Just-in-time-Produktion
Just in Time [engl.: termingenau, gerade rechtzeitig], (Abk.: JIT), bezeichnet ein Konzept zur Materialbereitstellung, das auf die Verkleinerung der Zwischenlager und eine allgemeine Rationalisierung des Produktionsprozesses abzielt. Durch die Einsparung von Lagerhaltungsflächen und -kosten wird Just in Time indirekt auch zu einer unternehmerischen Methode zur Kostensenkung in der Waren- und Beschaffungslogistik. Das Prinzip funktioniert folgendermaßen:
Güter oder Bauteile werden von den Zuliefererfirmen erst bei Bedarf - zeitlich möglichst genau berechnet - direkt ans Montageband geliefert. Dazu wird mit einem gewissen Vorlauf die benötigte Menge vom Fließband zurückgemeldet und bestellt. Der Zulieferer muß sich vertraglich verpflichten, innerhalb dieser Vorlaufzeit zu liefern. Am Produktionsort selbst wird also nur soviel Material gelagert, wie unbedingt nötig ist, um die Produktion gerade noch aufrecht zu halten. Dadurch entstehen beim Produzenten nur direkt am Band sehr kleine Lagermengen und es entfallen längere Lagerungszeiten.
Damit JIT funktionieren kann müssen die Lagerbestände jederzeit korrekt sein und online nachgeführt werden. Neben den geplanten Bedarfen müssen im Rahmen der Verbrauchsermittlung auch die Ist-Verbrauchsmengen korrekt erfasst werden. Diese können z.B. wegen Ausschuss, Bruch, o.a. von den Planbedarfen abweichen.
Vereinfacht kann man JIT so beschreiben: Ein Produkt wird genau zu dem Zeitpunkt fertiggestellt beziehungsweise geliefert, zu dem es auch gebraucht wird. Dazu sind die einzelnen Herstellungsschritte entsprechend zeitlich einzuplanen.
Das JIT kann die Produktion jedoch auch erheblich beeinflussen. Einflussgrößen sind hier exogene Schocks oder Ausliefer-Probleme des Zulieferers. So hatte der amerikanische Autohersteller GM einen Produktionsrückgang aufgrund des Konkurses des Autoteile-Zulieferers Delphi.
Geschichte des JIT
Das JIT-Konzept hat seinen Ursprung beim japanischen Automobilhersteller Toyota. Es war in den 1950er Jahren ein Teil des Toyota Produktionssystem (TPS). Durch Taiichi Ohno begründet wurde JIT im Jahr 1973 (der Zeit des Öl-Schocks in Japan) erstmalig durch den anhaltenden Erfolg Toyotas auffällig. Das ursprüngliche JIT basiert auf der Philosophie der 5 S:
- Seiri (Strukturieren, d.h. Aussortieren)
- Seiton (Systematisierung, d.h.Ordnung)
- Seiso (Reinigung, d.h. Sinn für Sauberkeit)
- Seiketsu (Standardisierung, d.h Standards setzen)
- Shitsuke (Selbstdisziplin, d.h. Disziplin halten)
Ganzheitliche Betrachtungsweise
Zur Implementierung einer JIT-Produktion ist die ganzheitliche Betrachtungsweise der Auftragsabwicklung in einer logistischen Kette (siehe Supply Chain Management) erforderlich. Damit die Produktions-Effizienz gemessen werden kann, müssen neben Kosten und Produktivität, die Durchlauf- und Wiederbeschaffungszeit betrachtet werden. Beim JIT müssen demnach die Produktionsflüsse und nicht die einzelnen Funktionen optimiert werden. Dadurch wird es möglich, die Gesamtauftragsdurchlaufzeit zu minimieren, also nachfragegenau zu produzieren und somit Lagerbestände (Kosten) zu minimieren.
Im Anwendungsbereich wird JIT unterschieden in:
- JIT-Produktion – umfasst den mit JIT gesteuerten Produktionsablauf
- JIT-Anlieferung – die logistische Kette zwischen Lieferant und Abnehmer wird synchronisiert
Einsatzvoraussetzungen
Merkmal | Beschreibung |
Produktionsprogramm | Kontinuierlicher Bedarf (keine Exoten) |
Layout/ Flächen | Sollte ausreichend Bereitstellflächen aufweisen |
Prozess | Kurze Rüstzeiten, hohe Verfügbarkeit der Betriebsmittel |
Kapazität | Flexible Kapazitätsreserven |
Qualifikation | Prozessbegleitende Qualitätssicherung |
Dispositionsverfahren | Verbrauchsgesteuert, dezentral |
Lieferant | nur Einbindung ausgewählter Zulieferer (Lieferausfall) |
Vorteile
- zum Teil erhebliche Minimierung der Durchlaufzeiten
- Abbau der (überflüssigen) Lagerbestände
- Kostenersparnisse (Lagerhaltung, Personal,...)
