Feldermodell des deutschen Satzes

Methode zur Beschreibung des deutschen Satzbaus
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Das sogenannte topologische Modell oder (Stellungs-)Feldermodell ist eine in der germanistischen Sprachwissenschaft gängige Methode zur Beschreibung des deutschen Satzbaus durch eine Einteilung des Satzes in „Felder“, in Verbindung mit Regeln, die die Besetzung der Felder je nach Satzart festlegen (z. B. Aussagesatz, Fragesatz, Nebensatz). Es handelt sich um ein Beschreibungsraster, in das verschiedene Sätze nach ihrem Erscheinungsbild eingeordnet werden können, in dem aber weitergehende Aspekte grammatischer Struktur nicht berücksichtigt werden; insbesondere enthält es keine vollständige Aufteilung des Satzes in Satzglieder bzw. Konstituenten. Das Feldermodell gibt jedoch Verallgemeinerungen zum deutschen Satzbau an, die von Theorien der grammatischen Struktur dann zu erklären versucht werden.

Außer für das Deutsche ist das Feldermodell auch für die Grammatik der skandinavischen (germanischen) Sprachen gängig.

Herkunft des Feldermodells

Eine frühe Form der Einteilung des deutschen Satzes in drei Felder stammt von Erich Drach (1937), hier werden „Vorfeld“, „Mitte“ und „Nachfeld“ unterschieden.[1] Hieraus erklärt sich auch die Bezeichnung „Kernsatz“ für den deutschen Verbzweitsatz, da das finite Verb in dieser Einteilung die Mitte des Satzes bildet. Die Weiterentwicklung des Feldermodells, die im Folgenden dargestellt ist, besteht großenteils in einer Ausdifferenzierung des Drach'schen "Nachfeldes" in Mittelfeld, rechte Klammer und das Nachfeld (im modernen Sinn).

Einflussreich für die weitere Entwicklung war ferner die 1946 von Paul Diderichsen für das Dänische entwickelte Variante des Feldermodells (die sich anders darstellt, da das Dänische im Unterschied zum Deutschen eine SVO-Sprache ist).

Die Felderanordnung

Die Satzklammer und das Mittelfeld

Typisch für den deutschen Hauptsatz ist die sogenannte „Satzklammer“, d. h. das Phänomen, dass sich die finite Verbform vorne im Satz befindet, aber restliche Teile des Prädikats, z. B. Verben im Infinitiv oder abtrennbare Partikel, erst am Satzende folgen. Diese beiden Positionen dienen dem Modell als Orientierungsmarken: Sie "umklammern" einen Bereich, der dann „Mittelfeld“ genannt wird, und außerhalb dieser Klammer fügt sich jeweils ein „Vorfeld“ sowie ein „Nachfeld“ an:[2]

Vorfeld linke Klammer Mittelfeld rechte Klammer Nachfeld
Gestern hat die Katze uns eine Maus vor die Tür gelegt
Die Katze legte eine Maus vor der Tür ab
-- weil die Katze uns eine Maus vor die Tür gelegt hat
-- -- Uns eine Maus vor die Tür zu legen !

Das Mittelfeld ist der Bereich, in dem zunächst alles dasjenige Material des Satzes steht, das nicht aufgrund einer besonderen Festlegung einem der anderen Felder zugewiesen wird. Unter anderem enthält das Mittelfeld also auch eine Position für das Subjekt, außer dieses wird im Einzelfall ins Vorfeld geholt (wie oben im zweiten Beispiel, mehr dazu s. u.). Die Reihenfolge der Bestandteile im Mittelfeld ist meistens: Subjekt < indirektes Objekt < direktes Objekt < Präpositionalobjekt (zur möglichen Variation in der Abfolge siehe den Artikel Scrambling (Linguistik)). Die Grammatik der Satzteile innerhalb des Mittelfelds wird vom Feldermodell als solchem jedoch nicht weiter behandelt.

Die linke Klammer wird ebenso für die satzeinleitende Konjunktion des Nebensatzes verwendet wie für das finite Verb des Hauptsatzes; die linke Klammer ist in den obigen Beispielen jedes mal die Position direkt vor der Mittelfeld-Position des Subjekts. Die Positionen von Konjunktion und finitem Verb werden als dieselbe identifiziert, da eine Voranstellung des Verbs bei gleichzeitiger Anwesenheit einer Konjunktion nicht möglich ist; hieraus wird geschlossen, dass sie um dieselbe Position konkurrieren.[3] Das Feldermodell selbst gibt allerdings keine Erklärungen dafür an, warum in der rechten Klammer mehrere Wörter zugleich zulässig sind, und nur in der linken nicht.

