Das Papier-und-Bleistift-Rollenspiel ist ein Spiel, bei dem mehrere Spieler/innen durch Erzählen ein Spielabenteuer in fiktiven Rollen er- und durchleben. Einfach formuliert ist es eine Mischung aus Brettspiel und Geschichtenerzählen. Einer der Teilnehmer steuert das gesamte Spiel, setzt den Handlungsrahmen fest und trifft die wesentlichen Entscheidungen, die anderen spielen in diesem Rahmen ihre fiktiven Rollen und treffen für sie die Entscheidungen. Als Hilfe dienen meist Rollenspielregeln. Um Entscheidungen zu treffen, bedient man sich oft eines Zufallselements in Form von Würfeln.
Die Bezeichnung Papier-und-Bleistift-Rollenspiel ist zum Teil falsch und verwirrend. In spielenden Kreisen wird schlicht der Ausdruck Rollenspiel (Kurz: RSP) oder Roleplaying Game (kurz: RPG) verwendet. Papier-und-Bleistift-Rollenspiel (kurz: P&P-Rollenspiel, vom engl. Pen&Paper-Roleplayinggame) wird hauptsächlich verwendet um den Gegensatz zum sog. Live-Rollenspiel auszudrücken, da bei letzteren tatsächlich agiert wird, bei ersteren nur verbal - unter Verwendung von Papier und Bleistift - gespielt wird. Da die Bezeichnung in der gesamten Artikelserie auf diese Ausdrucksweise aufbaut, wird er auch hier folgend verwendet.
Eine Aufzählung der Systeme findet sich in der Liste der Papier-und-Bleistift-Rollenspiele.
Funktionsweise von Rollenspielen
Rollenverteilung
Üblicherweise übernimmt einer der Spieler/innen die Rolle des sog. Spielleiters (SL), (auch Meister oder Erzähler). Zu dessen Aufgaben zählt es, den Mitspielern zu beschreiben was deren Spielfiguren erleben. Bildlich gesprochen ist der Spielleiter Auge und Ohr der Spieler. Einfach gesprochen ist der SL alles, was die Spieler nicht sind. Also alles außer den Helden, vor allem übernimmt er auch die Rolle aller NSC (Nicht Spieler Charaktere) die mit den Spielern interagieren und so dem Spiel mehr tiefe verleiht. Ferner übernimmt er die Rolle des Schiedsrichters und Moderators. Die verbleibenden Spieler (auch im Gegensatz zum Spielleiter einfach Spieler genannt) sind Darsteller in dieser - vom Spielleiter vorgegeben - Geschichte und bestimmen die Handlungen des sog. Charakters. Der Spielleiter kennt die komplette Handlung, muss aber die - nicht vorherzusehenden - Reaktionen der Mitspieler geschickt ins Spiel einbauen. Damit die Spielwelt berechenbar bleibt, existieren umfangreiche Regelwerke, die bestimmte Situationen nach festgelegten Schemata lösen.
Spezielle freie Rollenspiele (zB. InSpectres) weichen von dieser Rollenverteilung ab. Hier übernimmt jeder Spieler automatisch auch die Rolle des Erzählers und bestimmt selbst die Ergebnisse seines Handelns, oder es wird auf einen Spielleiter komplett verzichtet (Spielleiterloses Rollenspiel).
Spielmechanismus
Der Spielleiter schildert den Spielern ihre momentane Situation: „Ihr reitet gerade gemütlich durch den Hohlweg, als plötzlich ein Schwarm Vögel vor euch auffliegt. Offenbar wurden sie aufgescheucht, aber wohl nicht durch euch. Was tut ihr?“.
Auf diese Ausgangslage reagieren die Spieler dadurch, dass sie die Aktionen ihres Charakters bestimmen. Der Spielleiter beschreibt anschließend die Veränderungen und Reaktionen der Umwelt aufgrund dieser Aktionen. So entsteht, im Gegensatz zu einer normalen Geschichte, ein Dialog zwischen den Spielern und dem Spielleiter, in dem durch das Spiel von Aktion und Reaktion die Geschichte erzählt wird.
