind die niedrigeren Bau- und Wartungskosten von Rotorkopf und Getriebe, der aufwändigsten und empfindlichsten Baugruppen eines Hubschraubers.
Heckrotoren gibt es in Ausführungen mit zwei bis fünf Blättern. Um den Lärm zu verringern, werden teils vierblättrige Rotoren in X-Form eingesetzt. Eine besonders leise Variante ist der Fenestron, ein ummantelter Propeller im Heckausleger mit bis zu 18 Blättern.
In der Regel ist die Drehzahl des Heckrotors über eine feste Verbindung mit der des Hauptrotors gekoppelt, der Antrieb erfolgt dann aus dem Hauptgetriebe über Wellen und Umlenkgetriebe. Der Schub zur Steuerung der Gierachse wird über den Anstellwinkel der Heckrotorblätter geregelt, nach dem gleichen Prinzip wie die kollektive Verstellung des Hauptrotors.
Während des Vorwärtsflugs wird bei vielen Hubschraubern der Heckrotor entlastet, indem die Anströmung des Seitenleitwerks das Giermoment kompensiert. Die Endplatten haben dazu eine leichte Schrägstellung zur Seite, abhängig von der Drehrichtung des Hauptrotors.
Sollte der Antrieb ausfallen, können Hubschrauber trotzdem noch landen. Sie gehen dann in einen Sinkflug über, wobei der freilaufende Rotor nun durch die Luftströmung in Drehung gehalten wird - eine Autorotation wie beim Autogiro; ein Giermomentausgleich ist dabei nicht notwendig. Vor der Landung wird dann der Pitch erhöht, um mit der kinetischen Energie des Rotors einmalig ein weiches Aufsetzen zu ermöglichen.
Auch ein Ausfall des Heckrotors z. B. durch Bruch der Antriebswelle oder der Steuerstangen für den Anstellwinkel führt nicht zwangsläufig zum Absturz, denn bei ausreichender Vorwärtsgeschwindigkeit können Seitenleitwerk und Endplatten das Giermoment kompensieren. Der Hubschrauber kann dann ähnlich wie ein Flugzeug aus dem Sinkflug landen, mit einem Kufenlandegestell z. B. auf Gras.
Flugleistungen
Hubschrauber erreichen prinzipiell nicht die Flugleistungen von Starrflügelflugzeugen. Die Höchstgeschwindigkeit liegt meist zwischen 200 und 300 km/h, einige Kampfhubschrauber erreichen 340 km/h. Der Geschwindigkeits-Weltrekord für Hubschrauber liegt bei 400,87 km/h und wurde am 11. August 1986 mit einem Westland Lynx erzielt.
Auch die Gipfelhöhe ist begrenzt und liegt typisch bei 5.000 Metern, wobei einzelne Modelle bis zu 9.000 Metern erreichen. Der Höhenrekord von 13.716 m (45.000 ft) wurde im Mai 2005 von Didier Delsalle mit einem Eurocopter AS 350 aufgestellt.
Die Höchstgeschwindigkeit eines Hubschraubers wird durch die Aerodynamik seiner Rotorblätter begrenzt: Das jeweils nach vorne laufende Blatt hat gegenüber der von vorn anströmenden Luft eine höhere Geschwindigkeit als das nach hinten laufende - zu der Drehgeschwindigkeit addiert sich die Geschwindigkeit des Hubschraubers selbst. Erreicht nun das vorlaufende Blatt im Außenbereich die Überschallgeschwindigkeit, kommt es zum Strömungsabriss. Für den Piloten äußert sich dies z. B. in starken Schwingungen, die die Kontrolle des Hubschraubers unmöglich machen können.
Meist wird die Vorwärtsgeschwindigkeit eines Hubschraubers jedoch durch das rücklaufende Rotorblatt begrenzt: Hier führt die Kombination aus hohem Anstellwinkel (zyklische Verstellung, siehe oben) und geringer Strömungsgeschwindigkeit am rücklaufenden Blatt zum Strömungsabriss und damit Auftriebsverlust. Viele Hubschrauber kippen daher zuerst in Richtung zum rücklaufenden Rotorblatt, bevor das vorlaufende Blatt in den Überschallbereich gelangt.
Der Kraftstoffverbrauch eines Hubschraubers liegt bei gleicher Zuladung im allgemeinen deutlich über dem eines Tragflächen-Flugzeugs.
Der Vorteil eines Helikopters aber liegt in der Fähigkeit, in der Luft stehen zu bleiben (Schwebeflug, auch Hover) rückwärts und seitwärts zu fliegen, sowie sich im langsamen Flug um die Hochachse (Gierachse) zu drehen. Weiterhin kann ein Hubschrauber senkrecht starten und landen (VTOL) und benötigt daher keine Start- oder Landebahn, sondern nur einen ebenen Platz von ausreichendem Durchmesser.
