SS-Verfügungstruppe

kasernierte militärische Verbände zur Verfügung des „Führers“ (1934–1939), dann der Wehrmacht (1939–1940), 1940 in die Waffen-SS integriert
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Die SS-Verfügungstruppe (SSVT), kurz Verfügungstruppe genannt, war eine stehende, kasernierte und ständig bewaffnete paramilitärische Sondereinheit der SS.

Datei:Die Uniformen der SS-Verfügungstruppe.jpg
Die Uniformen der SS-Verfügungstruppe

Geschichte

Die Wurzeln der Verfügungstruppe (kurz VT) lag in den bewaffneten SS-Sonderkommandos und den Politischen Bereitschaften der SS, die kurz nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Februar 1933 gegründet worden. Adolf Hitler verfügte, dass 15.000 Mann der SS bewaffnet und mit einer Armbinde mit der Aufschrift »Hilfspolizei« ausgestattet wurden.

Erste Erwähnung findet die Verfügungstruppe am 24. September 1934, als Hitler den drei Wehrmachtszweigen die Aufstellung einer ständig bewaffneten SS-Einheit namens »SS-Verfügungstruppe« mitteilte. Diese solle aus den bestehenden Sonderkommandos und Politischen Bereitschaften gebildet werden und die Stärke von 3 Standarten (Regimentern) haben. Ferner sollte diese Truppe eine politische »Garde« der NS-Führung darstellen. Am selben Tag verfügte das Reichskriegsministerium: »Nach der grundsätzlichen Entscheidung des Führers und Reichskanzlers bildet die SS eine bewaffnete, stehende Verfügungstruppe in Stärke von drei Regimentern, einer Nachrichtenabteilung und einem Pionierbataillon. Die Verfügungstruppe untersteht dem Reichsführer der SS. Ein organisatorischer Zusammenhang mit der Wehrmacht besteht im Frieden nicht. Für den Kriegsfall wird bestimmt: Die SS Verfügungstruppe steht der Wehrmacht zur Verfügung. In welcher Form sie in diese einzugliedern ist, kann erst im A-Falle auf Grund der innerpolitischen Verhältnisse und der erreichten militärischen Verwendungsfähigkeit ihrer Regimenter und Bataillone entschieden werden. Die SS-Verfügungstruppe wird im Frieden nach den Weisungen des Reichskriegsministers auf ihre Kriegsaufgaben vorbereitet. Für die Vorbereitung dieser militärischen Verwendung untersteht die SS-Verfügungstruppe dem Reichskriegsminister.«

Im Hinblick auf das Misstrauen der Wehrmachtsführung sollte die Verfügungstruppe jedoch im Wesentlichen als motorisierte Infanterieregimenter gebildet werden. Etattechnisch wurden sie und die Totenkopf-Verbände nun dem »Polizeiressort« des Reichsinnenministeriums unterstellt. Die militärische Ausbildung der Verfügungstruppe wurde also entsprechend den allgemeinen Heeresvorschriften durchgeführt. Daneben trat die politische Schulung der Verfügungstruppe in Gegensatz, der den Angehörigen zum strammen SS-Mann und ausgeprägten Nationalsozialisten machen sollte.

Im März 1935 wurden dann die Sonderkommandos und die Politischen Bereitschaften tatsächlich aufgelöst. Deren Wachverbände wurden den Totenkopf-Verbänden angeschlossen, der Rest bildete nun die Verfügungstruppe. Die Mitglieder der Hitler-Jugend wurden nun ermuntert, der SS und ihrer Verfügungstruppe beizutreten. Am 16. März 1935 verkündete Adolf Hitler die Wiedereinführung der »allgemeinen Wehrpflicht«. Er erklärte: »Das Deutsche Heer umfaßt 36 Divisionen, darunter 1 Division SS-Verfügungstruppe.« Hitler unterstellt die Verfügungstruppe nun dem neugeschaffenen »Kommandoamt der SS-Verfügungstruppe«, die ihren Sitz in Berlin hatte.

Die Herstellung der Wehrhoheit des Reiches war von Hitler von langer Hand geplant. Der englische Außenminister, Lord Simon, bereits Wochen vor der Verkündung im britischen Unterhaus: »Herrn Hitlers Rüstungswünsche belaufen sich auf 35 Divisionen und 1 Division militarisierter Polizei und SS.«

Für die Ausbildung des späteren Offizierskorps der Verfügungstruppen wurde im Juni 1935 die »SS-Führerschule« in Braunschweig und etwas später die von Bad Tölz gegründet. Doch schnell wurden diese Führerschulen in »SS-Junkerschulen« umbenannt. Vorher fand die Ausbildung des SS-Führungskorps in einem der Konzentrationslager statt.

Am 8. August 1935 war die Verfügungstruppe aufgestellt. Neben Mitgliedern des SS-Führerkorps traten nun verstärkt altgediente Reichswehr- und Wehrmachtsoffiziere und Angehörige des Polizeikorps hinzu. Für die Angehörigen der Verfügungstruppe galten nun dieselben Versorgungs- und Besoldungsbestimmungen wie den Angehörigen der Deutschen Wehrmacht. Die SS-Führer, die unmittelbar aus der Wehrmacht und den Polizeiverbänden in die Verfügungstruppe übernommen wurden, sind als sogenannte »SS-Rangführer« in ihrem erreichten Dienstgrad bei der Verfügungstruppe eingesetzt worden.

