Die Invalidenstraße ist eine rund drei Kilometer lange historisch gewachsene Durchgangsstraße in Berlin. An ihr stehen zahlreiche denkmalgeschützte Bauten, darunter die drei ehemaligen großen Kopfbahnhöfe Berlins: der Stettiner, der Hamburger und der Lehrter Bahnhof, auf dessen Gelände sich seit den 1990er Jahren der Hauptbahnhof befindet. In Höhe der Hessischen Straße wird die Invalidenstraße von der Panke unterquert.
Invalidenstraße | |
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Blick durch die Invalidenstraße vom Naturkundemuseum Richtung Chausseestraße (Zustand im Jahr 2008 noch ohne Straßenbahngleise) | |
Basisdaten | |
Ort | Berlin |
Ortsteil | Mitte, Moabit |
Angelegt | Mitte des 18. Jahrhunderts |
Hist. Namen | Spandauer Heerweg |
Anschlussstraßen | Veteranenstraße, Alt-Moabit/Werftstraße |
Querstraßen | (Auswahl) Brunnenstraße, Ackerstraße, Gartenstraße, Chausseestraße, Luisenstraße, Heidestraße |
Plätze | Pappelplatz, Platz vor dem Neuen Tor, Europaplatz |
Bauwerke | Elisabethkirche, Ackerhalle, Hotel Baltic, Museum für Gegenwart im ehemaligen Hamburger Bahnhof. |
Nutzung | |
Nutzergruppen | Straßenverkehr |
Technische Daten | |
Straßenlänge | 3000 Meter |
Lage und Verlauf
Sie verläuft in ost-westlicher Richtung durch die Ortsteile Mitte und Moabit. Im Abschnitt Mitte liegen die Parzellennummern 1–49 und 80–163. Die Zwischennummern (50–56 [Endpunkt, Wende] sowie 57–79) gehören zu Moabit. Die Hausnummern verlaufen in Hufeisenform von Ost nach West und zurück.
Bedeutende Querstraßen sind die Chausseestraße, die Scharnhorststraße und Alt-Moabit. Zwischen der Scharnhorststraße und der Heidestraße quert die Invalidenstraße auf der Sandkrugbrücke den Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal, an dessen östlichem Ufer der Berliner Mauerweg vor dem Gebäude des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie entlangführt. Weiter nach Osten tangiert die Straße den Invalidenpark, das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, das Museum für Naturkunde und die Landwirtschaftlich-gärtnerische Fakultät der Humboldt-Universität. Südlich der Invalidenstraße beginnt der Campus der Charité mit zahlreichen Instituten und Einrichtungen.
Geschichte
Die Straße wurde im 13. Jahrhundert als Spandauer Heerweg angelegt. Der aktuelle Name der Straße geht auf das Invalidenhaus zurück, das Friedrich II. 1748 zur Versorgung der Kriegsversehrten aus dem Ersten und Zweiten Schlesischen Krieg errichten ließ. (In diesem Gebäude befindet sich seit der deutschen Wiedervereinigung ein Teil des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie.)
Der aktuell gültige Straßenname erschien um 1800 auf den Berliner Stadtplänen, in den Adressbüchern trug das Invalidenhaus noch bis zum Jahr 1828 die Adresse Vor dem Oranienburger Thore. Der Name Invalidenstraße findet sich erstmals 1830 mit diesen Details: „Invalidenhaus, vor dem Oranienburger Th., in der Invalidenstraße“.[1][2]
Im Jahr 1848 wurde am westlichen Ende der Invalidenstraße die nach Plänen Friedrich August Stülers im Burgenstil ausgeführte Ulanenkaserne ihrer Bestimmung übergeben.[3] Ein Jahr später waren an der Einmündung der Lehrter Straße die Bauarbeiten an dem als „Preußisches Mustergefängnis Moabit“ konzipierten Zellengefängnis abgeschlossen. Beide Gebäude wurden in den 1950er Jahren abgerissen.
Der südwestliche Abschnitt der Invalidenstraße begrenzte den Universum Landes-Ausstellungs-Park. Dieser wurde weitgehend zerstört, lediglich das in den Komplex integrierte Astronomische Theater der Volks-Sternwarte der Urania blieb erhalten und wurde als Vortragssaal in die heutige Polizeidienststelle integriert. Auch das Leichenschauhaus für West-Berlin wurde mehrere Jahrzehnte lang dort betrieben. Die Leiche des Naziführers und Hauptkriegsverbrechers Martin Bormann wurde 1972, 27 Jahre nach dessen Selbstmord, bei Bauarbeiten auf dem Gelände gefunden.
Im Jahr 1961 wurde die Invalidenstraße durch den Mauerbau in zwei Bereiche geteilt. Die DDR richtete in der Invalidenstraße in Höhe der Scharnhorststraße einen der wenigen Grenzübergänge zwischen Ost- und West-Berlin ein.[4] Nach dem Fall der Mauer entstand der in der Nachkriegszeit verwilderte Invalidenpark mit einem Brunnen von Neuem. Der Brunnen wurde von Christophe Girot nach einem öffentlichen Wettbewerb gestaltet und trägt den Namen Wasseranlage von Girot, auch Invaliden- oder Mauerbrunnen und wird von Stadtführern auch als Versunkene Mauer bezeichnet.
