Kreatives Schreiben

literarische Methodik
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Kreatives Schreiben ist eine Bezeichnung für Schreibansätze, die davon ausgehen, dass Schreiben ein kreativ-sprachlicher Prozess ist, zu dem jeder Mensch methodisch angeleitet werden kann. Kreatives Schreiben geht damit über klassischen Schreibunterricht hinaus. Eine einheitliche Beschreibung dessen, was Kreatives Schreiben umfasst, lässt sich kaum geben, weil die Ansätze sich in Grundlagen, Methoden und Zielen zum Teil sehr stark unterscheiden.


Konzepte

Die Idee des kreativen Schreibens stammt aus dem anglo-amerikanischen Raum (creative writing) und wurde zunächst vorwiegend für das journalistische Schreiben verwendet, aber schon bald auf das literarische Schreiben übertragen. Später kam es unter dem Begriff „writing across the curiculum″ auch in Hochschulen zum Einsatz. In zahlreichen Schreibbüchern, oft aus dem anglo-amerikanischen Raum, werden Konzepte und Methoden vorgestellt. Insbesondere bei den Verlagen Zweitausendeins und dem Autorenhaus sind viele Schreibbücher erschienen.
Während Kurse im Kreativen Schreiben an den Universitäten des anglo-amerikanischen Sprachraumes seit Jahrzehnten selbstverständlich sind, finden solche Angebote in Deutschland nur langsam Verbreitung. Mittlerweile bieten aber einige Universitäten über die Studienberatung oder ähnlichen Einrichtungen Kurse im kreativen Wissenschaftlichen Schreiben an. An der Universität Hildesheim und der Universität Leipzig (Deutsches Literaturinstitut Leipzig ) gibt es mittlerweile eine Ausbildung zum Schriftsteller. Auch zahlreiche Schreibwerkstätten, Romanwerkstätten und Schreibseminare bilden Schriftsteller aus.
Es lassen sich vier Hauptkonzepte unterscheiden:

  1. Kreatives Schreiben als Spiel mit der Sprache
  2. Kreatives Schreiben als therapeutisches Mittel und Methode der autobiografischen Selbstreflexion
  3. Kreatives Schreiben in der schulischen Schreibdidaktik
  4. Kreatives Schreiben als Pragmatik des literarischen und wissenschaftlichen Schreibens

Spiel mit der Sprache

Schreibspiele sind als Methode darauf spezialisiert, den oft schreibhemmenden Respekt vor dem geschriebenen Wort abzubauen. Vor allem in Schreibwerkstätten aber auch in der Schule sind Schreibspiele oft Einstiegsübungen in komplexere Methoden des Kreativen Schreibens. Dadaismus, Surrealismus und andere künstlerische Bewegungen des 20. Jahrhunderts haben Schreibspiele als Inspirationsquelle neu entdeckt. Die Wurzeln reichen bis in die Antike. Im Barock war der spielerische Umgang mit Sprache Zeichen von hoher Bildung und Eloquenz.

Schreibspiele werden in fast allen Konzeptionen in unterschiedlichen Formen eingesetzt. Sie helfen dabei, einen lustvollen Zugang zum sprachlichen Ausdruck und zur eigenen Sprache zu finden. Dennoch kommt der ausschließliche Einsatz von Schreibspielen bald an seine Grenzen. In der Regel kommen deshalb heute Konzeptionen, die allein auf Sprachspielen beruhen, kaum noch vor. Sie sind in der Regel eingebunden in weitergehende Konzepte.

Therapie und autobiografische Selbstreflexion

Schreibprozesse haben häufig eine therapeutische Dimension: Eigene Erlebnisse und Erfahrungen, Ängste und Wünsche werden schreibend aufgegriffen und gestaltet. Regelmäßige Schreiberfahrung kann dazu führen, Entdeckungen über unbewusste Neigungen und Wünsche zu machen, weil der Schreibprozess immer wieder zu ähnlichen Themen, Stichworten und weiterführenden Gedanken führt.
Dieses Phänomen lässt sich therapeutisch nutzen. Ähnlich wie das selbstverständliche Sprechen in der Therapie ist Schreiben eine Form von Selbstausdruck, bei der der Schreiber nicht nur handelt, sondern zugleich das Ergebnis seines Handelns betrachten: Jürgen vom Scheidt unterscheidet deshalb zwischen dem Inneren Schreiber und dem beobachtenden Ich. Obwohl die meisten Schreibprozesse in dieser Perspektive betrachtet werden können, ist es ratsam, den bewussten therapeutischen Einsatz kreativer Schreibmethoden professionell begleiten zu lassen.
Eine einfache Methode, schreibend über sich selbst nachzudenken ist das Führen eines Tagebuchs oder (bei begrenzten Zeitabschnitten) eines Journals. Es wird empfohlen, im Tagebuch wie auch im Journal - gleichgültig zu welchen Themen - immer wieder auch mit literarischen Formen zu arbeiten (z.B. Gedanken in Haikus oder Senryus zu "giessen" oder in die Gedichtform "Elfchen"). Auch das bewusstte Festhalten von Lebenserinnerung und Verfassen von Memoiren gehört hierzu. Zahlreiche fiktionale Texte enthalten autobiographische Spuren, die man sich in der Auseinandersetzung mit den eigenen Texten bewusst machen kann.

