Paulskirche (Frankfurt am Main)

Kirchengebäude in Frankfurt am Main
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Die Paulskirche heute, vom Maintower aus gesehen

Die Paulskirche in Frankfurt am Main wurde 1789 bis 1833 anstelle der 1786 abgerissenen mittelalterlichen Barfüßerkirche erbaut und diente bis 1944 als evangelische Hauptkirche Frankfurts. In dem klassizistischen Rundbau des Architekten Johann Friedrich Christian Hess tagten 1848-1849 die Delegierten der Frankfurter Nationalversammlung, der ersten frei gewählten Volksvertretung Deutschlands. Am 18. März 1944 brannte die Paulskirche nach einem Bombenangriff aus und wurde nach dem Krieg als erstes historisches Gebäude Frankfurts wiederaufgebaut. Zum hundertsten Gedenktag der Nationalversammlung wurde sie am 18. Mai 1948 als Haus aller Deutschen wiedereröffnet. Seitdem ist sie ein nationales Denkmal und wird hauptsächlich für öffentliche Veranstaltungen genutzt.

Geschichte

Das Barfüßerkloster im Mittelalter

 
Die Barfüßerkirche auf dem Merian-Plan von 1628

1270 wird das Frankfurter Barfüßerkloster erstmals urkundlich erwähnt. Vermutlich ist es jedoch bereits einige Jahrzehnte älter. Der Frankfurter Patrizier Achilles Augustus von Lersner berichtet in seiner 1706 erschienenen Chronik (Der weit-berühmten Freyen Reichs-, Wahl- und Handels-Stadt Franckfurt am Mayn Chronica), dass die Barfüßerkirche bereits 1238 bestanden haben muss, wie aus einer (nicht erhaltenen) Grabinschrift des Stifters Henrich Knoblauch an der Kirche hervorginge. Die Angabe erscheint plausibel, da ab 1221 zahlreiche Niederlassungen des Barfüßerordens in allen wichtigen deutschen Städten entstanden.

Die Barfüßer übernahmen zahlreiche seelsorgerliche Aufgaben in Frankfurt, dessen Bevölkerung im 13. Jahrhundert rasch anwuchs. Die Pfarreirechte für die gesamte Stadtbevölkerung lagen jedoch weiterhin ausschließlich beim kaiserlichen Stift St. Bartholomäus.

1314 löste die Wahl Ludwigs IV. zum König einen Konflikt mit dem Papst aus, in dessen Verlauf die Stadt Frankfurt zeitweise mit dem Interdikt belegt wurde. Während dieser Zeit spaltete sich auch der Frankfurter Klerus in Kaiserliche und Päpstliche. Der Historiker Johann Georg Battonn berichtete in seiner Oertlichen Beschreibung der Stadt Frankfurt am Main (1866), dass das Kloster zwischen 1330 und 1350 geschlossen war; trotzdem fanden auch während des Interdikts zumindest vereinzelt Gottesdienste statt, die wohl von kaisertreuen Ordensbrüdern gehalten wurden.

In der Folgezeit zeigte das Barfüßerkloster eine besondere Nähe zum Rat der Stadt. Die Kirche und die anderen Einrichtungen des Klosters standen den Bürgern bereitwillig zur Verfügung, wenn die Stadt – zum Beispiel während der Messen oder bei der Kaiserwahl – von Fremden überfüllt war. Auch als Rathaus dienten die Klosteranlagen zeitweise, bis der Rat 1405 mit dem Römer ein genügend großes Rathaus ankaufte.

Im Gegensatz zur Ordensregel des Heiligen Franziskus sammelte der Orden in Frankfurt im Laufe der Zeit erhebliche Besitztümer an; erst nach der Ordensreform von 1469 wurde das Armutsgebot wieder streng befolgt und das Eigentum des Konvents dem Rat übergeben. In dieser Zeit lebten im Frankfurter Barfüßerkloster stets nicht mehr als ungefähr 10 Mönche. Unter den Mitgliedern des Frankfurter Konvents ist Thomas Murner, der von 1510 bis 1513 dort Lektor war, besonders hervorzuheben.

Noch im 15. Jahrhundert begann eine großzügige Erneuerung des Barfüßerklosters. 1478 errichtete man einen Kreuzgang, ab 1485 wurde die Kirche – vor allem der Lettner und die Gewölbe – ausgebaut. 1500 bis 1510 wurde der Chor neugebaut.

1522 hielt der Marburger Barfüßermönch Hartmann Ibach in der Katharinenkirche die erste reformatorische Predigt in Frankfurt. 1525 wurden mit Dionysius Melander und Johann Bernhard die ersten reformatorischen Prediger durch den Rat der Stadt beauftragt. Seit 1526 wurden in der Barfüßerkirche regelmäßig evangelische Predigten gehalten. Noch vor der 1530 erfolgten offiziellen Einführung der Reformation in Frankfurt wandten sich die letzten acht Konventualen mit einer Bittschrift an den Rat. Darin baten sie um die Übergabe des Klosters an den Rat und die Aussetzung einer Leibrente für den Unterhalt der Mönche. Eine Kommission des Rats unter Hamman von Holzhausen verhandelte mit den Bittstellern. Am 9. Juni 1529 wurde das Kloster an die Stadt übergeben. Bald danach heirateten mehrere der ehemaligen Mönche, ihr letzter Guardian Peter Pfeiffer wurde als dritter evangelischer Prediger des Rats eingestellt.

Die Barfüßerkirche wurde nun zu einer evangelischen Kirche. 1542 belegte die städtische Lateinschule die ehemaligen Klostergebäude, wo sie bis 1839 blieb.

Die Barfüßerkirche als evangelische Hauptkirche (1529 bis 1786)

 
Der Innenraum der Barfüßerkirche, 1653
 
Darstellung des Innenraums, 1718

Nach der „vorläufigen Suspendierung“ der katholischen Messe durch den Rat (23. April 1533) fanden in Frankfurt bis auf weiteres keine katholischen Gottesdienste mehr statt. Als größte und bedeutendste Kirche war zunächst St. Bartholomäus das Zentrum des kirchlichen Lebens, zumal der Rat die bisherige kirchliche Verfassung der Stadt unangetastet ließ. Alle Bürger der Stadt gehörten weiterhin zu einer Pfarrei, wie schon seit dem Mittelalter.

