Oberton

Ton mit bestimmtem Frequenzverhältnis
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Bei jeder natürlichen Tonerzeugung wird neben dem Grundton noch eine Vielzahl höherer Töne erzeugt. Man nennt diese Obertöne, Partialtöne, Teiltöne, oder Harmonische. Die Folge dieser Töne heißt Obertonreihe oder Naturtonreihe. Die Gesamtheit aller Obertöne ergibt das Frequenzspektrum eines Tons. Es handelt sich dabei um ein rein physikalisches Phänomen, das bei der Entstehung einer Welle (Ton) durch einen schwingenden Gegenstand immer wirkt.

Schwingende Saiten

Zu beachten ist, dass der Begriff 'Obertöne' die Grundfrequenz nicht mit einschließt. Der 1. Oberton ist daher bereits der 2. Teilton/Harmonische.

Beziehung zur Tonhöhe

 
Die Obertonreihe: Die rote Kurve demonstriert den logarithmischen Charakter der Notation. Die Zahlen in der unteren Reihe geben die Abweichung des jeweiligen Partialtones von der „gleichstufig temperierten Stimmung“ in Cent an. Zum anhören (MIDI)

Das Ohr nimmt eine Verdopplung der Frequenz als Oktave wahr. Dadurch liegen folgende Harmonische jeweils im Oktav-Abstand zueinander: 1 – 2 – 4 – 8 – 16 … (Der Grundton ist hier mit 1, der erste Oberton mit 2 nummeriert, um die Zweierpotenzen zu verdeutlichen. Oberton = Harmonische - 1) Kombinationen aus den übrigen Obertönen erklingen jeweils als Intervall (-Klang), welches um so konsonanter (also harmonischer und wohlklingender) ist, je kleiner die Nummer der beiden beteiligten Obertöne ist. Als experimentelle Bestätigung verwendete bereits Pythagoras das Monochord.

Bsp: Grundton von 440 Hz

    440  Hz
    880  Hz (1. Oberton)
    1320 Hz (2. Oberton)
    1760 Hz (3. Oberton)
    usw...

Residualton

Das menschliche Gehirn ist in der Lage, zu einem gehörten Obertonspektrum den Grundton wahrzunehmen, auch wenn dieser nicht erklingt. Diesen „hinzugefügten“ Grundton bezeichnet man auch als Residualton. So erkennt man im scheppernden Kofferradio die gespielte Tonhöhe eines Kontrabasses, obwohl die Frequenz von den kleinen Lautsprechern nicht wiedergegeben werden kann. Auch beim Telefonieren entsteht dieser Effekt: Der Grundton der menschlichen Stimme wird über das Telefon nicht übertragen, der Frequenzbereich des Telefons ist zu schmal, die Stimmübertragung beginnt erst oberhalb. Aber das Gehirn nimmt den Grundton wahr.

Hintergrund ist, dass das Gehör nicht nur das Obertonspektrum, sondern auch die Periode des akustischen Zeitsignals auswertet. Bei einem harmonischen Obertonspektrum bleibt aber die Periode des Zeitsignals erhalten, selbst wenn der Grundton entfernt wird. Dieser physikalische Effekt wird vom Gehör genutzt.

Obertöne der menschlichen Stimme

Unterschiedlich stark vertretene Obertöne sind auch ein Grund, warum die Stimmen von verschiedenen Menschen unterschiedlich klingen. Durch die individuelle Größe und Form von Mund und Rachen werden in diesem Resonanzraum manche Frequenzen verstärkt, andere vermindert. Auch der unterschiedliche Klang von Vokalen kommt so zustande. Die Resonanzkurve, die diese Wirkung des Resonanzraums beschreibt, ist der Formant.

In der menschlichen Stimme schwingt, genau wie in den meisten klangerzeugenden physikalischen Systemen, naturgegeben ein komplexes Obertonspektrum mit. In der besonderen Gesangstechnik des Obertongesangs kann man diese hohen Frequenzen zum Dominieren bringen.

