Kulturareal

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Kulturareal (von lateinisch arealis „Fläche“), Kulturkomplex oder Kulturprovinz bezeichnet in der Ethnologie ein geografisch abgegrenztes Gebiet, in dem verschiedene Ethnien leben, die eine gewisse Anzahl ähnlicher oder vergleichbarer Kulturelemente oder Kulturgüter aufweisen.[1] Die außereuropäischen Kulturareale gehen grundsätzlich auf die jüngste historische Verbreitung und Lebensweise der „eingeborenen“ Völker vor der Kolonialisierung bzw. vor der Bildung der modernen Nationalstaaten zurück. Eine Ausnahme bilden die Kulturareale Europas: Obgleich sie sich explizit auf die historische Entwicklung beziehen, bilden sie dennoch Realitäten ab, die gegenwärtig noch zutreffen.[2] Das Gleiche gilt eingeschränkt für die meisten Areale Südasiens.

Das älteste und heute noch populärste Modell für Kulturareale deckt Nordamerika ab und stammt von Clark Wissler (1912) in der Überarbeitung von Alfred Kroeber (1939)
Weniger bekannt ist die Arbeit von Melville J. Herskovits für den afrikanischen Kontinent (1945)

Viele traditionelle Lebensweisen und indigene Kulturelemente existieren heute nur noch als Substrat unter der vorherrschenden Kultur, so dass Kulturareal-Karten für die Gegenwart in vielen Regionen der Welt die kulturellen Minderheiten hervorheben. Beispielsweise bezieht sich das nordamerikanische Kulturareal „Prärie und Plains“ auf die Völker der Prärie-Indianer; diese leben nach wie vor dort, obwohl ihr Anteil an der Bevölkerung nur noch etwa drei Prozent beträgt und sie schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts nicht mehr von der traditionellen Bisonjagd leben.

Die moderne Ethnologie führte die Bezeichnung Kulturareal ein, nachdem die „Kulturkreislehre“ aufgegeben wurde, weil sie mit der Rassenideologie des Dritten Reiches in Verbindung gebracht wurde. Das von den US-amerikanischen Ethnologen Franz Boas, Robert Lowie und Clark Wissler entwickelte Konzept der culture area wurde später von verschiedenen Autoren übernommen.

Die Modelle der Kulturareale basieren auf der Out-of-Africa-Theorie sowie der genetisch rekonstruierten Ausbreitung des Menschen und des „Wanderverhaltens“ menschlicher Populationen. So wird angenommen, dass sich kleine, vorgeschichtliche Gruppen aufgrund unwirtlicher Lebensbedingungen und/oder der Erschöpfung der Ressourcen weit über die Erde verstreut haben. In günstigen Gebieten kam es zur Ansiedlung und im Laufe der Zeit zu einer immer besseren Anpassung an die jeweiligen ökologischen Verhältnisse. Auf diese Weise entstanden die ältesten Kulturen. Die effiziente Nutzung der Umwelt führte wiederum zu einem starken Bevölkerungszuwachs und somit zu einer sternförmigen Ausbreitung und Etablierung der Kulturen innerhalb des jeweiligen Großlebensraumes. Nach der Theorie blieben die wesentlichen Merkmale der Kulturen dabei erhalten. Bei den „Ablegern“ kam es lediglich zur Differenzierung von Details. Vor diesem Hintergrund sei es möglich, räumlich abgrenzbare Kulturareale zu definieren.

Außerhalb der ethnologischen und historischen Wissenschaften spricht man von Kulturräumen oder Kulturerdteilen, die im jeweiligen Zusammenhang ihrer Fachwissenschaft die gegenwärtige Situation abbilden.