Die linke Satzklammer kann außer Konjunktionen nur ein finites Verb enthalten, in einem Infinitivsatz ohne Konjunktion ergibt sich so, dass die linke Satzklammer leer bleibt.

Feinere Einteilungen für die Position der Verben

Die rechte Klammer als Verbalkomplex

Die rechte Klammer enthält das finite Verb, wenn dieses am Satzende steht (also in Nebensätzen). Ansonsten existieren Varianten des Modells im Hinblick darauf, ob und wie viel weiteres Material unter dem Begriff "rechte Klammer" eingeordnet werden soll. In der mehrheitlich vorkommenden Variante, die auch oben bereits benutzt wurde, werden alle Bestandteile des Prädikats, also genauer gesagt, der gesamte Verbalkomplex, der im Deutschen aus mehreren Verben bestehen kann, zusammen der rechten Klammer zugeordnet.[4]

Vorfeld linke Klammer Mittelfeld rechte Klammer
Er hat nicht gesehen werden wollen

Variante: Trennung von "rechter Klammer" und "Schlussfeld"

In einer anderen Tradition erfolgt eine Trennung, so dass nur das finite Verb die rechte Klammer bilden kann und andere Prädikatsbestandteile ein eigenes sogenanntes „Schlussfeld“ bilden, das einen besonderen Teil des Mittelfeldes ergibt.[5]

Vorfeld linke Klammer ... Schlussfeld rechte Klammer
dass er nicht gesehen werden wollte

In dieser Variante bezeichnet „Klammer“ dann immer eine Position eines finiten Verbs (oder alternativ einer Konjunktion); das oben erwähnte Problem, dass ansonsten die rechte, aber nicht die linke Klammer mehrere Wörter enthalten kann, wird vermieden. Andererseits ist dann die rechte Klammer im Hauptsatz immer leer, so dass der Begriff „Klammerstruktur“ nicht mehr motiviert ist (das was eingangs als „Satzklammer“ bezeichnet wurde, entspricht nun der Kombination „linke Klammer" + „Schlussfeld“).

Das Oberfeld

Eine weitere Feinunterteilung wird nötig für Konstruktionen, in denen das finite Verb vor die übrigen Verben am Satzende gezogen wird. Diese zusätzliche Position wird dann als ‚Oberfeld‘ bezeichnet:

Vorfeld linke Klammer ... Oberfeld Schlussfeld bzw. rechte Klammer
dass er es mich hat machen lassen

Die Infinitive dieses Beispiels können nicht dem Nachfeld zugeordnet werden (mit dem Finitum dann regulär in der rechten Klammer), da es sich um eine sogenannte kohärente Konstruktion handelt, d. h. der Infinitiv ist nicht satzwertig. Solche Infinitive sind sonst nie nachfeldfähig.

Das Vorfeld

Das Vorfeld dient zur Platzierung von beliebigem Material, das entweder als gegebene Information aus dem Kontext aufgenommen werden soll (ein sogenanntes Topik) oder für Material, das als Kontrast hervorgehoben werden soll. Die Besetzung des Vorfelds durch ein Satzteil wird (etwas ungenau) auch als „Topikalisierung“ dieses Satzteils bezeichnet. Außer dem finiten Verb können fast alle Arten von Satzteilen für die Besetzung des Vorfelds verwendet werden, sie fehlen dann an der entsprechenden Stelle des Mittelfelds. Bei Sätzen mit wenig Material kann es dazu kommen, dass das Mittelfeld dadurch völlig leer bleibt.

