Brummton-Phänomen

wiederholte Wahrnehmung eines Brummtons durch einzelne Personen bei zunächst nicht erkennbarer Ursache
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Das Brummton-Phänomen (Englisch: Taos Hum oder the Hum) bezeichnet die aus vielen Gebieten der Welt berichtete, wiederholte Wahrnehmung eines Brummtons einzelner Personen mit oftmals nicht erkennbarer Ursache.

Das Brummen tritt oft verstärkt während der Nachtstunden auf und wird mit dem Geräusch eines entfernten Lkw-Dieselmotors im Leerlauf beschrieben. Für die Betroffenen stellt das Brummen eine starke Einschränkung ihrer Lebensqualität dar.

Eine zweifelsfreie Erklärung konnte bisher nicht gegeben werden. Es ist noch nicht einmal sicher, dass es sich bei verschiedenen Betroffenen um das gleiche Phänomen handelt, auch wenn die Beschreibungen sich weltweit sehr ähneln.

Historie

Über das Auftreten eines solchen Brummtons wurde zum ersten Mal 1989 in der Stadt Taos in New Mexico berichtet. Bei einer Befragung von 1440 Einwohnern von Taos gaben etwa 2 % an, den Ton zu hören. Das Phänomen wurde dort im Mai 1993 wissenschaftlich, mit beachtlichem Aufwand, aber ohne Erfolg untersucht.

In Deutschland gab es in der Zeit zwischen 2000 und 2002 gelegentliche Erwähnung in den Medien, die unter anderem zu einem verstärkten Kontakt von Betroffenen geführt hat. Die Interessengemeinschaft zur Aufklärung des Brummtons (siehe Weblinks) wurde so von 1500 Betroffenen kontaktiert.

Beschreibung des Brummens

Die Betroffenen beschreiben den Ton als tieffrequentes Brummen, ähnlich einem weit entfernt stehenden Dieselmotor durch ein geschlossenes Fenster. Bei manchen ist der Ton anhaltend, einige hören ihn an- und abschwellend oder wie einen Morsecode. Bei vielen ist der Ton in Räumen lauter als im Freien. Nachts und frühmorgens ist der Ton bei etwa zwei Drittel der Betroffenen am stärksten.

Abgrenzung

Nicht gemeint sind hier Brummtöne, für die eine eindeutige Quelle in der Umgebung des Hörers existiert.

Dass es sich beim Brummton nicht auch um eine weniger bekannte Form des objektiven Tinnitus handeln könnte, war nicht nur unter Betroffenen lange Zeit umstritten. Das Ergomodell bot aber auch Ansätze zur Erklärung der Interaktion von per Kopfhörer zugespielten Tönen mit dem Brummton, wie sie auch im Rahmen der Taos-Untersuchung und von Betroffenen im Selbstversuch festgestellt wurde. Diese Interaktionsfähigkeit (Schwebung, Auslösung, Verstärkung, Dämpfung, z.T. mit Zeitverzögerungen) wurde aber häufig berechtigter Weise als Argument gegen eine verbreitete Form des subjektiven Tinnitus angeführt, die auch im Tieftonbereich ihre Ursache wahrscheinlich im Innenohr hat und damit anderen Gesetzen unterliegt.

Mögliche Erklärungen

Es gibt vielfältige Erklärungsversuche, darunter auch solche, die den Rahmen einer naturwissenschaftlichen Beschreibung verlassen. Festzuhalten ist, dass weder die Quelle des Brummtons, noch seine Übertragung, noch die individuellen Voraussetzungen für das Hören umfassend geklärt sind. Von vielen wird die Vermutung vertreten, dass eine äußere Quelle mit einer individuellen Disposition zusammenkommen müssen (Resonanz).

Das Ergomodell

Das nach dem Pseudonym seines Urhebers benannte Modell war das erste umfassende, uneingeschränkt zugängliche, in deutscher Sprache verfasste, auch für Laien verständliche, neurophysiologische Erklärungsmodell, welches die meisten Effekte im Zusammenhang mit dem individuellen ("echten") Brummton erklären will und diesen vom subjektiven Tieftontinnitus abgrenzt. Es wurde Ende September 2005 auf der Website der IGZAB als Forschungsbeitrag veröffentlicht und seine Entwicklung lässt sich dort bis ins Jahr 2002 zurückverfolgen. Entwickelt wurde es von einem Betroffenen, der seine Thesen theoretisch untermauert und im Selbstversuch erhärtet haben will. Auch wenn das Modell keinen wissenschaftlichen Anspruch erhebt, wollte es sich trotzdem der bewährten wissenschaftlichen Methode der Modellerstellung bedienen.