Problem der Abgrenzung

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Das nordamerikanische Kulturareal „Nordwestküste“ lässt sich relativ leicht durch den typischen Kunststil abgrenzen
 
Ganz anders bei den drei ozeanischen Kulturarealen: Lokale Variationen sind (nach Hunter und Whitten) so zahlreich, dass es schwierig ist, die abgelegenen, isolierten Inselkulturen über die gesamte Weite des Pazifiks zu generalisieren

Jegliche Festlegung eines Kulturareales beruft sich auf die Ergebnisse der kulturvergleichenden Sozialforschung. Während die Grenzziehung zwischen einigen wenigen Kulturen relativ leicht gelingt, ist die Einteilung ganzer Kontinente in abgegrenzte Areale jedoch schwierig und problematisch: So stimmen die von verschiedenen Autoren zu verschiedenen Zeiten gezeichneten Karten häufig nicht miteinander überein; sie zeigen ungleiche Anzahlen, Größen und Grenzen der einzelnen Kulturareale. Das liegt vor allem an der jeweils recht willkürlichen Auswahl derjenigen Kulturelemente, die für ein bestimmtes Kulturareal als charakteristisch angesehen wurden und werden. Dazu kommt der ständige Kulturwandel in vielen Gebieten der Welt.

Die größte Schwierigkeit bei der Abgrenzung ist die Festlegung, welche Kulturgüter tatsächlich für ein Areal spezifisch sind und welche übergreifend für mehrere Kulturen gelten! Kulturgüter in diesem Sinne sind beispielsweise Sprache, Kunstformen, Familienstrukturen, gesellschaftliche Organisation, Kalender, Körperschmuck, Folklore, Wohnformen, Subsistenzweisen; mithin die ideologischen Systeme einer Kultur. Eine wesentliche Grundlage für kontinentale Modelle bilden zudem die ökologischen Bedingungen der jeweiligen Lebensräume.

Obwohl die Festlegung von Kulturarealen aus den genannten Gründen heute umstritten ist, bietet sie die Möglichkeit, die Kulturvielfalt zu strukturieren und eine Basis für kulturvergleichende Untersuchungen zu schaffen.[3] Die Einteilung in Kulturareale stellt ein heuristisches Werkzeug dar, einen Hilfsgedanken (bon à penser) im Sinne des französischen Ethnologen Claude Lévi-Strauss.[4]

In diesem Sinne sind die Übereinstimmungen zwischen den verschiedenen (historischen) Autoren trotz der vorgenannten Einwände wiederum groß genug, um alle Modelle zu einem „Weltmodell der Kulturareale“ zusammenzuführen, wie es D. Hunter und P. Whitten 1976 für die „Encyclopedia of Anthropology" formuliert haben.

Kulturareale der Erde: Spiegelbild der Vegetationszonen und traditionellen Landnutzung

Die 43 „Culture Areas of the World“ von Hunter und Whitten basieren auf der Theorie, Kultur vor allem als einen Mechanismus der gemeinsamen Anpassung an unterschiedliche Lebensräume zu betrachten. Sie formulierten somit folgende Definition:

„Ein Kulturareal ist ein abgrenzbarer Teil der Erdoberfläche, in dem mehr oder weniger verwandte Gruppen von Menschen leben, bei denen der Anpassungsprozess über Jahrtausende zu einer großen Vielfalt von Überlebensstrategien geführt hat; jedoch ausgehend von einem gemeinsamen Erbe: Ähnliche ökologische Bedingungen, ähnlich wirtschaftliche, soziale und ideologische Systeme sowie verwandte Sprachen.“

D. Hunter und P. Whitten[5]

Bis auf wenige Ausnahmen decken sich die Areale demnach mit den globalen Haupt-Vegetationszonen (vgl. Karte: Die Vegetationszonen der Erde). In Bezug zu den jeweils dort entstandenen Wirtschaftsformen kann das Modell ebenso als schematische Landkarte der traditionellen Landnutzung der Erde betrachtet werden.

Die Autoren weisen explizit darauf hin, dass es sich bei den Grenzen nicht um kontrete indigene Territorien handelt, sondern nur um schematisch gezogene Grenzen, um die Schnittstellen zwischen den fließend ineinander übergehenden Kulturen zu kennzeichnen. In diesem Sinne sind nur die kulturellen Unterschiede zwischen den jeweiligen Zentren der Areale signifikant, nicht die hüben und drüben der Grenzen!

Überdies räumen die Autoren die Abgrenzungsprobleme ein und bezeichneten die Auswahl der verwendeten Kriterien aus der Vielzahl der ethnoggraphischen Aufzeichnungen als (zu einem großen Teil) willkürlich.