Beispiele:

Vorfeld linke Klammer Mittelfeld rechte Klammer Nachfeld
Gestern hat eine Maus gehustet (Adverb im Vorfeld)
Die Katze legte eine Maus vor der Tür ab (Subjekt im Vorfeld)
Die Katze schlief (Subjekt im Vorfeld, leeres Mittelfeld)
Eine Maus hat sie uns vor die Tür gelegt! (direktes Objekt im Vorfeld)

Ebenso können komplexe Satzteile, auch ganze Nebensätze, das Vorfeld besetzen: Im ersten Beispiel unten eine Verbalphrase (ein infinites Verb mit seinen Ergänzungen), im zweiten ein Subjektsatz, im dritten ein Adverbialsatz. Die Struktur dieser komplizierteren Beispiele wird durchsichtig, wenn man sich daran orientiert, dass das finite Verb des Hauptsatzes immer die linke Klammer (des Hauptsatzes) bilden muss:

Vorfeld linke Klammer Mittelfeld rechte Klammer
Eine Maus vor die Tür gelegt hat sie uns noch nie
Dass sowas geht ist unglaublich
Obwohl Eva Adam den Apfel abgab erschien Adam gereizt

Wo ein ganzer Satz im Vorfeld steht, ist anzumerken, dass dieser Satz seinerseits wieder eine Felderstruktur aufweist (die hier nicht dargestellt ist); Felderstrukturen können insofern in gewissen Fällen ineinander verschachtelt werden.

Eine Besonderheit stellt die Vorfeldbesetzung durch ein Expletivum dar: Ein Pronomen „es“ kann erscheinen, um das Vorfeld „pro forma“ zu besetzen. Dies führt dazu, dass alles andere Material, auch ein Subjekt, im Mittelfeld bleibt.

  • Adverb im Vorfeld, im Vergleich mit Vorfeld-Expletiv plus Adverb etc. im Mittelfeld:
Vorfeld linke Klammer Mittelfeld rechte Klammer Nachfeld
Gestern hat hier eine Maus gehustet.
Es hat gestern hier eine Maus gehustet.
  • Subjekt im Vorfeld, im Vergleich mit Vorfeld-Expletiv plus Subjekt im Mittelfeld:
Vorfeld linke Klammer Mittelfeld rechte Klammer Nachfeld
Jemand schnarchte.
Es schnarchte jemand.

Insgesamt ist zu sehen, dass das Vorfeld keine Subjektposition darstellt (sondern beliebiges Material aufnimmt), daher ist das expletive „es“ auch kein Subjekt-Expletiv.

Das Nachfeld

Das Nachfeld dient vor allem dazu, lange Satzglieder, wie etwa Nebensätze, auszulagern. Im Prinzip können Nebensätze, die den Status eines Subjekts, Objekts oder Adverbials haben, in der entsprechenden Position im Mittelfeld stehen, oft ist dies jedoch stilistisch und teilweise grammatisch unakzeptabel:

Ich habe nie im geringsten angedeutet, dass ich das kaufen will.
? Ich habe, dass ich das kaufen will, nie im geringsten angedeutet.

Jedoch stehen auch solche Sätze im Nachfeld mit einer Subjekt- oder Objektposition des Mittelfelds in Verbindung, denn sie können dort durch ein sogenanntes Korrelat-Pronomen („es“) vertreten werden (das Korrelatpronomen kann hingegen nicht stehen, wenn ein Nebensatz im Vorfeld statt im Nachfeld ist):

Er wird es ja auch gemerkt haben, dass mir das nicht gefällt.

Auch andere Typen von Material können im Nachfeld stehen, bemerkenswert sind u. a. Präpositionalphrasen, die hier „nachgeschoben“ wirken, ferner Infinitivkonstruktionen mit „zu“ (die den Status von Nebensätzen haben, d. h. in inkohärenter Konstruktion stehen), sowie Relativsätze, die sich eigentlich auf ein Nomen im Mittelfeld beziehen, aber hier separat stehen können. Beispiele für Felderanalysen solcher Fälle sind:

Vorfeld linke Klammer Mittelfeld rechte Klammer Nachfeld
Er wird es ja auch gemerkt haben dass mir das nicht gefällt.
Mir hat niemand was gesagt von diesem Plan.
Hubert hat erfolglos versucht die Ratten zu fangen.
Ich habe die Maus in den Müll getan die die Katze gebracht hat.

Zusätzliche Felder in der Peripherie

Obwohl im klassischen Feldermodell nicht vorgesehen, können im deutschen Satz weitere Stellen für Anfügungen identifiziert werden, die noch jenseits von Vorfeld bzw. Nachfeld liegen. Diese oft "Vor-Vorfeld" und "Nach-Nachfeld" genannten Positionen enthalten Material, das nicht in den Satz integriert ist, z. B. Anreden (Vokative), koordinierende Konjunktionen, sowie Material, das vorausgeschickt bzw. nachgetragen wird und im Vorfeld bzw. Mittelfeld mit einem Pronomen wiederaufgenommen werden muss (die sogenannten Versetzungskonstruktionen). Viele, jedoch nicht alle solcher Fälle sind typisch für die gesprochene Sprache.

