Deutsche Wiedervereinigung
Nach dem Fall der Mauer am 9. November 1989 in Berlin, der neuen Situation an der innerdeutschen Grenze im Jahre 1989 und dem Wandel des politischen Systems der DDR konnte die Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten am 3. Oktober 1990 vollzogen werden. Verfassungsrechtlich handelte es sich um den Beitritt der Gebiete der ehemaligen DDR (und Ost-Berlins) zur Bundesrepublik Deutschland. Man spricht daher auch vom so genannten „Beitrittsgebiet“.
Die Wiedervereinigung wurde durch den Zwei-plus-Vier-Vertrag ermöglicht, der am 12. September 1990 in Moskau unterzeichnet wurde. Darin gaben die vier Siegermächte des Zweiten Weltkriegs ihre letzten verbliebenen Rechte gegenüber Deutschland als Ganzem auf. Im Gegenzug erkannte die Bundesrepublik Deutschland die Oder-Neiße-Linie vorbehaltlos als ihre Ostgrenze an.
Begriffliches
Der Begriff „Vereinigung“ anstelle von „Wiedervereinigung“ wird von manchen als zutreffender angesehen, was mit der Frage zusammenhängt, ob man die DDR als eigenständigen Staat oder als Teil des "ruhenden" Deutschen Reiches betrachtet. Willy Brandt, der die deutsche Vereinigung mit dem legendären Satz, "jetzt wächst wieder zusammen, was zusammen gehört" kommentierte, erklärte, dass mit der Vereinigung der beiden deutschen Staaten nicht der Vorkriegsstaat wiederhergestellt werden solle. Teil der Bundesrepublik wurden die fünf ostdeutschen Länder und Berlin erst mit dem Beitritt zum Grundgesetz am 3. Oktober 1990. In Bezug auf Deutschland handelt es sich also um eine Wiedervereinigung, in Bezug auf die Bundesrepublik um einen Beitritt oder eine Vereinigung. Entschiedene Gegner der Wiedervereinigung sprechen polemisch von einer Annexion, einem Anschluss oder einer Zwangsvereinigung. Die DDR-Volkskammer, welche im Frühjahr 1990 erstmals frei gewählt wurde, erklärte im Namen der ostdeutschen Bundesländer den Beitritt zum Geltungsbereich des Grundgesetzes. Eine Annexion kann somit nur eine kritische Anspielung auf die folgenden Eigentumswechsel sein, durch die Volksvermögen im Zuge der schlecht kontrollierten Privatisierungen in großem Umfang in westdeutschen Besitz gebracht wurde.
Der Begriff der Wiedervereinigung wurde in den 1950er 1960er 1970er 1980er Jahren oft auch auf die deutschen Grenzen von 1937 bezogen und besaß damit eine andere Konnotation als 1989/90.
Die Deutschlandpolitik der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik
Bundesrepublik Deutschland
Die 1949 gegründete Bundesrepublik Deutschland ging bei der Konzeption des Grundgesetzes davon aus, dass das 1945 besiegte Deutschland als Staats- und Völkerrechtssubjekt nicht untergegangen war. Ihr Bezugsrahmen und -zeitpunkt war das Staatsgebiet in seiner Gestalt am 31. Dezember 1937, das heißt vor dem Anschluss Österreichs und der Sudetengebiete unter Adolf Hitler. Dies wird vor allem im Artikel 116 des Grundgesetzes deutlich, in dem die Staatsangehörigkeit wie folgt definiert wird:
- „(1) Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat.“
Diese Vorgabe brachte es mit sich, dass die neugegründete Bundesrepublik eine große Anzahl an potentiellen Staatsbürgern hatte, die am neuen Staat jedoch nicht teilnehmen konnten. Daher wurde das Ziel der „Wiedervereinigung“ auch als eines der wichtigsten Aufgaben der Bundesrepublik angesehen, wie bereits aus den ersten beiden Sätzen der Präambel des Grundgesetzes erkennbar ist:
- „Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, seine nationale und staatliche Einheit zu wahren und als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat das deutsche Volk […], um dem staatlichen Leben für eine Übergangszeit eine neue Ordnung zu geben, kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland beschlossen. Es hat auch für jene Deutschen gehandelt, denen mitzuwirken versagt war.“
Die Grundgesetzgeber der Bundesrepublik Deutschland konnten sich dabei auf diverse Vorgaben durch die vier alliierten Siegermächte stützen, so etwa auf die Berliner Erklärung vom 5. Juni 1945 und vor allem auf das Potsdamer Abkommen, aus welchen deutlich hervorgeht, dass ein Fortbestehen von Deutschland als Ganzem beabsichtigt war und dass sich die vier Mächte solange Entscheidungsgewalt in Bezug auf Gesamtdeutschland vorbehalten wollten, bis ein Friedensvertrag erstellt worden sei. Dieser hier angesprochene Vier-Mächte-Status wurde von den Siegermächten auch bis zur Unterzeichnung des Zwei-plus-Vier-Vertrages nicht angetastet.
Ein weiterer wichtiger Aspekt in Bezug auf die Wiedervereinigung aus Sicht der Bundesrepublik Deutschland war die ebenfalls in der Präambel des Grundgesetzes formulierte Zielsetzung, dass „das gesamte deutsche Volk“ aufgefordert bleibe, „in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden.“ Hierauf stützte sich die Regierung Adenauers, der damit stets auch sein Bemühen um eine möglichst weitgehende Westintegration der Bundesrepublik begründete, da er die Möglichkeit für Freiheit und freie Selbstbestimmung nur gegeben sah durch eine verstärkte und institutionalisierte Zusammenarbeit mit Westeuropa. Eine Wiedervereinigung Deutschlands in einer kommunistischen Diktatur lehnte er ab.
