Zeugen Jehovas

christliche, chiliastisch ausgerichtete und nichttrinitarische Religionsgemeinschaft
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Die Zeugen Jehovas wurden im 19. Jahrhundert von Charles Taze Russell in den Vereinigten Staaten von Amerika begründet. Zeugen Jehovas werden oft als Sekte bezeichnet, da sich ihre Lehre in wesentlichen Punkten von der anderer christlicher Kirchen unterscheidet und viele ehemalige Angehörige von starkem psychischem Druck berichten, die Organisation nicht zu verlassen. Außerdem wird ihnen von Kritikern Fanatismus und eine fundamentalistische Einstellung vorgeworfen, da sie die Überzeugungen anderer Religionsgemeinschaften strikt ablehnen und nicht anerkennen.

In einigen Ländern sind sie von staatlicher Seite als Religion anerkannt (z.B. Albanien, Bulgarien, Finnland, Italien, Mexiko, Polen, Russland, Spanien).

In Österreich gelten Sie nicht als staatlich anerkannte Religionsgemeinschaft, seit 1997 aber als staatlich anerkannte religiöse Bekenntnisgemeinschaft. Als solche besitzen sie zwar eine eigene Rechtspersönlichkeit, nicht jedoch die Privilegien anerkannter Religionsgemeinschaften.

Synonyme und andere Sprachen

Den Namen "Jehovas Zeugen" benutzt die zuvor als "Bibelforscher", "Ernste Bibelforscher" oder "Internationale Bibelforschervereinigung" bekannte Religionsgemeinschaft seit 1931.

Offiziell wird die Religionsgemeinschaft durch die "Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas in Deutschland, e.V." und durch die "Wachtturm Bibel- und Traktat-Gesellschaft, deutscher Zweig e.V." vertreten. Letztere wird kurz auch als Wachtturm-Gesellschaft bezeichnet.

Die englische Bezeichnung ist "Jehovah's Witnesses", im englischsprachigen Raum im Wesentlichen durch die "Watchtower Bible and Tract Society of New York, Inc." und die "International Bible Students Association" vertreten.

Verbreitung

Im Jahr 2003 gab es ca. 6,4 Millionen aktive Zeugen Jehovas weltweit, davon wurden 165.935 in Deutschland gezählt. Die meisten Zeugen Jehovas gibt es in den USA (1,03 Mio.), in Brasilien (607.000), in Mexiko (572.000), in Nigeria (260.796), in Italien (232.981) und in Japan (217.508). Außerdem gibt es in folgenden Ländern mehr als 100.000 Zeugen Jehovas: Argentinien, Frankreich, Großbritannien, Kanada, Kolumbien, Demokratische Republik Kongo, Philippinen, Polen, Russland, Sambia, Spanien, und Ukraine. (Diese Angaben stammen aus dem "Jahrbuch der Zeugen Jehovas 2004", herausgegeben von der Wachtturm-Gesellschaft.)

Durch die intensive Mission beträgt die jährliche Zunahme der Zeugen Jehovas gemäß eigenen Angaben zwischen 250.000 und 300.000. Jedoch ist nicht nur die Zahl der Eintritte, sondern auch die Zahl der Austritte deutlich höher als in anderen Religionen. Der Anteil derjenigen, die von der Geburt bis zum Tod dabei sind, ist wesentlich geringer als in den meisten anderen Kirchen.

Lehre

Die Bibelstellen, die unten angegeben sind, sind die, mit denen die Zeugen Jehovas ihre entsprechende Lehre jeweils begründen. Ihre Auslegung dieser Bibelstellen entspricht aber nicht immer denen anderer christlicher Gruppierungen.

Der Glaube wird im Sprachgebrauch der Zeugen Jehovas "die Wahrheit" genannt. Wer in ihrem Sinn gläubig ist, befindet sich "in der Wahrheit" (2. Johannes 1:4).

Zentrale Lehrsätze

Die Lehre wird durch die "Leitende Körperschaft" der Zeugen Jehovas vorgegeben, die sich als Teil des "treuen und verständigen Sklaven" bezeichnet, der "die Speise zur rechten Zeit austeilt" (Matthäus 24:45-47). Die Lehre wird nicht durch das einzelne Mitglied bestimmt. Zeugen Jehovas glauben, dass die wirkliche Leitung Jesus Christus als Haupt der Christenversammlung (Epheser 1:19, 4:15) inne hat und diese Leitung durch den Heiligen Geist ausübt. Daher ist ihnen wichtig, alle ihre Entscheidungen und Überlegungen mit der Bibel zu begründen. Alle Mitglieder werden immer wieder daran erinnert, persönlich die Bibel zu lesen, nicht nur die Veröffentlichungen der Wachtturm-Gesellschaft, damit sie eigene Gewissensentscheidungen treffen können (Josua 1:8).

Angebetet wird nur der allmächtige und ewige Gott, der bei den Zeugen Jehovas den Namen Jehova hat. Er habe die Erde und das Leben darauf erschaffen.

