Abtei Tyniec
Das Benediktinerabtei Tyniec (polnisch: Opactwo Benedyktynów Tyniec; lateinisch: Monasterium Tinecensis) befindet sich in der Nähe der polnischen Ortschaft Tyniec, die seit 1973 Stadtteil von Krakau ist. Die Abtei selbst ist etwa 13 km südwestlich von Krakau, auf einem steil emporragenden Kalksteinfelsen auf dem rechten Weichselufer gelegen. Das Kloster in Tyniec ist eines von drei Benediktinerklöstern in Polen.

Geschichte
Auf der Anhöhe, auf der sich heute das Benediktinerkloster befindet, wurde bereits um das Jahr 3000 v. Chr. eine Ansiedlung errichtet. Zu Bedeutung gelangte dieser Hügel an der Weichsel aber erst viel später. Denn im Jahre 1044 wurde das Kloster Tyniec von König Kasimir I. gegründet. Die Gründung des Kloster fiel in eine Zeit, in der der polnische Staat von heidnischen Übergriffen und dem böhmischen Einfall stark geschwächt und im Zerfall begriffen war. Deshalb war das Kloster von Kasimir dafür vorgesehen worden, entscheidenden Anteil am Wiederaufbau des Staates zu haben. Die zeigt auch die Ernennung des ersten Tyniecer Abtes Aaron zum Krakauer Bischof, der in diesem Amt eine Reform der kirchlichen Strukturen in Polen einleitete.
Aufbau des Klosters
In der zweiten Hälfte des 11. Jahrhundert wurde das Kloster mit steinernen Bauten versehen. Die romanische Klosterkirche nahm dabei ungefähr die Ausmaße des heutigen Chores ein. Südlich anschließend an die Kirche wurde ein Kreuzgang errichtet, um den sich verschiedene Klostergebäude gruppierten. Tyniec entwickelte sich zu einem der wichtigsten und wohlhabendsten Klöster in Polen.
Das 12., bzw. 13. Jahrhundert brachte dem Kloster schwere Verwüstungen. Erst wurde die Abtei 1241 von den Tataren geplündert. Um 1305 hatten sich die Mönche für den polnischen Thronanwärter Wladislaus Ellenlang ausgesprochen und diesen bei seinem Vorhaben unterstützt. In den folgenden Auseinandersetzungen mit den böhmischen Přemysliden, die unter Wenzel III. von Böhmen ebenfalls Ansprüche auf den polnischen Thron stellten, wurde das Kloster verwüstet.
Die Abtei Tyniec erholte sich jedoch wieder von den Zerstörungen, so dass im 15. Jahrhundert die Abtei gotisch wiederhergestellt wurde. Die Klosterkirche wurde gen Westen verlängert und die Klostergebäude nach Süden und Westen vergrößert.
Polens goldenes Zeitalter, das 16. Jahrhundert, verhalf auch dem Kloster zu wirtschaftlicher und kultureller Blüte. Vor allem das Abtshaus wurde repräsentativ umgestaltet, außerdem wurde der Bestand an Büchern erweitert und die Unterrichtstätigkeit des Klosters ausgeweitet.
Von 1618 bis 1622 wurde die Klosterkirche barockisiert, wodurch die Kirche ihr heutiges Aussehen erhielt. Bald darauf zogen Kriege die Abtei und ihren Besitz in Mitleidenschaft. Im 18. Jahrhundert erlebte das Kloster einen Aufschwung, der maßgeblich mit der Schließung der Kommende zusammenhängt. Tyniec wurde zum Mittelpunkt der polnischen Benediktiner und neue Bücher wurden für das Kloster angeschafft. Die Klosterkirche erhält zu dieser Zeit eine Rokokoausstattung von Francesco Placidi.
Auflösung der Abtei und Neugründung
Während der Polnischen Teilungen und dem Verlust der staatlichen Unabhängigkeit Polens wird die Abtei zu einem Zentrum des Widerstands gegen russische Truppen. Dieser Verteidigungskampf bringt dem Kloster schwere Schäden und die Klostergebäude brennen aus. Seit der Ersten Polnischen Teilung war das Kloster Teil des von den Österreichern besetzten Gebiets. Trotz der schwierigen Situation wurden unter Abt Amand Janowski die Schäden an der Bebauung wiederhergestellt und der Bibliotheksbestand sogar vergrößert. Den schwersten Schlag erlebte die Abtei 1816, als sie geschlossen wurde. Zwar gelangte die Abtei 1821 als Bischofssitz wieder zu gewisser Bedeutung, aber bereits 1836 wurde der Bischofsitz nach Tarnów verlegt. In diesem Zusammenhang ist der deutsche Benediktiner Thomas Ziegler zu erwähnen, der liturgisches Gerät, sowie große Teile der Bibliothek nach Tarnów brachte und sie so vor der drohenden Beschlagnahmung durch österreichische Behörden rettete. Bis heute sind sie in dieser Stadt zu finden. 1831 kam es erneut zu Zerstörungen, diesmal fielen die Klosterdächer einem Brand zum Opfer. Die Umfassungsmauern der Abtei blieben seitdem als Ruinen ungenutzt bestehen; der letzte Tyniecer Mönch starb 1844. Die Klosterkirche blieb weitgehend vom Brand verschont und wurde seitdem von der örtlichen Pfarrgemeinde genutzt.