Die Oppositionsparteien SPD und FDP äußerten bis gegen Ende der 50er Jahre stets Bedenken gegen diese Politik der Einbindung in den Westen, da sie dadurch die Chancen auf eine Wiedervereinigung erheblich vermindert sahen. Ihre Vorstellung sah eher eine Herauslösung eines wiedervereinigten Deutschlandes aus der internationalen Blockkonfrontation vor. Allerdings konnten sie sich mit dieser Idee nicht durchsetzen, da die Bundesregierung und auch die Mehrheit der Westdeutschen befürchteten, dass ein neutralisiertes Gesamtdeutschland leicht in Abhängigkeit von der Sowjetunion geraten könnte. Daher lehnte Adenauer auch die sowjetischen Vorschläge der Stalin-Noten 1952 ab.
Da die Bundesrepublik sich als einzige freiheitliche Demokratie auf deutschem Boden sah, hielt sie ihren politischen Anspruch für gerechtfertigt, auch für die Deutschen in der Deutschen Demokratischen Republik zu sprechen (Alleinvertretungsanspruch).
Deutsche Demokratische Republik
Die Deutsche Demokratische Republik erhob mit ihrer Verfassung den vergleichbaren Anspruch, für das gesamte deutsche Volk zu sprechen: „[…] hat sich das deutsche Volk diese Verfassung gegeben. Artikel 1: (1) Deutschland ist eine unteilbare demokratische Republik, sie baut sich auf den deutschen Ländern auf. (2) Die Republik entscheidet alle Angelegenheiten, die für den Bestand und die Entwicklung des deutschen Volkes in seiner Gesamtheit wesentlich sind; […].“
Der Verfassungstext der Deutschen Demokratischen Republik suggeriert ebenfalls, eine Wiedervereinigung sei unnötig, da ja das gesamte Volk sich bereits diese Verfassung gegeben habe. Die Formulierungen im Grundgesetz der Bundesrepublik sind aber, im Unterschied zur DDR-Verfassung, insofern realitätsnäher zu nennen, als sie offen das Problem ansprechen, dass nicht alle Deutschen an der Erstellung der Verfassung teilhaben konnten. Die DDR-Verfassung verschweigt das Problem zweier deutscher Staaten wiewohl nicht ganz; sie weist – wenn auch dezenter – durchaus darauf hin, wenn in Artikel 1 zu lesen ist, dass es „nur eine deutsche Staatsangehörigkeit“ gebe.
Die Deutsche Demokratische Republik hat sich seit ihrer Gründung als legitimer Nachfolgestaat des 1945 besiegten Deutschen Reiches und keinesweg als ein Provisorium betrachtet, das nur für eine Übergangszeit Bestand haben sollte, wie dies die Bundesrepublik in ihrer Grundgesetz-Präambel für sich geltend machte. Den Anspruch der DDR unterstreicht auch ihre stetige Betonung, dass die eigene Staatsform und -ordnung grundlegend für ein wiedervereintes Deutschland sein müsse.
Nach der Ablehnung der Stalin-Noten durch den Westen, durch die ein neutrales, wiedervereinigtes Deutschland gemäß österreichischem Vorbild unrealistisch wurde, kam es im Selbstverständnis der DDR im Laufe der 50er Jahre zu einer Neuorientierung. Das Deutsche Reich wurde nun als 1945 untergegangen angesehen und stattdessen die Existenz zweier deutscher Staaten als seine Nachfolger betont. Auf diese Weise versuchte man beispielsweise, die völker- und staatsrechtliche Anerkennung durch die Bundesrepublik zu erhalten, was diese jedoch verweigerte.
Das Konzept der DDR für eine Wiedervereinigung sah von nun an eine Staatenverbindung in Form einer mehr oder weniger lockeren Konföderation vor, wobei der Sozialismus als tragendes Fundament gelten sollte.
Bundesrepublik Deutschland
Nach dem Bau der Berliner Mauer im Jahre 1961 setzte sich in Westdeutschland vermehrt die Meinung durch, dass man mit Rücksicht auf die dort lebenden Deutschen mehr auf die DDR zugehen müsse – konkret auf deren Staatsführung, weil man an die Menschen selbst kaum herankommen konnte. Ziel war es dabei, durch Maßnahmen zur Intensivierung der Kontakte das Bewusstsein einer gemeinsamen Nation bei den Menschen wachzuhalten.
Eine Folge dieses Wandels war, dass man nicht nur den Status quo akzeptierte, sondern auch vermehrt darüber diskutierte, ob man die DDR als eigenen Staat anerkennen dürfe. Eine weitere Folge war die vermehrte Praxis, mit Ostblockstaaten bilaterale Verträge zu schließen, in denen ein gegenseitiger Gewaltverzicht zum Ausdruck gebracht wurde.
Diese Phase der Politik zeichnete sich durch den Versuch aus, Feindschaften, Vorurteile und Ängste langsam und vorsichtig abzubauen, ohne dabei auf irgendwelche Ansprüche zu verzichten. Allerdings wurde dabei immer deutlicher, dass sich die Idee einer real möglichen Deutschen Einheit immer mehr in eine ferne Zukunft verflüchtigte.
Deutsche Demokratische Republik
Auch in der Deutschen Demokratischen Republik war man immer deutlicher von der Idee einer Deutschen Einheit abgerückt, nachdem alle vorherigen Angebote einer Konföderation als sozialistischer Staatenbund gescheitert waren und nun auch Adenauers Magnet-Theorie immer mehr Wirkung zeigte. Nicht ohne Grund hatte man 1961 die Berliner Mauer bauen zu müssen geglaubt, um die massenhafte Fluchtbewegung zu bremsen.
1967 legte man per Gesetz eine eigene Staatsbürgerschaft für DDR-Bürger fest. Schon ein Jahr darauf, 1968, formulierte man im Sinne dieses Gesetzes eine neue Verfassung, in der die Absicht bekundet wurde, die vom „Imperialismus“ aufgezwungene Teilung Deutschlands durch langsame „Annäherung“ bis hin zur Wiedervereinigung zu beseitigen.
In der DDR-Staatsführung setzte sich in jenen Jahren die Überzeugung durch, dass man eine friedliche Koexistenz anstreben müsse und dass es nunmehr zwei Staaten auf deutschem Boden gäbe, einen sozialistischen und einen kapitalistischen. Dies bedeute zwar klare Abgrenzung, aber eben auch die Möglichkeit eines Aufeinanderzugehens.