Nach dem Augsburger Interim wurden am 14. Oktober 1548 sechs katholische Stifts- und Ordenskirchen, darunter auch St. Bartholomäus, an ihre Orden bzw. Stiftsgeistlichen zurückgegeben. Den evangelischen Christen der Stadt, inzwischen rund 98% der Bürgerschaft, blieben die Barfüßer-, Katharinen-, Weißfrauen-, Peters-, Dreikönigskirche und die Kirche des Hospitals zum Heiligen Geist. Mit diesem Kompromiss sicherte der Rat die politische Unabhängigkeit der Stadt und ihre wichtigsten Privilegien, vor allem die Messen und die Kaiserwahlen. Dieser kluge Schritt zahlte sich aus: Seit 1562 wurden alle Kaiser nicht nur in Frankfurt gewählt, sondern auch gekrönt.

Die Barfüßerkirche als größte der verbliebenen evangelischen Kirchen wurde daher ab 1548 zur Hauptkirche. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts wurde ihre Kapazität durch den Einbau von Emporen hinreichend erweitert. 1599 wurde die erste Orgel eingebaut, 1685 ein größerer Dachreiter aufgesetzt, in dem drei Glocken Platz fanden. Auch die Innenausstattung wurde ergänzt, so dass sich ihr Stil allmählich von der Gotik zum Barock veränderte. 1671 erhielt die Kirche eine neue Kanzel, einen Altar und eine neue Orgel. Das Altarbild schuf Matthäus Merian d.J..

In dieser Form genügte die Kirche bis ins 18. Jahrhundert den Anforderungen der Bürgerschaft. Die evangelischen Geistlichen der Stadt bildeten das evangelische Predigerministerium, dessen Vorsitzender, der Senior, zugleich Pfarrer der Barfüßerkirche war.

Von 1666 bis 1686 war Philipp Jakob Spener Senior in Frankfurt. In dieser Zeit verfasste er sein bedeutendstes Werk Pia Desideria oder Herzliches Verlangen nach gottgefälliger Besserung der wahren evangelischen Kirche (1675) und gründete 1670 die ersten collegia pietatis (Hauskreise). Mit seinem Weggang aus Frankfurt endete zunächst die Zeit des Pietismus in Frankfurt; unter seinen Nachfolgern setzte sich die strenge Lutherische Orthodoxie wieder durch. Doch gab es auch im 18. Jahrhundert immer wieder pietistische Pfarrer in Frankfurt. Der bedeutendste unter ihnen war zweifellos Johann Friedrich Starck, von 1723 bis 1756 Pfarrer an der Barfüßerkirche. Mit seinen pietistischen Erbauungsschriften war er der meistgelesene Schriftsteller seiner Zeit.

In der zweiten Hälte des 18. Jahrhunderts machte sich allmählich die Baufälligkeit der alten Barfüßerkirche bemerkbar. Am 21. Februar 1782 fand der letzte Gottesdienst statt. Weil sich Risse im Gewölbe zeigten, verfügte der Rat die Schließung der Kirche. Im August 1786 begann ihr Abbruch, der Anfang 1787 abgeschlossen war.

Der Neubau der Paulskirche

 
Entwurf zum Neubau der Paulskirche, 1786
 
Die Paulskirche 1848

Über die Gestaltung des Neubaus waren sehr unterschiedliche Vorschläge erarbeitet worden. Der damalige Frankfurter Stadtbaumeister Andreas Liebhardt schlug einen ovalen Hallenbau mit Kuppeldach und einem Turm im Westen der Kirche vor. Der Rat beauftragte jedoch die Architekten Johann Georg Christian Hess und Nicolas de Pigage, die ebenfalls Vorschläge eingereicht hatten, mit der Überarbeitung der Pläne. Als Liebhardt im Januar 1788 starb, ergab sich eine weitere Verzögerung. Schließlich erhielt Hess, der auch sein Nachfolger als Stadtbaumeister war, den Auftrag, neue Pläne zu erstellen und dabei gewisse Vorgaben des Rates einzuarbeiten.

1789 begann der Neubau. Als Baumaterial verwendete man – wie bei fast allen bedeutenden Frankfurter Bauwerken – roten Mainsandstein. Im Juni 1792 war das Gebäude bis auf das Dach, die Treppenhäuser und den Turm fertig gestellt. Aufgrund der politischen und wirtschaftlichen Krise während der Koalitionskriege zog sich der Neubau von da an über einen längeren Zeitraum hin. 1796 erhielt die Kirche ein Dach, erst 1802 wurden Fenster eingesetzt, um den Bau vor der Witterung zu schützen. Turm und Treppenhäuser blieben jedoch weiterhin unvollendet.

Danach konnten erst 1810 wieder Mittel für den Weiterbau bereitgestellt werden. Man vermietete die unfertige Kirche als Lagerraum an Frankfurter Kaufleute und wollte die Mieteinnahmen in den städtischen Bauetat einstellen. Sie wurden allerdings durch die hohen Kontributionen, die die Stadt infolge der französischen Besatzung zu leisten hatte, wieder aufgezehrt.

1816 wurde Johann Friedrich Christian Hess als Nachfolger seines Vaters zum Stadtbaumeister ernannt. Der für 1821 vorgesehene Weiterbau verzögerte sich jedoch weiterhin, zumal Hess durch einen weiteren Großbau – die Stadtbibliothek – beschäftigt war.

Erst im Frühjahr 1830, nach fast dreißigjähriger Unterbrechung, wurde der Bau wieder aufgenommen. Die bereits fertig gestellten Bauteile waren inzwischen völlig verwahrlost, aus den zertrümmerten Fenstern und den unverglasten Fensterschächten des Turmes und der Treppenhäuser wuchsen Bäume und Sträucher.

Am 23. Mai 1833 beschloss das lutherische Konsistorium der Stadt, der neuen Kirche den Namen Paulskirche zu geben. Der bisherige Name wurde für unpassend gehalten, „indem die Barfüßermönche ja selbst aus der katholischen Kirche wenigstens in Deutschland verschwunden sind“. Am gleichen Tag beschloss der Senat der Freien Stadt Frankfurt, dass der Festgottesdienst zur Einweihung am 9. Juni 1833 stattfinden solle. In den Feiern zeigte sich das bürgerliche Repräsentationsbedürfnis der politischen Gemeinde, die kirchliche Zeremonie verlief eher schlicht. Die Einweihungspredigt hielt Pfarrer Anton Kirchner.