 
Die Kulturareale der Erde nach Hunter und Whitten
Die Farben der Areale und Subareale fassen die dort vorrangigen Subsistenzstrategien und Siedlungsweisen zusammen
Ackerbau, Hirtennomadismus und Fernhandel sesshaft, nomadisch und halbsesshaft
Bodenbau und Fernhandel sesshaft
Traditioneller Ackerbau sesshaft
Ackerbau, Gartenbau und Grünlandwirtschaft sesshaft
Landwechselbau sesshaft
Wanderfeldbau halbsesshaft
Gartenbau, Wanderfeldbau und Jagd oder Fischerei zumeist halbsesshaft
Transhumanz und Bodenbau Bodenbau sesshaft, Viehwirtschaft halbsesshaft
Agropastoralismus sesshaft, halbsesshaft oder halbnomadisch
Spezialisierte Sammelwirtschaft zumeist halbsesshaft
Spezialisierte Jagd oder Fischerei Fischerei sesshaft, Jagd halbnomadisch
Rentiernomadismus halbnomadisch
Hirtennomadismus nomadisch, teilweise halbnomadisch
Unspezialisierte Jagd, Fischerei und Sammelwirtschaft nomadisch, Fischerei halbnomadisch

Die hier dargestellte Karte und die folgenden Tabellen der stichwortartig aufgeführten (oft historischen) Kulturelemente entsprechen der Beschreibung von Hunter und Whitten in der Encyclopedia of Anthropology.[Anmerkung 1]

Es gilt nochmals zu beachten, dass es sich bei den Kulturarealen heute weniger um konkrete Modelle, als vielmehr um ein „Hilfskonzept“ handelt! Das heißt: Die Grenzen der Areale sind in der Realität fließend und es gibt fast überall vielfältige Ausnahmen, die die Festlegungen bei näherer Betrachtung durchaus in Frage stellen können!

Nordamerika

vgl. Nordamerikanische Kulturareale nach Wissler und Kroeber
Kulturareal Lebensraum und (historische) Gemeinsamkeiten Beispielethnien
Arktis Tundra: Gemeinsame Abstammung der Population, Eskimo-Aleutische Sprachen, halbsesshafte Wildbeuter (Karibu- oder Moschusochsen, saisonal Fischfang und Meeressäuger), Wintersiedlungen oft an der Küste Inuit, Yupik, Kalaallit, Inupiat, Alëuten
Nordwestküste Küstenregenwald: sesshafte Wildbeuter (Meeressäuger) und Fischer (Lachse), Häuptlingstümer mit großen Populationen, spezielle Sozialinstitutionen (Sklaverei, Potlatch-„Verschenkfest“), Kunststil Tlingit, Haida, Tsimshian, Kwakiutl, Chinook
Subarktis Nördliches Subareal

Waldtundra u. boreale Gebirge: halbnomadische Jäger, Fischer und Sammler (Karibu), egalitäre Horden

Kutchin, Kaska, Athabaskenstämme, Naskapi
Südliches Subareal

Taiga: nomadische Jäger (Wapiti, Elch, Kleinwild), Fischer und – z. T. halbsesshafte – Sammler (div. Pflanzen, Wildreis), egalitäre Horden

Cree, Anishinabe, Menominee, Algonkin, Innu
Plateau Hochebene in den Rockys, Stammestümer, Lachsfischer, Jäger und Sammler Secwepemc, Flathead, Shuswap, Kutenai, (Nez Percé)
Prärie und Plains Gras-, Strauch- und Trockensteppen, Stammestümer, Berittene Bisonjäger, Tipi Blackfeet, Crow, Lakota, Kiowa, Comanche, (Pawnee)
Nordosten Mischwälder, Bodenbau (Mais, Bohnen, Kürbisse), auch Wildreis-Ernte und Jagd Irokesen, Abenaki, Miami, Shawnee, (Chippewa)
Kalifornien Sammler (Wildfrüchte, vor allem Eicheln) und Jäger, Korbflechterei Pomo, Chumash, Karok, Modoc, Kalif. Penuti, Cahuilla
Großes Becken Halbwüsten, Sammler (Samen, Pinyon-Nüsse, Wurzeln) und Jäger (Kleintiere) Ute, Paiute, Shoshone, Washoe
Südwesten Arider Großraum, Bodenbau (Mais, Bohnen), Kleintierjagd, Kunststil Navajo, Hopi, Pima, Tarahumara, (Apachen)
Südosten Subtropische Feuchtwälder, Häuptlingstümer, Bodenbau (Mais, Bohnen) und Jagd Muskogee, Cherokee, Catawba, Chickasaw, Seminolen