Die in den vorangegangenen Jahrzehnten noch aktiv propagierte Idee der Wiedervereinigung in einem sozialistischen oder zumindest neutralen Gesamtdeutschland wurde damit praktisch aufgegeben. Stattdessen entwickelte die SED die These von der sozialistischen deutschen Nation. Der Text der Nationalhymne der DDR wurde nicht mehr gesungen, die Hymne nur noch intoniert. In Schulbüchern wurde ihr Text jedoch bis zum Ende der DDR weiterhin abgedruckt - er war, entgegen vielen Gerüchten, zu keinem Zeitpunkt verboten.
Bundesrepublik Deutschland
Als im Jahre 1969 eine neue Koalition unter Bundeskanzler Willy Brandt, die Regierung übernahm, änderte sich die Ostpolitik immer deutlicher. Die sozial-liberale Koalition aus SPD und FDP zeigte von Anfang an ihre Bereitschaft zur Anerkennung der DDR als zweiten deutschen Staat. Deutlich wurde dies im 1972 geschlossenen Grundlagenvertrag, in dem die Bundesrepublik ihren Alleinvertretungsanspruch aufgab und zum Prinzip der Gleichberechtigung überging mit dem Ziel einer Normalisierung der Beziehungen.
Allerdings bedeutete dies nicht die völkerrechtliche Anerkennung der DDR als souveränem Staat; eine eigene Staatsbürgerschaft der DDR wurde weiterhin bestritten. Vielmehr wurde eine Art Sonderstatus für beide Staaten heraufbeschworen (Zwei-Staaten-Konzept). Nach wie vor betrachtete man es als zentrale politische Aufgabe, die Einheit der Nation – wie im Grundgesetz formuliert – zu wahren.
Deutsche Demokratische Republik
Die Deutsche Demokratische Republik versuchte seit Beginn der 70er Jahre, ihr Konzept von den zwei deutschen Staaten durch eine Zwei-Staaten-Theorie zu ergänzen. Damit wollte man den Anspruch auf völkerrechtliche Anerkennung unterstreichen. Diese Sicht wurde auch von der UdSSR sowie von den meisten Ostblockstaaten geteilt.
Von dieser Position her bedeutete der Grundlagenvertrag von 1972 zwar einen Teilerfolg, jedoch blieb das Hauptanliegen – die Anerkennung der Deutschen Demokratischen Republik als souveränen Staat – tatsächlich unerfüllt. Allerdings scheute sich Erich Honecker nicht, im Widerspruch zum Vertragstext zu betonen, der Grundlagenvertrag erkenne die völkerrechtliche Souveränität der Deutschen Demokratischen Republik an.
Die Amtszeit Helmut Kohls
Obwohl Helmut Kohl die Deutschlandpolitik seiner Vorgänger lediglich fortzuführen gedachte, indem er sich zu den bestehenden Verträgen bekannte und eine Zusammenarbeit mit der DDR auf den bisher gelegten Fundamenten anstrebte, zeichnete sich doch bald ein Wandel ab. Zum einen forcierte er deutlich die europäische Einigungspolitik, nicht ohne immer wieder zu betonen, dass zu einer wirklichen Einigung auch die Lösung der Deutschlandfrage zähle. Zum anderen intensivierte er den Kontakt zur DDR durch vertragliche Vereinbarungen, wobei seine Regierung gleichzeitig verdeutlichte, dass sie gemäß dem Grundgesetz der Freiheit erste Priorität einräume. Die Unterschiede beider deutschen Staaten wurden von Kohl konfrontativ stark herausgestellt: hier die Freiheit, dort die Unfreiheit; hüben die Einhaltung der Menschenrechte, drüben deren fortwährende Verletzungen, usw.
Trotz dieser klaren Position, die Helmut Kohl und seine Minister der DDR gegenüber einnahmen, erreichte er durch zahlreiche Vertragsverhandlungen und in persönlichen Telefonaten mit Mitgliedern der DDR-Führung eine Intensivierung der gegenseitigen Beziehungen. In den angestrebten Verträgen standen zumeist menschliche Belange im Vordergrund des Interesses der westdeutschen Regierung, etwa bei den Familienzusammenführungen. Auch konnte man 1984 die DDR-Führung dazu bewegen, die so genannten Todesschussautomaten an der innerdeutschen Grenze zu beseitigen. Als Gegenleistung gewährte man hierfür nicht selten Kredite, die die wirtschaftlich angeschlagene Deutsche Demokratische Republik dringend benötigte.
Mit dem Amtsantritt Michail Gorbatschows als Generalsekretär der KPdSU im Jahre 1985 begann die Schlussphase des Kalten Krieges, die auch große Wirkung auf den Prozess der Wiedervereinigung Deutschlands hatte. Die Politik Gorbatschows trug wesentlich zur weltweiten und zur innerdeutschen Entspannung bei. Ein Beispiel dafür ist der Staatsbesuch Erich Honeckers in Bonn im September 1987, während dessen ein Strahlenschutzabkommen, ein gemeinsames Umweltschutzabkommen und eine generelle Vereinbarung über die Zusammenarbeit auf wissenschaftlich-technischem Gebiet geschlossen wurde.
Bis zum Jahre 1989 intensivierte die Regierung Kohl stetig ihre Bemühungen um vertragliche Vereinbarungen mit der DDR.
Die Amtszeit Erich Honeckers
Die Jahre zwischen 1982 und 1989 waren für die DDR durch die immer prekärer werdende wirtschaftliche Situation gekennzeichnet. Immer deutlicher wurde, dass das Wirtschafts- und Gesellschaftssystem der DDR den gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Ansprüchen ihrer Bürger nicht gerecht werden konnte. Nicht zufällig fällt in diese Periode ein deutlicher Aufschwung von Bürgerrechts- und Menschenrechtsgruppen, die mehr politische Freiheiten forderten und die Einhaltung der Menschenrechte einklagten. Die Zahl derjenigen wuchs an, die nicht mehr an eine Reformfähigkeit ihrer Regierung, ja ihres Staates überhaupt glaubten und ihren Protest und Unwillen durch das Stellen von Ausreiseanträgen oder gar durch Flucht in die Bundesrepublik zum Ausdruck brachten.