Am 1. Oktober 1936 wurde das »Inspektorrat der SS-Verfügungstruppe« im Berliner SS-Führungshauptamt eingerichtet. Dessen Kommandant war der damalige SS-Brigadeführer Paul Hausser, der auch die Junkerschule Braunschweig leitete. Dieses Inspektorrat wurde schließlich in das »Kommandoamt der SS-Verfügungstruppe« umgewandelt. Die wichtigsten Ausbilder der SS-Junkerschulen waren Paul Hausser (Insp. SSVT), Felix Steiner (1. SS-Sta. »Deutschland«/VT) und Cassius Freiherr von Montigny (1. SS-Sta. »Oberbayern«/TV).

Am 13. März 1938 nahmen Einheiten der SS-Regimenter »Deutschland« und »Germania« sowie des SS-Nachrichtensturmbannes (früher aus Berlin-Adlershof, dann Unna/Westfalen) an der Besetzung Österreichs teil. Dort wurde unverzüglich aus Angehörigen der Standarte »Deutschland« die neue SS-Standarte »Der Führer« gebildet. Dessen Kader stammte also nicht mehr von der Allgemeinen-SS, sondern von der Verfügungstruppe ab.

Es wurden nun bis Juni 1938 drei Regimenter aufgestellt, die offiziell als »SS-Standarten der Verfügungstruppe« (SS-St./VT) genannt wurden.

  • SS-Standarte 1 »Deutschland« in München (Kommandant: SS-Standartenführer Felix Steiner)
  • SS-Standarte 2 »Germania« in Hamburg (Kommandant: SS-Standartenführer Carl-Maria Demmelhuber)
  • SS-Standarte 3 »Der Führer« in Wien (Kommandant: SS-Oberführer Georg Keppler)

1938 umfasste die Verfügungstruppe 16.000 Mann, 1.500 SS-Unterführer (Unteroffiziere) und 500 SS-Führer (Offiziere). Im Laufe der Zeit ist jeder Angehörige der SS-Verfügungstruppe Unteroffizier und jeder Dritte Offizier der Waffen-SS geworden. Der 4jährige Dienst in der Verfügungstruppe wurde nun von der Wehrmacht auch als »Erfüllung der allgemeinen Wehrpflicht« anerkannt. Um die Wehrmachtsführung zu beruhigen, erließ Hitler am 17. August 1938 in einem »Geheimerlaß zur Abgrenzung der gemeinsamen Aufgaben der SS und der Wehrmacht«: »Die SS-Verfügungstruppe ist weder ein Teil der Wehrmacht noch der Polizei. Sie ist eine stehende bewaffnete Truppe zu meiner ausschließlichen Verfügung. Im Kriegsfalle soll sie im Rahmen des Heeres eingesetzt werden oder im Bedarfsfalle im Inneren nach meinen Weisungen. (…)« Bereits am 19. August verfügte Hitler in einem Befehl an das Oberkommando der Wehrmacht: »Die Truppenteile der SS-Verfügungstruppe werden mit sofortiger Wirkung dem Oberkommando der Wehrmacht unterstellt. Ihre Verwendung regelt der Oberbefehlshaber des Heeres nach den von mir gegeben Weisungen.« Dieser Befehl galt nun bis Kriegsende und bewirkte, dass die Truppenteile der Verfügungstruppe international als »4. Teilstreitkraft der Wehrmacht« angezeigt wurde.

Politisch galt die SS-Verfügungstruppe - wie auch später die Waffen-SS - weiterhin als Teil der NSDAP und deren SS, war aber nun weitreichend dem Einfluss des Reichsführers Himmler entzogen worden. Dessen »Oberkommando« über die Einheiten der Verfügungstruppe war nur noch formal.

Am 10. Oktober 1938 wurde SS-Verfügungstruppe bei der Besetzung des Sudetenlandes als »SS-Verfügungsdivision« im Rahmen der Wehrmacht eingesetzt.

Die SS-Verfügungstruppe hatte im September 1939 rund 25.000 Mann aktiv unter Waffen stehen.

Tabelle mit den Regimenter der SS-Verfügungstruppe
Standartenname Sitz Wehrmachtsergänzungsstelle Anmerkungen
Leibstandarte-SS "Adolf Hitler" Berlin-Lichterfelde Ergänzungsstelle I Alle Bewerber, deren Wohnort in den Wehrkreise I, II, III, IV und VIII liegt. Ferner alle Bewerber aus dem Reich, die die Mindestgröße von 178 cm erreichen
1. SS-Standarte "Deutschland"/VT München Ergänzungsstelle III Alle Bewerber, deren Wohnort in den Wehrkreise V, VII und XII liegt
2. SS-Standarte "Germania"/VT Hamburg-Veddel Ergänzungsstelle II Alle Bewerber, deren Wohnort in den Wehrkreise VI, IX, X und XI liegt
3. SS-Standarte "Der Führer"/VT Wien Ergänzungsstelle IV Alle Bewerber, deren Wohnort in der Ostmark liegt

Am 22. April 1940 erging der Tagesbefehl Nr. 1481 vom SS-Führungshauptamtes an alle Dienststellen der Verfügungstruppe: »Auf Befehl des RfSS sind alle unter den Waffen stehenden Einheiten der SS in der Waffen-SS zusammengeschlossen. (…) Die Bezeichnungen »SS-Verfügungstruppe« und »SS-Totenkopfverbände« sind nicht mehr anzuwenden.« Mit diesem Befehl ging die Verfügungstruppe in der Waffen-SS auf.