Bürgerrechtsbewegungen

soziale Bewegung, die versucht, Menschen- und Bürgerrechte durchzusetzen
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Im Allgemeinen versteht man unter einer Bürgerrechtsbewegung eine soziale Bewegung, die versucht, Menschen- und Bürgerrechte von ausgegrenzten oder diskriminierten Teilen der Bevölkerung durchzusetzen.

Im engeren Sinn war die US-amerikanische Bürgerrechtsbewegung (Civil rights movement) der Afroamerikaner in den USA, die durch ihren populären Protagonisten Dr. Martin Luther King jr. in den späten 1950er und 1960er Jahren weltweite Aufmerksamkeit und Bedeutung erlangte, eine der historisch bekanntesten Bürgerechtsbewegungen. Das Civil rights Movement wird in einem verbreiteten Verständnis oft mit dem Begriff "Bürgerrechtsbewegung" synonym verstanden, obwohl es auch verschiedene andere Bürgerrechtsbewegungen in vielen anderen Staaten gab und gibt.

USA

Die Bürgerrechtsbewegung in den USA (Civil Rights Movement) setzte sich seit Anfang des 20. Jahrhunderts für die Gleichberechtigung der Afroamerikaner und die Überwindung des Rassismus ein.

Seit dem Ende des amerikanischen Bürgerkriegs 1865 war die Sklaverei in den USA zwar abgeschafft. Dennoch blieben die Afroamerikaner vor allem in den Südstaaten der USA weiterhin unterdrückt.

Von vielen dortigen öffentlichen Einrichtungen wie höheren Schulen und Universitäten wurden sie ausgegrenzt. Die Wahrnehmung der amerikanischen Bürgerrechte wurde ihnen erschwert oder gar verwehrt. Immer wieder kam es zu gewaltsamen und nicht selten tödlichen Übergriffen des rassistischen Ku Klux Klan gegen afroamerikanische Bürger, oft ohne dass solche Übergriffe juristisch verfolgt wurden.

Gegen Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Bürgerrechtsbewegung immer aktiver, wobei über die Frage, wie eine Emanzipation zu erreichen sei, keine Einigkeit herrschte. Bekannte Vorkämpfer waren Booker T. Washington und W.E.B. Du Bois. 1909 wurde die NAACP (National Association for the Advancement of Colored People = übersetzt: "Nationale Vereinigung für den Fortschritt der Farbigen Bevölkerung") als Sammlungsbewegung gegründet. Sie ist bis heute eine zentrale Organisation der Bürgerrechtsbewegung.

Neben Versuchen, die Rechte der Farbigen auf gerichtlichem Weg durchzusetzen, gab es Demonstrationen und Boykott-Kampagnen gegen die Rassentrennung in den Südstaaten der USA.

Ende der 1950er Jahre nahmen die Proteste nach einem erfolgreichen über einjährigen Busboykott zur Aufhebung der Rassentrennung in den öffentlichen Verkehrsmitteln von Montgomery / Alabama, zu.

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Martin Luther King bei einer Rede

Unter der Führung des Baptistenpfarrers Dr. Martin Luther King (1929 - 1968) wuchs die Bürgerrechtsbewegung zu einer gewaltlosen Massenbewegung heran.

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Bürgerrechtsdemonstration in Washington DC 1963

Mit den Mitteln des zivilen Ungehorsams und unterschiedlichen Formen des friedlichen Protests, wobei sich King und seine Anhänger auch an den Methoden Mahatma Gandhis im gewaltfreien Kampf um die Unabhängigkeit Indiens von der britischen Kolonialmacht orientierten, konnte die Bürgerrechtsbewegung die Aufhebung der institutionellen Segregationspolitik in den US-Südstaaten durchsetzen.


1964 trat die Bürgerrechtsgesetzgebung in Kraft. Im selben Jahr wurde Martin Luther King für sein Engagement und seine beispielgebende Politik der Gewaltfreiheit der Friedensnobelpreis zuerkannt.

Ab Mitte der 1960er Jahre kam es zur Abspaltung der Black Power-Bewegung unter Malcolm X, die radikaler und militanter gegen den Rassismus auftrat. Für Teile der Öffentlichkeit wurde der gewaltfreie Widerstand dadurch diskreditiert. Auch die Bürgerrechtlerin Angela Davis zählt zu dieser Gruppe.

Die Black Panther-Bewegung legitimierte ihre Militanz mit der nach wie vor existenten rassistischen Gewalt gegen farbige Menschen in den USA. Dieser rassistischen Gewalt fiel auch Martin Luther King, der sich Ende der 1960er Jahre zunehmend auch gegen den Vietnamkrieg wandte, 1968 bei einem Attentat zum Opfer. Auch Malcolm X war schon 1965 durch einen Mordanschlag ums Leben gekommen.