Die Paulskirche als Tagungsort der Nationalversammlung

 
Einzug der Parlamentarier zu Beginn der Nationalversammlung
 
Die Nationalversammlung in der Paulskirche
 
Sitzung der Nationalversammlung im Juni 1848

Als im Zuge der bürgerlichen Märzrevolution 1848 ein Sitz für das erste demokratisch gewählte gesamtdeutsche Parlament, die Frankfurter Nationalversammlung, gesucht wurde, bot sich die Paulskirche als größter und modernster Saal Frankfurts an. Am 18. März 1848 überreichten die Frankfurter Rechtsanwälte Binding und Jucho dem evangelischen Gemeindevorstand ein Schreiben, in dem sie um die Bereitstellung der Paulskirche baten. Bereits am 21. März erklärte sich der damalige Senior Dancker namens aller Vorstände „mit Freuden einverstanden“ und wies den Kirchendiener Meyer an, dem Vorbereitungskomitee zur Hand zu gehen.Vorlage:Ref Erst nach den Barrikadenkämpfen vom 18. September 1848 und der Erschießung des Abgeordneten Robert Blum kam es im Gemeindevorstand zu Auseinandersetzungen über die Nutzung der Kirche zu politischen Zwecken.

In aller Eile nahm man die notwendigen Umbauten vor: Wände und Fenster der Kirche wurden mit schwarz-rot-goldenen Fahnen geschmückt, die Kanzel wurde mit einem Tuch verhüllt, die Orgel durch einen breiten Vorhang verdeckt, der ein Frescogemälde von Philipp Veit zeigte: die Germania mit Fahne und Schwert, rechts und links von je ein Lorbeerkranz mit vaterländischen Versen. Anstelle des Altars wurde der Präsidententisch aufgebaut. „Wie völlig man sofort nach Eröffnung der Verhandlungen von dem kirchlichen Charakter des Versammlungsortes absah, fand seinen klarsten Ausdruck in der schroffen Ablehnung eines Eröffnungsgebetes, wobei Raveaux sagte, das Beten gehört in die Kirche und an das Wort erinnerte: Hilf dir selbst, so wird dir Gott helfen.“Vorlage:Ref

Vom 31. März bis zum 3. April 1848 war die Kirche Versammlungsort des Vorparlaments, das die Wahl zur Nationalversammlung vorbereitete. Am 18. Mai 1848 trat die Nationalversammlung zum ersten Mal hier zusammen und wurde deshalb auch Paulskirche oder Paulskirchenparlament genannt.

Zwischen 6. November 1848 und 9. Januar 1849 musste die Nationalversammlung für insgesamt 40 Sitzungen in die deutsch-reformierte Kirche am Kornmarkt ausweichen, da in der Kirche eine der ersten Zentralheizungen Deutschlands eingebaut wurde. Bis dahin hatte die „unerträgliche Kälte“ in der Kirche jeden Winter für Verdruss gesorgt; nunmehr sorgten zwei mit Steinkohle befeuerte Heizkessel und eine für die damalige Zeit hochmoderne Warmwasser-Fußbodenheizung für angenehme 15° Reaumur (18° Celsius) bei einer Außentemperatur von -8° R (-10° C).

Gleichzeitig hatte die Kirche eine Gasbeleuchtung aus 37 Lüstern erhalten. Der Mangel an Licht und Wärme konnte sich also nicht mehr hinderlich auf die Arbeit der Nationalversammlung auswirken, sondern höchstens die politische Großwetterlage.

Am 27. Oktober 1848 stimmte die Nationalversammlung für den Zusammenschluss aller Staaten des Deutschen Bundes zu einem Deutschen Reich unter Einbeziehung der deutschen Lande Österreichs. Diese sogenannte Großdeutschen Lösung scheiterte am Widerstand Kaiser Franz I., da sie auf eine Teilung Österreichs hinausgelaufen wäre. Die Nationalversammlung verfolgte daraufhin die kleindeutschen Lösung, ein Reich unter Führung Preußens und unter Ausschluss Österreichs.

Am 28. März 1849 verabschiedete die Nationalversammlung eine Reichsverfassung, die Paulskirchenverfassung. Die Mehrheit hatte sich dabei für ein Erbkaisertum ausgesprochen. Am 30. März wählte die Versammlung eine aus 32 Abgeordneten bestehende Kaiserdeputation, die am 3. April 1849 dem preußischen König Friedrich Wilhelm IV. die deutsche Kaiserkrone anbot. Der König lehnte jedoch ab; er wollte kein konstitutioneller Monarch werden, sondern beharrte auf dem Gottesgnadentum.

Damit war die Märzrevolution gescheitert und die Nationalversammlung zerfiel. Die österreichischen und preußischen Abgeordneten legten ihre Mandate nieder, weitere folgten ihnen. Im Mai 1849 kam es in verschiedenen deutschen Staaten zu Aufständen zur Durchsetzung der Frankfurter Reichsverfassung (Reichsverfassungskampagne), die mit preußischer Hilfe mit Waffengewalt niedergeschlagen wurde. Am 31. Mai 1849 beschlossen die noch in Frankfurt verbliebenen Abgeordneten, die Nationalversammlung nach Stuttgart zu verlegen, um sich dem preußischen Einfluss zu entziehen. Damit endete nach etwas mehr als einem Jahr die Rolle der Paulskirche als Parlamentssitz.

Der Kirchengemeinde stand die Paulskirche über vier Jahre lang nicht zur Verfügung, von März 1848 bis Juni 1852. Während dieser Zeit nutzte man die Alte Nikolaikirche am Römerberg, die bereits während der langen Bauzeit als Ausweichquartier gedient hatte.

Die Paulskirche bis zur Zerstörung 1944

 
Innenansicht nach der Renovierung 1892
 
Die Paulskirche um 1900
 
Innenansicht der Paulskirche, Obergeschoss

Nach der Rückgabe der Paulskirche an die Kirchengemeinde wurde 1856 eine von Anfang an geplante Einfriedung um den Altar gebaut. Nach dem Dombrand vom 14. August 1867 richtete man eine Feuerwache auf dem Turm ein (bis 1878).

In den Jahren 1892/1893 erfolgte die erste größere Renovierung des Innenraums: Der Maler Karl Grätz schmückte die Decke mit Bildern der vier Propheten Jesaja, Jeremia, Hesekiel und Daniel und mit 16 betenden Engeln. Auf der Brüstung der Empore wurden vor dem Orgelprospekt Statuen der vier Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes aufgestellt.

Bis 1899 blieb Frankfurt noch bei der aus dem Mittelalter überlieferten Kirchenverfassung. Das Stadtgebiet einschließlich Sachsenhausens bildete eine einzige lutherische Gemeinde, die (seit 1830) zwölf Pfarrer – davon zwei an der Paulskirche – waren städtische Beamte. Erst am 27. September 1899 wurde die Kirchengemeinde- und Synodalordnung erlassen, in der die Aufteilung des Stadtgebiets in sechs lutherische Gemeinden, darunter auch die Paulsgemeinde, festgelegt wurde. Die Paulsgemeinde, die den östlichen Teil der Altstadt umfaßte, zählte zu dieser Zeit bis zu 20.000 Gemeindeglieder.