In der Weltsicht der Zeugen Jehovas ist der Hauptwidersacher Gottes, Satan (ein ehemaliger Cherub, der die Aufgabe hatte, über die Erde zu wachen), ein abgefallener Engel, der aus Selbstsucht wollte, dass die Menschen ihn anbeten. Ihm haben sich später andere Engel angeschlossen; dadurch wurden sie zu Dämonen. Satan ist nach Ansicht der Zeugen Jehovas derzeit der Herrscher der Welt (1. Johannes 5:19). Satan stellte Jehovas Recht in Frage, alleine für den Menschen über Gut und Schlecht zu entscheiden. Zur Klärung dieser "Streitfrage" erlaubte Gott dem Menschen zu beweisen, ob er von Gott unabhängig über sich selbst regieren könne und seine Probleme selbst in den Griff bekäme. Deshalb gebe es auf der Erde zur Zeit auch so viel Leid und Ungerechtigkeit.

Jesus habe 1914 die Herrschaft über das "Königreich Gottes" im Himmel übernommen. Er verbannte als erste Amtshandlung Satan und seine Dämonen aus dem Himmel in die Nähe der Erde (Offenbarung 12:7-9).

Im Gericht Gottes (bei den Zeugen Jehovas als Harmagedon bezeichnet) werde alles Böse beseitigt (Offenbarung 16:16), die Erde und gottesfürchtige Menschen würden aber immer bestehen bleiben (Psalm 37:10-11, Offenbarung 21:1-5, Johannes 17:3). Zu verschiedenen Zeiten gaben Zeugen Jehovas an, den Zeitpunkt dieses Ereignisses errechnet zu haben. Inzwischen werden aber keine konkreten Zeitangaben mehr gemacht (Matthäus 24: 44), es wird jedoch darauf hingewiesen, dass wir in "der Zeit des Endes" leben (2. Timotheus 3:1-5 und Matthäus 24:3-14).

Alle Menschen hätten dann die Möglichkeit, für immer in Frieden auf der Erde zu leben. Die Verstorbenen würden dazu auferstehen, da sie mit dem Tod für ihre Sünden bezahlt hätten (Römer 6:7). Als Ausnahme gälten 144.000 von der Erde erkaufte Menschen, die in den Himmel kämen, um mit Jesus über die Erde zu regieren (Offenbarung 7:2-8). Um diese Zukunft erleben zu können, müsse jeder Mensch eine bewusste persönliche Entscheidung treffen (Römer 9:9-10). Daher führen Zeugen Jehovas ein ausgedehntes Predigt- und Lehrwerk durch und versuchen Menschen überall zu erreichen (Matthäus 24:14, 28:19,20).

Aussagen zur Bibel

Nach Ansicht der Zeugen Jehovas ist die Bibel von Menschen geschrieben worden, die von Gott inspiriert wurden (Jesaja 1:1, Offenbarung 1:1,2). Sie sei nur im Gesamtzusammenhang zu verstehen (2. Timotheus 3:16,17) und habe ein einheitliches Thema - "die Rechtfertigung des Rechtes Gottes, über die Menschheit zu herrschen, sowie die Verwirklichung seines liebevollen Vorsatzes durch sein Königreich" (Matthäus 6:10) (aus dem Lehrbuch der Zeugen Jehovas: "Erkenntnis, die zu ewigem Leben führt", S. 14).

Alles was in der Bibel steht, ist aus Sicht der Zeugen Jehovas nützlich und wichtig (2. Timotheus 3:16,17). Da manches aus dem Alten Testament für Christen heute keine Gültigkeit mehr habe (das Mosaische Gesetz), werden daraus nur Grundsätze (Prinzipien) abgeleitet (Matthäus 22:37-40).

Die Zeugen Jehovas verwenden gewöhnlich eine eigene Bibelübersetzung, die Neue-Welt-Übersetzung. Früher benutzten sie die unrevidierte Elberfelder Bibel.

Bibelstellen werden teilweise wörtlich ausgelegt und teilweise symbolisch interpretiert, manchmal wird sogar beides in einem Vers gemacht: Beispielsweise wird in Offenbarung 7:4 die Herkunft der 144.000 aus den zwölf Stämmen Israel symbolisch gewertet (da sie nicht mit der Nennung im Alten Testament übereinstimmt), die Zahl selbst aber als tatsächliche Anzahl (da sie im Kontrast zu einer zahlenmäßig unbestimmten "Großen Volksmenge" steht).

Von der Auffassung anderer christlicher Gruppierungen abweichende Lehren

Menschen besäßen keine unsterbliche Seele, sondern Leib und Seele seien identisch (1. Mose 2:7). Die Sterblichkeit der Seele wird Texten wie Hesekiel 18:4 und Prediger 9:5,10 entnommen. Die Toten seien tot, fühlen nichts, wollen nichts und sollen nicht angebetet werden. Allerdings gäbe es eine Auferstehung (Johannes 5:28,29).

Jesus sei der Sohn Gottes und die einzige direkte Schöpfung. Die Dreifaltigkeit wird als heidnische Lehre angesehen, da Gottesdreiheiten seit Jahrtausenden in vielen Religionen zu finden sind. Begründet wird das u.a. damit, dass Jesus seinen Vater ausdrücklich größer nennt (Johannes 14:28) und sich Vater und Sohn als verschiedene Personen anreden (Johannes 10:29-30). Der Heilige Geist sei keine Person, sondern Gottes wirksame Kraft.