Historische Bebauung
In der Invalidenstraße gibt es zahlreiche öffentliche Einrichtungen und Baudenkmäler,[5] unter anderem die nach Plänen von Karl Friedrich Schinkel 1834 erbaute Elisabethkirche (Nr. 3), die 1888 von Hermann Blankenstein geplante Ackerhalle (Nr. 158) sowie das von Hans Bernoulli entworfene und 1910 eingeweihte Hotel Baltic (Nr. 120/121). Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden an der Invalidenstraße weitere für Berlin bedeutende Bauten: die Landwirtschaftliche Fakultät der Berliner Universität, das Naturkundemuseum (Nummer 43), daneben in einem Flügel die Geologische Sammlung der Universität. Letztere zog in den 1990er Jahren aus und wurde samt einem angebauten Neubau Hauptsitz des Bundesverkehrsministeriums (Nummer 44). An der Ecke zur Scharnhorststraße gab es den Invalidenpark, unter den Parzellennummern 47–50 folgte das namensgebende Invalidenhaus. Auf Grundstücken vor dem Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal befanden sich ein Waschhaus für die Charité (Nummer 50) und die Entbindungs-Anstalt der Charité (Nummer 51).[6] Über den Kanal hinweg entstand der Hamburger Güterbahnhof, der um 1884 stillgelegt wurde. Im ehemaligen Bahnhofsgebäude ist seit den 1990er Jahren das Museum für Gegenwart eingerichtet.
Verkehr
Durch einige Abschnitte der Invalidenstraße führten schon frühzeitig Straßenbahnstrecken, so die alte Linie 44 in West-Berlin und die Linien 1, 11, 46 und 70 im Ostteil zwischen Veteranen- und Chausseestraße.[7] Mit dem Bau der Mauer und der Schaffung des Kontrollpunktes in Höhe der Scharnhorststraße sind dort die in der Straßenmitte verlegten Schienenabschnitte erhalten geblieben und waren bis Herbst 2013 noch zu sehen.
Die Invalidenstraße wurde nach der Wiedervereinigung Berlins 1990 eine der wichtigsten Ost-West-Verbindungen in der Stadt. Lange geplant und durch Anwohnerproteste verzögert, wird seit Juni 2011 die Straßenbahn vom Nordbahnhof durch die Invalidenstraße bis zum Hauptbahnhof verlängert.[8] Gleichzeitig wird dieser Abschnitt bis 2015[veraltet] vierstreifig für den Autoverkehr ausgebaut; beidseitig werden getrennte Fuß- und Radwege angelegt. Die Straße wird Bestandteil des nördlichen Innenstadtrings, der damit durchgängig befahrbar wäre.[9][10]
Langfristig ist vorgesehen, eine neue U-Bahn-Linie (U11) unter der Invalidenstraße vom Hauptbahnhof in Richtung Osten zu bauen.
Literatur
- Markus Sebastian Braun (Hrsg.): Berlin – Der Architekturführer. Econ Ullstein List, München 2001, ISBN 3-88679-355-9.
- Belletristik: In Theodor Fontanes Roman Stine wohnen zwei wichtige Protagonistinnen, Pauline Pittelkow und ihre Schwester Ernestine (Stine) Rehbein, in dieser Straße.
Weblinks
- Invalidenstraße. In: Straßennamenlexikon des Luisenstädtischen Bildungsvereins (beim Kaupert)
- Spandauer Heerweg. In: Luise.
- Strategien „Nördlicher Cityrand“ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung
- Informationen und aktuelle Bilder zum Bau der Straßenbahn auf baustellen-doku.info
Einzelnachweise
- ↑ Invalidenhaus in der Invalidenstraße. In: Allgemeiner Wohnungsanzeiger für Berlin, Charlottenburg und Umgebungen, 1830.
- ↑ Invalidenstraße. In: Straßennamenlexikon des Luisenstädtischen Bildungsvereins (beim Kaupert)
- ↑ Ulanenkaserne (Invalidenstraße/Seydlitzstraße) auf der Website „GeDenkMal Berlin“ des Bürgervereins Bürger für den Stephankiez e. V. (BürSte)
- ↑ Ehemaliger Grenzübergang Invalidenstraße
- ↑ Suchergebnis in der Denkmaldatenbank des Landes Berlin
- ↑ Invalidenstraße. In: Allgemeiner Wohnungs-Anzeiger nebst Adreß- und Geschäftshandbuch für Berlin, 1866, II, S. 80.
- ↑ Berliner Stadtplan von 1960 mit der Führung der Straßenbahnlinien durch die Invalidenstraße
- ↑ Baubeginn: Berlin bekommt eine neue S-Bahnlinie. In: B.Z., 4. Juni 2011, Zugriff am 24. August 2011
- ↑ Neue Invalidenstraße – es wird geplant und geklagt. In: Berliner Zeitung, 12. Mai 2009
- ↑ Verkehrsverbindung Nordbahnhof – Hauptbahnhof • Das Vorhaben bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung.
Koordinaten: 52° 31′ 43″ N, 13° 22′ 35″ O