Nach dem Ersten Weltkrieg begann man die Erinnerung an 1848 zu pflegen. 1923 fand eine Gedenkfeier zum 75. Jahrestag der Nationalversammlung statt. Als Festredner sprach Alfred Weber in der Paulskirche, die zu einem Symbol für die Demokratie in Deutschland wurde. Als das erste freigewählte deutsche Staatsoberhaupt, der Reichspräsident Friedrich Ebert, starb, beschloss der Frankfurter Magistrat am 2. März 1925, ihm ein Denkmal an der Paulskirchenfassade zu widmen. Der Bildhauer Richard Scheibe schuf eine monumentale männliche Aktfigur aus Bronze, die in der östlichen Nische zwischen Turm und Kirchenhalle in vier Metern Höhe auf einem Steinsockel aufgestellt wurde. Am 11. August 1926 weihte Oberbürgermeister Ludwig Landmann die Denkmalstatue ein. Gegen das Denkmal protestierte der damalige Kirchenvorstand der Paulsgemeinde, insbesondere der Pfarrer Georg Struckmeier. Die sozialdemokratische Frankfurter Volksstimme schrieb daraufhin am 28. Juli 1926: „Der Kirchenvorstand der Paulskirche, der sich bekanntlich seit langer Zeit schon als Parteifiliale der Deutschnationalen und Völkischen betrachtet, erdreistet sich, in einem Schreiben an den Magistrat gegen die Aufstellung eines Ebertgedenksteins an der Paulskirche Stellung zu nehmen.“

Die Kirchengemeinde wehrte sich auch weiterhin gegen die Inanspruchnahme der Paulskirche als Wahrzeichen der Demokratie und des Parlamentarismus. 1933 schrieb Pfarrer Struckmeier in einer Festschrift zum hundertjährigen Bestehen der Paulskirche: „Zu den Versuchen, die Paulskirche der demokratisch-republikanisch-pazifistischen Idee dienstbar zu machen, müssen die jahrelang von den Behörden in der Kirche veranstalteten Verfassungsfeiern gerechnet werden, in denen Redner zu Wort kamen, deren Gedankengänge mit nationalem, geschweige denn mit christlichem Geist nichts mehr zu tun hatten... Der sichtbarste und eindrucksvollste Versuch nach dieser Richtung war die Anbringung des Ebert-Gedächtnis-Males an der Außenwand der Kirche... Es bedurfte erst einer nationalen Revolution, um diesem Akt der Vergewaltigung nationalen und evangelischen Empfindens ein Ende zu bereiten“.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde das Denkmal am 12. April 1933 abgebaut und im Keller des Völkerkundemuseums eingelagert. Es überstand die Zeit des Nationalsozialismus, wurde aber nach dem Krieg nicht mehr an seinem ursprünglichen Ort aufgestellt, da sich der Künstler dagegen aussprach. Stattdessen schuf er mit Einwilligung der Stadt eine neue, stärker an den klassischen Idealen orientierte Figur, die am 28. Februar 1950 eingeweiht wurde. Das ursprüngliche Ebert-Denkmal steht seit 1989 im Innenhof des Historischen Museums.Vorlage:Ref

Im Zweiten Weltkrieg brannte die Paulskirche am 18. März 1944 nach einem Bombenangriff auf die westliche Innenstadt völlig aus. Vier Tage später wurde auch die restliche Altstadt Frankfurts fast vollständig zerstört.

Die wiederaufgebaute Paulskirche als Nationaldenkmal

Als Symbol für die Freiheit und aufgrund ihrer Rolle als Wiege der Demokratie in Deutschland wurde sie als eines der ersten Gebäude in Frankfurt nach dem Zweiten Weltkrieg unter der Leitung von Rudolf Schwarz wieder aufgebaut. Am 17. März 1947 wurde der neue Grundstein gelegt.

Aus Kostengründen und Mangel an Baumaterial wurde beim Wiederaufbau die ursprüngliche Innengestaltung stark verändert. Ein neuer Zwischenboden trennt das Untergeschoss, das heute als Ausstellungsraum dient, vom eigentlichen Saal im Obergeschoss. Vor allem aber wurde anstelle der früheren Kuppel ein Flachdach gebaut und sehr einfache Milchglasfenster eingesetzt.

Zum hundertjährigen Jubiläum der Nationalversammlung am 18. Mai 1948 wurde die wiederaufgebaute Kirche eröffnet. Die Festansprache hielt Fritz von Unruh. Seine „Rede an die Deutschen“ war eine kritische Analyse der NS-Zeit. Am 28. August 1948 bekam Fritz von Unruh in der Paulskirche den Goethe-Preis der Stadt Frankfurt verliehen. Seit 1949 wird der Goethepreis alle drei Jahre in der Paulskirche verliehen.

Durch die Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg war die Wohnbevölkerung der Altstadt stark zurückgegangen. Die kleiner gewordene Paulsgemeinde benötigte keine so große Kirche mehr. Sie erhielt deshalb 1949 die wesentlich kleinere Alte Nikolaikirche am Römerberg als Gemeindekirche zugewiesen. Am 12. Mai 1953 wurde die Paulskirche aus der bisherigen Dotationsverpflichtung herausgenommen und gegen das Dominikanerkloster getauscht. Dabei verpflichtete sich die Stadt, dass das Kreuz auf der Kirche nicht entfernt werden darf.

Seit 1948 ist die Paulskirche somit keine Kirche mehr, sondern wird hauptsächlich für Ausstellungen und staatliche oder städtische Veranstaltungen genutzt. Am bekanntesten ist die Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels im Rahmen der jährlichen Frankfurter Buchmesse. Die ersten beiden Buchmessen wurde 1949 und 1950 noch in der Paulskirche abgehalten, danach wurde sie auf das Messegelände verlegt.

Am 25. Juni 1963 besuchte der US-Präsident John F. Kennedy Frankfurt und sprach dabei auch in der Paulskirche. In seiner Ansprache wies er darauf hin, dass „kein anderes Gebäude in Deutschland begründeteren Anspruch auf den Ehrentitel der Wiege der deutschen Demokratie erheben“ könne.

1988 bis 1991 wurde die Paulskirche renoviert. Dabei erhielt sie neue Fenster, die an die historischen Fenster vor 1944 erinnerten. Die ebenfalls diskutierte Wiederherstellung des alten Kuppeldaches unterblieb jedoch; das schlichte Flachdach der Nachkriegszeit galt inzwischen ebenfalls als denkmalschutzwürdig.

Am 16. April 1991 wurde das kolossale Wandgemälde Der Zug der Volksvertreter zur Paulskirche des Berliner Malers Johannes Grützke feierlich enthüllt.