Die Hölle als Ort der Qual und als ewige Strafe für Sünden wird als heidnische Lehre abgelehnt und als Verleumdung des gerechten Gottes angesehen (Jeremia 32:35). Der Tod sei der Zustand der Nichtexistenz. Zeugen Jehovas unterscheiden dabei zwischen "Hades" (hebr. scheol, gr. hades), aus dem eine Auferstehung möglich sei, und "Gehenna", aus der es keine Auferstehung gäbe, weil sich der Betreffende einer "Sünde gegen den Heiligen Geist" schuldig gemacht hat. Der Tod allein sei die Strafe für Sünder; er tilge die Schuld (Römer 6:7,23). Daher gäbe es eine Auferstehung der "Gerechten" und "Ungerechten" (Johannes 5:28,29). Zeugen Jehovas sagen, sie beurteilten nicht, wer welchen Tod erleidet.

Zeugen Jehovas sagen, dass Jesus in seiner vormenschlichen Gestalt (Johannes 8:23) der in Daniel 10:13,21; 12:1, Judas 1:9 und in der Offenbarung 12:7 erwähnte Erzengel Michael sei.

Gemäß den Zeugen Jehovas starb Jesus an einem Pfahl, nicht am Kreuz.

Soziale Regeln

Das Zentrum des Kennenlernens zwischen Zeugen Jehovas sind vorwiegend ihre Zusammenkunftsorte, die Königreichssäle und Kongressstätten. Der Grad des privaten sozialen Engagements und privaten Kontakts bleibe nach Aussagen Zeugen Jehovas dem Einzelnen überlassen. Auf religiöser Ebene versuchen Älteste, Alleinstehende, Alleinerziehende und ältere Mitglieder nach Absprache aufzusuchen, um sie zu ermuntern und festzustellen, wie ihnen auch in praktischen Belangen geholfen werden kann. Ältere und Kranke zu besuchen und ihnen bei täglichen Verrichtungen zu helfen, nimmt bei vielen Zeugen Jehovas einen breiten Raum ein (Jakobus 1:27).

Zeugen Jehovas glauben, die Religionsgemeinschaft gefunden zu haben, die von Gott gebilligt wird. Sie glauben nicht, dass die reine Mitgliedschaft in einer Religionsgemeinschaft ausreiche, um einen Platz im Himmel oder Paradies zu erlangen. Sie denken, dass es sich in einer glaubensvollen Lebensweise zeigen müsse, gemäß Jakobus 2:15-19. Sie bemühen sich darum, andere nicht zu richten, da Gott Jesus zum Richter eingesetzt habe (Mat 7:1,24,31-33). Dazu zählen auch Kinder von Zeugen Jehovas, die die Glaubensüberzeugung ihrer Eltern nicht teilen wollen. Es sind jedoch Fälle bekannt, wo sich Eltern deshalb von ihren Kindern trennen mussten (Meidung).

Im allgemeinen werden alle Menschen, die nicht den Zeugen Jehovas angehören, als "die Weltmenschen" bezeichnet. Wie weit der Einzelne Kontakt zu Nicht-Zeugen pflegt, entscheide er persönlich nach seinem Gewissen und nach Notwendigkeiten (Ausbildung, Beruf, Nachbarn usw.). In der Praxis wird jedoch angeraten, solche Kontakte eher einzuschränken.

Ein im Sinn der Bibel schwerwiegendes Fehlverhalten, z. B. das Praktizieren von Spiritismus, das Ausleben der Sexualität außerhalb einer Ehe, Kriminalität oder Drogenmissbrauch wird von einem "Rechtskomitee", bestehend aus Ältesten der Versammlung, behandelt. Diese sprechen mit dem Missetäter darüber, warum sein Verhalten biblischen Maßstäben widerspricht. Dabei verwenden sie auch Literatur der Zeugen Jehovas. Diese Besuche sollen helfen, wieder in ein gutes Verhältnis zu Jehova zu gelangen. Nach Möglichkeit soll Barmherzigkeit gezeigt werden. Korrigiert der Missetäter sein Verhalten, wird er "still zurechtgewiesen", bei allgemeinem bekannt werden vor der Versammlung ohne Angabe der Gründe durch eine kurze Mitteilung. Zeigt er keine Reue, wird er ausgeschlossen (1. Korinther 5).

Zeugen Jehovas dürfen mit Ausgeschlossenen keinen Kontakt pflegen (Meidung). Ausnahmen können enge Familienangehörige wie Ehepartner und Kinder im gleichen Haushalt betreffen, es gab jedoch auch Fälle, wo Familien deshalb zerbrochen sind.

Ausgeschlossene dürfen im Prinzip die Zusammenkünfte im Königreichssaal besuchen, sich aber nicht aktiv daran beteiligen. Sie haben die Möglichkeit, wieder in die Gemeinschaft zurück zu kehren. Falls sie das an ihnen gerügte Verhalten nicht mehr zeigen, werden sie von zwei Ältesten besucht, wobei sie gefragt werden, ob sie wieder zurückkehren möchten. Falls jemand den Kontakt ausdrücklich missbilligt, wird er nicht angesprochen. Eine Rückkehr ist auch nach Kapitalverbrechen wie z. B. Kindesmissbrauch möglich (jedoch teilweise mit strengen Auflagen, z.B. dass die betreffende Person nicht mehr mit einem Minderjährigem in einem Raum alleine bleiben oder kein Dienstamt mehr bekleiden darf), denn "Gott ist Liebe und verzeiht jedem, der [aufrichtig] bereut".

