Freikirche

christliche Kirche, die vom Staat und von den Volkskirchen unabhängig ist
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Eine Freikirche ist eine vom Staat völlig unabhängige christliche Glaubensgemeinschaft, im deutschen Sprachraum wird der Begriff oft im Unterschied zur Staatskirche gesehen. Um Mitglied in einer Freikirche zu sein, bedarf es in der Regel eine bewusste persönliche Entscheidung, in einigen Freikirchen ist der Empfang der Gläubigentaufe (fälschlicherweise oft als "Erwachsenentaufe" bezeichnet) die Voraussetzung einer Mitgliedschaft.

Geschichtliches

Freikirchen sind zu verschiedenen Zeiten aus verschiedenen Gründen entstanden.

Die Waldenser entstanden im 12. Jahrhundert aus einer Laienbewegung in Frankreich und Norditalien.

Die historischen Wurzeln der Baptisten liegen im teilweise radikalen Täufertum des 16. Jahrhunderts, welches durch sein Ausbrechen aus den etablierten Kirchen heftige Reaktionen und Verfolgungen auslöste. So weisen die Mennoniten nicht nur die Kindertaufe sondern auch die staatlich etablierten Kirchen als eine unchristliche Lehre zurück.

Im England und Schottland kam es im 17. Jahrhundert zu betont calvinistisch-reformierten Abspaltungen von der anglikanischen Kirche (Puritaner) aus denen sich Presbyterianer, Kongregationalisten und Baptisten entwickelten. 1843 spaltete sich die Free Church of Scotland von der ebenfalls calvinistisch-reformierten Church of Scotland ab. Ebenfalls in England bildeten sich unter George Fox die Quäker.

Im deutschen Sprachraum sind missionarische Gemeindegründungen aus dem Pietismus hervorgegangen, so die Herrnhuter Brüdergemeine unter Nikolaus Graf von Zinzendorf.

Im 18. Jahrhundert wurde in England von John Wesley der Methodismus in England als weitreichende Reformbewegung innerhalb der anglikanischen Kirche gegründet, die zuerst in den USA und im 19. Jahrhundert auch in England eine selbständige Kirche wurde.

Quasi als eine Spätfolge der revolutionären angelsächsischen Freikirchen-Bewegung zu Anfang des 19. Jahrhunderts und der damit einhergehenden Zersplitterung in mehrere baptistische Gruppen entstehen zuerst in Großbritannien und später auch in Deutschland die ersten sogenannten Brüdergemeinden.

In dem Bestreben, soziales Handeln und missionarische Dienste als Ausdruck christlicher Überzeugung zusammen zu bringen, wird schließlich die Heilsarmee gegründet.

Im 19. Jahrhundert entstanden die Altlutheraner und Altreformierten als konservative Abspaltungen der Staatskirchen. Sie verstehen sich jedoch nicht als Freikirchen im eigentlichen Sinne und arbeiten deshalb auch nicht in der freikirchlichen Vereinigung mit.

Freikirchen heute

Viele von Einwanderern gegründete Länder wie die USA oder Kanada kennen keine Staatskirchen, dort haben alle Kirchen (einschließlich Katholiken) den Status einer Freikirche, ebenso viele afrikanische Länder. Auch in den traditionellen katholischen lateinamerikanischen Ländern sind die Freikirchen heute stark im Wachstum begriffen.

Viele Freikirchen, die im deutschen Sprachraum zahlenmäßig nicht von Bedeutung sind (Methodisten, Baptisten, Pfingstgemeinden) arbeiten Seite an Seite zusammen, und haben weltweit mehr Mitglieder als die Lutheraner.

Die Freikirchen arbeiten zusammen auf der Ebene der Vereinigung evangelischer Freikirchen (VEF). Sie gehören zu den Mitgründern der Evangelischen Allianz, einem Zusammenschluss evangelikaler Christen aus Landes- und Freikirchen (siehe: Deutsche Evangelische Allianz).

Die wichtigsten Freikirchen im deutschen Sprachraum

(in alphabetischer Reihenfolge)

Viele Freikirchen haben sich der Vereinigung Evangelischer Freikirchen als Voll- bzw. Gastmitglieder angeschlossen. Daneben gibt es zahlreiche freie unabhängige Gemeinden, die keinem Bund angehören.

Ablehnung der Kirchensteuer

Ein Kritikpunkt an den Amtskirchen ( evangelischer und katholischer) ist deren Finanzierung über die vom Staat eingezogene Kirchensteuer. Freikirchliche Gemeinden fordern eine strikte Trennung von Kirche und Staat und lehnen den Einzug von Kirchensteuern durch staatliche Organe ab. Sie finanzieren sich aus Beiträgen und Spenden und erwarten in der Regel von ihren Mitgliedern den sogenannten "Biblischen Zehnten" (10 % ihres persönlichen Einkommens). Sofern die Gemeinden nicht durch ehrenamtliche Laienpastoren betreut werden, werden die Pastoren von der Gemeinde oder der Kirche finanziert.

Literatur

  • Wolfgang E. Heinrichs, Freikirchen - eine moderne Kirchenform. Entstehung und Entwicklung von fünf Freikirchen im Wuppertal, Brunnen Verlag: Gießen 1989 (2. Aufl. 1990).