Allaussöhnung

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Allaussöhnung, Allversöhnung,, christlicher Universalismus, oder Wiederbringungslehre (bzw. "Wiederbringung Aller": WA; griechisch: Apokatastasis panta), ist eine Auslegung der Bibel, nach der Gott letztlich alle Menschen erlösen wird.

Die von Christen vertretene und biblisch begründete Sicht der Allaussöhnung muss von philosophisch begründetem Universalismus, vertreten z.B. im New Age getrennt werden.

Definition

Der Begriff Allaussöhnung entstammt der Aussage in der Bibel, dass Gott in Zukunft "das All mit Sich aussöhnen" (Kol. 1:20) wird. Der auch oft fälschlicherweise synonym verwendetet Begriff Allversöhnung wird dabei einseitig gesehen und nach folgender Stelle als schon geschehen betrachtet: "Denn wenn wir, als wir Feinde waren [also als Nichtchristen], mit Gott durch den Tod Seines Sohnes versöhnt wurden, wieviel mehr werden wir, nun versöhnt, in Seinem Leben gerettet werden!" (Römer 5:10). Von Aussöhnung kann demnach erst bei einer beidseitigen Versöhnung gesprochen werden. Der Begriff Wiederbringung Aller (WA) entstammt Apostelgeschichte 3:21 "Ihn (Jesus) muss der Himmel aufnehmen bis auf die Zeit, da alles wiedergebracht wird, wovon Gott geredet hat durch den Mund seiner heiligen Propheten von Anbeginn".

Begründung anhand der Bibel

Allversöhnung ist geschehen, wenn sich erfüllt hat: "Alles hat sich [Christus] untergeordnet" (1. Kor. 15:25-28, siehe auch Kol. 1:15-17; Eph. 1:9,10,20-23, Phil. 3:21), "damit in dem Namen Jesu sich jedes Knie beuge" und jede Zunge huldige: "Herr ist Jesus Christus, zur Verherrlichung Gottes, des Vaters" (Phil. 2:11, Jes. 45:23-24), was nur in Heiligem Geist möglich ist (1. Kor. 12:3). Diese Ausleger wollen sich darin auf "den lebendigen Gott verlassen, welcher der Retter aller Menschen ist"(1. Tim. 4:10, siehe auch 1. Tim. 2:4). Möglich wurde die Allaussöhnung also erst durch den Tod und die Auferstehung Jesu (was nur deswegen so bedeutungsschwer ist): "Demnach nun, wie es durch die eine Kränkung [Adams] für alle Menschen zur Verurteilung kam, so kommt es auch durch den einen Rechtsspruch [durch Jesu Tod] für alle Menschen zur Rechtfertigung des Lebens" (Römer 5:18; 1. Kor. 15:22).

Als Weg zu diesem Ziel Gottes wird für bis dahin ungläubig gebliebene Menschen das letzte Gericht gesehen. Diese werden nach Offenbarung 20:11 ff. auferstehen, um vor dem "großen weißen Thron" gerichtet zu werden, entsprechend ihrer Werke (Offb. 20:13). "Gericht" wird dabei im Sinn einer "Ausrichtung", "Richtigens" oder "Rechtmachens" als eine Maßnahme gesehen, durch die nach göttlicher Rechtsnorm, aufgrund der Gerechtigkeit Gottes, die Zurechtbringung des Menschen erfolgt (Ps.82:3; Sach.7:9; 5.Mose 16:18; Ps.37:33, Joh.5:22f.) erfolgt. Sie werden dort Jesus als Ihren Herrn erkennen können. Nach diesem Gericht kommen sie in den zweiten Tod: den See des Feuers (Offb. 20:15). Es wird darauf hingewiesen, dass von Qualen für Menschen im Zusammenhang mit dem zweiten Tod in der Bibel keine Rede ist (die Vorstellung der heidnischen "Hölle" wird als unbiblisch abgelehnt). Oft wird "Feuersee" dabei als Bild für die reinigende Präsenz Gottes gesehen; denn u.a. Heb. 12:29 davon, dass Gott selbst "verzehrendes Feuer" ist. Der zweite Tod dauert den letzten Äon an (Offb. 21). Nach dem Abschluss aller Äonen wird auch dieser Tod, als letzter aller Feinde Gottes, unwirksam gemacht (1. Kor. 15:26) und somit dieser Zustand beendet. Dann wird Gott "alles in allen sein" (1. Kor. 15:28).