Zeugen Jehovas sagen, dass sie keine Kontrolle ihrer Mitgläubigen betreiben. Dieser Aussage wird jedoch von Ehemaligen widersprochen. Sie zeigen Interesse an anderen (Hebräer 10:24), werden aber erinnert, sich nicht in die "Angelegenheiten anderer einzumischen" (1. Petrus 4:15). Siehe auch: Kindererziehung der Zeugen Jehovas

Ablehnung der Evolution

Ähnlich wie bei einigen anderen christlichen Gruppen wird von Zeugen Jehovas die heute weit verbreitete und in den Schulen gelehrte Evolution des Menschen aus anderen Lebewesen als falsch betrachtet, da die Bibel ausdrücklich von einer Schöpfung spricht (Matthäus 19:4f). Die Erschaffung Adams habe 4026 v. u. Z. stattgefunden. Die Zeugen Jehovas fassen die Schöpfungstage im Genesis als Schöpfungszeiträume auf, die jeweils "Tausende von Jahren" umfassten. In Publikationen der Zeugen Jehovas werden konkrete Jahreszahlen angegeben, in denen die Sintflut und andere biblische Ereignisse stattgefunden haben sollen. Zugrunde gelegt wird eine Chronologie, die aus den Geschlechts- und Königsregistern der Bibel abgeleitet ist. Die einzelnen biblischen Geschehnisse werden als Realitäten verstanden und gelehrt.

Blutgebrauch

Seit Jahrzehnten vertreten Zeugen Jehovas die klare Ablehnung von jeder Art des Blutgebrauchs und lehnen die Bluttransfusionen konsequent ab. Sie stützen sich dabei auf Apostelgeschichte 15, 29, sich von Blut zu enthalten. Durch die ständig fortschreitende medizinische Entwicklung hat es viele Fragen gegeben. Die Verwendung von Blutbestandteilen, Blutplasma und andere Blutfragmenten sowie die Eigenblutspende wird abgelehnt. (In Bezug auf Albumine, Globuline u.ä. solle der Einzelne nach seinem Gewissen entscheiden). Um den Mitgliedern Unterstützung beim Auffinden von Ärzten zu bieten, die blutlose Alternativen akzeptieren und anbieten, haben sie weltweit ein Netzwerk von Freiwilligen (Krankenhausinformationsdienst und Krankenhaus-Verbindungs-Komitee) aufgebaut, die den Kontakt zu Ärzten, Krankenhäusern und Pflegepersonal aufbauen und rund um die Uhr erreichbar sind. Trotzdem gibt es immer wieder Fälle, in denen Angehörige der Zeugen Jehovas oder deren Kinder sterben, die eine Bluttransfusion verweigern. (Was nicht heißen soll, dass sie mit Sicherheit überleben würden, wenn sie Blutübertragungen einwilligten und umgekehrt.)

Organtransplantation war früher verboten, ist jedoch heute erlaubt. Das gilt auch für Knochenmarkstransplantationen (siehe "Der Wachtturm", 1. Dezember 1990, S.30).

Gottesdienst und Praxis

Zusammenkünfte

Die Zusammenkünfte tragen weniger einen rituellen gottesdienstlichen Charakter im kirchlichen Sinn. Vielmehr werden Vorträge auf biblischer Grundlage gehalten, Situationen bei der Missionierung anderer demonstriert, Interviews geführt und der Lehrstoff gemeinsam besprochen. Die Anwesenden werden dabei oft ermuntert, ihre eigene mitgebrachte Bibel aufzuschlagen bzw. die jeweils gemeinsam zu besprechende biblische Literatur. Auf die Zusammenkünfte sollten sich alle vorbereiten. Zu Beginn und zum Abschluss der Zusammenkünfte und zur Überleitung zwischen den zwei 45- bis 60-minütigen Programmteilen wird jeweils ein Lied gesungen. Am Anfang und am Ende wird außerdem gemeinsam gebetet. Kollekte während der Gottesdienste wie in den meisten christlichen Kirchen üblich werden bei Jehovas Zeugen nicht durchgeführt. Man findet nur unauffällige Spendenkästen an den Wänden der Säle.

Die Kirchengebäude werden Königreichssäle genannt und zweckmäßig für 50 bis 200 Personen eingerichtet. Es fehlen allerdings jegliche religiösen Symbole wie Altar, Kruzifixe, Kreuze, Leuchter usw. Lediglich Stühle, Tische, ein Sprechpult, Lautsprecher und Mikrofone sowie eine Bibliothek biblischer Schriften sind vorhanden.

Es finden wöchentlich fünf Zusammenkünfte statt, von denen jeweils zwei zeitlich zusammen gelegt werden:

  • das "Versammlungsbuchstudium", welches in kleinen Gruppen zu ca. 10-20 Personen häufig in Privatwohnungen stattfindet.
  • die "Theokratische Predigtdienstschule", in der sich alle einschreiben lassen sollten, um selbst kurze Redeaufgaben zu ihrer eigenen Schulung zu erfüllen. Dazu erhält jeder ein Schulungsbuch, in dem erklärt wird, wie man eine Rede aufbaut, wie man den Zuhörer einbezieht und wie man die Bibel gebraucht.
  • die "Dienstzusammenkunft" dient der Unterstützung für den Predigtdienst.
  • der "Öffentliche Vortrag" wird von einem Ältesten gehalten, der ein von der Zentrale vorgegebenes Thema ausführlich bespricht, das mit dem Glauben, der Familie, menschlichen Eigenschaften oder dem Königreich Gottes zu tun hat.
  • das "Wachtturm-Studium", bei dem ein Artikel der Zeitschrift in Frage und Antwort gemeinsam mit der Zuhörerschaft - auch Kindern und Nicht-Zeugen-Jehovas - besprochen wird.