Dabei muss die Aktion allerdings keineswegs vom Spielleiter ausgehen. Vielmehr wird erwartet, dass die Spieler aktiv werden, anstatt in passiver Reaktion zu verharren.
Gespräche, die zwischen den Spielern untereinander oder zwischen ihnen und vom Erzähler verkörperten Nebendarstellern stattfinden, werden meistens in wörtlicher Rede geäußert, mit dem Versuch sie auch schauspielerisch zu untermalen. Dies bleibt jedoch auf das Gespräch beschränkt, Bewegungen werden - im Gegensatz zum Live-Rollenspiel - nicht oder nur ansatzweise nachgestellt.
Anforderungen an den Spielleiter
An den Spielleiter werden hohe Anforderungen gestellt, da er auf die oft sehr kreativen Aktionen der Spieler reagieren und sie in das Gerüst seiner Geschichte einbauen muss. Daran lässt sich auch die Qualität eines flexiblen Spielleiters festmachen: Wenn diesem in einer unvorhergesehenen Situation die Ideen ausgehen und er die Spieler auf seinen Weg zurück zwingen möchte, kann das schnell zu Frustration am Spieltisch führen. Um so mehr Freude bereitet es, wenn der Spielleiter die Geschehnisse nahtlos in seine Geschichte einfließen läßt, einige Geschehnisse anpasst und den Spielern so "echte" Handlungsfreiheit läßt.
Der Spielleiter veranschaulicht, wie der Ort, an dem man sich gerade befindet, aussieht und übernimmt die Rolle aller Personen, die nicht von Spielern gespielt werden. Das sind die Nebendarsteller (Nicht-Spielercharaktere (NSC)), wie zum Beispiel die Bewohner eines Dorfes, der König eines Landes, der Feind samt seiner Schergen oder auch Monster. Aber genauso wie die Gegenspieler verkörpert er auch die Verbündeten. Mag es ein Held sein, der die Gruppe zeitweise begleitet oder vielleicht auch eine holde Maid, welche gerade gerettet wurde. Hierbei ist es auch immer wieder eine neue Herausforderung für den Spielleiter, den Spielern das Erzählte möglichst plastisch darzustellen, und die Nicht-Spielercharaktere glaubhaft zu präsentieren - gegebenenfalls durch Gesten, Mimiken etc. Das Gleiche gilt natürlich auch für die Beschreibung der Umgebung: Die Liebe zum Detail macht hier einfach den Unterschied.
Zeitliche Struktur eines Rollenspiels
Ein Rollenspiel hat anders als andere Gesellschaftsspiele kein vordefiniertes Ende. Die Geschehnisse werden immer weiter gesponnen, sodass eine endlose Geschichte entsteht. Hierbei sei auch erwähnt, dass es im Grunde sehr stark von dem Verhalten der beteiligten Spieler abhängt, wie eine Geschichte weitergeht. Evtl. ist das Abenteuer in einem fernen Land auch schon vorbei, bevor es richtig begonnen hat, wenn die Charaktere z.B. gar nicht erst auf das Angebot eines potentiellen Auftraggebers eingehen.
Üblicherweise wird das Spiel aber in Abenteuer eingeteilt, auch Kapitel, Geschichten oder Episoden genannt, die oft mit dem Erreichen eines Zieles, wie dem Lösen einer Aufgabe, enden (die Prinzessin zu retten, den Schatz zu finden etc.). Aus den verschiedenen Möglichkeiten, dieses Ziel zu erreichen (z.B. Kampf, Diplomatie, Intrige, Hinterhalt...), können wieder neue Abenteuer entstehen. So könnten die Charaktere durchaus dauerhaft Freundschaften erringen, aber auch Erzfeinde, die ihnen fortan das Leben schwer machen. Ihnen könnte eine Ehrung zuteil werden oder aber sie werden in einer Stadt oder einem Landstrich gesucht. Es kommt also wieder maßgeblich auf die Fantasie des Spielleiters an, was er aus den Resultaten der Spieler macht.
Beim Planen und Spielen von Abenteuern wird dabei oft auch eine gewisse ästhetische Form angestrebt, die dem Spannungsbogen eines Buches oder Films ähnelt.