Angetrieben wurden diese inneren Entwicklungen durch äußere Katalysatoren - an erster Stelle die sowjetische Reformpolitik von Glasnost und Perestroika unter KPdSU-Generalsekretär Michail Gorbatschow.
Die DDR-Regierung versuchte der sich abzeichnenden Zuspitzung der Situation zunächst durch Entgegenkommen zu begegnen, beispielsweise durch Reiseerleichterungen für Verwandtenbesuche in der Bundesrepublik. Andererseits reagierte man mit extremer Beharrung auf alten Mustern bei der Herrschaftsausübung. Signifikante Beispiele dafür sind das Festhalten an der Mauer und die unbeirrt aufwändigen Planungen zur Feier des 40. Jahrestages der DDR-Gründung trotz gleichzeitig überall stattfindender Protestumzüge. Gerade die als unangemessen pompös empfundenen DDR-Geburtstagsfeierlichkeiten schürten den Unwillen der Bevölkerung, die ihren Staat demokratisch reformiert und nicht verherrlicht sehen wollte.
Die Situation eskalierte durch eine exponentiell ansteigende Zahl von Menschen, die durch Flucht in die bundesdeutschen Botschaften in Budapest, Prag oder Warschau eine Einreise in die Bundesrepublik erzwingen wollten und schließlich erzwangen. Andere flohen illegal über die ungarische Grenze nach Österreich, ehe am 11. September 1989 Ungarn schließlich offiziell seine Grenzen öffnete. In der DDR selbst kam es immer mehr zu Demonstrationen; vor allem die so genannten Montagsdemonstrationen in Leipzig gewannen starken Zulauf.
Trotz allem lud die DDR-Regierung unter Erich Honecker zur Feier zum 40. Jahrestag der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik nach Berlin ein. Die Demonstrierenden wurden von der offiziellen Parade gewaltsam ferngehalten.
Selbst Gorbatschow deutete am 5. Oktober 1989 auf dem Flughafen zu Honecker mit seinem inzwischen sprichwörtlichen Hinweis „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben!“ an, dass er Reformen in der Deutschen Demokratischen Republik für längst überfällig hielt, aber auch, dass von der UdSSR keine Hilfe zu erwarten sei. Er sagte zu Honecker "Ich glaube, Gefahren warten nur auf jene, die nicht auf das Leben reagieren." In seinen Memoiren schreibt Gorbatschow aber, er hätte 2 Tage später mit Honecker ein Vier-Augen-Gespräch gehabt, in dem angeblich der Satz "Того, кто опоздает, накажет жизнь" gefallen ist. Wobei aposdajet mit "zu spät kommen", aber auch mit "sich nicht bewegen" übersetzt werden kann. "Sich nicht bewegen" gibt die Situation wohl passender wieder. Es ist nicht unmöglich, daß Jahre später das inzwischen geläufig gewordene Sprichwort Gorbatschows Erinnerung etwas nachgeholfen hat.Die Folge war, dass sich die Parteiführung der SED darüber zerstritt, wie denn nun vorzugehen sei. Im Oktober wurde Honecker schließlich durch Egon Krenz ersetzt, der die Funktionen seines Vorgängers in Partei und Staat übernahm. Im November kam es zur Bildung eines neuen Politbüros und zur Wahl von Hans Modrow zum Vorsitzenden des Ministerrates. Allerdings bewirkten diese Veränderungen und Reformen kaum eine Beruhigung.
In der Zeit von Glasnost und Perestroika startete die größte Auslandsdienststelle des KGB unter Leitung von Anatolij Nowikow die Operation „Lutsch“ (russisch für Strahl) mit dem Ziel, reformwillige DDR-Bürger aus allen gesellschaftlichen Bereichen dazu zu bewegen, die DDR im Sinne Gorbatschows zu demokratisieren. Bis heute ist nicht geklärt, welchen konkreten Einfluss der KGB auf die Wende tatsächlich hatte.
Den in der turbulenten Folgezeit entscheidenden Schritt brachte die Freigabe der Reisemöglichkeiten für die DDR-Bürger am 9. November 1989. Durch die damit verbundene Maueröffnung war eine Umkehrung des Reformweges nicht mehr möglich.
Ursachen für den Zusammenbruch der DDR
- Missachtung von Bürgerrechten wie Meinungs-, Reise- und Demonstrationsfreiheit
- staatliche Repressionen durch Stasi-Bespitzelung und Wahlfälschungen
- Krise der DDR-Planwirtschaft, Unterversorgung mit Alltagswaren (zum Beispiel Ersatzteile, Maschinen, Baumaterial), Embargopolitik
- Reformunfähigkeit der überalterten SED-Führung (im Gegensatz zur KPdSU)
- parallel ablaufende und vergleichbare Ereignisse im (vor allem sozialistischen) Ausland
- drohender Kollaps der Staatsfinanzen und damit die Zahlungsunfähigkeit der DDR
Siehe auch: Wende (DDR)
Am 2. Mai 1989 beginnt Ungarn die Grenzanlagen zu Österreich abzubauen. In der Folge versuchen Hunderte von DDR-Bürgern, über Ungarn in den Westen zu gelangen. Gleichzeitig begeben sich viele in die Botschaften der Bundesrepublik in Budapest, Prag und Warschau und der Ständigen Vertretung in Ostberlin, um an westdeutsche Reisepapiere zu gelangen. Die bestürmten Botschaften müssen im August/September wegen Überfüllung geschlossen werden. Am 23. August dürfen die Flüchtlinge in Budapest, am 30. September in Prag und Warschau in die Bundesrepublik ausreisen. Sie werden Anfang Oktober mit verschlossenen Sonderzügen im Transit über DDR-Gebiet nach Westen gefahren. Während der Durchfahrt werden Bahnhöfe abgesperrt, da immer wieder Menschen versuchen, auf die Züge aufzuspringen. Auf dem Dresdner Hauptbahnhof geraten Demonstranten und Sicherheitskräfte dabei in schwere Auseinandersetzungen.