Kritiker werfen der Organisation vor, dass diese Zusammenkünfte dazu genutzt werden, moralischen Druck auf ihre Anhänger auszuüben, diese nicht zu verlassen.

Rituale

Die Zeugen Jehovas praktizieren die Erwachsenentaufe. Eine Kindertaufe gibt es bei ihnen nicht, da die Hingabe an Jehova Gott für sie eine persönliche Entscheidung aus freiem Willen ist. Gemäß einer Studie, die Zeugen Jehovas vor einigen Jahren in Deutschland durchgeführt haben, habe jedes neue Mitglied vor der Taufe etwa drei Jahre auf diese Weise Zeugen Jehovas und biblische Lehren kennen gelernt. Auch die Kinder der Mitglieder müssen ein Bibelstudium mitgemacht haben, um sich selbst für oder gegen die Taufe entscheiden zu können. Vor der Taufe werden öffentlich zwei Fragen gestellt, die jeder Taufanwärter mit "Ja" beantworten muss, will er getauft werden:

  1. Hast du auf der Grundlage des Opfers Jesu Christi deine Sünden bereut und dich Jehova hingegeben, um seinen Willen zu tun?
  2. Bist du dir darüber im klaren, dass du dich durch deine Hingabe und Taufe als ein Zeuge Jehovas zu erkennen gibst, der mit der vom Geist geleiteten Organisation Gottes verbunden ist? (Der Wachtturm, 1. Juni 1985, Seite 30)

Es gibt eine spezielle Form des Abendmahls, das Gedächtnismahl, das einmal jährlich am 14. Nisan, dem Tag des jüdischen Passahs, gefeiert und nur von einer Minderheit (den Personen mit himmlischer Hoffnung, von denen die meisten inzwischen verstorben sind) eingenommen wird. Alle anderen und eingeladene interessierte Personen besuchen und beobachten dieses Ereignis, bei dem alle gemeinsam des Todes Jesu und des Wertes seines Opfers gedenken.

Leben im Alltag

Zeugen Jehovas betrachten ihre Religion als einen Lebensweg. Daher haben ihre Ansichten immer auch Auswirkungen auf ihr Leben.

Moralische Werte

Zeugen Jehovas legen sehr großen Wert auf sittliche Maßstäbe, die sie der Bibel entnehmen. Dadurch ist im Laufe der Jahre ein starker Kontrast zu den verbreiteten Verhaltensnormen entstanden. Sex vor und außerhalb der Ehe ist Tabu. Sex in der Ehe, nicht nur zum Zweck der Vermehrung, ist erlaubt (Sprüche 5:18-20). Ehebruch und Homosexualität (1. Korinther 6:9) werden von ihnen abgelehnt. Heiraten sollen sie nur andere Zeugen Jehovas, um Konflikten in der Beziehung vorzubeugen. Scheidung ist nur aus dem Grund der Untreue erlaubt, Trennung auch bei Grausamkeiten, wie zum Beispiel körperlicher, geistiger oder sexueller Misshandlung.

Verhältnis zum Staat

Zeugen Jehovas wenden ihr Verständnis der Bibel auf die Art der Unterordnung unter die Macht des Staates an, indem sie sich nicht an politischen Umwälzungen beteiligen, sondern die staatlichen Gesetze halten. Sie betrachten die staatlichen Organe als von Gott geduldet und mit Autorität ausgestattet (Römer 13:1-7). Gott hat für sie die höchste Autorität. Das kann zu Konflikten zwischen staatlichen Forderungen und den Forderungen ihres Glaubens führen, da sie in der Bibel lesen Du sollst Gott mehr gehorchen als den Menschen (Apostelgeschichte 5:29). So sind sie vor allem dafür bekannt geworden, dass sie sich nicht am Militärdienst beteiligen. Das ist insbesondere seit dem Zweiten Weltkrieg weltweit eine Haltung, die ihnen sehr viel Sympathie und gleichzeitig Kritik eingebracht hat. Siehe: Wehrdienstverweigerung der Zeugen Jehovas


In der Vergangenheit betrachteten sie den Zivildienst als eine unpassende Einschränkung ihrer religiösen Freiheit und eine Form der politischen Beteiligung. Inzwischen sehen sie darin eine soziale Tätigkeit, die den gleichen Stellenwert hat wie die Zeit, die sie durch ihre Arbeit für das Erwirtschaften der Steuern aufwenden müssen.

Ebenso sollen sich Zeugen Jehovas nicht an politischen Wahlen und Abstimmungen beteiligen. Dies wird von Kritikern teilweise als Ablehnung des demokratischen Grundsystems betrachtet, in dessen Kern die Wahl als Mitbestimmungsmöglichkeit steht.