Ein oft gerufener oder gesungener Slogan der Bürgerrechtsbewegungen war Power to the people!, was so viel wie Macht für die Bevölkerung! bedeutete, und damit diejenigen meinte, die bisher am politischen Prozess kaum teilhatten, es war eine Forderung nach Teilhabe an Demokratie genauso wie ein Aufruf zur Selbstermächtigung.

Südafrika

Ebenfalls gegen die rassistische Apartheitspolitik wandte sich die Bürgerrechtsbewegung in Südafrika. Eine Symbolfigur des Widerstands dort war der farbige Bürgerrechtler und langjährige Vorsitzende des ANC (African National Congress) Nelson Mandela. 1964 - 1990 als politischer Gefangener inhaftiert, wurde Mandela schließlich auf Druck einer internationalen Öffentlichkeit aus dem Gefängnis entlassen. Nach Aufhebung der Apartheid erhielt Mandela zusammen mit dem damaligen Staatspräsidenten Frederik Willem de Klerk 1993 den Friedensnobelpreis und wurde 1994 selbst Staatspräsident von Südafrika.

Europa

Auch in Europa gab und gibt es verschiedene Bürgerrechtsbewegungen. Sie setzen sich für die Rechte von Minderheiten und/oder benachteiligten Bevölkerungsgruppen ein. Während der Zeit des Sozialismus/Kommunismus kämpften sie für die Einhaltung der Menschen- und Bürgerrechte in den jeweiligen Ländern.

Nordirland

In Nordirland setzt sie sich für die Gleichberechtigung der katholischen Minderheit ein.

Osteuropa

In den 1970er und 1980er Jahren traten in den osteuropäischen kommunistischen Staaten des Warschauer Paktes zunehmend verschiedene oppositionelle Gruppen in Erscheinung, die unter Berufung auf die KSZE-Schlussakte von Helsinki 1975 die Durchsetzung der Menschen- und Bürgerrechte im damaligen Ostblock forderten.

Sowjetunion

Schon seit Anfang der 1960er Jahre wandten sich in der Sowjetunion einige systemkritische Schriftsteller und Wissenschaftler gegen die sowjetische Zensur, indem sie beispielsweise ihre Werke illegal im Selbstverlag veröffentlichten (Samisdat). Bekannte intellektuelle Bürgerrechtler in der ehemaligen Sowjetunion waren beispielsweise der Schriftsteller Alexander Solschenizyn oder der Wissenschaftler Andrei Sacharow. Solschenizyn wurde durch seine Bücher Der erste Kreis der Hölle, Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch und vor allem Der Archipel Gulag bekannt.

Tschechoslowakei und Tschechische Republik

In der damaligen Tschechoslowakei wurde die Bürgerrechtsbewegung nach der gewaltsamen Niederschlagung des reformkommunisitischen Prager Frühlings durch die Rote Armee der UdSSR 1968 zunächst ausgeschaltet. Jedoch wurde 1977 von einer tschechoslowakischen Gruppe die Charta 77 veröffentlicht, die erneut Reformforderungen im Sinne der Bürgerrechtsbewegung formulierte. Einer der Sprecher der Charta 77 war der Schriftsteller Václav Havel, der nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Ostblocks zum Staatspräsidenten Tschechiens gewählt wurde.

Polen

In Polen leitete 1980 die Gründung der unabhängigen Gewerkschaft Solidarność (1981 unter Kriegsrecht verboten, 1989 wieder zugelassen) den Anfang vom Untergang des dortigen kommunistischen Systems ein. Deren Vorsitzender Lech Wałęsa wurde 1990 zum polnischen Staatspräsidenten gewählt.

DDR

Neben anderen kommunistischen Ostblockstaaten traten auch in der DDR seit den 1960er Jahren auch eine Reihe Prominenter wie der Wissenschaftler und Reformkommunist Robert Havemann, der jahrelang in staatlich verordneten Hausarrest leben musste; oder der Liedermacher Wolf Biermann, dem 1976 die Wiedereinreise in die DDR verwehrt wurde, für die Ziele der Bürgerrechtsbewegung ein und forderten die Beendigung der Unterdrückung staatsbürgerlicher Rechte in der DDR.