Am 12. Juni 1994 spannte der französische Artist Philippe Petit ein 300 Meter langes Seil zwischen Paulskirche und Dom und vollführte darauf einen dreißigminütigen Hochseillauf. In 60 bis 70 Metern Höhe stellte er wichtige Ereignisse aus der Frankfurter Geschichte mimisch dar. Die Vorführung wurde vom Radio-Sinfonie-Orchester Frankfurt des Hessischen Rundfunks begleitet. Sie war ein Höhepunkt der 1200-Jahrfeiern der Stadt Frankfurt am Main und kam auf Initiative des Varietés Tigerpalast zustande.

Zur 150-Jahrfeier 1998 der Nationalversammlung wurde die Dauerausstellung „Die Paulskirche. Symbol demokratischer Freiheit und nationaler Einheit“ neu gestaltet.

Architektur

 
Grundriß. 1896
 
Blick auf die Paulskirche von der Neuen Kräme aus

Die Paulskirche ist ein klassizistischer, ovaler Zentralbau, dem an der Südseite ein dreigeschossiger Turm auf quadratischem Grundriss vorgelagert ist. Der Turmeingang ist mit einer Giebelfront geschmückt, die von zwei dorischen Halbsäulen getragen wird. Die Fensteröffnungen in den Obergeschossen des Turmes werden von flachen Pilastern gerahmt, im zweiten Geschoss von dorischen und im dritten Geschoss von ionischen.

An der Nordost- und Norwestseite befinden sich zwei Treppenaufgänge, die bis zur Höhe der Attika hinaufreichen. Über der Attika erhob sich bis zur Zerstörung 1944 ein kuppelförmiges Deutsche Dach, das durch sieben kleine Mansarden aufgelockert war. Der ursprüngliche Entwurf von Johann Friedrich Christian Hess zeigte noch deutlicher das Vorbild des Pantheons in Rom. Er sah ein großes Oberlicht vor, um den Kirchenraum von oben zu beleuchten. Dieser Entwurf konnte jedoch aus Kostengrunden nicht ausgeführt werden.

Beim Wiederaufbau nach dem zweiten Weltkrieg verzichtete man auf die Kuppel und errichtete ein flaches kupfergedecktes Dach.

Im dritten Turmgeschoß ist der Glockenstuhl eingebaut. Darüber erhebt sich eine kupfergedeckte Laterne, in der 1838 durch den Physikalischen Verein eine astronomische Beobachtungsstation eingerichtet wurde. Nach den von hier aus täglich gegebenen Zeitsignalen justierte man bis 1893 die anderen Frankfurter Uhren.

Die Fassade der Paulskirche ist in zwei Geschosse gegliedert, die sich auf einem niedrigen Sockel erheben. Im Sockelgeschoß befanden sich ursprünglich keine Fenster, erst beim Wiederaufbau nach dem Krieg wurden auch hier Fensteröffnungen eingebracht, um das neu entstandene Untergeschoss zu beleuchten.

Große Rundbogenfenster im ersten und zweiten Geschoss sorgen für eine gute Beleuchtung des Innenraums. Der von Hess konzipierte Innenraum war nach Süden hin orientiert, wo sich an der Innenseite des Turms der Altar, darüber die Kanzel und auf der Empore die Orgel befanden. Die Empore wurde von 20 korinthischen Säulen getragen und bot 1200 Personen Platz. Im Parterre konnten über 500 Personen sitzen.

Bereits bei der Einweihung der Kirche zeigte sich ihre schlechte Akustik. Die Nachhallzeit war mit über fünf Sekunden viel zu lang und zwang den Prediger, unnatürlich langsam und gedehnt zu sprechen. Trotz mehrerer Versuche gelang es nie, die Probleme zu beheben. So wurde zunächst ein Schalldeckel über der Kanzel angeordnet, Um die Kirche als Versammlungssaal für die Nationalversammlung herzurichten, wurde eine zusätzliche, mit Leinwand bespannte und mit Leimfarbe gestrichene Holzdecke am Dachstuhl befestigt.

Beim Wiederaufbau wurde das Innenraumkonzept vollkommen verändert. Die Kirche erhielt ein Tiefgeschoß, in dem die nötigen Nebenräume eingerichtet wurden. Über eine Treppe im Turmeingang betritt man nun zunächst eine niedrige Wandelhalle mit einem Säulenkranz aus Marmor. Aus der Wandelhalle führen zwei Treppen entlang der geschwungenen Wand in den Saal hinauf, der wesentlich höher liegt als in der alten Kirche. Der Festsaal ist betont schlicht gehalten, bis hin zum Gestühl, das an eine Aula oder ein Parlament erinnert. Durch den Verzicht auf die Emporen wirkt der Raum monumentaler als vor der Zerstörung.

Städtebauliche Situation

 
Die Paulskirche auf dem Ravenstein-Plan von 1861

Die Paulskirche entstand in dem Viertel zwischen Neue Kräme im Osten, Schnurgasse im Norden, Wedelgasse und Paulsgasse im Süden und Kornmarkt im Westen, das auch nach der Niederlegung der alten Klostergebäude noch beengt war. Die Paulskirche war an drei Seiten von einer dichten Bebauung umgeben. Lediglich im Süden, vor der Turmfassade, erstreckte sich ein einigermaßen großzügiger, neu angelegter Platz, der Paulsplatz.

Im Osten der Kirche, zwischen Paulsplatz und Neuer Kräme, entstand etwa gleichzeitig mit der Kirche ein Häuserblock, dessen nördlichen Abschluss die 1840 bis 1842 errichtete Alte Börse bildete. Die Fläche für diesen neuen Block wurde frei, weil die ost-west-orientierte Barfüßerkirche und ihre Klostergebäude eine größere Ausdehnung nach Osten besaßen, während die Paulskirche als Zentralbau eine rund doppelt so große Nord-Süd-Ausdehnung besaß, aber nicht so weit nach Osten reichte.

Die beengte Lage der Kirche, die den großzügigen Bau kaum zur Wirkung kommen ließ, wurde bereits von Zeitgenossen kritisiert. Johann Wolfgang Goethe schrieb 1797:

Die neue lutherische Hauptkirche gibt leider viel zu denken. Sie ist als Gebäude nicht verwerflich, ob sie gleich im allermodernsten Sinne gebaut ist; allein da kein Platz in der Stadt weder wirklich noch denkbar ist, auf dem sie eigentlich stehen könnte und sollte, so hat man wohl den größten Fehler begangen, daß man zu einem solchen Platz eine solche Form wählte. Sie stickt, da man ringsherum wohl schwerlich viel wird abbrechen lassen, zwischen Gebäuden, die ihrer Natur und Kostbarkeit wegen unbeweglich sind, und will doch von allen Seiten gesehen sein; man sollte sie in großer Entfernung umgehen können... Um sie herum ist das größte Gedräng und Bewegung der Messe, und es ist nicht daran gedacht, wie auch irgend nur ein Laden stattfinden könnte. Man wird also wenigstens in der Meßzeit hölzerne Buden an sie heranschieben müssen, die vielleicht mit der Zeit unbeweglich werden, wie man an der Katharinenkirche noch sieht und ehemals um den Münster von Straßburg sah.