In den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde das belgische Benediktinerkloster St. Andreas zur Aufnahmestelle polnischer Benediktiner. Kardinal Adam Sapieha, der große Krakauer Bischof, richtete in Tyniec erneut ein Benediktinerkloster ein. Am 29. Juli 1939 trafen die ersten elf Benediktinermönche unter Karl van Oost ein. Diese „Neugründung“ des Klosters Tyniec überstand die Unterdrückungen während der deutschen Okkupation, sowie unter der kommunistischen Diktatur in Polen. Nach dem 2. Weltkrieg (1947) fiel die Entscheidung die seit 116 Jahren zerstörten und unbewohnten Klostergebäude wieder nutzbar zu machen. Die Arbeiten zogen sich bis in die späten 90er Jahre hin, wobei die Klosterflügel südlich, bzw. südwestlich der Klosterkirche mit neuen Dächern versehen wurden. Im Jahre 1968 wurde das Kloster wieder in den Rang einer Abtei erhoben.
Architektur und Baugeschichte
Klosterkirche
Die Klosterkirche ist den Heiligen Peter und Paul geweiht und nimmt den zentralen Teil der Benediktinerabtei Tyniec ein. Die heutige Kirche geht auf eine dreischiffige romanische Kirche aus dem 11. Jahrhundert zurück, die aus Sandsteinquadern gebaut und deren Korpus gen Osten orientiert war. Dort befanden sich jeweils drei Apsiden am Ausgang jedes Kirchenschiffes, im Westen befand sich die Portalfront der Kirche, die mit zwei Türmen ausgestattet war. Somit entsprach der Aufbau dieses Vorgängerbaus, dem heutigen, auch wenn die Größe der damaligen Kirche, der des heutigen Chores entsprach. Von diesem Bauwerk konnten sich recht viele Elemnte erhalten: Darunter vor allem das Südportal samt Südwand der alten Klosterkirche, sowie romanische Säulen samt Kapitellen, aber auch die Steinplatten des Fußbodens stammen aus dieser Zeit.
Im Kloster befindet sich eine Galerie aller Bischöfe Krakaus, auch das Bild des Bischofs Stanislaus von Krakau ist dort zu finden. Die Benediktiner setzten sich sehr für seine Heiligsprechung ein und schließlich ist er einer von den ersten Schutzheiligen Polens geworden.
Als die Abtei brannte und die Malereien vollkommen verschwanden, malte Stanislaus diese im Jugendstil wieder vollkommen aus. Nun sind an den Wänden verschiedene Blumen zu finden, die man auch in der freien Natur auf einer gewöhnlichen Wiese entdecken kann.
Auch die Fenster wurden von Stanislaus gebildet, wie zum Beispiel die zwei Fenster neben dem Altar: oder das Fenster beim hinteren Ausgang, wo dargestellt wird, wie Gott die Erde bildet und aus dem Chaos eine Ordnung macht:
Das Tuch, in welches Jesus eingewickelt war, als er in der Höhle ruhte, ist ursprünglich in Turin aufbewahrt, doch die Kopie, auf der das Gesicht Jesu zu erkennen ist, kann man auch in Krakau, im Benediktinerkloster, bewundern.
Vor dem Kloster befindet sich die Statue des Stadtpräsidenten Josef Dietl, der ein Halbösterreicher war. Er war für die Bildung Krakaus sehr wichtig, denn er begann in den 70er Jahren des 19. Jh. das moderne Krakau zu entwerfen.
Ausstattungsstücke der Abtei
Als reiches und bedeutendes Kloster war die Abtei stets Hort zahlreicher Kunstschätze, die mittlerweile teilweise an anderen Orten untergebracht sind. Aus einem Grab in der Klosterkirche wurde bei Ausgrabungen unter anderem ein Messkelch und eine Patene geborgen, Diese beiden bekannten Goldschmiedekunstwerke sind romanisch und stammen noch aus der Erbauungszeit der ersten Klosterkirche. Die Patene zeigt eine eingravierte Darstellung des segnenden Fingers Jesu, der aus Hostien „herauswächst“.
Aus den Sammlungen der Abtei stammen auch zahlreiche bedeutende Manuskripte. Das bekannteste Stück ist das Tyniecer Sakramentar (Tyniecki Sakramentarz) aus der Zeit um 1060, das zu den ersten Ausstattungstücken der Tyniecer Benediktiner gehörte. Das Sakramentar stellt eines der ältesten seiner Art in Polen dar und befindet sich heute in der Nationalbibliothek Warschau. Es ist ein prächtig illustrierter Kodex, der im Zusammenhang mit Kölner Einflüssen zu sehen ist. Teilweise wurde er mit Gold und Silber auf Purpur geschrieben. Im Sakramentar finden sich zahlreiche mit Pflanzenmotiven verzierte Initialen, sowie vier ganzseitige Abbildungen. Vor allem die Abbildungen der Maiestas Domini (Die Majestät des Herrn), die den thronenden Christus in der Nussschale zeigt, der von den vier Evangelisten, sowie zwei Engeln umgeben ist. Daneben verdient die in Form des gekreuzigten Jesu ausgeführte Initiale T Beachtung.
Weblinks
- Internetseite des Benediktinerklosters (Polnisch; Deutsche Version in Vorbereitung)