- -> Reduzierung des gebundenen Kapitals
- Kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP)
Nachteile
- lange Implementierungszeit
- hohe Abhängigkeit von den Zulieferern
- Produktionsausfall bei Versagen der Lieferketten z.B. durch Verkehrsbehinderungen oder Problemen bei Zulieferern
- Umgangssprachlich kann man sagen: "Das Lager wird auf die Straße verlegt" auch mit dem entsprechenden Verkehrsaufkommen
Kanban
Ein Teilsystem des JIT-Konzeptes ist das Kanban-Prinzip: dabei strebt man in der Serienfertigung niedrige Lagerbestände in den einzelnen Werkstätten an. Kurze Durchlaufzeiten und garantierte Termineinhaltung sind weitere übergeordnete Ziele. Zu diesem Zweck wird die Fertigung in selbststeuernde Regelkreise (nach dem Warenhausprinzip) unterteilt. Mit Hilfe von so genannten Kanbans (japanisch für: Schild/ Karte) löst der jeweilige Verbraucher einen Auftrag, mit einer meistens vordefinierten Menge und einem bestimmten Bestelltermin, aus. Der Erzeuger bzw. Zulieferer bringt diese dann zum geforderten Termin in der erforderlichen Einbauqualität an den Besteller. Hierbei handelt es sich um ein so genanntes Hol- bzw. Ziehprinzip. Heutzutage werden immer häufiger die Karten durch PC-Monitore ersetzt (E-Kanban). Die notwendigen Datentransaktionen werden sehr oft mittels EDI oder WebEDI durchgeführt (siehe auch: E-Procurement).
Weitere Betrachtungen
JIT wird z.B. in der Automobilindustrie eingesetzt, wenn
- die Verbauteile so viele Varianten haben, dass nicht alle direkt an der Montagelinie untergebracht werden können.
Beispiel: der Smart hat ca. 150 verschiedene Kabelbaumvarianten. Alle müssen für die Produktion vorgehalten werden. Es können aber nicht alle Varianten am Band bereit stehen, weil der Platz für die Unterbringung dort nicht ausreicht. Deshalb wird in einer Sequenzierstation in Bandnähe die Reihenfolge der benötigten Kabelbäume über eine Druckerstation ausgegeben, in der geforderten Reihenfolge in einen Sequenzierwagen eingelegt und dieser dann an das Band gebracht. Diese interne JIT-Ablieferung nenne man auch SILS (Sequence-Inlining-System).
- die Verbauteile als größere variantenreiche Baugruppen (Cockpit, Frontend, Türverkleidung, Räder usw.) von einem externen Zulieferer auftragsgemäß in der geforderten Reihenfolge vormontiert und angeliefert werden. Dabei wird dem Lieferanten ca. 180 Minuten vor dem Verbau die individuelle Variante über EDI mitgeteilt, diese dann vom Lieferanten vormontiert, mehrere Baugruppen zu einer LKW-Losgröße zusammengefasst und dann an den Hersteller abgeliefert. (externes JIT)
Das JIT-Konzept führt dazu, dass sich mehrere Zulieferer direkt in der Nähe des Herstellers ansiedeln, sog. Industrieparks. Die Zulieferer werden dadurch stärker in den Montageprozess einbezogen. Die End-Montagezeit eines Autos sinkt durch das JIT-Konzept von ursprünglich 20 auf ca. 8 (Smart 4) Stunden. Den Bestand von Vormaterialien für die entsprechenden Baugruppe muss der Lieferant vorhalten, so dass der Hersteller seine Lagerkapazität verringern kann. Da die Produktion beim Abnehmer zum Stillstand kommen kann, wenn die Teile zu spät eintreffen, beziehen Unternehmen mit JIT-Fertigung gleiche Teile oft von mehreren Zulieferern. Hohe Konventionalstrafen sind bei solchen Fertigungskonzepten auch keine Seltenheit..
Im Falle der nicht ortsnahen JIT-Anlieferung erhöht sich das LKW-Aufkommen, da niedrige Lagerbestände beim Kunden ein häufigeres Liefern (niedrigere Anliefermengen) erfordert. Somit erhöht sich die Lieferfrequenz und dadurch auch das LKW-Aufkommen. Bei ortsnahen Anlieferungen jedoch (wie im Beispiel Industriepark, wo der Zulieferer direkt vor Ort ist) fällt das LKW-Aufkommen so gut wie weg, da im Prinzip nur noch von einer Halle in die andere transportiert werden muss, was auch mit Fließbändern oder Gabelstaplern möglich ist. Weil bei JIT zugunsten geringerer Lagerhaltung häufigere Transporte stattfinden, sprechen Kritiker von der "Straße als Lager"
JIT dient über die Senkung der Logistikkosten und insbesondere der Lagerflächen letztlich der Erhöhung des Return on Investment (ROI) eines Unternehmens.
Definition: "Just in time ist eine Produktions- und Logistikstrategie. Sie soll Bedarfserfüllungen zum richtigen Zeitpunkt, in der richtigen Qualität und Menge am richtigen Ort gewährleisten. Dazu wird eine Neuorganisation des betrieblichen Ablaufs benötigt, der sich auf den Material- und Informationsfluss erstreckt."
Ziel des JIT ist die zentrale Synchronisation mehrerer Stufen des Produktionsprozesses von der letzten Stufe bis hin zu den Lieferanten. Es gilt außerdem, die Aktivitäten des Wertschöpfungsprozesses eng an den Marktbedürfnissen auszurichten, um eine kundennahe Produktion zu ermöglichen.
Siehe auch
Literatur
- Majima, I.: JIT, Kostensenkung durch Just-In-Time Production, Langen Müller/Herbig, München, 1994; ISBN 3-7844-7310-5
- Wildemann, H.: Das Just-In-Time-Konzept, FAZ GmbH, Frankfurt ,1988; ISBN 3-924875-20-0