Schwäbisch ist eine im mittleren und südlichen Bereich von Baden-Württemberg, aber auch in Teilen Bayerns gesprochene Gruppe von Dialekten und gehört zu den alemannischen oberdeutschen Großdialekten.

Die schwäbischen Dialekte unterscheiden sich z. T. erheblich. Besonders charakteristisch ist die Unterscheidung nach den Formen des Partizips Perfekt von "sein" in gwä (gewesen) und gsi (gewesen). Die Gsi-Gruppe ist sprachgeschichtlich näher mit dem Schweizerdeutschen und dem Alemannischen verwandt.
Merkmale
Auffallende Merkmale des Schwäbischen sind unter anderem:
- Die Diphthongierung der mittelhochdeutschen Langvokale î und û wurde zwar mitgemacht (im Gegensatz zum Alemannischen), die so entstandenen Diphthonge /ei/ und /ou/ fallen aber nicht mit den "alten" Diphthongen /oe/ und /ao/ zusammen, sie unterscheiden sich hörbar von diesen. Es gibt im Schwäbischen also Minimalpaare wie "weis" / "woes" und "d toube" / "dr taobe", die im Standarddeutschen gleich gesprochen werden (weiß (Farbe)/weiß (wissen), die Taube (Vogel)/der Taube (taub)).
- Die Aussprache von "en" als eigenen Vokal â, der irgendwo zwischen [ ] und [ ] liegt (regional unterschiedlich)
- Die Endung „-ât“ in allen Pluralformen bei Verben im Präsens (mir machât, ihr machât, se machât, auch im Niederalemannischen)
- Die generelle Aussprache von „st“ und "sp" als „scht“ und "schp" (z.B. „Fest“, gesprochen „Fescht“) oder im Anlaut als „schd“ und "schb" (z.B. „Stein“ als „Schdoe(n)“)
- Stimmlose Plosive werden in der Wortmitte weich ausgesprochen (z.B. "schicken" als "schiggâ")
- Die Verkleinerungsform „-le“ (sehr kurz gesprochen, z.B. Haus – Heisle) bzw. im Plural „-lâ“ (z.B. Spätzlâ)
- Die (hochdeutschen) Endungen -eln und -ern (Kartoffeln, meckern) werden zu -lâ und -râ (Kartofflâ, meggrâ)
- Der Gebrauch des Perfekts als Ersatz für Imperfekt, und des doppelten Perfekts (i hân gmacht ghet) statt Plusquamperfekt
- Der generelle Gebrauch des stimmlosen s an Stellen, wo im Standarddeutschen ein stimmhaftes s steht
- Die Verwendung des Dativs in Ermangelung des Genitivs („'m Vaddr sae Riassl“ - des Vaters Antlitz)
- Abweichende Fälle bei bestimmten Verben („Ich ruf dir an.“)
- man wird im Schwäbischen "mâ" oder "mr" ausgesprochen
Begriffsumdeutungen
Im Schwäbischen haben eine Reihe von auch im Hochdeutschen gebräuchlichen Wörtern abweichende Bedeutungen:
- bei Körperteilen: mit „Fuß“ wird das Bein bis zum Oberschenkel bezeichnet, dafür umfasst der „Rücken“ auch das Gesäß
- bei Tieren: eine Stubenfliege (Musca domestica) heißt im Schwäbischen „Mugg“, eine Stechmücke (Culicidae) „Schnôk“ (Schnake); für die Mückenfamilie der (nichtstechenden) Tipulidae, die üblicherweise als Schnaken bezeichnet werden, gibt es keinen eigenen Begriff (in Stuttgart oft "Großvater" genannt). Der Bedeutungswandel des Worts „Schnake“ ist mittlerweile umgangssprachlich über das Schwäbische hinaus verbreitet.
- bei Bewegungsverben:
- „gângâ“ (gehen) wird nur benutzt, um den Ortswechsel zu beschreiben - gehen als Art der Bewegung heißt im Schwäbischen „laufâ“, laufen heißt „springâ“ (hüpfen heißt „hopfâ“ oder „hopsâ“), springen heißt „sprengâ“ aber auch „juggâ“ (jucken hingegen heißt „beißâ“); schnelles Laufen heißt „sauâ“.