Entwicklungsgeschichte
Schon Leonardo da Vinci hat Ende des 15. Jahrhunderts Skizzen eines Hubschraubers angefertigt, aber erst im 20. Jahrhundert gelang die technische Umsetzung dieser Idee. Pioniere der Hubschrauberentwicklung waren Alberto Santos Dumont, Louis Bréguet, Juan de la Cierva, Étienne Oehmichen, Oscar von Asboth und Igor Sikorski:
Bei der Entwicklung seines Autogiro gelangen Juan de la Cierva 1923 wesentliche Lösungen zur Stabilisierung des Rotors eines Drehflüglers, so die Schlaggelenke.
In den frühen 30er Jahren bauten Louis Bréguet und Rene Dorand mit dem Gyroplane-Laboratoire den weltweit ersten stabil fliegenden Hubschrauber. Er hatte einen Koaxialrotor und hielt ab Juni 1935 alle internationalen Rekorde für Hubschrauber.
Der Focke-Wulf Fw 61, der eine Tandem-Konfiguration benutzte, übernahm 1937 die Spitzenposition. Beide Hubschrauber waren Einzelstücke. In Serie gebaut wurde dagegen noch während des Zweiten Weltkriegs der Focke-Achgelis Fa 223 in Deutschland und der Sikorsky R-4 'Hoverfly' in den USA, der wie sein Vorgänger Sikorsky VS-300 mit Heckrotor ausgestattet war. Außerdem die H-5 "Dragon Fly", von denen vier Prototypen gebaut wurden und deren Erstflug als XR-5 am 18. August 1943 stattfand. Die US-Armee bestellte 26 Hubschrauber des Typs YR-5As im März 1944, deren erste YR-5A im Februar 1945 ausgeliefert wurde.
1955 rüstete die französische Firma Sud Aviation ihren Hubschrauber Alouette II mit einer 250 kW-Turboméca-Artouste-Wellenturbine aus und baute damit den ersten Hubschrauber mit Gasturbinenantrieb.
Ein weiterer technischer Meilenstein war der deutsche Bölkow Bo 105, der 1961 als erster Hubschrauber einen gelenklosen Rotorkopf zusammen mit GFK-Rotorblättern einsetzte (die erstmals beim Kamow Ka-26 zum Einsatz kamen). Der Eurocopter EC 135 setzt als aktueller Nachfolger eine weiter verbesserte Form dieser Bauweise ein.
1968 startete mit dem sowjetischen Mil Mi-12 der größte jemals gebaute Hubschrauber, eine quer angeordnete Tandem-Bauweise mit einem Startgewicht von 105 t und einer Nutzlast von 40 t.
Ab 1983 entstand mit dem RAH-66 Comanche ein Kampfhubschrauber mit Stealth-Technik, dessen Fertigung jedoch kurz vor Erreichen der Einsatzreife 2004 gestoppt wurde.
Steuerung
Ein Hubschrauber ist konzeptionell ein instabiles Luftfahrzeug, das heißt, er hat ständig die Tendenz, in die eine oder andere Richtung zu kippen oder zu drehen.
Der Pilot muss diese Bewegungen durch kontinuierliche Steuereingaben abfangen, vor allem beim Schwebeflug oder geringer Geschwindigkeit. Oberhalb von ca. 60 Knoten verhält sich ein Hubschrauber ähnlich wie ein Flugzeug und ist entsprechend einfach zu steuern.
Zur Steuerung des Hubschraubers benötigt der Pilot (anders als im Starrflügel-Flugzeug üblicherweise rechts sitzend) beide Hände und Füße. Mit der linken Hand kontrolliert er über einen Hebel die kollektive Blattverstellung (engl. Pitch) und damit den Auftrieb. Um beim Aufstieg den Abfall der Rotordrehzahl zu verhindern, wird auch die Motorleistung und damit das erzeugte Drehmoment erhöht, manuell oder automatisch. Mit der rechten Hand kontrolliert der Pilot über den Steuerknüppel die zyklische Blattverstellung, d. h. die Neigung der Taumelscheibe und damit die Bewegung um Längs- und Querachse.
Am Boden finden sich zwei Fußpedale, mit denen der Heckrotor und damit die Bewegung um die Gierachse, also die Rechts-Links-Drehung gesteuert wird.
Unfälle
Verglichen mit Flächenflugzeugen weisen Hubschrauber eine signifikant höhere Unfallhäufigkeit auf: Zwischen 1980 und 1998 verzeichnete die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung pro einer Million Abflüge bei Hubschraubern statistisch 54 Unfälle mit 6 Toten, bei Flächenflugzeugen lediglich 10 Unfälle mit 1,6 Toten. Die Unfallsursachen liegen dabei anteilig häufiger im menschlichen Versagen (über 80 %).