Geschichte

Die Sicht der Allaussöhnung hat im Christentum durchaus Tradition. Sie wurde zuerst ausdrücklich in Alexandria von Clemens von Alexandria und dem Kirchenvater Origenes (185-254 n. Chr.) gelehrt, und wird von einigen weiteren Kirchenvätern, wie (Gregor von Nyssa, Didymus der Blinde, Diodor von Tarsus und Theodor von Mopsuestia) weiter getragen ( Gregor von Nazianz bekannte sich nicht deutlich, war aber nicht abgeneigt). Origenes meinte beispielsweise: "Und ich bin der Überzeugung, daß er (Gott) die Lasterhaftigkeit auch in geordneter Weise (einmal) ganz und gar vertilgt, zum Heile des Ganzen." und "Wie es bei den körperlichen Krankheiten und Wunden einige gibt, die durch keine ärztliche Kunst geheilt werden können, so ist es andererseits, wie wir behaupten, unwahrscheinlich, daß bei den Seelen ein von der Sünde herstammendes Gebrechen vorhanden sei, das unmöglich von der über allen waltenden Vernunft und von Gott geheilt werden könnte." Anselm von Canterbury (um 1033 bis 1109), sah ebenfalls, dass "göttliche Güte so groß ist, wie sie größer nicht gedacht werden kann" und setzt Gottes Gerechtigkeit mit grenzenloser Barmherzigkeit gleich. Später vetraten beispielsweise im Pietismus Michael Hahn (gest. 1819) und Friedrich Christoph Oetinger (gest. 1782) die Allaussöhnung. Ferner haben sich Männer wie Johann Albrecht Bengel (gest. 1752), Jung-Stilling (gest. 1817) und die beiden Blumhardts, Vater (gest. 1880) und Sohn (gest. 1919) zur WA bekannt, ebenso wie "der Bund gläubiger Lehrer und Akademiker" (Walter M. Borngräber, Adolph Heller, Karl Geyer), Adolph E. Knoch, Andrew John Jukes, Pfarrer Th. Böhmerle und der Bibelübersetzer F.H. Baader. Obgleich in vielen unterschiedlichen christlichen Gemeinden aller Art Christen die WA sehen, bekennen sich nur relativ wenig Gruppen dazu, wie die ehemalige Universalist Church of America (1793-1961), die Bibelkonferenzstätte Langensteinbacher Höhe (Dr. Hartmut Maier-Gerber, Karl Geyer, Manfred Mössinger), die Freunde Konkordanter Wortverkündigung und die Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde Berlin-Hasenheide. Natürlich sagten auch Theologieprofessoren, wie Prof. Ernst Ferdinand Ströter, Prof. D. Wilhelm Michaelis, Prof. Karl Barth, Prof. Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher oder Prof. Jürgen Moltmann ("Theologie der Hoffnung"), dass Gott wieder alles neu machen wird (Offb. 21:5).

Kritik

Die Begründung der Abweisung war vor allem die Unvereinbarkeit dieser Vorstellung mit dem verabschiedeten Dogma von der Hölle, das entweder zur ewigen Verdammnis oder zum Paradies führt. In der Synode von Konstantinopel (543 und 553) wurde die aufkommende Allversöhnung (in der Position des Origines) verdammt, dort hieß es: "Wenn einer sagt oder meint, die Bestrafung der Dämonen und der gottlosen Menschen sei zeitlich und werde zu irgendeiner Zeit ein Ende haben oder es werde eine Wiedereinbringung von Dämonen oder gottlosen Menschen geben, der sei verflucht." Im Athanasischen Glaubensbekenntnis aus dem 6. Jahrhundert wird Andersdenkenden ebenfalls "ewiges Feuer" angedroht.

Tiefer gesehen, besteht bei vielen Christen die Befürchtung, dass der Mensch, würde er von der auch biblisch begründeten Allaussöhnung erfahren, noch weniger bereit sein wird, Kirchen zu besuchen und moralisch "gut" zu leben. Die meist vertretene Theorie des Freien Willens bezüglich der Entscheidung für oder gegen Gott wird in Frage gestellt. Wozu sollte man sich noch für Jesus entscheiden müssen, wenn doch alle letztlich gerettet werden? Die Philosophie, dass der Mensch aktiv werden muss und allein verantwortlich für sein Handeln ist, wird also im Kern in Frage gestellt; das christlich-tradionell geprägte Verhältnis zwischen Mensch und Gott erschüttert. Die Rettung würde nicht mehr davon abhängen, ob der Mensch Gott (in einer freien Entscheidung) ausgewählt hat, sondern Gott würde jeden Menschen zu einem vorbestimmten Zeitpunkt zu sich ziehen. Der Mensch wäre von Gott abhängig, nicht umgekehrt.

Vertreter der Allaussöhnung bestätigen dann meist auch, dass Gott dem Menschen keineswegs einen freien Willen gegeben hat, sondern dass das Gläubigwerden einer passiver Berufung entspricht, einem Blindem gleich, der plötzlich sehend wird (und der sich auch nicht für oder gegen das Sehenkönnen entscheidet). Der Glaube kann gar nicht selbst hervorgebracht werden, er ist ein Geschenk (Judas 1:3), ein Werk Gottes (Joh. 6:29). Apostel Paulus schreibt, dass Gott der Vater sich diejenigen, die an Jesus glauben, "vor Grundlegung der Welt auserwählt hat" (Eph. 1:4, 2. Thess. 2:13). "Demnach erbarmt Er sich nun, wessen Er will, aber Er verhärtet auch wen Er will." (Römer 9:18). Wie kann jemand, der in diesem Leben noch nicht zum Glauben kommen konnte, auch noch dafür bestraft werden?

Zudem wird angeführt, dass die Motivation zur Mission erlahmen könnte. Ist aber die Erwartung eines bösen Endes und die Drohung damit, überhaupt eine geeignete Motivation und Basis anderen Menschen einen liebenden Gott nahe zu bringen? So formulierte Betrand Russell stellvertretend in "Warum ich kein Christ bin": "Ich muß sagen, daß diese ganze Lehre vom Höllenfeuer als Strafe für die Sünde eine grausame Lehre ist. Sie hat Grausamkeit in die Welt gebracht und für Generationen unbarmherzige Folgen."


Literatur

Petry, Paul: Allaussöhnung, Tod und letzte Dinge, Pforzheim, Konkordanter Verlag Pforzheim, 1986, ISBN 3-88475-011-9

Ströter, Ernst F.: Das Evangelium Gottes von der Allversöhnung in Christus, Chemnitz, Verlag von Gottlob Könzle, 1915 - Neuauflage 2002: Philemon-Verlag Mülheim/Ruhr, ISBN 3-936461-00-7

Michaelis, Wilhelm Prof.: Versöhnung des Alls - Die frohe Botschaft von der Gnade Gottes, Grümlingen/Bern, Verlag Siloah, 1950