Im einzelnen machten Bürgerrechtler und Menschenrechtsorganisationen die DDR-Führung und die Mitglieder der Nomenklatura für folgendes verantwortlich:

Innenpolitik:

Außenpolitik:

  • Beschneidung der Bewegungsfreiheit der DDR-Bürger auf die DDR selbst und verbündete Länder.
  • Schießbefehl. Durch Schüsse und Minen kamen ca. 200 Flüchtlingen um, weitere etwa 800 verunglückten, erfroren und ertranken beim Versuch die Grenzen zu überqueren.


Kritiker, die in der DDR diese Punkte öffentlich erwähnten, diskutierten oder verbreiteten, setzten sich der Gefahr aus, durch angeworbene Spitzel oder Stasi-Mitarbeiter entdeckt und der DDR-Justiz übergeben zu werden. Auch banale Zitierungen oder die Kritik der Abhängigkeit der DDR von der Sowjetunion führten in der Regel zu Verhören und Befragungen. Die Besetzung der Verantwortungsbereiche durch Nomenklatura-Mitgliedern verhinderte eine Erwähnung obiger Punkte oder eine Diskussion dieser Themen in Medien, Kunst und Literatur.

Ende 1989 kam es nach zahlreichen Massendemonstrationen (siehe auch Montagsdemonstrationen) zum Fall der Berliner Mauer. Die Ereignisse führten 1990 zum Untergang des SED-Regimes und der DDR, die sich mit dem Anschluss an die Bundesrepublik Deutschland auflöste.

Rumänien

In den späten 1980er Jahren wurden auch in Rumänien Stimmen laut, die eine demokratische Staatsform, Menschen- und Bürgerrechte und wirtschaftliche Reformen forderten. Die Situation im damaligen Rumänien, insbesondere im Zusammenhang mit der Versorgungslage, wurde von einigen politischen Beobachtern als grotesk bezeichnet: Es wurde kritisiert, dass die hohen Parteifunktionäre im Luxus lebten, während ein Großteil der einfachen Bevölkerung oft nach Brot und Hühnerknochen (im Volksmund "Besteck" genannt) anstand. Politische Gegner wurden verhaftet, verhört oder "verschwanden" in psychiatrischen Anstalten. Ungewollte, "überzählige" und behinderte Kinder wurden vielfach in Kinderheime gesteckt, die von manchen mit den Verhältnissen in Konzentrationslagern verglichen wurden (siehe auch: Cighid).

Das enge Netz aus Spitzeln und Kollaborateuren, die staatliche Überwachung und die Allgegenwart der Geheimpolizei Securitate erschwerten jedoch die Gründung einer organisierten Demokratiebewegung erheblich. In den letzten Jahren der 1980er sammelten sich Oppositionelle um den Pastor Laszlo Tökès, der zu einer Symbolfigur der Revolution wurde. Ende 1989 kam es in Temesvar zu Massendemonstrationen gegen das kommunistische Regime. Ähnliches geschah auch in anderen Städten. Die Polizei und die Securitate schlugen die Aufstände zunächst rasch nieder, konnten aber längerfristig die Durchsetzung der Demokratiebewegung nicht aufhalten. Während der revolutionären Unruhen stellte sich heraus, dass ganz Bukarest untertunnelt und mit Bunkern für die Geheimpolizei durchzogen war. Im Dezember 1989 wurde der Diktator Nicolae Ceauşescu gestürzt und in einem Schnellverfahren verurteilt, bevor er kurz darauf zusammen mit seiner Ehefrau Elena Ceauşescu erschossen wurde.

Volksrepublik China

In der Volksrepublik China verstärkte sich ab Mitte der 1980er Jahre eine vor allem von Studenten getragene Bürgerrechtsbewegung (Demokratiebewegung), die durch Demonstrationen und Wandzeitungen mehr Freiheiten und demokratische Reformen forderte. Trotz mehrfacher Aufforderungen der Regierung, die Demonstrationen zu beenden, erhielten diese immer mehr Zulauf. 1989 versammelten sich auf dem Platz des himmlischen Friedens in Peking etwa 100 000 Studenten und Arbeiter, um den Forderungen nach mehr Demokratie Nachdruck zu verleihen. Der Platz wurde schließlich unter Einsatz von massiver militärischer Gewalt geräumt. Mehrere Tausend Demonstranten kamen dabei ums Leben. Weitere Tausende wurden verletzt. Nach dieser Niederschlagung der chinesischen Bürgerrechtsbewegung folgte eine mehrjährige Phase der politischen Repression in China, die ein neues Aufflackern der demokratischen Bewegung bis dato verhinderten.

  • Freedom on my Mind, 110 Minuten, 1994, Produktion und Regie: Connie Field and Marilyn Mulford, 1994 Academy Award Nominee, Best Documentary Feature