Feste und Feiern

Die Zeugen Jehovas sehen die Feste Weihnachten und Ostern, die andere christliche Strömungen feiern, als unbiblisch an und beteiligen sich nicht daran. Ebenfalls abgelehnt werden Karneval, Halloween und Neujahr sowie Geburtstagsfeiern, in denen sie eine Verehrung von Menschen und eine Verbindung zur Astrologie sehen, die sich auf das Geburtsdatum stützt. Um Nachteile für die Entwicklung ihrer Kinder zu vermeiden, suchen viele Zeugen Jehovas nach gesellschaftlichem Ausgleich zu anderen Zeiten und Gelegenheiten. Dazu gehören Hochzeiten, Sommerfeste, Kinder-Partys, Sporttreffs wie Fußballmatche, Kaffeekränzchen, gemeinsame Kinobesuche usw. Untereinander pflegen Zeugen Jehovas private Kontakte und Unternehmungen. Wenn sie feiern, so tun sie dieses meistens ohne Anlass, wann immer sie möchten, aber auch hier immer unter Wahrung biblischer Gebote (Sprüche 23:20,21).

Als wichtig betrachten sie die Hirtenbesuche ihrer Ältesten. Sie sollen den Glauben durch Gespräche anhand biblischer Beispiele und praktisch anwendbarem Rat aus der Bibel anregen.

Mission

Besonders fallen Zeugen Jehovas durch ihre Missionierung auf, die sie als Predigtwerk bezeichnen. Jeder Zeuge Jehovas, der dazu gesundheitlich in der Lage ist, ist aufgerufen, mit anderen Menschen über seinen Glauben zu sprechen. Gemäß eigenen Statistiken wenden die Zeugen Jehovas dafür je nach Land durchschnittlich 100 bis 500 Stunden jährlich auf. Der Beweggrund hierzu soll echtes Interesse an Mitmenschen sein. Daher sprechen sie Menschen überall an Haustüren oder auf öffentlichen Plätzen mit Themen aus der Bibel an und hinterlassen nach Möglichkeit Zeitschriften, eine Broschüre, ein Traktat oder bei besonderem Interesse ein Buch sowie auf Wunsch eine Bibel. Die Publikationen werden von ihnen kostenfrei übergeben. Bei dieser Gelegenheit besteht auch die Möglichkeit, den Zeugen Jehovas Geld zu spenden.

Angeboten wird ein Heimbibelkurs (meist Heimbibelstudium genannt). Das Material dafür ist in erster Linie ein Buch oder eine Broschüre mit Bibelzitaten, die jeder Teilnehmer erhält und anhand konkreter Fragen durcharbeiten soll, die dann besprochen werden. Dieses Heimbibelstudium ist darauf ausgelegt, die Bibel in der Auslegung der Zeugen Jehovas zu verstehen.

Freiwillige können vereinbaren, mehr Zeit im Predigtwerk einzusetzen, entweder zeitlich begrenzt ("Hilfspionier") oder zeitlich unbestimmt ("Allgemeiner Pionier"). Allgemeine Pioniere werden nach einem Jahr zu einer zehntägigen "Pionierdienstschule" eingeladen, in der sie Predigtwerk, biblische Lehre und Organisation vertieft kennen lernen.

Zeugen Jehovas betreiben auch ein weltweites Missionswerk, zu dem sie jährlich in den USA Missionare in der "Gileadschule" ausbilden.

Das Vorgehen der Zeugen Jehovas wird von Andersgläubigen zum Teil als grobe Belästigung empfunden. Insbesondere im Klingeln an privaten Haustüren zum Zwecke der Missionierung, sehen viele eine Verletzung ihrer Privatsphäre. Das oft als aggressiv beschriebene Mitgliederwerben der Organisation steht daher immer wieder in der Kritik.

Organisation

Die Zeugen Jehovas sind eine weltweit tätige Religionsgemeinschaft mit der Hauptverwaltung in New York, Brooklyn. Die Leitung hat die gewöhnlich anonym auftretende Leitende Körperschaft, deren etwa zwölf Mitglieder aus verschiedenen Ländern stammen können. Ihre Mitteilungen werden an die Zweigkomitees gesendet und von dort an die einzelnen örtlichen Versammlungen, wie die Gemeinden der Zeugen Jehovas genannt werden, weitergeleitet. Es erscheinen nicht nur die Zeitschriften Der Wachtturm (halbmonatliche Auflage über 25 Mio. in 148 Sprachen) und Erwachet! (halbmonatliche Auflage über 22 Mio. in 87 Sprachen), sondern auch Bibeln, Bücher, Broschüren und Traktate. Auslegungen der Bibel werden in Veröffentlichungen gedruckt und sind allen zugänglich.

Es gibt 109 Zweige in der ganzen Welt, wo in den jeweiligen Sprachen religiöse Literatur gedruckt, übersetzt und verschickt wird. Die wichtigste Aufgabe der Zweige ist die Organisation der Predigttätigkeit, an der sich ein Großteil der Mitglieder beteiligt. Die dazu nötige Einteilung des Gebietes, die Klärung rechtlicher Fragen und die Schaffung von Zusammenkunftsstätten sind einige weitere Aufgaben der Zweige. Die Organisationen sind ohne kommerziellen Gewinn ausgelegt. Den Zweigen steht ein Zweigkomitee vor. Heute befinden sich die deutschen Zweigbüros in Selters im Taunus und in Berlin. Der offizielle Name des Zweigbüros ist Wachtturm Bibel- und Traktat-Gesellschaft.

