Als Quäkerspeisung wird die humanitäre Hilfe bezeichnet, die amerikanische Quäker in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg vor allem in Deutschland leisteten. Offiziell lautet der Begriff „Kinderspeisung“, umgangssprachlich hat sich jedoch Quäkerspeisung durchgesetzt. Das lag wohl daran, dass die für deutsche Hilfsempfänger am sichtbarste Organisation das American Friends Service Committee (AFSC) war. Der Initiator der Speisung war der spätere US-Präsident und Quäker Herbert Hoover, der auch das AFSC mitbegründet hat. Deshalb hieß die Geldsammlung für die Speisung in Amerika der „Hoover Drive“. Speisungen und Hilfsdienste gab es durch die American Relief Administration u. a. auch in Polen, Frankreich, Österreich, Belgien und der Sowjetunion, wobei jene Hilfeleistungen mitunter für Spannungen zwischen den im Weltkrieg alliierten Nationen in der Zeit direkt nach dem Waffenstillstand sorgten, da von jenen einigen zunächst an einer Aufrechterhaltung der Lebensmittelblockade (speziell gegen das Deutsche Reich) gelegen war.
Geschichte
In Deutschland wurden Essensausgaben von 1919 bis 1926 organisiert. Beteiligt waren Quäker, aber auch Angehörige anderer Religionsgemeinschaften oder Personen ohne konfessionelle Bindung.
Geholfen wurde insbesondere Kindern, die durch Schulärzte ausgewählt wurden. Daneben wurde aber auch besonders bedürftigen Menschen, wie Erwerbslosen, Studenten und Älteren, geholfen. Über die Zahl der Essensausgaben liegen keine verlässlichen Angaben vor. Die Zahl der Kinder, die in Deutschland eine Speisung erhielten, wird auf bis zu fünf Millionen geschätzt, in der Spitze lag die Zahl gleichzeitiger Empfänger bei etwa einer Million Kinder[1]
Hubertus Prinz zu Löwenstein erinnerte sich in seinen Memoiren an die „Quaker-Frühstücke“, die in den Nachkriegsmonaten sein und vieler anderer Leben retteten, zumal er an Tuberkulose − wie er meinte, „auch im Seelischen begründet“ − erkrankt war, und die Quäker-Hilfe ihm nicht nur eine bessere Ernährung brachte, sondern auch „einen Strahl der Hoffnung, eine Botschaft der Menschlichkeit“.[2] Die Quäkerspeisung war für das Image der Quäker ein großer Erfolg. Die Gründung der „Deutschen Jahresversammlung“ ist indirekt eine Folge davon. In Deutschland hat sie auch dazu geführt, dass die Quäker oftmals als Hilfsorganisation, aber nicht als Kirche angesehen werden.
Literatur
- Gustav Tugendreich: Einige Lehren der Quäkerspeisung. In: Deutsche Medizinische Wochenschrift. 47, 1921, S. 1587–1589.
- Hertha Kraus: Schulspeisungen. In: Soziale Praxis und Archiv für Volkswohlfahrt. 31, 35, 1922, S. 942–945.
- Hermann Stöhr: So half Amerika. Die Auslandshilfe der Vereinigten Staaten. Stettin 1936.
- Willis H. Hall: Quaker international work in Europe since 1914. Chambéry 1938.
- Lutz Caspers: Quäkerspeisung nach dem Ersten Weltkrieg. In: Gesellschaft zur Förderung vergleichender Staat-Kirche-Forschung e. V. (Hrsg.): Vorträge, Analysen, Diskussionen. Berlin 1996, S. 78–82.
- Claus Bernet: Gilbert MacMaster (1869–1967): Der Organisator der Quäkerspeisung. In: Forum Pazifismus. Zeitschrift für Theorie und Praxis der Gewaltfreiheit. 2, 2006, S. 38–39.
- Claus Bernet: Quäkerspeisung in Klotzsche. In: Klotzscher Heimatblatt. 64, 2013, S. 6.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Nach Statistiken des American Friends Service Committee (AFSC)
- ↑ Hubertus Prinz zu Löwenstein: Botschafter ohne Auftrag. Lebensbericht, Droste Verlag, Düsseldorf 1972, S. 30