Die Aneinanderreihung von mehreren Abenteuern zu einer komplexen Geschichte nennt man Kampagne. Obwohl die Abenteuer weiterhin in sich mehr oder weniger abgeschlossen sind, werden sie in einer Kampagne miteinander verbunden und bilden eine weitaus komplexere Geschichte mit Wendungen, Erzfeinden und Heldentaten von manchmal epischen Ausmaßen.
Regelsysteme
Alle Papier-und-Bleistift-Rollenspiele verwenden Regelsysteme, die vielfältigen Zwecken dienen.
- Sie definieren die Stärken und Schwächen eines Charakters in Relation zur Spielwelt. Dies geschieht üblicherweise durch das Festlegen von numerischen Werten für die verschiedenen Fähigkeiten eines Charakters, aber auch intuitivere Bezeichnungen, wie schlecht und gut werden genutzt.
- Sie helfen bei der Entscheidung über den Ausgang von zweifelhaften Situationen, in dem sie einen Mechanismus zur Verfügung stellen, der die Fähigkeiten eines Charakters mit den Schwierigkeiten einer Aktion vergleichbar machen lässt.
- Sie bringen meist ein Zufallselement ins Spiel, das als Spannungsmittel dient. Als Zufallselement dienen dabei üblicherweise Würfel.
- Sie definieren das Ausscheiden eines Charakters aus dem Spiel, zum Beispiel durch Tod.
- Sie definieren Mechanismen, die den Fluss der Geschichte beeinflussen können, etwa durch die zeitweise Übergabe des Erzählrechtes an einen Spieler.
Die Werte der Charaktere werden auf einem Zettel festgehalten. Da sich diese Angaben im Laufe des Spiels ändern können, wird oft nur mit einem Bleistift geschrieben. Daher auch der Name dieser Art von Rollenspiel.
Da die vorgegebenen Regeln nicht immer konsistent sind bzw. nicht immer dem Geschmack der Spieler entsprechen müssen, besteht die Möglichkeit, diese Regeln und Werte zu ändern und dem eigenen Spielstil anzupassen (sog. Hausregeln zu entwickeln). Da dies jedoch zu Problemen führen kann, wenn sich Mitglieder verschiedener Gruppen treffen, um gemeinsam zu spielen, ist dies eher die Ausnahme als die Regel.
Um den Spielern unzählige Anregungen zu bieten und die jeweiligen Fantasiewelten immer bunter und komplexer zu gestalten, verbreitert sich das Sortiment der jeweiligen Rollenspielverlage immer weiter. Diese Quellenbücher genannten Add-Ons enthalten allerlei Informationen zur jeweiligen Spielwelt (Landkarten, geographische und geschichtliche Angaben etc.), neue Möglichkeiten zur Erschaffung von Charakteren und Zusatzregeln. Sie sollen als Inspiration dienen und nehmen dem Spielleiter die Aufgabe ab, sich alles selbst ausdenken zu müssen.
Freie Rollenspiele
Neben den kommerziellen Systemen gibt es auch zunehmend kostenlose Rollenspiele, die hauptsächlich über das Internet verbreitet werden, und unter dem Begriff freie Rollenspiele bekannt sind.
Online Pen&Paper
Seitdem das Internet immer mehr Rollenspielern offen steht, wird auch zunehmend Rollenspiel über das Internet gespielt. Dabei werden Sofa und Tisch gegen einen Chatroom, ein Forum oder eine Textadventure-ähnliche Software getauscht.
Im Gegensatz zu den normalen P&P Runden die zumeist aus 3-6 Spielern bestehen, bestehen Onlinerunden meist aus weitaus mehr Spielern (vor allem wenn sie nicht über Chats gespielt werden) und die Kontrolle durch die Spielleitung wird zumeist weniger restriktiv, hauptsächlich bei der Anmeldung und in Streitfällen umgesetzt.
Rollenspielorganisationen
Rollenspieler organisieren sich häufig in Rollenspielvereinen, um so gemeinsam Conventions zu veranstalten, auf denen man sich trifft und zusammen spielt.