Die höhere Unfallwahrscheinlichkeit eines Hubschraubers ist durch die Einsatzart bedingt: Rettungsdienste und Militär können einen Einsatzort nicht vorher bestimmen. So kann die Berührung von Hindernissen (wie Antennen, Stromleitungen) bei tiefen Überflügen dadurch bedingt sein, dass der Pilot das Gelände zum ersten Mal überfliegt. Einsätze im Hochgebirge, wie Lastentransport und Bergrettung, bringen wiederum durch die geringere Luftdichte und Abwinde den Antrieb teils an die Leistungsgrenze. Bei seinem Ausfall sind dann die Bedingungen für eine Autorotations-Landung häufig schlecht.
Bekannt wurde zuletzt der Unfall eines CH-53 am 21.12.2002, bei dem sieben deutsche Soldaten in Afghanistan ums Leben kamen, als sie nach einem Erkundungsflug nahe dem Flughafen Kabul abstürzten, bedingt durch einen Getriebeschaden. Es handelte sich um das bis dahin schwerste Unglück bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr.
Einsatzarten
Der Betrieb eines modernen Hubschraubers ist im Vergleich zu einem Flächenflugzeug mit vergleichbarer Zuladung deutlich teurer. Dennoch ergeben sich aufgrund seiner Fähigkeit, auf unvorbereitetem Gelände starten und landen zu können, eine Reihe von zusätzlichen Einsatzgebieten, unterscheidbar in zivile und militärische.
Zivile Verwendung
Die häufigste Verwendung in Mitteleuropa ist der Bereich Luftrettung mit dem Rettungshubschrauber, wovon es allein in Deutschland über 50 Stützpunkte gibt. Weitere Spezialisierungen stellen Intensivtransporthubschrauber, Großraum-Rettungshubschrauber, Notarzteinsatzhubschrauber und Bergrettungsdienst dar. Auch bei der Polizei und bei der Feuerwehr sind Hubschrauber zu einem wichtigen unterstützendem Faktor geworden. Der Einsatz von Transporthubschraubern stellt, etwa bei Bohrinseln, ein wichtiges Element der Logistik dar. Im Hochgebirge ist der Transport von Baumaterial und Bauteilen mangels geeigneter Landwege oft wichtig für die Errichtung von alpinen Einrichtungen.
Modellhubschrauber bekommen zunehmend Bedeutung, da sich die Technik stetig entwickelt hat und der Pilot sein Hobby auch in Innenräumen ausüben kann. Ferngesteuerte Hubschrauberdrohnen sind so betriebssicher geworden, dass mit der Erstellung von Luftaufnahmen für kommerzielle Zwecke und für vermessungstechnische Einsätze anstelle von bemannten Luftfahrzeugen herangezogen werden.
Militärische Verwendung
Typische militärische Einsatzgebiete sind die Panzerabwehr durch spezialisierte Kampfhubschrauber, wie den Eurocopter Tiger, den Hughes AH-64 oder den Mil Mi-24, die Artilleriebeobachtung, die Luftabwehr, und Einsätze innerhalb der Marine zur U-Jagd, Seeaufklärung, Seerettung und SAR (Search and Rescue, deutsch: Suche und Rettung).
Um Kosten zu reduzieren, werden weiterhin Mehrzweckhubschrauber eingesetzt, die neben dem Truppentransport auch für Außenlasten oder die bewaffnete Infanterieunterstützung umrüstbar sind, so der Sikorsky UH-60. Weitere Einsatzgebiete sind die elektronische Kriegsführung durch Störung von feindlichen Funksignalen oder VIP-Transporte.
Hubschraubertechnik
Weitere Details zu Bauweise und Technik von Hubschraubern finden sich in diesen Artikeln:
- Varianten der Bauweise zum Drehmomentausgleich
- Heckrotor-Konfiguration – Tandem-Konfiguration – Koaxialrotor – Flettner-Doppelrotor – Blattspitzenantrieb
- Verwandte Flugzeug-Bauweisen
- Tragschrauber – Flugschrauber – Wandelflugzeug – Senkrechtstarter – VTOL
Wichtige Hubschrauberhersteller
- Deutschland
- Brasilien
- Frankreich
- Italien/England
- AgustaWestland (früher Westland Aircraft)
- Polen
- Russland
- USA
Siehe auch
Literatur
- Helikopter Hysterie Zwo, Heinrich Dubel, ISBN 3929010771
- Technik und Geschichte der Hubschrauber, Rolf Besser, ISBN 3763759654
Weblinks
- http://www.helionline.de - German Helicopter Database
- http://www.heliport.de - Informationen zu div. Hubschraubertypen
- http://www.heliweb.ch - Helikopter in der Schweiz
- Schematische Darstellung einer Hubschraubersteuerung
- Hubschrauber Datenbank
- http://www.helispot.com/photos/ Fotodatenbank
- http://avia.russian.ee/helicopters.html - 'All the worlds Rotorcraft', viele seltene Modelle
- http://www.helichris.pfeifhofer.info