Obertöne unterschiedlicher Instrumente

 
Wellen in offenen und gedackten Röhren. Die Wellenknoten sind blau.

Die Frequenzen der Obertöne hängen von der Akustik des jeweiligen Klangerzeugers ab, es sind seine Eigenfrequenzen. Es gibt Instrumente mit harmonischen und solche mit nichtharmonischen Obertonreihen.

Bei Instrumenten mit harmonischen Obertonreihen sind die Frequenzen der Obertöne ganzzahlige Vielfache der Frequenz des Grundtons. Hierzu gehören die Chordophonen (Saiteninstrumente) und die Aerophone mit schwingender Luftsäule. In diesem Fall nennt man die Obertöne auch Harmonische.

Der 1. Oberton (2. Harmonische) hat die doppelte Frequenz des Grundtons, der 2. Oberton (3. Harmonische) die dreifache Frequenz, der 3. Oberton (4. Harmonische) die vierfache Frequenz usw.

Bei Instrumenten mit nichtharmonischen Obertonreihen stehen die Frequenzen der Teiltöne in komplizierten nicht ganzzahligen Verhältnissen zueinander. Die Obertöne der Membranophone mit runder Membran haben die Eigenfrequenzen einer Besselschen Differentialgleichung. Bei Idiophonen können sich je nach der Form des Klangkörpers ganz unterschiedliche Obertonreihen ergeben - bei den Stabspielen etwa sind es die Eigenfrequenzen der Biegeschwingung eines Balkens.

Höhere Obertöne sind bei natürlichen Tönen in der Regel leiser (pegelschwächer) als tiefere, da für ihre schnellere Schwingung mehr Energie verloren geht. Die spezifischen Pegel von Obertönen ermöglichen nicht nur die Unterscheidung von Instrumenten, etwa zwischen einer Klarinette und einer Violine oder Oboe, sondern auch von menschlichen Stimmen. Obertonspektren besitzen insbesondere bei natürlichen Tönen zudem Formantregionen.

Im Allgemeinen klingen Töne umso „schärfer“, je mehr Obertöne sie haben. Reine Töne ohne Obertöne können in der Natur (akustisch) nicht, sondern nur elektronisch als Sinusschwingungen erzeugt werden. Sie klingen extrem dumpf. Ein Beispiel ist der 1000-Hertz-Ton des Fernsehtestbilds, wobei der Lautsprecher jedoch schon wieder sein eigenes, allerdings geringes, Obertonspektrum hinzufügt.

Künstlich aus Sinustönen hergestellte Obertonspektren nennt man synthetische Klänge (siehe Klangsynthese, Synthesizer).

Hörbarmachen von Obertönen

Auch im instrumentalen Bereich kann man Obertöne deutlich hörbar machen. Typische Instrumente hierfür sind z.B. Didgeridoo, Klangschalen usw. Auf dem Klavier kann man Obertöne hörbar machen, indem man die Tasten eines Akkords aus der Obertonreihe sanft niederdrückt, ohne dass die Hämmer die Saite berühren, und dann den Grundton im Bassbereich kurz anschlägt. Die Obertöne erzeugen nun eine Resonanz auf den ungedämpften Saiten der niedergedrückt gehaltenen Tasten, die man deutlich hören kann. Dies wird auch von Komponisten in ihren Werken verwendet (z. B. Béla Bartók: Mikrokosmos, Bd. IV). Bei Saiteninstrumenten werden Obertöne durch Flageolett-Spielweise (siehe Flageolettton) hörbar gemacht. Dabei wird die Saite mit der Greifhand nur leicht berührt anstatt sie auf das Griffbrett zu drücken.

Untertonreihen

Nach unten wird die Obertonreihe in Gedanken ergänzt durch die zu ihr symmetrische Untertonreihe, die durch Frequenzteilung entsteht. Darüber lässt sich trefflich philosophieren, weil es eine solche Untertonreihe in der Natur nicht gibt. Praktisch wurde sie bisher nur beim Trautonium, beim Subharchord und beim Untertongesang umgesetzt.

Siehe auch