Mittel- und Südamerika

Bis auf das Kulturareal „Mesoamerika", das Paul Kirchhoff 1948 definiert hat, wurde die hier gezeigte Einteilung 1978 von dem deutschen Ethnologen Mark Münzel vorgeschlagen. Als Vorlage diente ihm die Einteilung von Julian Steward, die im „Handbook of South American Indians" abgedruckt wurde. Im Gegensatz zu Nordamerika sind viele kulturelle Elemente in Lateinamerika nach wie vor prägend. Bei den Zentralanden hat Münzel aufgrund der starken Vermischung mit der spanischen Kultur die vorkoloniale Betrachtung verlassen.[6][Anmerkung 2]

Kulturareal Lebensraum und Gemeinsamkeiten Beispielethnien und -nationen
Mesoamerika Historische Hochkulturen Mittelamerikas, Bodenbau (Mais, Bohnen, Kürbisse), Municipio Nahua, Maya, Miskito, Zapoteken, (Lacandonen)
Zirkumkaribik Einflüsse Hochkulturen, heterogen, oft Häuptlingstümer, Feldbau, Prestigestreben Kuna, Emberá, Paez, Achagua, Chibcha, Ika, (Guahibo)
Zentralanden Inka-Tradition, Ayllu-Dorfstruktur, Pachamama, Bewässerungsterassen, Fruchtfolge-Ackerbau (Kartoffel, sowie enorme Feldfrucht-Vielfalt), Lamas, span.-ind. Trachten Quechua, Aymara, Kolla, Huanca, Atacameño,
Patagonien ehem. Reiterkrieger, Feldbau (Weizen, Kartoffel), Vieh (Lama, Rind, Pferd), Bola Mapuche, Picunche, Huilliche, Tehuelche, (Het)
Chaco Dornsavanne, ehem. Reiterkrieger, Fruchtsammler, Fischfang, wenig Wanderfeldbau Wichí, Guaycurú, Toba, Chiriguano, Ayoreo, (Terena)
Llanos Uneinheitliche „marginale Gruppen" in Rückzugsgebieten, nomadische oder halbnomadische Wildbeuter bis Anfang des 20. Jh., selten rudimentärer Feldbau Wayapopihíwi, Otomaken, Achagua
Paraná Mbyá, Bororo, Kaingang, Aché
Feuerland Selk’nam, Yámana, Qawasqar
Anden-Ostrand Einfluss der Inka, Dörfer, Brandrodungsanbau (Mais, Maniok, große Vielfalt) und Jagd Shuar, Huaorani, Shipibo, Asháninka, Machiguenga,
Guyana Einflüsse der beiden Hochkulturen, Häuptlingstümer, Feldbau (Maniok), Jagen, Fischen Kariben, Arawak, Waiwai, Ye’kuana, Yanomami, Waimiri
Amazonien Häuptlingstümer, Einheit Natur/Kultur, intens. Zeremonialleben, Feldbau, Fischen, Handel Ticuna, Munduruku, Cinta Larga, (Nambikwara), (Maku)
Ostbrasilien Stammestümer, dialektische Religionen, einfache Subsistenz, Feldbau, Sammeln, Jagd Xavante, Kayapó, Botokuden, Xerente, (Guaraní)