- halten heißt im Schwäbischen „hebâ“, heben heißt „lupfâ“ (ein Nagel in der Wand „hebt“ das Bild, während der Stuhl auf den Tisch „gelupft“ wird.) Unter dieser Voraussetzung wird der Spruch „Haben kommt von halten“, der im Hochdeutschen lediglich eine inhaltliche Bedeutung hat, zum sinnvollen Wortspiel: „Haben kommt von heben“.
- wir heißt im Schwäbischen „mir“ (wie in „Mir kennât älles, außer Hochdeitsch“, oder richtig: „Mir kennât älles, bloß koe Hochdeitsch“ )
Dialektgruppen
Dialektgruppen sind (unterteilt nach der Übersetzung des Hochdeutschen "gewesen"):
- Gwä-Gruppe
- Niederschwäbisch im mittleren Neckartal und den angrenzenden Gebieten
- Oberschwäbisch in Württemberg südlich der Donau und im bayerischen Regierungsbezirk Schwaben (Übergang zur Gsi-Gruppe (allerdings hier meist Gsei als Sonderform))
- Ostschwäbisch in der Region Ostwürttemberg und im bayerischen Landkreis Donau-Ries (etwa zwischen Ulm, Donauwörth, Ellwangen (Jagst) und Schwäbisch Gmünd; Niederschwäbisch mit Übergang zu Oberschwäbisch)
- Rieser Schwäbisch - eine Dialektform, die deutliche Anklänge an das Niederschwäbische zeigt, jedoch deutlich davon verschieden ist: so sagt der Rieser nicht "Do hanna", sondern "do dranna", wenn er "da dort" meint.
- Gsi-Gruppe
- Allgäuerisch im Unter- und Ost-Allgäu, auch verwendet in angrenzenden Gebieten Tirols (Lechtal, Außerfern) und Oberbayerns (Lechrain);
- -- klar getrennt vom niederalemannischen Allgäuerisch (Ober- und Westallgäu) durch die Wiib-Weib-Linie
Regionale Individualisierung
Schwäbischexperten können die Herkunft einer Person von der schwäbischen Alb dank ihres Dialekts überraschend zuverlässig genau einem Ort (schwäbisch "Fleckâ") zuordnen. Dabei spielt u.a. die Aussprache von "nicht" als "nedd", "nedda", "edd", "edda", "nitt", "idd", "idda", "itt" oder "itta" eine Rolle. Leider verschwinden diese Feinheiten der Sprachkultur in den jüngeren Generationen immer mehr. Die Unterschiede zeigen sich auch darin, dass selbst eingeborene Stuttgarter kaum einen Satz verstehen, wenn ein sogenannter Älbler richtig loslegt. Das Albschwäbisch ist gekennzeichnet durch einen melodiösen Singsang in der Sprache.
In diesem Zusammenhang interessant ist auch die unterschiedliche Färbung des Schwäbischen je nach Religionszugehörigkeit des Sprechenden. In den altwürttembergisch = evangelischen (Lutherischen) Orten ist die Aussprache einiger Wörter anders als in den katholischen Orten. Th. Troll führt das auf den Predigtstil der Pfarrer zurück. Beispiele :
- kath.: Lehrer, Seele, Ehre - evang.: Lährer, Sähle, Ähre
- kath.: Vaddr (für Vater) - evang.: Vahder
Eigenständige Ausdrücke
In vielen Gemeinden gibt es Spitznamen für die Einwohner wie z.B. Spandale, Spältleskucker oder Loable, die mit der eigentlichen Ortsbezeichnung nichts gemein haben (s. Ortsnecknamen). Diese Namen finden auch oft in den Namen von Narrenzünften Verwendung.
Im Schwäbischen gibt es insbesondere eine reiche Anzahl an derben Redewendungen mit denen sich hervorragend schimpfen lässt. ("Dir schlage d´Leif ab, daß de uff de Schdomba hoimquaddla muasch.", "Des isch vrschdônga ônd vrloga!","I schlah dr's gwänd ah", "Dem henge s Greiz aus!", "Mir gôht glei dr Gaul durch.", "Wenn du so lang wärsch wia bleed, nô könnsch dr Mond am Arsch lägga.","Dem lauft ´d rotz dá backa nuff", "I schlag dr oine and Battrie nò", " u.v.m.)