Die zeitgenössischen Darstellungen, etwa die Abbildung oben, lassen den Platz größer erscheinen als er war. Die Delegierten, die auf dem Bild in die Kirche einziehen, müssen sich zuvor entweder durch die enge Wedelgasse gezwängt haben oder aus der auf den Platz mündenden Römerhalle gekommen sein.

1893-1906 wurde, zur Erschließung der Altstadt mit neuzeitlichen Verkehrsmitteln, ein Straßendurchbruch durchgeführt. Der Straßenzug Bethmann- und Braubachstraße verlief in west-östlicher Richtung etwa im Verlauf der bisherigen Paulsgasse über den südlichen Rand des Paulsplatzes. Östlich der Neuen Kräme wurde die neue Straße mitten durch die Häuserblocks der Altstadt gelegt, wobei zahlreiche wertvolle Gebäude, etwa der Nürnberger Hof, abgerissen wurden. Gleichzeitig mit dem Bau der Straße entstand das Neue Rathaus (1900-08, Franz van Hoven und Ludwig Neher), westlich an den Römer angrenzend. Die Bauteile nördlich und südlich der Bethmannstraße wurden dabei durch eine Brücke verbunden. An der neu entstandenen Kreuzung Neue Kräme und Braubachstraße gingen der Paulsplatz und der Römerberg nun direkt ineinander über. Schräg gegenüber dem mittelalterlichen Salzhaus, einem der schönsten Fachwerkhäuser der Stadt, entstand ein großes Wohn- und Geschäftshaus (F. Geldermacher, 1906), das trotz seiner gründezeitlichen Dimensionen Architekturelemente barocker Altstadthäuser aufgriff. Nach Fertigstellung des Straßendurchbruchs fuhr auch die Straßenbahn über den Paulsplatz.

Die Vernichtung der Altstadt im März 1944 und der anschließende Wiederaufbau veränderten die Umgebung der Kirche ein weiteres Mal erheblich. Der Anfang des 19. Jahrhunderts mit der Kirche errichtete Straßenblock wurde nicht wiederaufgebaut, der Paulsplatz reicht deshalb heute bis an die Neue Kräme. Anfang der 50er Jahre wurde nördlich parallel zum ersten ein weiterer Straßendurchbruch durchgeführt, wiederum dem Verkehr (diesmal dem automobilen) zuliebe. Etwa im Verlauf der Schnurgasse, nördlich an der Paulskirche vorbei, wurde eine vierspurige Verkehrsschneise, die Berliner Straße, durch die Ruinen der Altstadt geschlagen. An dieser Straße befindet sich heute, direkt hinter der Paulskirche, ein Parkplatz für Touristenbusse. Diese Situation erleichtert sicherlich den Ablauf von Stadtrundfahrten, dient jedoch nicht der Schaffung eines attraktiven Stadtbilds.

Die Neue Kräme, die heute die Ostseite des Paulsplatzes bildet, wurde dank des freien Blicks auf die Paulskirche zu einem attraktiven Standort für zahlreiche Straßencafés, deren Terrassen im Sommer große Teile des Platzes einnehmen. Neben einigen weiteren Festen findet auf dem Paulsplatz, wie auch auf dem Römerberg und in der Neuen Kräme, der Frankfurter Weihnachtsmarkt statt.

Westlich der Kirche steht heute der Erweiterungsbau des Neuen Rathauses, nördlich und südlich führen die zwei Straßendurchbrüche der Berliner und der Braubachstraße an ihr vorbei. Die städtebauliche Situation der Ursprungszeit wurde ins genaue Gegenteil verkehrt: statt der engen und extrem dicht bebauten Einbindung ins Gefüge der Altstadt ist die Kirche heute nach fast allen Seiten hin freigestellt.

Ausstattung

Orgeln

 
Innenraum der Paulskirche um 1833 mit der Walcker-Orgel

Wann die erste Orgel in der Barfüßerkirche entstand, ist nicht bekannt. Bereits seit dem 14. Jahrhundert waren stets ein oder mehrere Orgelbauer in Frankfurt ansässig. 1466 werden zwei Orgeln in der Barfüßerkirche erwähnt;Vorlage:Ref es kann vermutet werden, dass zumindest eine davon damals schon länger bestand. Die zweite stammte wahrscheinlich von Leonhard Mertz, auch Magister Leonhardus genannt, der 1470 zum Guardian des Barfüßerkonvents gewählt wurde. Er war einer der bedeutendsten Orgelbauer seiner Zeit und schuf auch in Frankfurt nachweislich mehrere Werke, so für St. Bartholomäus, die Liebfrauenkirche und die Weißfrauenkirche.

Aus dem 16. Jahrhundert sind kaum Zeugnisse über die Orgeln bekannt. Lersner berichtet in seiner Chronik, dass 1599 bis 1604 von den Brüdern Grorock eine neue Orgel für die Barfüßerkirche errichtet war. Damals hatte es schon lange keinen Organisten mehr an der Kirche gegeben, so dass vermutlich keine der älteren Orgeln mehr in Gebrauch gewesen war. Das neue Werk galt als musikalisch sehr gelungen. Auf dem Holzschnitt von 1653 sieht man es auf der rechten Seite als „Schwalbennest“ an der südlichen Langhauswand in Höhe der Empore. Die Grorock-Orgel bestand über 100 Jahre und wurde immer wieder erneuert.