Europa

Aufgrund der enorm differenzierten Entwicklung Europas und der Verschmelzung der Völker in Nationalstaaten konnten die vielfältigen kulturellen Einteilungsversuche bislang nicht überzeugen. Erst seit der Arbeit des 1988 verstorbenen ungarischen Historikers Jenő Szűcs wird eine Einteilung auf Grundlage der „historischen Regionen Europas“ ernsthaft diskutiert. Die Karte bezieht sich daher mit Ausnahme von Lappland und Nordosteuropa auf die Areale, die Christian Giordano 2002 in Anlehnung an die „Weltsystem-Theorie“ von Immanuel Wallerstein vorgeschlagen hat.[7]

Kulturareal Historische Gemeinsamkeiten Beispielstaaten
Peripherie Abgelegene, marginale und dünn besiedelte Großräume, häufig Subsistenzwirtschaft Island, Schottland, große Teile Fennoskandiens
Nordwesteuropa Ursprung des Kapitalismus, der Industriegesellschaft und der modernen Demokratien England, BeNeLux, Frankreich, Deutschland, Schweiz
Mittel-Osteuropa Rohstofflieferant für NW-Europa, Refeudalisierung, Leibeigenschaft und Latifundien Litauen, Lettland, Polen, Ungarn, Rumänien
Osteuropa Technologisch rückständige Agrarstaaten, „Nährboden“ des Kommunismus Russland, Weißrussland, Ukraine
Mediterranea Weströmische „Kulturfolger“, Adels-Aristokratie und Latifundien-Landwirtschaft Portugal, Spanien, Italien
Südosteuropa Oströmische „Kulturfolger“, Osmanisches Feudalsystem, oft Subsistenzwirtschaft Serbien, Kroatien, Albanien, Bulgarien, Griechenland

Afrika

Die Einteilung Afrikas basiert mit Ausnahme Nordafrikas und Ägyptens auf der Karte von Henry S. Wilson (1977)[8], der wiederum die Arbeit von Melville J. Herskovits (die auch Nordafrika umfasst) leicht abgewandelt hat.[9][Anmerkung 3]

Kulturareal Lebensraum und historische (oft noch gegenwärtige) Gemeinsamkeiten Beispielethnien und -nationen
Nordafrika „Kulturfolger“ der Sarazenen u. der antiken Hochkulturen, Ackerbau u. Viehzucht Araber, (Berberstämme)
Wüstengebiet Sahara und Sahel, Hirtennomadismus (Kamele, Pferde, Ziegen), z. T. Oasenkultur Tuareg, Tubu, Mauren
Westsudan Übergang schwarzafr./islam. Kulturen, Königreiche, Landwirtschaft u. Handel, Kunststil Mandinka, Hausa, Yoruba, Mossi, Kanuri
Ostsudan Übergang schwarzafr./islam. Kulturen, Stammestümer, Hackbau, Vieh, oft nomadisch Sara, Sudanaraber Runga, Maba, Mubi
Osthorn Arabisch-schwarzafr. Mischpopulation, großer islam. Einfluss, Viehzucht u. Bodenbau Somalis, Oromo, Amharen, Tigray
Guineaküste Tropischer Regenwald, Überschneidung der Areale Westsudan und Kongo, Fischfang Susu, Kru, Baule, Akan, Ewe, Edo, Tiv, Ibo
Kongo Materialkultur (Fetischkunst, Eisenhacke), Häuptlingstümer, Feldbau (Banane), Fischen, Jagd Azande, Mongo, Baluba, Lunda, Bemba, (Pygmäen)
Ostafrika „Cattle Complex“: Rind als religiös-soziales Symbol, Stammestümer, Feldbau u. Viehzucht Dinka, Massai, Nyamwezi, Makua, Tsonga, Zulu
Ovambo schwarzafrikanische Population im Khoisangebiet, Viehzucht Damara, Ovambo, Herero
San lange isolierte Population, Khoisansprachen, akephale Gesellschaft, Jäger und Sammler San
Khoi lange isolierte Population, Khoisansprachen, Clansystem, Nomadische Viehzucht (Rind), Jagd Khoikhoi
Madagaskar Besiedlung vorwiegend aus Indonesien, Ahnenkult, Austronesische Sprache: Malagasy Merina, Betsileo, Sihanaka, Antaifasy, Sakalava

Asien und Ozeanien

Der Vorschlag ist Teil der Arbeit der Ethnologen D. Hunter und P. Whitten, die 1976 für die „Encyclopedia of Anthropology" eine weltweite Einteilung in Kulturareale veröffentlicht haben. Die einzelnen Areale entsprechen für die anderen Kontinente im Wesentlichen den Arbeiten der anderen Autoren. Die Grenzziehungen wurden von Hunter und Whitten allerdings nur grob schematisch vorgenommen. Für Asien haben die Autoren sehr unterschiedliche Kulturelemente zur Abgrenzung herangezogen.[10] Eine Einteilung in asiatische Kulturareale findet sich überdies ausgesprochen selten in der Literatur.