Zugezogene werden als "Reigschmeckte" oder moderater als "Zug'roiste" bezeichnet, was natürlich als Makel gilt, der frühestens - wenn überhaupt - nach mehreren Jahrzehnten oder gar Generationen der Integration behoben werden kann. Auffallend ist in diesem Zusammenhang auch die Vielfalt scheinbarer Schimpfworte, so hat das Wort "Siach", was in seiner sekundären Form auf Hochdeutsch soviel wie Strolch heißen würde, mehrere Bedeutungen von denen auch einige positiv sind. Da dies stark von der Betonung abhängt, ist es vor allem für "Neigschmeckte" eher schwierig, sich einzuleben. Der sogenannte "Schwäbische Gruß" (Götz-Zitat) kann, so Thaddäus Troll, zahlreiche Bedeutungen haben und klingt in den Ohren Einheimischer oft weniger beleidigend als für "Neigschmeckte", beispielsweise ist es auch Ausdruck allergrößten Erstaunens.
Sprachliches Volksgut
Vier bekannte schwäbische Zungenbrecher:
- "Schellet se edd an sellrer Schell, selle Schell schellt edd. Schellet se an sellrer Schell, selle Schell schellt." (Schell heißt Klingel, schellen klingeln und selle heißt diese.)
- "Wenn d'Henne henne send, kemma gao gao und d'Abbrat ra dra und d' Foto fo do." (Wenn die Hühner drin sind, können wir bald gehen und den Apparat runtertragen und den Fotoapparat wegbringen.)
- "Dr Bpabscht hats Spätzles Bsteck zschbät bschdelld." (Der Papst hat das Spätzle-Besteck zu spät bestellt.)
- "I han amôl oin kennd khedd, der hôdd oine kennd. Dui hôdd a Kend khedd, dees hôdd se abbr edd vo sällam khedd. Där hot nemmlich nemme kennd khedd, se hôdd abbr nô an andara kennd khedd. Där hôdd nô kennd khedd. Ond wenns se deen nedd khennd hedd, nô hedd se koi Kend khedd." (Ich kannte einmal einen, der kannte eine. Die hatte ein Kind, das hatte sie aber nicht von diesem. Der konnte nämlich nicht mehr, sie kannte aber noch einen anderen. Der konnte noch. Und hätte sie diesen nicht gekannt, hätte sie kein Kind gehabt.)
Schwaben gelten als wortkarg mit trockenem Humor. So lässt sich die allgemeine Relativitätstheorie in einen Satz fassen: "Wenn du Dei Nôs in mein Arsch stecksch, nô hann i a Nôs em Arsch ond du a Nôs em Arsch, aber i bin reladief besser drâ."
Auch ist eine interessante Eigenheit der schwäbischen Sprache, die etwas exotische Herkunftsdefinition des Begriffs Preuße - auf schwäbisch "Preuiß". Besonders im West-Allgäu sind Preußen alle Bewohner Deutschlands nördlich der Donau. Dass der Schwabe eine Abneigung gegen die "Preuißeh" hat, thematisiert ein bekannter schwäbischer Witz:
- Frieher wo im Allgai d'Wiehse noh grie wahret ond ma s'Wasser us di'Bächle noh saufe hot känne, hot amol en Mah ebe aus so em Bächle saufe welle. Jetzt hot halt grad en Bauer weiter oba am Bach sei Pschitfass laufe lasse. Do schreit er nab: "Kruzie, id saufe, isch giftig." Da antwortet d'Mah: "Was haben Sie gesagt, guter Mann?" Drauf de Bauer: "Mit boide Händ saufe!"
Schwäbische Mundartdichter
- Sebastian Sailer (1714-1777)
- August Lämmle (1876-1962)
- Sebastian Blau (1901-1986)
- Oscar Heiler (1906-1995)
- Sissi Kicherer
- Hildegard Gerster-Schwenkel (* 1923)
- Willy Reichert (1896-1973)
- Peter Schlack (*1943)
- Thaddäus Troll (1914-1980)
Wörterbücher
Weblinks
- Alemannische Wikipedia (inklusive Schwäbisch)
- Schwäbische mund.art
- d'Schwobakonnektschn - Portal schwäbischer Internet-Seiten
- alt.aeffle.und.pferdle - eine schwäbische Newsgroup