Die ersten beiden Beispiele[6] zeigen Linksversetzungen, die noch vor dem Vorfeld anschließen, das dritte Beispiel eine Rechtsversetzung, noch hinter dem Nachfeld. Anreden und "Und"-Anschlüsse begegnen in der Literatur als nochmals eigenes „Anschlussfeld“ vor der Position der Linksversetzung,[7] sind im Folgenden aber nicht aufgeschlüsselt:

Vorfeld linke Klammer Mittelfeld rechte Klammer Nachfeld
Du der Schnee der wird immer stärker
Diese ABM-Maßnahme, die wird bei der Stadt Dahlhausen sein.
Und -- hat er irgendwas gewusst davon, der Chef?

Felderbesetzung und die Markierung der Satztypen

Die verschiedenen Satztypen (wie Fragesatz, Aussagesatz etc., sowie in anderer Hinsicht Hauptsatz und Nebensatz) werden im Deutschen durch ein Zusammenspiel mehrerer Elemente markiert;[8] hierzu gehören der Verbmodus (Konjunktiv / Indikativ), die Intonation, aber eben auch die verschiedenen Besetzungen des Vorfelds und der linken Klammer. Das Mittelfeld dagegen nimmt an der Kennzeichnung der Satztypen nicht teil sondern ist allen Satzarten gemeinsam.

Traditionell werden für das Deutsche drei Satzformen unterschieden: Der Verbzweitsatz (auch "Kernsatz"), der Verberstsatz (auch „Stirnsatz“) und der Verb-End-Satz (auch „Spannsatz“). Die Verbzweitstellung ist hierbei die Satzform, in der das Vorfeld obligatorisch besetzt ist (sei es auch durch ein Expletivpronomen) und das finite Verb in der linken Klammer steht. Dies ist die Form, die für Aussagesätze oder Ergänzungsfragen („W-Fragen“) als Hauptsätze gilt. Dies bedeutet, dass im Deutschen W-Fragen und Aussagesätze als Hauptsätze genau dieselbe Form haben (anders als es z. B. im Englischen der Fall ist).

Vorfeld linke Klammer Mittelfeld rechte Klammer
Eine Maus hat sie uns vor die Tür gelegt! (direktes Objekt im Vorfeld)
Was hat sie uns vor die Tür gelegt? (Fragewort für direktes Objekt im Vorfeld)

Der Verb-Erst-Satz ist dadurch charakterisiert, dass das Vorfeld obligatorisch leer ist. Diese Form haben Ja/Nein-Fragen oder Imperative (und einige weitere Satzarten, die im Artikel V1-Stellung näher besprochen werden):

Vorfeld linke Klammer Mittelfeld rechte Klammer
-- Hat sie eine Maus gefangen?
-- Tu das in den Müll!

Bei Nebensätzen, die mit einer Konjunktion eingeleitet werden, besetzt diese wie gesagt die linke Klammer. Wenn es sich um einen eingebetteten Aussagesatz (mit der Konjunktion "dass" u. a.) oder eine indirekte ja/nein-Frage handelt (mit der Konjunktion „ob“), muss das Vorfeld leer bleiben und das finite Verb in der rechten Klammer stehen. Ein besonderes Problem bilden jedoch indirekte W-Fragen sowie Relativsätze: Frage- bzw. Relativpronomen vertreten Satzglieder, und in Hauptsätzen ist der Platz für Pronomen, wenn man sie voranstellt, grundsätzlich das Vorfeld, nicht die linke Klammer. Daher ergibt sich aus systematischen Gründen die Erwartung, dass in eingebetteten Fragesätzen und Relativsätzen die satzeinleitenden Pronomen ebenfalls das Vorfeld besetzen sollten. Da hier Verbendstellung herrscht, ergibt sich daraus, dass die linke Klammer leer bleibt.[9]

Vorfeld linke Klammer Mittelfeld rechte Klammer Nachfeld
--- weil die Katze uns eine Maus vor die Tür gelegt hat
(Ich weiß nicht,) was --- die Katze uns da vor die Tür gelegt hat
(die Maus,) die --- die Katze uns vor die Tür gelegt hat

Da aus dem Feldermodell als solchem keine Beschränkungen ableitbar sind, welche Position durch welche Wörter besetzt werden darf, ist jedoch auch erwogen worden, Frage- und Relativpronomen in eingebetteten Sätzen der linken Klammer zuzurechnen, um zu erklären, warum das Verb in der rechten Klammer bleiben muss.[10] (Aus strukturellen Grammatiktheorien ergeben sich jedoch Beschränkungen, die dies nach überwiegender Lehrmeinung verbieten; s. u.).