Bei den Kommunalwahlen am 7. Mai wird durch Bürgerrechtsgruppen erstmals Wahlbetrug nachgewiesen. Am 6. Juli lehnt Gorbatschow eine Intervention von Sowjet-Truppen gegen mögliche Unruhen ab. Der DDR geht damit ihre Existenzgarantie verloren. Am 19. August kommt es infolge des Paneuropäischen Picknicks zu einer Massenflucht von DDR-Bürgern nach Österreich. Ende August beginnen in Bayern Vorbereitungen zur Errichtung von Notaufnahmelagern. Seit dem 4. September finden in Leipzig wöchentlich Montagsdemonstrationen nach dem Friedensgebet statt. Im September lässt Ungarn etwa 30.000 Ausreisewillige ohne Absprache mit der DDR ausreisen. Mitte September entstehen die ersten Bürgerbewegungen.
Am 7. Oktober 1989 feiert die DDR den 40. Jahrestag ihrer Gründung. Während der Feierlichkeiten mahnt Gorbatschow die Staats- und Parteiführung „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“. Am Rande der Feierlichkeiten gibt es im ganzen Land Proteste. Am 9. Oktober hört man auf der Leipziger Montagsdemonstration mit 70.000 Teilnehmern erstmals den Slogan „Wir sind das Volk“. Am 18. Oktober tritt Erich Honecker nach Aufforderung des Politbüros von allen Ämtern „aus gesundheitlichen Gründen“ zurück, sein Nachfolger wird Egon Krenz. Seit dem 3. November dürfen DDR-Bürger ohne Formalitäten über die Tschechoslowakei ausreisen, es kommt zu einer erneuten Ausreisewelle. Am 4. November kommt es auf dem Berliner Alexanderplatz mit etwa einer Million Teilnehmern zur größten Demonstration in der Geschichte des Staates, dies wird vom Fernsehen live übertragen. Am 7. November tritt die Regierung und das Politbüro zurück.
Am 9. November verliest Günter Schabowski vor laufenden Kameras, dass sofort und unverzüglich Privatreisen ins Ausland ohne Vorliegen von Voraussetzungen wie Reiseanlässe und Verwandtschaftsverhältnisse beantragt werden könnten. Die Genehmigungen würden kurzfristig erteilt. Ausreisen können über alle Grenzübergangsstellen der DDR zur BRD erfolgen. Tausende eilen an die Grenzen. Die unvorbereiteten Grenzsoldaten öffnen die Übergänge der Berliner Mauer und der Grenze zur Bundesrepublik, zunächst noch kontrolliert im Wege der für Massen-„Provokationen“ vorgesehenen sogenannten Schleusenlösung (=Ausbürgerung aus der DDR per Stempel im Reisedokument), später aufgrund des unbeherrschbaren Andranges unkontrolliert. Am darauffolgenden Tag besuchen Millionen von DDR-Bürgern die grenznahen Städte der Bundesrepublik, vor allem den Westteil Berlins. Es kommt zu überschwenglichen Freudenszenen; fremde Menschen umarmen sich, singen, tanzen und jubeln.
Bundeskanzler Helmut Kohl unterbricht sofort einen Staatsbesuch in Warschau und spricht am Abend vor dem Schöneberger Rathaus im Westteil Berlins auf einer Kundgebung vor 30.000 Teilnehmern, dabei wurde er ausgepfiffen. Der SPD-Ehrenvorsitzende Willy Brandt prägt dort den Satz „Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört“. Am selben Abend gibt außerdem eine Kundgebung vor dem Europa-Center im Westteil der Stadt mit 150.000 Teilnehmern, bei der Kanzler Kohl begeistert empfangen wurde. Am 13. November wird Hans Modrow als DDR-Ministerpräsident von der Volkskammer gewählt. Bald darauf erklärt Gorbatschow die Wiedervereinigung zur innerdeutschen Angelegenheit. Anfang Dezember wird die Führungsrolle der SED aus der Verfassung gestrichen und gegen ehemalige Funktionäre der SED, darunter Erich Honecker, ermittelt. Egon Krenz tritt von allen Ämtern zurück, Nachfolger als Staatsratsvorsitzender wird Manfred Gerlach. Am 7. Dezember kommt es erstmals zu Gesprächen am Runden Tisch mit den ehemaligen Blockparteien und Oppositionsgruppen. Zwei Tage später wird Gregor Gysi Parteivorsitzender der SED/PDS, die später in PDS (Partei des demokratischen Sozialismus) umbenannt wird.
Im Januar 1990 ändert sich der Ton der immer noch stattfindenden Montagsdemonstrationen von „Wir sind das Volk“ zu „Wir sind ein Volk“ und „Deutschland einig Vaterland“ (ein Zitat aus der Hymne der DDR). Am 15. Januar stürmen Demonstranten die Stasizentrale im Ostteil Berlins. Im Februar sprechen Kohl, Gorbatschow und Modrow über die deutsche Einheit. Am 18. März wird die erste freie Volkskammer gewählt, Die „Allianz für Deutschland“ gewinnt überraschend und Lothar de Maizière wird am 12. April Ministerpräsident, nachdem am 5. April Volkskammerpräsidentin Sabine Bergmann-Pohl letztes Staatsoberhaupt wurde. Am 1. Juli tritt die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen Bundesrepublik und DDR in Kraft und die Deutsche Mark wird offizielles Zahlungsmittel in der DDR. Mitte Juli wird die Treuhandanstalt für die Abwicklung der VEB gegründet. Ende August wird von beiden deutschen Parlamenten und Regierungen der Einigungsvertrag beschlossen und die Siegermächte stimmen am 12. September in den „Zwei-plus-Vier-Gesprächen“ zu.