Die Gemeinden werden Versammlungen genannt. Weltweit gibt es 94.600 Versammlungen in über 230 Ländern und Inselgebieten. Den Versammlungen stehen "Älteste" (ausnahmslos Männer (1. Timotheus 2:11,12; 3:1-13)) vor, die gemeinsam als "Ältestenschaft" tätig sind und für die geistlichen Belange der Versammlung verantwortlich sind. Sie haben organisatorische Aufgaben, lehren, besuchen die Mitglieder durch "Hirtenbesuche", und beteiligen sich wie die meisten anderen auch an der Predigttätigkeit.

Die Säle werden von den Mitglieder selbst erbaut. Um regionale Unterschiede auszugleichen und dem erheblichen Bedarf an Neubauen und Instandhaltungsarbeiten gewachsen zu sein, wurde ein nationales und internationales Bauprogramm gegründet. In diesem Bauprogramm arbeiten ebenfalls nur Freiwillige aus den Reihen der Zeugen Jehovas. Zwischenzeitlich musste es häufiger zweckentfremdet werden, um Wiederaufbauarbeit in Katastrophengebieten leisten zu können (in Deutschland geschah das z.B. bei den Hochwasserkatastrophen der letzten Jahre). Finanziert wird das Bauprogramm durch freiwillige Spenden und Darlehen. Das Eigentum an den Sälen liegt bei der Religionsgemeinschaft.

Zeugen Jehovas betreiben eine riesige Verlagskette mit eigenen Druckereien (in Deutschland befindet sich der Komplex in Selters im Taunus). Die Zeugen Jehovas sehen in dieser Organisation ein Mittel, ihre Publikationen preisgünstig zu drucken und sich gesetzeskonform zu organisieren. Die dazu eingetragenen Rechtsorgane sind gemeinnützig und unterliegen daher der strengen Aufsicht durch die Finanzbehörden.

In der Vergangenheit waren die Zeugen Jehovas außerstaatliches Mitglied (Non-Profit-Organization) der UNO, um die dortigen Bibliothekseinrichtungen nutzen zu können. Nachdem dies öffentlich bekannt wurde, zogen sie ihre Registrierung zurück.

Ökumene

Zeugen Jehovas lehnen jede Art von Ökumene strikt ab. Die Taufe anderer christlicher Strömungen erkennen sie nicht an. So wie die Taufe der Zeugen Jehovas von den christlichen Kirchen nicht anerkannt wird, da in ihr als wesentliches Element, die Taufe auf den "Vater, den Sohn und den Heiligen Geist" fehlt.

Geschichte

Die Ursprünge leiten sich aus einer Gruppe um Charles Taze Russell und den späteren Leserkreis der von Russell herausgegebenen Zeitschrift Zion's Watch Tower (heute: "Der Wachtturm") her. Russell gründete zur Proklamation seiner stark adventistisch geprägten Lehren einen Verlag (Watch Tower Society) und gab vor allem den Wachtturm (englisch: 1879) heraus.

Nach dem Tod Russells am 31. Oktober 1916 wurde Joseph Franklin Rutherford nach verschiedenen Spannungen einstimmig zum Präsidenten der Watch Tower Society gewählt. Die Veränderungen in Lehre und Leitung, insbesondere bezüglich des Predigtwerkes, führten zum Bruch und zur Gründung verschiedener Bibelforscher-Gruppen, z.B. des Pastoral Bible Institute oder der auch in Deutschland heute (2004) noch aktiven Tagesanbruch Bibelstudienvereinigung oder der Laienheimmissionsbewegung. Die Annahme des Namens "Jehovas Zeugen" im Jahr 1931 diente zur Abgrenzung von diesen anderen Bibelforscher-Gruppen und entsprach dem Wunsch, eine biblische Basis für die Gruppenbezeichnung zu finden; der Verweis auf Jesaja 43, 10-12: "ihr seid meine Zeugen, ist der Ausspruch Jehovas", schien dafür geeignet.

Der Wachtturm auf Deutsch erscheint seit 1897. In Deutschland gibt es Zeugen Jehovas offiziell seit 1903, als in Elberfeld bei Wuppertal ein Zweigbüro eröffnet wurde. Später gab es ein Zweigbüro in Magdeburg. 1927 wurde die Gemeinschaft als Internationale Bibelforscher-Gemeinschaft im Vereinsregister des Amtsgerichts Magdeburg eingetragen.1946 wurde ein zusätzliches Büro in der amerikanischen Zone eröffnet. Als Zeugen Jehovas auf dem Gebiet der ehemaligen DDR verboten wurden, konnte von Wiesbaden aus weiter agiert werden.

Geschichte der Diskriminierung und Verfolgung in Deutschland

Wegen ihrer konsequenten Weigerung, Partei für eine politische Seite zu ergreifen, sind sie in Deutschland während der Zeit des Nationalsozialismus und auch in der DDR-Zeit zum Teil heftig verfolgt worden. Seit einigen Jahren beschäftigen sich Historiker und auch Zeugen Jehovas selbst mit dieser Zeit und ihren Auswirkungen auf die Glieder der Gemeinschaft und ihr Umfeld. Hierzu einige Einzelheiten.

