Die Zhou-Dynastie (Dschou) wird in eine westliche Dynastie mit der Hauptstadt Zongzhou/Hao (ca. 1127-770 v. Chr.) und in eine östliche Dynastie mit der Hauptstadt Chengzhou bei Luoyang (770-256 v. Chr.) unterteilt. Die Trennlinie ist ein Einfall von Barbaren, die 771 den König Youwang töteten und die Hauptstadt plünderten.
Zur Chronologie
Eine andere traditionelle Einteilung bezieht sich auf die Existenz von Reichsannalen im Herzogtum Lu für die Jahre 722-481, nach denen man in eine Periode der Frühlings- und Herbstannalen (770-476 v. Chr.) und in die nachfolgende Zeit der Streitenden Reiche (476-221 v. Chr.) unterscheidet. Die historische Datierung ist bis 841 v. Chr. unklar. Erst für die folgende Zeit beginnt der Historiker Sima Qian (145-84 v. Chr.) mit einer allgemein akzeptierten Datierung.
Die frühen/westlichen Zhou
Der letzte Yin-König Zhouxin (1154-1122 v. Chr.) war ein Tyrann. Er verlor viele Anhänger und mußte sich mit den Huai-Barbaren auseinandersetzen, was der Zhou-Fürst Wen bzw. sein Nachfolger Wu Wang zum Einmarsch in Honan ausnutzten. In der Schlacht von Muye wurde Zhouxin von Wu Wang (reg. 1122-1117 v. Chr.) geschlagen und im Palast verbrannt.
Die Zhou-Herrschaft blieb zunächst unsicher. Diverse Barbarenstämme unterwarfen sich (I-Barbaren im Osten, Man-Barbaren im Süden und Lü-Barbaren im Westen). Zongzhou/Hao im Wei-Tal (Provinz Shensi) wurde zur Hauptstadt. Zahlreiche Erben von namhafter Herkunft wurden als Lehnsherren eingesetzt - und erhoben sich bei erster Gelegenheit. Der neue Zhou-König Cheng Wang (reg. 1115-1078 v. Chr.) blieb jedoch mit Hilfe des Regenten Dan (seines Onkels) und seines Sohnes Bo-kin siegreich.
Unter Cheng Wang soll das erste Kupfergeld eingeführt worden sein. Mu Wang (1001-946 v. Chr.) führte ein neues Strafgesetzbuch ein, in dem man sich von Leibesstrafen loskaufen (und so die Staatskassen füllen) konnte. Mu Wang setzte sich zudem mit den Quanrong (d.h. Hunde-)Barbaren im Nordwesten auseinander und bemühte sich der Überlieferung zufolge bis zum Tarimbecken vorzustoßen. Es handelt sich hier um eine Zeit der Expansion und Kolonisation in alle Richtungen.
Li Wang (878-827 v. Chr.) war ein Tyrann, der von einer Revolte aus der Hauptstadt gejagt wurde. Sein Sohn und Nachfolger Xuan Wang (827-782 v. Chr.) wurde im Exil zum König gemacht und mußte sich mit den Yanyun-Barbaren auseinandersetzen, die möglicherweise schon ein Reitervolk waren. (Die meisten Barbaren kämpften damals noch zu Fuß.) Gegen Ende seines Lebens bösartig und lasterhaft geworden, folgte ihm sein Sohn Youwang (781-771 v. Chr.), der durch eine ebensolche Haltung sämtliche Unterstützung im Reich verlor.
Die Quanrong griffen Shensi an, der Kaiser Youwang wurde getötet und die Hauptstadt geplündert.
Die späten/östlichen Zhou
Eine Heer der Lehnsherren vertrieb dann die Barbaren und der neue Kaiser Ping Wang (770-719 v. Chr.) verlegte die Hauptstadt nach Chengzhou bei Luoyang (Provinz Honan), um sich vor weiteren Angriffen zu schützen. Der Herr von Qin deckte seinen Rückzug und wurde dafür von Ping Wang mit den alten Kernländern der Zhou belehnt. An diesem Punkt begann der Aufstieg der späteren Qin-Dynastie.