Seit dem 3. Oktober 1990 ist Deutschland wieder vereint. Dieser „Tag der Einheit“ wurde auf Vorschlag von Bundeskanzler Helmut Kohl zum Nationalfeiertag erhoben, weil er von anderen historischen Geschehnissen und Gedenktagen der deutschen Geschichte frei war. Ein besonders prägendes Geschehen im deutschen Einigungsprozess verbindet sich mit diesem Tag nicht; daher bleibt er umstritten und wird vor allem in den frühen 1990er Jahren nicht recht angenommen.
Aus Sicht der Bundesrepublik Deutschland
Anlässlich der Öffnung der innerdeutschen Grenze am 9. November 1989 bezogen auch die ehemaligen Siegermächte bald Stellung; dabei betonten die USA – deren Botschafter in der Bundesrepublik war 1989–1991 Vernon A. Walters –, dass die Deutschen selbst über ihre Einheit zu entscheiden hätten, dass jedoch nach einer Wiedervereinigung Gesamtdeutschland der NATO und der EG angehören müsse. Die UdSSR bestand zunächst auf der Bildung eines neutralen Deutschlands und warnte, gemeinsam mit Frankreich, die beiden deutschen Staaten vor Alleingängen.
Auch Polen meldete sich zu Wort und forderte die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als polnische Westgrenze ein.
Helmut Kohl nutzte nach der Maueröffnung die Gunst der Stunde und präsentierte am 28. November 1989 im Bundestag in Form eines Zehn-Punkte-Programms einen Vorschlag für eine Konföderation zwischen der DDR und der Bundesrepublik. Der mit dem Koalitionspartner FDP nicht abgesprochene Plan sollte dabei in den gesamteuropäischen Einigungsprozess integriert sein mit dem letztlichen Ziel einer vollständigen Wiedervereinigung Deutschlands (siehe: Weblinks). Dabei versuchte der Plan sich an den jeweiligen Vorgaben der ehemaligen Siegermächte zu orientieren. Dass er dabei zunächst die Frage der Anerkennung der polnischen Westgrenze offenließ, sorgte für einige Irritationen, auch in der Bundesrepublik selbst.
Allerdings forcierte die Kohl-Regierung nicht nur ihre innerdeutschen Bemühungen. Sie war auch darauf bedacht, sich Rückendeckung von außen zu sichern. Am wirkungsvollsten und erstaunlichsten zugleich war sicherlich, dass es Helmut Kohl gemeinsam mit seinem Außenminister Hans-Dietrich Genscher im Februar 1990 gelang, der UdSSR die Aussage abzuringen, dass sie sich unter bestimmten Umständen einer Wiedervereinigung nicht in den Weg stellen würde.
Aus Sicht der Deutschen Demokratischen Republik
Viele Menschen in der Deutschen Demokratischen Republik strebten, besonders in der Zeit des Zusammenbruchs der SED-Herrschaft, eine Vereinigung mit der Bundesrepublik an. Unter anderem durch ihre Demonstrationen erreichten sie die Öffnung der Mauer, die in Berlin zu einem Freudenfest für alle beteiligten Berliner in Ost und West wurde.
Der Fall der Mauer an der Schnittstelle zwischen den beiden Weltblöcken geriet für beide deutschen Staaten zu einer heftigen und nicht reibungsfreien Bewährungsprobe. Vor allem das extreme Gefälle im Lebensstandard zwischen beiden deutschen Staaten führte jetzt zu neuen Problemen.
Die Ereignisse entwickelten eine Eigendynamik, und da die Staatspartei SED noch weniger als zuvor die Wünsche der Menschen nach einer Wiedervereinigung und Reformen widerspiegelte, begann ihr innerer Zerfall. Als ein Anzeichen dafür kann der durch die Mitglieder der SED erzwungene Rücktritt von Egon Krenz im Dezember 1989 gelten. Die Parteiaustritte häuften sich. Anfang des Jahres 1990 kam es zu einer Neuausrichtung der politischen Zielsetzung der SED, verbunden mit einer Umbenennung in PDS.
Bei den Wahlen zur Volkskammer am 18. März 1990 errang ein Wahlbündnis aus CDU, DSU und Demokratischem Aufbruch, welches sich Allianz für Deutschland nannte, eine deutliche Mehrheit, sodass die gemeinsam mit der Ost-SPD gebildete große Koalition unter Ministerpräsident Lothar de Maizière (CDU) einer Vereinigung mit der Bundesrepublik entgegen arbeiten konnte.
Das Verhältnis der Bundesrepublik und der DDR zu den Siegermächten
Nach dem Muster Zwei-plus-Vier waren bereits am 14. Februar 1990 die beiden Außenminister der beiden deutschen Staaten und die Außenminister der vier ehemaligen Siegermächte zusammengekommen, um den äußeren Rahmen der Wiedervereinigung zu besprechen. Dabei ging es in erster Linie um die Sicherheit der deutschen Nachbarn. In weiteren Folgekonferenzen einigte man sich darauf, den Deutschen den Modus der Wiedervereinigung zu überlassen. Allerdings wurde verlangt, dass eine formale Anerkennung der Westgrenze Polens erfolgte (Deutsch-Polnischer Grenzvertrag). Das Problem der Einbindung eines deutschen Gesamtstaates in wie auch immer geartete Bündnissysteme blieb jedoch bestehen.
Die ab März 1990 einsetzenden gemeinsamen Verhandlungen der neuen DDR-Führung und der Kohl-Regierung führten zunächst zur Unterzeichnung eines Staatsvertrags über eine gemeinsame Wirtschaft-, Währungs- und Sozialunion am 18. Mai 1990, die am 1. Juli 1990 in Kraft trat. Allerdings gab es breits vor diesem Vertrag Stimmen, die vor den Konsequenzen einer schnellen Währungsunion warnten. Darunter den Warnruf der ökonomischen Vernunft namhafter Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler aus DDR und BRD.