Schulische Schreibdidaktik

Mit dem Bekanntwerden des Kreativen Schreibens in der Bundesrepublik hatte die Schreibbewegung auch Einfluss auf den schulischen Unterricht. Bis in die 1970er Jahre dominierten das Diktat und der klassische Aufsatz die Schreibdidaktik. Dabei war der Aufsatzunterricht durch schulische Normen geprägt: Es galt, die wichtigsten schriftliche Darstellungsformen als regelgerechtes Schreiben zu vermitteln. Zu ihnen gehörten:

Freie Formen, wie der Erlebnisbericht, hatten dabei schulgerechten Normen zu genügen, die eine einheitliche Benotung ermöglichen.
Die Protagonisten des Kreativen Schreibens haben den schulischen Unterricht von Anfang an zu stark normiert kritisiert und Schreibhemmungen als Folge des normierten Unterrichts diagnostiziert. Pädagogen haben diese Kritik aufgenommen und versucht, Alternativen zum klassischen Aufsatzunterricht zu entwickeln. Den Anfang machte in den 1970er Jahren der curriculumsorientierte Kommunikative Aufsatzunterricht, der in den 1980er von bildungs- und identitätstheoretischen Ansätzen abgelöst wurde.
In der heutigen Schreibdidaktik sind kreative Schreibmethoden zu selbstverständlichen methodischen Elementen geworden, die längst über den Deutschunterricht hinausgehen. Im Unterschied zu den Entwicklungen der 1970er und 1980er Jahre ist seit den 1990er Jahren ein Methoden- und Konzeptionspluralismus zu verzeichnen. Sofern konzeptionell über den Einsatz von Techniken des Kreativen Schreibens im Unterricht nachgedacht wird, ist das Bemühen zu bemerken, die verschiedenen Ansätze zu integrieren.

Literarisches und wissenschaftliches Schreiben

Kreatives Schreiben will Anleitung zum Schreiben sein - ohne notwendigerweise anspruchsvolle Texte zu produzieren. Oft geht es darum, Spaß am schreibenden Umgang mit Sprache zu vermitteln oder die eigene soziale bzw. individuelle Rolle zu reflektieren. Allenfalls als Fernziel rückt dabei eine Textproduktion in den Blick, die höheren Ansprüchen genügen kann und auf Veröffentlichung abzielt.
Allerdings kennzeichnet dies den eigenständigen Ansatz in der deutschen Kreativen Schreibbewegung. Die Grundzüge des amerikanischen Creative Writing waren allerdings von Anfang an darauf ausgerichtet, zu professionellem Schreiben anzuleiten. Dies ist erst seit den 1990er Jahren auch in Deutschland verbreiteter. Das literarische Schreiben zielt auf klassische Lyrik- und Prosaformen der Literatur. Aus den Schreibwerkstätten sind so allmählich Roman- und Dichtwerkstätten geworden, in denen klassisches Formwissen mit den Methoden des Kreativen Schreibens verbunden wird. Zahlreiche Schreibsinstitute und einige universitäre Studiengänge bieten Lehrgänge und Fortbildungen für angehende Schriftsteller an.
Dieser Zug der Professionalisierung setzt sich allmählich auch im Bereich des wissenschaftlichen Schreibens durch. Wo bis in die 1990er Jahre wissenschaftliche Proseminare ausschließlich formale Aspekte des Schreibens wissenschaftlicher Texte behandelt haben (korrekte Zitation, Fußnoten, Literaturverzeichnisse, Propädeutik etc.), wird mittlerweile auch die wissenschaftliche Arbeit als Prosaform begriffen, die in unterschiedliche Weise durch kreative Methoden angeleitet werden kann. Vor allem Lutz von Werder hat dazu beigetragen zu verdeutlichen, dass wissenschaftliches und kreatives Arbeiten einander bedürfen und fördern.

Methoden

Beim Kreativen Schreiben kommen Methoden zum Einsatz, mit deren Hilfe man Schreibblockaden abbauen, die Motivation steigern und beim Schreiben Selbsterfahrung machen kann. Um dies zu erreichen, sollen beim Schreiben möglichst beide Gehirnhälften eingesetzt, das heißt begriffliches und bildhaftes Denken miteinander verbunden werden. Als Inspirationsquellen dienen persönliche Erfahrungen und Erlebnisse aus Kindheit, Träume und Imagination, sowie das Schreiben an Orten wie Cafés.
Die eingesetzten Kreativitätstechniken und -methoden sind zum Teil für das Kreative Schreiben entwickelt worden, weitere entstammen anderen kreativen Arbeitsfeldern.
Beispiele für reine Schreibmethoden sind

Methoden, die nicht ausschließlich für das Kreative Schreiben entwickelt wurden, sind z.B.

Oft kommen nicht einzelne Methoden zum Einsatz, sondern eine Vielzahl, für die dann ein entsprechender organisatorischer Rahmen notwendig wird. Beispiele dafür sind

Vertreter

Deutsche Vertreter

Internationale Vertreter

Weiteres

Literatur

Zeitschriften

  • TextArt - Magazin für kreatives Schreiben, Bergisch Gladbach: TextArt-Verlag, ISSN 1616-0436