Für Australien existiert eine weitere Untergliederung in 17 Kulturareale der Aborigines (siehe auch → Kulturareal Desert, → Kulturareal Western Desert). Die verwendeten Kriterien liegen jedoch auf einer anderen Maßstabsebene, die für eine globale Gegenüberstellung nicht geeignet ist.

Kulturareal Kulturelle und historische Gemeinsamkeiten Beispielethnien und -nationen
Sibirien Tundra, Waldtundra und Taiga, Rentier-Pastoralismus, Jagen und Sammeln (Beeren) Nordeuropas Samen, Nenzen, Ewenken, (Jakuten)
Paläo-Sibirien Tundra, Waldtundra und Taiga, Wildbeuter (Rentier, Meeressäuger, Fische) Paläosibirier: Tschuktschen, Korjaken, Itelmenen
Kaukasus Gebirgsregion, enorm große ethnische u. sprachliche Vielfalt, Transhumanz Tscherkessen, Georgier, Armenier, Aserbaidschaner
Eurasische Steppe Steppen u. Wüsten, Altaische Sprachen, Hirtennomaden (Pferd, Rind, Schaf, Kamel) Kalmücken, Kasachen, Usbeken, Mongolen, Uiguren
Nord-China „Kulturfolger“ der ältesten Dynastien, Mandarin-Dialekte, Buchweizen vor Reis Han-Chinesen
Korea und Japan Makro-altaische Sprachen, gemeinsame Kultur im Mittelalter, Reis und Fischfang Koreaner, Japaner, Ainu
SW-Asien/Ägypten „Kulturfolger“ der ältesten Hochkulturen, Kerngebiet der islamischen Kultur, Weizen Türkei, Iran, Irak, Saudi-Arabien, Ägypten, (Beduinen)
Süd-Zentral-Asien Kerngebiet der hinduistischen- und buddhistischen Kulturen, Reis- und Hirseanbau Ethnien Indiens, Nepalesen, Tibeter, Bamar, Thai
Süd-China „Kulturfolger“ der jüngeren Dynastien, vielfältige Sprachen u. Ethnien, Nassreis Südchinesische Ethnien, Vietnamesen, Khmer
Indonesien Tropische Regenwälder, West-Malayo-Polynesische Sprachen, Islam Südostasiens Malaien, Javaner, Achinesen, (Penan)
Mikronesien[11] Kulturelle „Mischzone“ zwischen Indonesien, Polynesien und Melanesien, Fischfang Mikronesier
Melanesien[11] Kraushaarige Menschen Ozeaniens, Ahnenkult, Bodenbau (Taro, Yams, Batate) Melanesier, Papua-Völker
Polynesien[11] Polynesische Sprachen, Polytheismus und Marae, Fische, Schweine, Bodenbau Polynesier, u.a. Maori, Hawaiianer, Osterinsulaner
Australien Abstammung, 35.000 Jahre Isolation,[12] Traumzeit-Mythologie, Jagen und Sammeln Aborigines, Tasmanier

Siehe auch

Literatur

  • David E. Hunter und Phillip Whitten (Hrsg.): Encyclopedia of Anthropology. Harper and Row, Publishers, New York u.a. 1976. ISBN 0-06-047094-1, Stichworte: „Culture Area“ S. 104, „Culture Areas of the World“ S. 104–111.
  • Dieter Haller: Dtv-Atlas Ethnologie. 2., vollständig durchgesehene und korrigierte Auflage. dtv, München 2010, ISBN 978-3-423-03259-9.
  • Egon Renner: Zur Entstehung, Entwicklung und Funktion des Begriffs „culture area“. In: Magazin für Amerikanistik. Nr. 1, Verlag für Amerikanistik, Wyk auf Foehr 1998.
  • Elke Mader: Der „culture area approach“ (Lateinamerika). In: lateinamerika-studien.at: Kultur- und Sozialanthropologie Lateinamerikas – Eine Einführung. Lateinamerika-Studien Online, , abgerufen am 9. April 2014 (der Autor ist Dozent am Institut für Ethnologie, Kultur- und Sozialanthropologie, Uni Wien).