Deutung der Feldereinteilung in der Syntaxtheorie

Siehe auch: X-Bar-Theorie, Transformation (Linguistik)

In Syntaxtheorien, die mithilfe abstrakter Strukturen Erklärungen für die Eigenschaften des Satzbaus anstreben, wie z. B. der generativen Grammatik, wird das Feldermodell nicht als Gegenentwurf zu solch einer Theorie eingestuft, sondern als eine Sammlung von Beobachtungen, für die Erklärungen und Herleitungen gegeben werden können. Theoretische Einordnungen des Feldermodells in diesem Rahmen lassen sich durch die folgenden Punkte umreißen[11] (für weitere Einzelheiten siehe den Hauptartikel zur Verbzweitstellung):

Konstituentenstruktur
Das Vorfeld erlaubt als Besetzung in aller Regel nur eine einzige Phrase. Diese Eigenschaft wird auch in der traditionellen Grammatik des Deutschen als Test für den Status einer Einheit als Satzglied verwendet: Als zusammenhängendes Satzglied gilt, was sich als Ganzes ins Vorfeld stellen lässt. Offensichtlich existieren jedoch keine Beschränkungen, welcher Kategorie die Phrasen im Vorfeld angehören können. — Da das Mittelfeld alle Ergänzungen des Verbs enthält sofern sie nicht ins Vor- oder Nachfeld ausgelagert sind, liegt es nahe, das Mittelfeld zusammen mit dem Prädikat in der Satzklammer als Verbalphrase oder als satzwertige Konstituente zu identifizieren;[12] das Mittelfeld alleine ohne die Verben in der rechten und linken Klammer wäre jedoch keine Konstituente. Es enthält häufig mehrere Konstituenten.
Bewegungstransformationen
Da praktisch alles Material außer dem Prädikat selbst im Mittelfeld erscheinen kann und lediglich alternative Positionen als Vor- oder Nachfeld hat, wird angenommen, dass die Besetzung des Vorfelds (und eventuell auch des Nachfelds)[13] durch Bewegungstransformationen erfolgen kann, die Material aus einer Grundposition im Mittelfeld in eine abgeleitete Position als Vorfeld herausbewegen.
Da das Prädikat sich auf linke und rechte Klammer verteilen kann, und insbesondere verbale Partikel dabei vom Rest des Verbs getrennt werden (wie in „…legte die Maus ab“), wird als Erklärung angesetzt, dass die Grundposition der deutschen Verben die rechte Klammer ist (dort stehen sie in ihrer Eigenschaft als Kopf der Verbalphrase), und dass die Besetzung der linken Klammer durch das finite Verb ebenfalls eine Bewegungstransformation darstellt (bei der u. U. die abtrennbare Partikel eines Verbs zurückgelassen wird).
 
Verbzweitsatz als Phrase nach dem X-Bar-Schema (mit dem Mittelfeld als VP, nach Haider (2006))
Charakterisierung der Satztypen durch Vorfeld & linke Klammer
Die Tatsache, dass nur Vorfeld und linke Klammer herangezogen werden, um Satztypen wie z. B. Fragesätze zu charakterisieren, während das Mittelfeld bezüglich Satztypen neutral ist, wird so erklärt, dass nur Vorfeld und linke Klammer sich außerhalb der Verbalphrase befinden. Träger von Merkmalen wie ‚Fragesatz‘ ist normalerweise die Position des Komplementierers, also eben dieselbe Position, in der Konjunktionen wie „ob“ erscheinen, die auch ein Merkmal ‚Frage‘ markieren. Hiermit wäre zu bestätigen, dass Verb und Konjunktionen dieselbe Position besetzen, und die Voranstellung des Verbs in Verberst- und Verbzweitsätzen wäre als Bewegung in die Position des Komplementierers zu analysieren.
Gesamtaufbau des deutschen Hauptsatzes
Wenn, wie oben gesagt, Mittelfeld und rechte Klammer zusammen eine Phrase bilden, ferner das Vorfeld eine Phrase bildet, und in der linken Klammer das Verb als einzelnes syntaktisches Wort steht, ergibt sich ein Aufbau, der genau so von der X-Bar-Theorie der Phrasenstruktur vorausgesagt wird, nämlich die Gliederung in Spezifikator, Kopf und Komplement. Das Phänomen, dass das Vorfeld eine ganze Phrase darstellt, die linke Klammer jedoch nicht, wäre damit aus allgemeinen Prinzipien des Strukturaufbaus abzuleiten. Es ergibt sich eine Analyse des deutschen Satzes als Komplementierer-Phrase (CP) mit einer Kopfposition C, wie im nebenstehenden Diagramm:

Einzelnachweise

  1. Erich Drach: Grundgedanken der deutschen Satzlehre. Diesterweg, Frankfurt a. M. 1937, 4. Aufl. 1963.
  2. Die Darstellung hier schließt sich an Karin Pittner & Judith Berman: Deutsche Syntax. Ein Arbeitsbuch. Narr, Tübingen, 4. Aufl. 2010 an.
  3. Wolfgang Sternefeld: Syntax. Eine morphologisch motivierte generative Beschreibung des Deutschen. Stauffenburg, Tübingen 2006, S. 322.
  4. Siehe die Monographie von Wöllstein 2010, Pittner & Berman 2010 S. 80. Laut diesen letzteren Autoren (S. 91) ist die Positionierung der Verneinungspartikel nicht ebenfalls strittig; manche Autoren schlagen sie der Satzklammer zu.
  5. Wolfgang Sternefeld: Syntax. Eine morphologisch motivierte generative Beschreibung des Deutschen. Stauffenburg, Tübingen 2006, S. 287, unter Rückgriff auf Bech (1955). Aus Sternefelds Text geht jedoch hervor, dass dann auch die rechte Klammer als Teil des Mittelfelds eingeordnet wird, neben dem Schlussfeld und einem „Restfeld“ (das im Beispiel hier unbezeichnet blieb). Diese Zusammenfassung ist motiviert durch den Bech'schen Begriff des „Kohärenzfeldes“.
  6. aus: Jörg Meibauer: Pragmatik. Stauffenburg, Tübingen, 2. Aufl. 2001, S. 135–140.
  7. Wöllstein 2010, S. 72.
  8. Wöllstein 2010, S. 8.
  9. Diese Analyse vertreten u. a. auch Karin Pittner & Judith Berman: Deutsche Syntax. Ein Arbeitsbuch. Tübingen, Narr, 4. Aufl. 2010, S. 84.
  10. Jörg Meibauer u a.: Einführung in die germanistische Linguistik. Metzler, Stuttgart 2002.
  11. Die folgenden Punkte stützen sich v. a. auf Haider 2006 und Wolfgang Sternefeld: Syntax. Eine morphologisch motivierte generative Beschreibung des Deutschen. Stauffenburg, Tübingen 2006.
  12. Haider argumentiert, dass es eine VP sein müsse (Hubert Haider: “Mittelfeld Phenomena”. In M. Everaert & H. van Riemsdijk (Hrsg.): The Blackwell Companion to Syntax. Bd. 3. Blackwell, Oxford 2006, S. 204–274).
  13. Die Bewegungsanalyse des Nachfelds ist strittig, vgl. Hubert Haider: The Syntax of German, Cambridge University Press 2010, Kap. 5

Literatur

  • Hans Altmann, Ute Hofmann: Topologie fürs Examen – Verbstellung, Klammerstruktur, Stellungsfelder, Satzglied- und Wortstellung. VS – Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2004.
  • Hubert Haider: "Mittelfeld Phenomena". In: M. Everaert & H. van Riemsdijk (Hrsg.): The Blackwell Companion to Syntax. Bd. 3. Blackwell, Oxford 2006. S. 204-274.
  • Jörg Meibauer et al.: Einführung in die germanistische Linguistik. Metzler, Stuttgart 2002.
  • Karin Pittner & Judith Berman: Deutsche Syntax. Ein Arbeitsbuch. Narr, Tübingen, 4. Aufl. 2010.
  • Wolfgang Sternefeld: Syntax. Eine morphologisch motivierte generative Beschreibung des Deutschen. Stauffenburg, Tübingen 2006.
  • Angelika Wöllstein: Topologisches Satzmodell. Winter, Heidelberg 2010.