1736 beauftragte der Rat der Stadt den Schweizer Orgelbauer Johann Conrad Wegmann mit dem Bau einer neuen Orgel. Die Disposition des mit 41 Registern für die damalige Zeit sehr großen Werkes ist durch eine Beschreibung des mit Wegmann konkurrierenden Elsässer Orgelmeisters Johann Andreas Silbermann überliefert, in der er vernichtende Kritik an dem Werk seines Konkurrenten übt: „Erstlich bläst sie als wie der lebendige Teuffel und heulet auch schon und ist gelöth als wenn der Hund gekotzt hätte. Der Schien (=Prospekt) sieht wie Bley, die Füß stauchen sich schon, er kann sein Tag kein jämerlich Leben so gesehen haben als daß ist.“ Vorlage:Ref

Der Rat schien jedoch mit dem Werk, das immerhin 16.000 Gulden gekostet hatte, recht zufrieden zu sein. Beim Abbruch der Barfüßerkirche wurde die Orgel abgebaut und im benachbarten Gymnasium eingelagt. Die lange Lagerzeit bekam ihr allerdings nicht gut: Ob aus Mangel an Sorgfalt bei der Demontage oder wegen des Mutwillens der Gymnasiasten – 1808 waren nur noch Reste der Orgel vorhanden, die für 715 Gulden an den Schlossermeister Dissmann veräußert wurden.

1824, noch vor der Wiederaufnahme der Bauarbeiten an der noch immer unvollendeten Paulskirche, ließ der Rat einen Orgelneubau ausschreiben. Es bewarben sich 15 namhafte Orgelbauer „aus allen deutschen Gauen“, darunter auch der junge Eberhard Friedrich Walcker aus Ludwigsburg. Er schlug eine für die damalige Zeit neuartige Disposition mit einem hohen Anteil an Grundstimmen und verhältnismäßig wenigen Aliquoten, Mixturen und Zungenregistern. Im Oktober 1827 erhielt er von der Frankfurter Orgelkommission, welche die Angebote geprüft hatte, den Zuschlag.

Fast sechs Jahre arbeitete Walcker in seiner Ludwigsburger Werkstatt an der neuen Orgel, seinem opus 9. Sämtliche Teile wurden auf dem Wasserweg über Neckar, Rhein und Main nach Frankfurt transportiert. Da der Zollverein noch nicht bestand, mussten die Teile unterwegs dreimal verzollt werden: in Mannheim, Mainz und Höchst. Der Aufbau und vor allem die Intonation der Orgel stellten Walcker vor unerwartete Schwierigkeiten. Insbesondere das für die damalige Zeit sehr anspruchsvolle offene 32-Fuß-Register im Pedal versagte bei den ersten Versuchen. Nach einigen Umbauten gelang jedoch seine Intonation, und zur Einweihung der Paulskirche am 9. Juni 1833 erklang die Orgel erstmals vor einem großen Publikum. Die Frankfurter Zeitung schrieb am 14. Juni 1833: „Die neue Orgel steht nun als Meisterwerk da, das an Stärke des Tons, an Mannigfaltigkeit, Zartheit und Reinheit der Stimmen, keiner bis jetzt bekannten Orgel nachsteht, die meisten weit übertrifft.“

Die Walcker-Orgel besaß 74 Register, verteilt auf drei Manuale und zwei Pedale. Um sie mit Wind zu versorgen, benötigte sie 12 Blasebälge, die von zwei Calcanten getreten wurden. Sie stellte einen Meilenstein in der Geschichte des Orgelbaus dar und machte Walcker mit einem Schlag berühmt. Der Rat bot ihm das Frankfurter Bürgerrecht an. Walcker lehnte jedoch ab, da er einen Ruf nach Russland erhalten hatte, wo er in den Folgejahren zwei große Orgeln in St. Petersburg und Reval schuf.

1844 besuchte der französische Orgelbauer Aristide Cavaillé-Coll die Paulskirche, um die Orgel zu studieren. Er charakterisierte ihren Klang als schön, aber – aufgrund einer unzulänglichen Windversorgung – zu zaghaft: „Es ist ein schöner Mann, aber von Schwindsucht befallen.“

In den folgenden Jahrzehnten wurde die Orgel stets gut instandgehalten. Ende des 19. Jahrhunderts machte jedoch der zunehmende Verschleiß der Mechanik und der Blasebälge eine umfassende Reparatur erforderlich. 1898 beauftragte das Hochbauamt damit die Firma Walcker. Die Orgel wurde jedoch nicht nur repariert, sondern auch entsprechend dem Klangideal der Spätromantik umgebaut. Die neue Disposition orientierte sich noch stärker am Orchesterklang als es früher der Fall gewesen war. Durch den Ausbau des zweiten Pedals wurde die Orgel auf 63 Stimmen verkleinert. Die bisherigen Schleifladen wurden auf Kegelladen mit pneumatischer Traktur umgestellt und die Tätigkeit der Calcanten durch ein elektrisches Gebläse ersetzt. Die pneumatische Traktur bewährte sich allerdings nicht; sie wurde bereits 1910 durch Walcker auf elektrische Traktur umgebaut. In dieser Form bestand die Orgel bis zu ihrem Untergang am 18. März 1944.

1947 beim Wiederaufbau wurde wiederum die Firma Walcker mit der Planung eines neuen Instruments beauftragt. Es entstand die Disposition einer dreimanualigen Orgel mit 50 Registern. Die Währungsreform entwertete jedoch die bis dahin gesammelten Spenden, und die Stadt Frankfurt konnte ihre Finanzierungszusagen nicht einlösen. Am 8. Dezember 1948 wurde daher eine provisorische Orgel installiert. Der Spieltisch besaß drei Manuale, von denen aber nur das III. Manual mit 13 Registern ausgeführt war. Ein Pedal war überhaupt nicht eingebaut worden.

Das Provisorium überdauerte fast vierzig Jahre, bis 1988 im Rahmen der Kirchenrenovierung eine neue Orgel durch die Firma Klais entstand. Die neue Paulskirchenorgel ist ein mittelgroßes Werk mit 45 Registern, verteilt auf drei Manuale und Pedal.

Glocken

Die alte Barfüßerkirche erhielt um das Jahr 1300 den ersten Dachreiter. Vermutlich hat die Kirche nur eine Läuteglocke besessen, dazu im Chor auch eine Uhr mit zwei kleinen Schlagglocken. 1685 zersprang die Glocke der Barfüßerkirche. Daraufhin wurde ein neuer Dachreiter errichtet, der Platz für drei Glocken bot, die von dem Glockengießer Benedict Schneidewind geliefert wurden.

