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standardisierte Spezifikation für Zahlungskarten
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Die Abkürzung EMV bezeichnet eine Spezifikation für Zahlungskarten, die mit einem Prozessorchip ausgestattet sind, und für die zugehörigen Chipkartengeräte (POS-Terminals und Geldautomaten). Die Buchstaben EMV stehen für die drei Gesellschaften, die den Standard entwickelten: Europay, MasterCard und VISA.

Chip statt Magnetstreifen

In der zweiten Hälfte der 1990er Jahre wurden in mehreren Ländern Europas Debitkarten mit Mikrochip ausgestattet, um Kartentransaktion nicht mehr über den technisch überholten Magnetstreifen abwickeln zu müssen. Diese Chips waren alle proprietär und auf die Bedürfnisse der jeweiligen Länder ausgerichtet. Der Mangel, nicht grenzüberschreitend eingesetzt werden zu können, wurde rasch erkannt und durch den EMV-Standard behoben.

Die wesentlichsten Vorteile der Chiptechnologie und damit auch Gründe für den Ersatz des Magnetstreifens durch den Chip sind:

  • Der Chip kann im Gegensatz zum Magnetstreifen mittels kryptographischer Verfahren wirksam gegen eine Duplizierung oder Veränderung geschützt werden, womit aufgrund der eingesetzten Signaturen (RSA) gefälschte Karten bald der Vergangenheit angehören werden.
  • Beim Einsatz von Chipkarten kann die Erkennung der Kartenechtheit (Card Authentication) und sowie bei Debitkarten auch die Prüfung der PIN (Cardholder Verification) vor Ort stattfinden, womit sichere Offline-Transaktionen mit entsprechend geringeren Kosten (Telekommunikations- und Autorisierungskosten) möglich sind.
  • Im Gegensatz zum Magnetstreifen, der als rein passiver Datenspeicher fungiert, ist ein Chip ein vollwertiger Computer mit hoher Rechenleistung, geschützten Datenbereichen, Anwendung kryptographischer Verfahren und Steuerung des Transaktionsablaufs durch Applikationssoftware. Dadurch sind auch Zusatzfunktionen wie eine Elektronische Geldbörse und Stammkundenprogramme möglich. Die Spezifizierung dieser Zusatzanwendungen ist jedoch nicht Teil von EMV, da sich EMV auf die Debitkarten- und Kreditkarten-Applikationen beschränkt.

Der EMV-Standard

Europay, MasterCard und Visa als größte Zahlungskartenorganisationen entwickelten gemeinsam den nach ihnen benannten EMV-Standard. Die erste stabile Ausgabe der EMV-Chipspezifikationen war die EMV’96 Integrated Circuit Card Specification, Version 3.1.1., die entgegen ihres Namens erst 1998 veröffentlicht wurde. Die neu gegliederte, korrigierte und erweiterte EMV 2000 Integrated Circuit Card Specification, Version 4.0, wurde Ende 2000 veröffentlicht. Diese Spezifikation gilt für alle Zahlungskarten, d.h. sowohl für Debitkarten als auch für Kreditkarten. EMV 4.1 stellt nur eine Revision des EMV 4.0 Standards dar und wurde im Juni 2004 veröffentlicht.

Der EMV-Standard baut im Wesentlichen auf den Prinzipien der Interoperabilität und der Flexibilität. Interoperabilität bedeutet dabei, dass die gleiche system- und länderübergreifende Karten- und Terminalnutzung, die es bei der Magnetstreifentechnologie gibt, auch bei der Chipkartentechnologie vorhanden ist. Flexibilität bedeutet, dass jedes Zahlungsverkehrssystem die Möglichkeit haben muss, individuelle Bedürfnisse jenseits der Interoperabilität realisieren zu können. Der Standard EMV 4.1 teil sich in vier sogenannte „Books“ auf. Book 1 definiert die Schnittstelle zwischen Karte und Terminal (mechanisches Verhalten, elektrisches Verhalten, Transportprotokoll) und die Application Selection (gleich für alle Karten und alle Terminals); Book 2 behandelt „Security and Key Management“, Book 3 die „Application Specification“ und Book 4 die „Interface Requirements“. Aus der Toolbox des EMV-Standards können die Systembetreiber (=Zahlungsverkehrssysteme) ihre Optionen wählen, wobei der Grundgedanke ist, dass das Terminal alle angeführten Optionen unterstützen muss und für die Karte nur einzelne Optionen herangezogen werden können.

Für die Entwicklung des gemeinsamen Standards und seine Weiterentwicklung wurde von den EMV-Namensgebern eine eigene Gesellschaft, EMVCo Ltd, gegründet. Der EMV-Standard wurde von dieser Gesellschaft definiert und von ihr weiterentwickelt. EMVCo Ltd. prüft und zertifiziert darüberhinaus die Hersteller von EMV-fähigen Geräten wie z.B. Geldautomaten und POS-Terminals, die EMV-Technologie verwenden. Für die Aufbringung der darüberhinausgehenden individuellen Bedürfnisse der Zahlungsverkehrssysteme sind diese selbst verantwortlich.

Migration zu EMV

Zur Realisierung der Chiptechnologie haben die Europay/MasterCard- und die Visa-Organisation eine Migrationsplan erstellt, demgemäß bis 2005 alle europäischen Zahlungskarten einen EMV-Chip haben und alle europäischen Terminals (POS und Geldautomaten) EMV-chipfähig sein sollen. Finanzielle Anreize sollen dabei die Umstellung befördern. So wird bei Europay International/MasterCard International die Terminalmigration und bei Visa EU die Ausgabe von EMV-fähigen Karten belohnt. Am 1. Januar 2005 kam es darüber hinaus zur so genannten Haftungsumkehr. Das heißt, wenn ein auf Kartenfälschung beruhender Schadensfall eintritt, haftet der „Acquirer“ (die vertragsunternehmensabrechnende Bank) bzw. der „Issuer“ (die kartenausgebende Bank), die terminalseitig bzw. kartenseitig EMV nicht unterstützt.

Es wird erwartet, dass sich die Chiptechnologie mit all diesen Maßnahmen auf Karten und Terminals rasch (vorerst) parallel zur Magnetstreifentechnologie ausbreitet und diese danach in einem gleitenden Übergang ersetzt.

Der erste Geldautomatenhersteller, der in Deutschland die EMV-Zulassung des Zentralen Kreditausschusses hat, ist NCR.

Spezifikationen

  • 1996: EMV 3.0
  • 1999: EMV 3.1.1
  • 2000: EMV 4.0 (EMV 2000)
  • 2004: EMV 4.1