Nach diesem ersten Teilerfolg gelang es Helmut Kohl bei einem Besuch in der UdSSR, die Zustimmung zur vollen Souveränität zu erlangen. Damit hatte das neue Deutschland das Recht, frei über seine Bündniszugehörigkeit zu entscheiden und konnte somit die Forderungen der USA erfüllen, sodass einer Wiedervereinigung nun nichts mehr im Wege stand. Am 23. August stimmte die Volkskammer mit 294 von 400 Stimmen für den Beitritt zur Bundesrepublik gemäß Artikel 23 des Grundgesetzes zum 3. Oktober 1990.
Am 31. August 1990 folgte der so genannte Einigungsvertrag, der durch eine „Vereinbarung zur Durchführung und Auslegung“ vom 18. September 1990 ergänzt wurde. Hierin wurden die Modalitäten des Beitritts der DDR zur Bundesrepublik Deutschland laut dem damaligen Wortlaut des Artikels 23 geregelt. Am 20. September stimmten die beiden deutschen Parlamente schließlich dem Einigungsvertrag zu: die Volkskammer mit 299 von 380 Stimmen, der Bundestag mit 442 von 492 Stimmen und der Bundesrat einstimmig.
Notwendigerweise vorausgegangen war die Unterzeichnung des Zwei-plus-Vier-Vertrages am 12. September 1990.
Am 3. Oktober 1990 wurden die beiden deutschen Staaten (wieder)vereint und die DDR hörte hiermit auf zu existieren.
- Beitritt der DDR zur Bundesrepublik, das Grundgesetz sollte für das gesamte deutsche Volk geltend werden
- Am 3. Oktober 1990 sollte die Wiedervereinigung geschehen, Verfassungsänderungen bezüglich der Einheit sollten innerhalb von zwei Jahren geschehen
- Neuregelung der Stimmenverteilung im Bundesrat
- Die Volkskammer entsendet 144 Abgeordnete in den Bundestag
- Verbleib der Stasi-Akten im ehemaligen DDR-Gebiet
- Berlin ist die Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland
- Mögliche Abweichungen vom Grundgesetz im Beitrittsgebiet für eine Übergangszeit
Nach der Wiedervereinigung
Nach der Wiedervereinigung erfolgte am 14. Oktober 1990 die Neugründung der fünf Bundesländer Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Die wiedervereinigte Stadt Berlin bildete von nun an ein eigenständiges Bundesland und wurde wieder zur Hauptstadt Deutschlands erklärt.
Wirtschaftliche Entwicklung
Die DDR-Betriebe waren aufgrund fehlender Investitionsmöglichkeiten, der daraus resultierenden veralteten Technik und der sehr personalintensiven Fertigung am Schluss nicht mehr wettbewerbsfähig.
Das größte Problem stellte dabei der Zusammenbruch des Ostblocks insgesamt dar. Wichtigster Handelspartner für die DDR-Wirtschaft war bislang die UdSSR gewesen. Nach der Einführung der DM in den neuen Bundesländern und insbesondere nach dem Zusammenbruch der UdSSR schwand dieser Markt jedoch vollkommen. Wirtschaftlich besonders schädlich war dabei der politisch motivierte und von der Bevölkerung geforderte Umtauschkurs von 1:1. Er sorgte dafür, dass die Kosten für Arbeit in Ostdeutschland von Beginn an vergleichsweise hoch waren, sodass nur sehr langsam neue Arbeitsplätze entstanden.
Die Betriebsstätten der Kombinate, zu denen fast alle Betriebe zählten, waren häufig standörtlich stark zerrissen; zugleich waren Gebäude und Produktionsanlagen verschlissen und nicht mehr zeitgemäß. Der Strukturwandel bewirkte die Entflechtung der Großkombinate, die Umwandlung in Mittel- und Kleinbetriebe und die Stilllegung vieler Produktionsstätten. Unternehmen aus der Bundesrepublik hatten meist kein Interesse daran, Betriebe zu übernehmen oder weiter zu führen. Oft wurden Betriebe auch billig erworben, nur um einen möglichen Konkurrenten auszuschalten. Der Arbeitsplatzabbau war enorm.
Zum Beispiel führte die Einbindung der sächsischen Landwirtschaft in die Agrarpolitik der EU zur Stilllegung von landwirtschaftlicher Nutzfläche. In vielen Dörfern und Städten entstanden mit der Stilllegung von Betrieben Industriebrachen. In einigen Regionen brachen ganze Wirtschaftszweige weg, da diese unter markwirtschaftlichen Bedingungen gegenüber der Konkurrenz nicht mithalten konnten - zu hoher Aufwand an Arbeitskräften und gleichzeitige Produktion von Erzeugnissen, die zu nicht konkurrenzfähigen Preisen und mit veralteten Maschinen hergestellt wurden. Dies führte dazu, dass u. a. die lange ostdeutsche Tradition des Erzbergbaus 1991 beendet wurde. Für die arbeitslos gewordenen Menschen gab es danach kaum mehr Beschäftigungsalternativen, da neue Investitionen nicht ausreichend neue Arbeitsplätze schufen.
Der mit diesen Gründen einhergehende völlige Zusammenbruch der alten DDR-Wirtschaft bewirkte schließlich einen Migrationsprozess von historischen Ausmaßen. Allein bis 1991 kehrten zwei Millionen Ostdeutsche ihrer alten Heimat den Rücken und wanderten auf der Suche nach Arbeit in die alten Bundesländer aus.
Die Wiedervereinigung war und ist für den deutschen Staat ein besonders schwer zu schulternder finanzieller Kraftakt. Die für den Wiederaufbau aufgewendeten Summen schwanken je nach Zählweise; vor allem ist strittig, welche Posten direkt der Wiedervereinigung zugerechnet werden können. Die Aufwendungen reichen daher von 250 Milliarden ostspezifischer Transferleistungen (Aussage des für den Aufbau Ost zuständigen Bundesministers Manfred Stolpe) über 1,25 Billionen Gesamttransferleistungen (Aussage der Bundesregierung) bis hin zu 1,5 Billionen Euro (Aussage der Freien Universität Berlin [1]). Die letzte Angabe würde über der heutigen Staatsverschuldung (fast 1,4 Billionen Euro [2]) liegen.