Beim Abriss der Barfüßerkirche 1786 wurden die Glocken herabgenommen und eingelagert, um in den Neubau überführt zu werden. In den folgenden vierzig Jahren zersprang jedoch die kleinste der Barfüßerglocken. 1829 beschloss der städtische Rat daher die Anschaffung eines neuen Geläutes. Die mittlere Barfüßerglocke wurde der katholischen Gemeinde übergeben und in den Turm der Deutschordenskirche gebracht; die große Barfüßerglocke wurde in die neue Paulskirche überführt. Darüber hinaus wurden 1830 durch Carl Mappes, den letzten Frankfurter Glockengießer, weitere drei Glocken gegossen. Die Paulskirche erhielt somit ein Geläut aus vier Glocken:

  • Christusglocke cis′ (1830), Ø 1470 mm, Gewicht 1830 kg
  • Barfüßerglocke e′ (1685), Ø 1187 mm, 970 kg
  • Dankesglocke g′ (1830), Ø 984 mm, ca. 500 kg
  • Lutherglocke h′ (1830), Ø 720 mm, ca. 220 kg

Im ersten Weltkrieg, als rund die Hälfte der Frankfurter Glocken abgeliefert und als kriegswichtiger Rohstoff eingeschmolzen wurden, blieb das Paulskirchengeläut wegen seines historischen Werts erhalten. 1942 wurden jedoch die Christus- und die Dankesglocke konfisziert und nach Hamburg auf den sogenannten Glockenfriedhof transportiert. Da jede Kirche eine Läuteglocke behalten durfte, fiel die Wahl auf die kleine Lutherglocke. Sie ging am 18. März 1944 mit der Paulskirche im Feuersturm unter.

Die Barfüßerglocke wurde im Tausch gegen eine gleichgroße jüngere Glocke in die Peterskirche gebracht und blieb dort als Läuteglocke. Sie überstand den Brand der Peterskirche, blieb dort nach dem Krieg im unzugänglich gewordenen Turm hängen und geriet in Vergessenheit.

Von den nach Hamburg abgelieferten Glocken aus ganz Deutschland hatten rund 14.000 den Krieg überstanden, darunter neben dem vollständigen Domgeläute auch die beiden Glocken der Paulskirche. Am 15. August 1947 wurden sie nach Frankfurt zurückgebracht. Sie kamen allerdings zunächst nicht mehr in die Paulskirche, da diese beim Wiederaufbau ein neues Geläut erhalten sollte.

Die Handelskammer der britischen Besatzungszone stiftete eine monumentale Stahlglocke, die Evangelische Kirche in Thüringen vier Bronzeglocken der Gießerei Schilling in Apolda. Alle Glocken waren musikalisch mißlungen, was bei der Stahlglocke an ihrer falschen Konstruktion und bei den Bronzeglocken an dem zeitbedingten Mangel an hochwertiger Glockenbronze lag.

Die erhaltene Christusglocke wurde wieder in den Turm der Paulskirche gebracht, die Dankesglocke kam in das Historische Museum. Dort fand sich auch die verschollene Barfüßerglocke wieder, die 1965 beim Wiederaufbau der Peterskirche entdeckt worden war.

Wegen ihrer klanglichen Mängel wurden die Nachkriegsglocken seit den 1980er Jahren nicht mehr geläutet. 1987 wurde der Plan des Frankfurter Stadtgeläuts vollendet, den der Glockensachverständige Paul Smets 1954 entwickelt hatte. Die Nachkriegsglocken wurden dem Historischen Museum übergeben und durch drei neue Glocken der Karlsruher Glockengießerei ersetzt. Zusammen mit den historischen Glocken ergibt sich damit folgende Disposition:

  • Die Bürgerglocke (fis0, Ø 2266mm, Gewicht 8590 kg) erinnert an die Proklamation der Bürger- und Menschenrechte durch die Nationalversammlung. Sie trägt die Inschrift BÜRGERGLOCKE HEISSE ICH / DER BÜRGER RECHTE KÜNDE ICH / DIE KARLSRUHER GLOCKENGIESSEREI GOSS MICH 1987 und ein Bilderband mit Ereignissen der deutschen Geschichte 1848 bis 1949. Die Bürgerglocke ist eine der größten nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland entstandenen Glocken.
  • Die Stadtglocke (h0, Ø 1689 mm, Gewicht 3690 kg) soll an die Toten des Krieges und die Zerstörung der Stadt erinnern.
  • Die historische Christusglocke cis′ löste sich beim Stadtgeläut am Pfingstsamstag 1997 aus ihrem Joch und stürzte herab, wobei sie vollkommen zerstört wurde. Als Ersatz goß die Firma Rincker in Sinn 1998 eine neue cis′-Glocke.
  • Barfüßerglocke e′ von 1685
  • Dankesglocke g′ von 1830
  • Die Lutherglocke h′ (Ø 860 mm, 437 kg) erinnert an die 1944 zerstörte alte Paulskirche. Sie wurde von der Frankfurter Künstlerin Franziska Lenz-Gerharz gestaltet und trägt die Inschrift EIN FESTE BURG IST UNSER GOTT.

Das Gesamtgewicht der Paulskirchenglocken beträgt ca. 16.000 kg. Damit ist es nach dem Domgeläute das zweitgrößte in Frankfurt.

Wandgemälde

1987 gewann der Berliner Maler Johannes Grützke einen Künstlerwettbewerb zur Gestaltung eines 32 auf 3 Meter messenden Frieses für die Innenseite des ovalen Wandelganges. Sein kolossales Gemälde Der Zug der Volksvertreter entstand 1989 bis 1991 in seinem Atelier in Berlin, von wo es in die Kirche transportiert wurde. In 10 Szenen zeigt es die Parlamentarier im Verhältnis zum Volk. Während das Volk – bunte, allegorische Figuren – im Vordergrund verharrt, schreiten seine monochrom grau-schwarz gekleideten Vertreter hinter ihm vorbei, einem unsichtbaren Ziel entgegen. Das Deutsche Reich ist als antikisierende Frauenstatue dargestellt, die mit der linken Hand ihren schwangeren Leib stützt. Nur vereinzelt gibt es Bezüge zu konkreten historischen Ereignissen, z.B. in der Darstellung des füsilierten Robert Blum.

Literatur

  • Friedrich Bothe, Geschichte der Stadt Frankfurt am Main. Frankfurt 1977. Verlag Wolfgang Weidlich, ISBN 3-8035-8920-7
  • Konrad Bund (Hrg.), Frankfurter Glockenbuch. Frankfurt 1986. Verlag Waldemar Kramer, ISBN 3-7829-0211-0
  • Roman Fischer (Hrg.), Von der Barfüßerkirche zur Paulskirche – Studien zur Frankfurter Geschichte 44. Frankfurt am Main, 2000. Verlag Waldemar Kramer, Frankfurt am Main. ISBN 3-7829-0502-4
  • Frankfurter Historische Kommission (Hrg.), Frankfurt am Main - Die Geschichte der Stadt in neun Beiträgen. Sigmaringen 1991. Jan Thorbecke Verlag, ISBN 3-7995-4158-6
  • Bernhard Müller, Bilderatlas zur Geschichte der Stadt Frankfurt am Main. Frankfurt 1916. Verlag Moritz Diesterweg

Quellen

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