Schuppose

mittelalterlicher Bauernhof und Bewirtschaftung
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Die Schuppose bezeichnet im Mittelalter einen Kleinbauernhof und dessen landwirtschaftliche Nutzfläche

Kleinbauernhof

Im Mittelalter ist Schuppose eine Bezeichnung für einen Kleinbauernhof (landwirtschaftliche Kleinstelle), der eine Familie ernähren kann. Dazu gehören Acker- und Wiesland in der Gewannflur und Nutzungsrechte (Holzrechte, Allmendrechte), in Weinanbaugebieten auch Rebland. Der meist hörige Schupposer (Kleinbauer) entrichtet seinem Grundherrn feste Abgaben (Gefälle, Feudalrente) in Naturalien oder Geld und ist auch zum Frondienst verpflichtet (cf. Villikation). Die Schuppose ist in den Quellen sowohl als Erblehen als auch als Zeitlehen belegt.

Flächenmaß

Die Schuppose als landwirtschaftliche Nutzfläche ("Flächenmaß") misst meist eine Viertel, mitunter auch eine halbe Hube; die absolute Fläche einer Schuppose beträgt meist rund 12 Jucharten (oft 9 Jucharten Acker und 3 Jucharten Wiese).

Sprachliches

Örtliche Verbreitung der Bezeichnung

Die Bezeichnung Schuppose ist ab dem 12. Jahrhundert belegt in lateinischen und mittelhochdeutschen Urkunden im alemannischen Bereich (im deutschsprachigen Schweizer Mittelland[1], in Südwestdeutschland[2][3] und auch im Elsass[4]). Häufig erscheint das Wort z.B. im Habsburger Urbar (um 1306).

Sprachliche Ableitung der Bezeichnung

Das Wort Schuppose erscheint in den mittelalterlichen Quellen in einer Vielzahl unterschiedlicher Schreibweisen, die bereits Jacob Grimm gesammelt und chronologisch geordnet hat[5]. Die sprachliche Ableitung des (wohl aus zwei Teilen zusammengesetzten) Wortes ist umstritten und wird wohl nicht endgültig geklärt werden können; vorgeschlagen wurden u. a. folgende Ableitungen[6]

  • vom mittellateinischen schoppa (Schopf, Schuppen)
  • vom mittelhochdeutschen schuoch (Schuh), die Schuppose dann als Schuhfleck oder Schuhlappen gedeutet
  • scoub (Getreidegarbe) + pôzan, possen schlagen; also etwa unaufgebundene Getreidegarben dreschen
  • Deutung als Schuppes-Gut = Schupflehen
  • Der zweite Wortteil (-pose) zum romanischen Wort pose od. pusa, das in der Westschweiz ebenfalls für ein bestimmtes Landmass belegt ist; anderswo abgeleitet von bose, französisch botte (= Stroh- oder Flachsbund)


Das Wort ist wohl sicher alemannischer Herkunft, und die lateinische Form (scoposa und ähnlich) dürfte, obwohl zeitlich in den Urkunden noch vor der volkssprachlichen Form belegt, aus dem Mittelhochdeutschen entlehnt sein.

Synonyme

Ungefähr gleichbedeutend mit Schuppose sind die lateinischen Ausdrücke diurnale (in den Acta Murensia), lunadium und tresiusiurnale.

Fortleben der Bezeichnung

Heute lebt die Schuppose weiter in Familiennamen (z. B. Schuppisser, der ursprünglich den Bewohner einer Schuppose bezeichnete)[7] und in zahlreichen Ortsnamen[8] .

Literatur

Einzelnachweise

  1. Schweizerisches Idiotikon. Wörterbuch der schweizerdeutschen Sprache. Bd. 8 (Frauenfeld: Huber 1920), Sp. 1031-1042, s. v. Schu(e)poss (mit sehr vielen Belegen)
  2. Schwäbisches Wörterbuch, bearbeitet von Hermann Fischer. Bd. 5. (Tübingen: Laupp 1920), Sp. 1195-1197, s.v. Schup(p)ose
  3. Badisches Wörterbuch, bearbeitet von Rudolf Post. Bd. 4. (München: R. Oldenbourg 2009), S. 750-751, s.v. Schupose
  4. Wörterbuch der elsässichen Mundarten, s.v. Schuppose
  5. Jacob Grimm,Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. Bd. 15 (Leipzig: Hirzel 1899), Sp. 2028, (vgl. Grimm, Deutsches Wörterbuch, s.v. Schuppose, online)
  6. Münger, Paul: Über die Schuppose. Studie zu Inhalt und Wandel eines Rechtswortes aus der Zeit des Verfalls der mittelalterlichen Agrarverfassung. Zürich: Juris Vlg. 1967, hier: S. 10-21 (Deutung der Schuppose im Lichte sprachlicher Ableitungen)
  7. Josef Kaizl: Der Kampf um Gewerbereform und Gewerbefreiheit in Bayern von 1799-1868: Nebst einem einleitenden Ueberblick über die Entwickelung des Zunftwesens und der Gewerbefreiheit in Deutschland, Duncker & Humblot, 1880, S. 87 [1]
  8. Die heute noch fortlebenden sowie die in älteren Quellen bezeugten schweizerischen Ortsnamen, die auf die Schuppose zurückgehen, sind ausführlicher behandelt im Schweizerisches Idiotikon. Wörterbuch der schweizerdeutschen Sprache. Bd. 8 (Frauenfeld: Huber 1920), Sp. 1040-1041, s. v. Schu(e)poss (vgl. Schweiz. Idiotikon online), mit Angabe der nach Kantonen aufgeschlüsselten Ortschaften. Zu vergleichen ist auch die Schweizer Landeskarte