Parteinahe Stiftung (Deutschland)
Parteinahe Stiftungen (alternative Bezeichnungen: Parteistiftung, Parteienstiftung, politische Stiftung) sind den politischen Parteien in Deutschland nahestehende Institutionen zum Zweck der politischen Bildung, die aber aus rechtlichen Gründen von den ihnen nahestehenden politischen Parteien getrennt sind. Jede der im Bundestag vertretenen Parteien arbeitet mit einer ihre politischen Grundsätze vertretenden Stiftung zusammen. Dass eine Stiftung die politischen Grundsätze einer Partei vertritt, bedeutet dabei auch, dass jede dieser Stiftungen für die politischen Grundsätze und Ansichten dieser Partei mehr oder weniger direkt wirbt. Finanziert werden diese Stiftungen hauptsächlich durch Mittel des Bundesministeriums des Innern (BMI), des Auswärtigen Amtes (AA), des Bundesumweltministeriums (BMU) und des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).
Die Bundesmittel, die den parteinahen Stiftungen überwiesen werden, erreichen jährlich dreistellige Millionenbeträge und weisen in den letzten Jahren eine stark steigende Tendenz auf. So stiegen die Zuwendungen des Bundes an die politischen Stiftungen von 295 Mio. Euro im Jahr 2000 um 43,5 % auf 423,2 Mio. Euro im Jahr 2011.[1] Von 2005 bis 2014 stiegen die Etats insgesamt um fast 50 % (zum Vergleich, Etatsteigerung Bundeshaushalt: 14 %).
Als offizielle Aufgaben parteinaher Stiftungen werden vor allem die politische Bildung der Bevölkerung, die Begabtenförderung und die Entwicklungszusammenarbeit angeführt. Diese Aufgabe liegt nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 14. Juli 1986 (AZ 2 BvE 5/83) im öffentlichen Interesse.[2] In einem gemeinsamen Positionspapier stellen die parteinahen Stiftungen im Juli 2011 ihr Selbstverständnis und ihre Aufgaben dar.[3]
An der Finanzmittelverwendung von den Stiftungen gibt es immer wieder Kritik des Bundesrechnungshofes. So beglich die Hanns-Seidel-Stiftung (CSU) die Verluste, welche beim Tagungs- und Hotelbetrieb entstanden sind, mit Steuermitteln.[4] Die Geschäftsführer der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit Rolf Berndt und Stiftungschef Wolfgang Gerhardt hatten gegen Steuergesetze verstoßen, da sie ihre Autos jahrelang für private Fahrten nutzen. Darüber hinaus wird bei Stiftungen auch die Finanzierung von Auslandsreisen und damit verbundene Hotelkosten bemängelt (Carsten Schneider bei der Friedrich-Ebert-Stiftung, SPD; Helmuth Markov (Die Linke) bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung). Schließlich steht auch die Subvention von Bildungsstätten in Kritik, so konnte das Bundesverwaltungsamtes einen Missbrauch der Hanns-Seidel-Stiftung für die Tagungsstätten Wildbad Kreuth sowie Kloster Banz nachweisen.
Der Rechtsform nach sind parteinahe Stiftungen zumeist keine Stiftungen im eigentlichen Sinne, sondern eingetragene Vereine. Insgesamt beschäftigen die Stiftungen weltweit 2000 Angestellte und unterhalten fast 300 Vertretungen und Büros.
Einer parteinahen Stiftung ähnlich ist die Hans-Böckler-Stiftung, welche dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) nahesteht und sich häufig mit Studien zu Arbeitsbedingungen in Deutschland in der Öffentlichkeit präsentiert.
Parteinahe Stiftungen auf Bundesebene
Institution | Partei | Rechtsform |
---|---|---|
Konrad-Adenauer-Stiftung | CDU | Verein |
Friedrich-Ebert-Stiftung | SPD | Verein |
Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit | FDP | Stiftung |
Heinrich-Böll-Stiftung | Grüne | Verein |
Hanns-Seidel-Stiftung | CSU | Verein |
Rosa-Luxemburg-Stiftung | Die Linke | Verein |
Den Bemühungen der Partei Die Republikaner, eine Franz-Schönhuber-Stiftung als privatrechtliche Stiftung zu errichten, war kein Erfolg beschieden.[5] Stiftungsaufsicht und Gerichte begründeten die Ablehnung der Genehmigung damit, die geplante Stiftung gefährde das Gemeinwohl.
Mittelherkunft
Die Zahlungen an die sechs Parteistiftungen in einer Gesamthöhe von 466 Millionen Euro (2014) kamen von den aufgeführten Ministerien (Werte in Millionen Euro):
Bundesministerium | Betrag |
---|---|
Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) | 254,4 |
Bundesministeriums des Innern (BMI) | 116,0 |
Bundesumweltministeriums (BMU) | 80,7 |
Auswärtigen Amtes (AA) | 17,2 |
Diese Zahlungen verteilen sich auf die einzelnen Stiftungen wie folgt:
Staatliche Stiftungszahlungen 2014 | ||||
---|---|---|---|---|
Betrag | ||||
Friedrich-Ebert-Stiftung | 143,9 | |||
Konrad-Adenauer-Stiftung | 130,0 | |||
Hanns-Seidel-Stiftung | 47,5 | |||
Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit | 49,4 | |||
Heinrich-Böll-Stiftung | 49,4 | |||
Rosa-Luxemburg-Stiftung | 48,1 | |||
Zuschüsse in Millionen Euro |
Parteinahe Stiftungen auf Landesebene
Österreich
In Österreich vollziehen die parteipolitischen Weiterbildungsorganisationen der im Nationalrat vertretenen Parteien (Parteiakademie genannt), eine ähnliche Funktion wie die Stiftungen in Deutschland. Die Förderung erfolgt über einen separaten Topf im Rahmen der staatlichen Parteienfinanzierung.
Institution | Partei |
---|---|
Dr.-Karl-Renner-Institut | SPÖ |
Politische Akademie der ÖVP | ÖVP |
Freiheitliche Akademie | FPÖ |
Grüne Bildungswerkstatt | Grüne |
Zukunftsakademie Österreich | BZÖ |
Europa
Auch auf europäischer Ebene gibt es Stiftungen, die den politischen Parteien auf europäischer Ebene nahestehen. Diese werden durch die Europäische Union unterstützt.[6] Die nationalen Parteistiftungen sind in der Regel Mitglied der entsprechenden europäischen Stiftung.
Einzelnachweise
- ↑ Bundesrechnungshof: Bemerkungen 2012 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes (PDF; 5,9MB)
- ↑ Urteil BVerfG vom 14. Juli 1986 AZ 2BvE 5/83
- ↑ Die Bildungsarbeit der Politischen Stiftungen in Deutschland (PDF; 1,1MB)
- ↑ Martin Lutz und Uwe Müller: Das Kartell der Staatsplünderer. In: Welt online. 10. Oktober 2014, abgerufen am 11. Oktober 2014.
- ↑ BVerwGE 106, 177; NJW 1998, 2545
- ↑ Grants from the European Parliament to political foundations at European level 2008-2012 (PDF; 106 kB)
- ↑ [1]
Literatur
- Martin Lutz und Uwe Müller: Das Kartell der Staatsplünderer. In: Welt online. 10. Oktober 2014, abgerufen am 11. Oktober 2014.