Anmerkungen

  1. Unklare oder fehlende Zuordnungen wurden im Abgleich mit der Karte Vegetationszonen.png und dem TaschenAtlas Völker und Sprachen. Willi Stegner (Hrsg.), Klett-Perthes, Gotha 2006 ergänzt.
  2. Die Bezeichnungen der Areale wurde aus Platzgründen sinnvoll verkürzt, sowie Llanos, Paraná und Feuerland für die „marginalen Gruppen" hinzugefügt. Die Arealgrenzen wurden mit der wesentlich genaueren Karte Indians of South America der National Geographic Society (Washington D.C. 1982) abgeglichen.
  3. Die Bezeichnungen der Areale wurden leicht vereinfacht. Das Kulturareal „Ovambo" ist eine hilfsweise Hinzufügung, da die Fläche auf Wilsons Karte nicht bezeichnet war und nicht ermittelt werden konnte, welche Bezeichnung Wilson gewählt hatte.

Einzelnachweise

  1. Michel Panoff, Michel Perrin (Hrsg.): Taschenwörterbuch der Ethnologie. Begriffe und Definitionen zur Einführung. 3., überarbeitete Auflage. Reimer, Berlin 2000, ISBN 3-496-02668-5, S. 144–145 (französisches Original: Dictionnaire de l'ethnologie).
  2. Christian Giordano: Interdependente Vielfalt: Die historischen Regionen Europas. in: Karl Kaser u.a. (Hg.): Europa und die Grenzen im Kopf, Wieser-Verlag, Klagenfurt 2003, S. 113 - 134.
  3. Eintrag: Kulturareal. In: Brockhaus – Enzyklopädie in 30 Bänden. 21. Auflage. In: Munzinger Online. 2013 (aktualisiert mit Artikeln aus der Brockhaus-Redaktion; anmeldepflichtige Ansicht, abgerufen von Stadtbibliothek Wuppertal am 17. September 2013).
  4. Thomas K. Schippers: The Fractal Nature of Borders and its Methodological Consequences for European Ethnologists. In: Acta Ethnologica Danubiana. Jahrgang 2–3, Forum Minority Research Institute, Lilium Aurum, Dunajská Streda 2000–2001, S. 173–179, hier S. 175 (englisch; PDF-Datei; 435 kB, 10 Seiten in niton.sk).
  5. siehe Literatur: Encyclopedia of Anthropology.
  6. Wolfgang Lindig und Mark Münzel: Die Indianer. Band 2: Mittel- und Südamerika. 3. Auflage. dtv Wissenschaft, München 1985.
  7. Christian Giordano: Interdependente Vielfalt: Die historischen Regionen Europas. in: Karl Kaser u.a. (Hg.): Europa und die Grenzen im Kopf, Wieser-Verlag, Klagenfurt 2003, S. 113 - 134.
  8. Henry S. Wilson: The Imperial Experience in Sub-Saharan Africa Since 1870. University of Minnesota Press, Minneapolis (USA) 1977.
  9. Melville J. Herskovits: A Preliminary Consideration of the Culture Areas of Africa. in American Anthropologist, New Series, Vol. 26, No. 1, 1924.
  10. Willi Stegner (Hrsg.): TaschenAtlas Völker und Sprachen. Klett-Perthes, Gotha 2006.
  11. a b c Traditionelle Religionen Ozeaniens (PDF; 50 kB). Website der Ethnologin Corinna Erckenbrecht. Abgerufen am 24. November 2013.
  12. Häufiger Besuch in Australien. Der Tagesspiegel Wissen vom 16. Januar 2013.