Nach dem Ergomodell handelt es sich beim Brummton um einen objektiven Tinnitus, welcher von hörbaren Vibrationen einiger am Hörprozess beteiligter Muskeln im Mittelohr ausgeht. In schwereren Fällen, die außerdem mit der Wahrnehmung von körperlichen Vibrationen verbunden sind, wären demnach auch andere Regionen des neuromotorischen Systems aus Nerven und Muskel betroffen.

Da hierbei der Brummton als mechanische Schwingung unter Beteiligung des Mittelohrs tatsächlich über die normale Hörbahn gehört würde, könnte dieser leicht mit von außen kommenden Geräuschen verwechselt werden und sogar mit solchen interagieren bzw. über neuronale Rückkopplungs- und Speichereffekte von solchen ausgelöst oder abgeschwächt werden.

Der zentralnervöse Ausgangspunkt der Brummtonentstehung ist hiernach die spontane Aktivität von Motoneuronen und zugeordneten Muskelzellen im Ruhezustand. Als Ursache werden ungünstige, selbsterregende Verknüpfungen vermutet, wie sie bei der Regeneration abgestorbener Nervenzellen entstehen können und in welchen sich Betroffene von Nicht-Betroffenen unterscheiden sollen. Auf neurophysiologischer Ebene wird eine Verwandtschaft mit Epilepsie und RLS vermutet.

Es werden einige Substanzen genannt, welche die spontane Ruheaktivität betroffener Neuronen beeinflussen können. Die Konzentration dieser Substanzen im Blut durch die Aufnahme mit der Nahrung könnten demnach den Brummton ebenso beeinflussen wie der mit der inneren Uhr gekoppelte Hormonspiegel. Diese Faktoren können sich in ihrer Wirkung gegenseitig potenzieren und dabei zum sonst nur schwer nachvollziehbaren Verhalten eines individuellen Brummtons führen. Zu den schädlichen, von außen zugeführten Substanzen gehören danach u.A. Glutamat, Aspartam, Acrylamid und Nonylphenol. Den Omega-3-Fettsäuren werden in diesem Zusammenhang vorbeugende und heilende Wirkungen zugeschrieben.

Dem Brummton ist danach aus den folgenden Gründen in der Praxis nur schwer beizukommen: Da die Entstehung des Brummtons mit der Beteiligung von akustischen, neurologischen und pharmakologischen Komponenten multifaktoriell ist, reicht die isolierte Sichtweise einer einzelnen Disziplin nicht aus, um das Problem zu lösen. Hinzu kommt die breite individuelle und zeitliche Streuung der vom Modell benannten Einflussfaktoren und Speichereffekte, welche zusätzlich auch noch schwer erfassbar und kontrollierbar sind. Außerdem wird die Verwechslungsgefahr mit äußeren Geräuschen und Vibrationen angeführt, welcher Betroffene leicht erliegen könnten.

Der Wert des Ergomodells für die Betroffenen bestand zunächst darin, dass es konkrete Substanzen identifizierte, welche verstärkend oder abschwächend auf den Brummton wirken sollen. Hierdurch wies es der Ursachensuche eine bis dahin weniger beachtete Richtung. Es bot damit nicht nur Therapieansätze durch gezielte Ernährungsumstellung, sondern gleichzeitig auch die Grundlage für weitergehende Experimente und Studien zur Verifikation bzw. Falsifikation des Modells auf breiterer Ebene.

Als Kritik zum Ergomodell wäre anzumerken, dass neben der zu geringen empirischen Untersuchungsbasis bis zum Veröffentlichungszeitpunkt des Modells, ungeachtet der Gründe, keine Fälle veröffentlich wurden, in denen die Objektivität des zugrunde gelegten Tinnitus direkt nachgewiesen wurde. Dies konnte das Modell trotz großer Erklärungskraft, erdrückender Indizienlast und fundierter Betrachtung sowie Schlussweise zunächst in Teilen noch spekulativ erscheinen lassen. So bot das Modell zwar eine mögliche, aber nicht in allen Punkten zwingend die einzig mögliche Erklärung.

Es ist jedoch auch bemerkenswert, dass bis zur Veröffentlichung des Ergomodells der Brummton in der öffentlichen Diskussion nicht als objektiver Tinnitus erkannt worden sein wollte, oder konnte, und dadurch der Herausbildung weniger fundierter Theorien lange Zeit Tür und Tor geöffnet war.