In der Zeit der östlichen Zhou-Dynastie griff die Auflösung des alten Lehnsreiches immer mehr um sich. Die königlichen Rechte wurden von den großen Lehnsherren beansprucht, die sich gegenseitig mit allen Mitteln befehdeten. Wechselnde Bündnisse, Verrat, Meuchelmord, Bürgerkriege und Verwahrlosung der Sitten waren Tagesordnung, dazu kamen Angriffe von Barbaren.
Der Zhou-König Huan Wang (719-696 v. Chr.) wollte die königliche Autorität gegenüber einem Lehnsherren wieder herstellen, wurde aber geschlagen und verwundet. Daraufhin nahmen große Lehnsherren, allen voran dieser Herzog von Chu 704 v. Chr. ebenfalls den Titel Wang (d.h. König) an. In der Folge wurde die Geschichte in erster Linie von Herzögen bzw. Königen wie Huan von Qi in Shandong (reg. 685-643 v. Chr.), Wen von Jin in Shensi (reg. 636-626 v. Chr.) usw. bestimmt.
Die längst entmachtete (östliche) Zhou-Dynastie wurde 256 v. Chr. durch die Qin beseitigt, welche 221 v. Chr. auch die Zeit der Streitenden Reiche beendete.
Staat und Wirtschaft, Veränderungen/Entwicklungen
Das Reich teilte sich in 9 Provinzen und ca. 1700 Lehen. Es gab 5 Rangklassen von Lehnsherren, eine Hofhaltung mit königlichen Inspektionsreisen und ein diplomatisches Protokoll für den Umgang zwischen dem König und seinen Lehnsherren. Drei Großherzöge und sechs Minister fungierten als Staatsverwaltung.
Die Macht der Lehnsherren richtete sich nach der Anzahl ihrer (Streit-)Wagen, ihren religiösen Privilegien (Opfer, Tänze, Hymnen), dem Alter ihrer Traditionen, ihrer Beziehung zum Königshaus und natürlich ihrem Reichtum. Bronzegefäße dienten dem Ahnenkult, ihre Inschriften enthielten Hinweise über den Rang der betreffenden Familie. Insgesamt kann man sagen, daß ein komplexes System der Kulthierarchien und Riten den Zusammenhalt des Staates bestimmte.
Es gab Steuern („mittleres Quadrat“), Frondienste (3 von 10 Tagen) und Kriegsdienste. Im 6. Jahrhundert. v. Chr. verzeichnet man beispielsweise die Agrarsteuer in den Teilstaaten Lu und Zheng, Waffen und Getreideabgaben ersetzten den Kriegsdienst. Das war ein Gegensatz zur Yin-Zeit, wo man das Volk weniger von Frondiensten und Steuern in Anspruch genommen hatte und erklärte sich aus den ständigen Auseinandersetzungen der großen Familien.
Die Gesetze wurden nun in Bronze geschrieben, allerdings hatte man nur wenige Beamten zu ihrer Überwachung. Man begnügte sich mit der Statuierung von Exempeln.
In der Philosophie verzeichnet man Laotse, Konfuzius, Mengzi, Mo Zi. Besonders zur Zeit der Frühlings- und Herbstannalen und der Kämpfenden Staaten blühte sie aufgrund der schwierigen Verhältnisse. Wandernde Berater (allein schon Konfuzius hatte 72 bedeutende Schüler) versuchten die Teilstaaten effektiver zu organisieren und den inneren Frieden zu festigen.
Die straffere Organisation der Herzogtümer führte im 4. und 3. Jhrd. v. Chr. auch zu einem wirtschaftlichen Aufschwung und technischen Neuerungen. Die Landwirtschaft wurde intensiviert, man verwendete Dünger, gegossene Eisenwerkzeuge (Eisenguß 513 v. Chr. nachgewiesen) und das Brustgurtgeschirr, was den Zugtieren nicht mehr die Luftröhre abdrückte. Ferner unterschied man in mehrere Bodenarten, be- und entwässerte in großen Anlagen, deren Konstrukteure auch namentlich überliefert sind.
Infolgedessen nahm die Bevölkerungszahl im Gegensatz zur frühen Zhou-Zeit zu. Auch die Art der Kriegsführung wandelte sich vom ritualisierten Privileg des Adels zum gewissenlosen Einsatz großer Bauernheere, die mehr als 100 000 Mann umfassen konnten. In diesem geänderten Umfeld formten sich die Machtgrundlagen der künftigen Qin-Dynastie.