Innere Einheit
Ein wichtiger Punkt der Entwicklung nach der Wiedervereinigung ist zweifelsohne die angestrebte innere Einheit Deutschlands. Für viele Deutsche, die während der Teilung aufwuchsen, existiert nach wie vor die so genannte „Mauer in den Köpfen“. Dieses Ost-West-Denken konnte bisher nicht völlig überwunden werden. Der deutsche Bundespräsident Horst Köhler äußerte daher die Hoffnung, dass durch ein "echtes Zusammengehörigkeitsgefühl" die noch für längere Zeit bestehenden wirtschaftlichen Unterschiede zwischen Ost und West leichter ertragen werden könnten. Bezeichnend für die „Mauer in den Köpfen“ ist beispielsweise, dass kein einziger westdeutscher Rundfunksender sich des reichhaltigen musikalischen Erbes der DDR angenommen hat; gerade mal zum Tag der Deutschen Einheit wurden in den ersten Jahren noch ein paar bekanntere DDR-Titel gespielt. Auch der von allen bundesdeutschen Steuerzahlern zu entrichtende Solidaritätszuschlag sorgt zunehmend für Unfrieden zwischen Ost- und Westdeutschen. Wie das Emnid-Institut im September 2004 herausgefunden hat, empfindet jeder zweite Westdeutsche die jährlichen Zahlungen für den Osten als zu hoch. In Bayern teilen sogar 60% diese Ansicht.
Der vielfach noch empfundene Unterschied zwischen Ost- und Westdeutschen wird mittlerweile auch satirisch behandelt, zum Beispiel von der „PARTEI“. Die „Spaßpartei“ um die Redaktionsmitglieder der Zeitschrift „Titanic“ hat im Bundestagswahlkampf 2005 den "Wiederaufbau der Mauer" als zentralen Punkt in ihr Wahlprogramm aufgenommen.
Siehe auch
Literatur
- Kai Diekmann, Ralf Georg Reuth: Helmut Kohl, Ich wollte Deutschlands Einheit Ullstein, München 2000, ISBN 3-548-36264-8
- Claus J. Duisberg: Das deutsche Jahr - Innenansichten der Wiedervereinigung 1989/1990. wjs-Verlag, Berlin 2005, ISBN 3-937989-09-9
- Philip Zelikow, Condoleezza Rice: Sternstunde der Diplomatie Ullstein, München 2001, ISBN 3-548-26561-8
- Horst Teltschik: 329 Tage, Innenansichten der Einigung Goldmann, 1993, ISBN 3-442-12840-4
- Werner Weidenfeld; Karl-Rudolf Korte (Hrsg.): Handbuch zur deutschen Einheit: 1949 – 1989 – 1999. Campus Verlag, Frankfurt am Main 1999, ISBN 3-593-36240-6
- Arnd Bauerkämper (Hrsg.): Doppelte Zeitgeschichte: deutsch-deutsche Beziehungen 1945 – 1990. Dietz, Bonn 1998, ISBN 3-8012-4090-8
- Ulrich Gausmann: Für Volk und Vaterland: eine historisch-soziologische Studie über die Politik der Kommunistischen Partei Deutschlands zur nationalen Frage 1945 – 1949. IFB-Verl., Paderborn 2001, ISBN 3-931263-22-3
- Heike Amos: Die Westpolitik der SED 1948/49 – 1961: Arbeit nach Westdeutschland durch die Nationale Front, das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten und das Ministerium für Staatssicherheit. Akademie Verlag, Berlin 1999, ISBN 3-05-003446-7
- Michael Lemke: Einheit oder Sozialismus? Die Deutschlandpolitik der SED 1949 – 1961. Böhlau, Köln 2001, ISBN 3-412-14200-X
- David F. Patton: Cold War politics in postwar Germany. St. Martin's Press, New York 1999, ISBN 0-312-21361-1
- Alexander Gallus: Die Neutralisten: Verfechter eines vereinten Deutschland zwischen Ost und West; 1945 – 1990. Droste, Düsseldorf 2001, ISBN 3-7700-5233-1
- Wieslaw S. Burger: Zjednoczenie Niemiec w mysli politycznej zachodnioniemieckich partii; CDU/CSU, SPD i FDP w latach 1955 – 1989. Wydawn. Naukowe Uniw. Szczecinskiego, Szczecin 2000, ISBN 83-7241-092-5
- Christian Hanke: Die Deutschlandpolitik der Evangelischen Kirche in Deutschland von 1945 bis 1990: eine politikwissenschaftliche Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung des kirchlichen Demokratie-, Gesellschafts- und Staatsverständnisses. Duncker & Humblot, Berlin 1999, ISBN 3-428-09453-0
- David Childs: Germany's road to unity. Longman, Harlow 2001, ISBN 0-582-31568-9
- Alexander von Plato: Die Vereinigung Deutschlands – ein weltpolitisches Machtspiel : Bush, Kohl, Gorbatschow und die geheimen Moskauer Protokolle. Bundeszentrale für Politische Bildung, Bonn 2003, ISBN 3-89331-462-8
- Michail Gorbatschow: Wie es war: die deutsche Wiedervereinigung. Ullstein, Berlin 1999, ISBN 3-550-07005-5
- Stephan Eisel: Der Beitrittsbeschluss der DDR-Volkskammer, in: Historisch-Politische Mitteilungen (hrsg. Konrad-Adenauer-Stiftung) St. Augustin 2005.
Weblinks
- Dossier des Wegs zur deutschen Wiedervereinigung
- Die Folgekosten der Wiedervereinigung: http://www.der-soli-muss-weg.de
Beitrittsbeschluss der Volkskammer vom 23. August 1990Beitrittsbeschluss der Volkskammer vom 23. August 1990
- einheitspreis.de
- Ein 1989-Sammlungsprojekt „100,- Westmark“ mit dem Ziel, ein Archiv von Gegenständen, die Bürger der ehemaligen DDR von ihren ersten 100,- DM Begrüßungsgeld erworben haben, anzulegen. Initiiert von Peggy Meinfelder.
- Herausforderung Deutsche Einheit im Ordnungspolitischen Portal
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