Jehovas Zeugen im Nationalsozialismus

Wenige Monate nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurden Zeugen Jehovas verboten, ihre Bücher, die in Magdeburg gedruckt wurden, beschlagnahmt und verbrannt. Dieses frühzeitige Verbot machte sie zu einer der ersten Opfergruppen im Nationalsozialismus. Zeugen Jehovas verweigerten geschlossen den "Heil Hitler"-Gruß und die Mitgliedschaft in NS-Organisationen. Sie waren die einzige religiöse Gemeinschaft, die als Gesamtheit den Kriegsdienst aus religiösen Gründen verweigerte. Sie wurden mit als erste in Konzentrationslager gebracht und als einzige mit dem lila Winkel als religiöse Gruppe gekennzeichnet. Sie hatten die Möglichkeit, durch Unterzeichnung einer Erklärung, dass sie nicht mehr Zeugen Jehovas sein wollten, sofort aus der Haft freizukommen. Das lehnten fast alle ab. 10.000 Zeugen Jehovas wurden Opfer der Verfolgung, 6.000 kamen in Gefängnisse und Konzentrationslager. Dabei kamen 2.000 ums Leben, 250 durch Hinrichtung. Der erste hingerichtete Kriegsdienstverweigerer jener Zeit war der Zeuge Jehovas August Dickmann. Siehe: Nationalsozialismus und Zeugen Jehovas

Jehovas Zeugen unter der SED-Diktatur

Nach dem Krieg erhielten Zeugen Jehovas zunächst die Zulassung der "gottesdienstlichen Betätigung" in Magdeburg. Doch im August 1950 wurden sie in der DDR völlig verboten. Ihnen wurde vorgeworfen, Hetze gegen die demokratische Ordnung zu betreiben und Spione einer imperialistischen Macht zu sein. Am 3. und 4. Oktober 1950 wurden Schauprozesse durchgeführt, die mit hohen Zuchthausstrafen für die Angeklagten endeten. Bis 1956 war allerdings kein einziger Zeuge Jehovas des Vorwurfs der Spionage überführt worden. In diesen ersten Jahren versuchte man durch besondere Härte vorzugehen. Es kamen 1.850 Zeugen Jehovas in den DDR-Strafvollzug. Es wurden 37 Todesfälle beklagt. Man versuchte sogar, den damaligen Leiter des Ost-Berlin-Büros in West-Berlin zu entführen.

Bis Mitte der Fünfziger Jahre war der Mitgliederbestand der ostdeutschen Zeugen Jehovas in etwa mit dem vor Beginn des Verbots vergleichbar. Das MfS änderte nun die Taktik (auch aufgrund der Abkehr vom Stalinismus).

Nun versuchte man, die Gemeinschaft zu zersetzen, indem man sie mit eingeschleusten Personen zu unterwandern suchte und versuchte, Zeugen Jehovas von innen heraus zu zerstören. Man bediente sich dabei u.a. inszenierter Verleumdungstechniken und suchte, das Vertrauen in die Leitung der Zeugen Jehovas durch Briefe und ab 1967 durch eine eigens herausgegebene Zeitschrift "Christliche Verantwortung" zu erschüttern. Dieses nicht in der offiziellen Postzeitungsliste der DDR nachgewiesene Blatt, stand Interessenten in Ost und West auf Anfrage zur Verfügung. Darüber hinaus erhielten es etliche Zeugen Jehovas in der DDR als ungebetene Zusendung. In jedem Fall bestand zusätzlich das Ziel darin, Zeugen Jehovas so sehr mit sich selbst zu beschäftigen, dass keine Zeit mehr geblieben wäre, zu missionieren.

Ab 1962 bis 1985 wurden Zeugen Jehovas wegen ihrer Weigerung, Wehrdienst zu leisten, in Gefängnissen untergebracht (bis 1987 waren es 2.750). Noch kurz vor Ende der DDR wurden unsystematisch Geldstrafen für den Predigtdienst bis zu 1000 Mark (mehr als ein Monatslohn eines Arbeiters) erhoben.

Das 1978 eingeführte Pflichtfach "Wehrunterricht" brachte junge Zeugen Jehovas in Bedrängnis. Vielen wurde daraufhin eine berufliche und schulische Weiterbildung verwehrt.

Trotz vieler persönlicher Leiden und obwohl es durch die beiden Diktaturen zahlreiche Doppelopfer gab, ist es dem SED-Staat nicht gelungen, die Organisation der Zeugen Jehovas zu zerschlagen.

Siehe auch: Zeugen Jehovas in Polen

Kontroversen

Die Hauptkritikpunkte an den Zeugen Jehovas betreffen

  • den Umgang mit ehemaligen Mitgliedern
  • die Belästigung von Bürgern an der Haustür
  • die angeblich strikte gegenseitige Kontrolle der Mitglieder
  • den sozialen Druck auf eigene Kinder, wenn sie die Lehre der Zeugen Jehovas ablehnen
  • die weitgehende Ablehnung von engen gesellschaftlichen Kontakten mit Außenstehenden (abgesehen von der Mission)
  • die Ablehnung von Bluttransfusionen
  • spezielle Bibelauslegungen, die nicht mit den sonst üblichen christlichen Lehren übereinstimmen
  • den Umgang mit Kindesmissbrauch
  • das Verhältnis zu demokratischen Grundwerten
  • den Umgang mit Sex und Homosexualität

Siehe Zeugen Jehovas:Kritik, Totalitäre religiöse Gruppe.

Offizielle Seiten und offizielle Stellungnahmen

Kritische Stellungnahme

Kritische Literatur

Siehe: Zeugen Jehovas:Kritik